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"Wenn einer die große Welle macht, schwimmen manche hinterher"

Rückrufaktionen gleich mehrerer Autohersteller sorgen in diesen Tagen weltweit für Diskussionen. Bei Toyota sind es klemmende Gaspedale, bei Citroen, Peugeot und Honda andere Wehwehchen. Nur: Ersatzfahrzeuge bekommen die geschädigten Autofahrer meist nicht gestellt.

Frank W. Rother im Gespräch mit Gerwald Herter |
    Gerwald Herter: Toyota, Citroen, Peugeot und auch Honda, Rückrufaktionen dieser Automarken halten viele Autofahrer dieser Tage in Atem. Allein bei Toyota sind einige Millionen Fahrzeuge betroffen. Erst waren es Fußmatten mit Rutschgefahr, jetzt sind es Gaspedale. Ähnlich sieht es bei Citroen und Peugeot aus, auch wenn viel weniger Autos dieser Marken Mängel aufweisen. Deutsche Honda-Fahrer sollten sich keine Sorgen machen, aber Hunderttausende Hondas in anderen Ländern der Welt müssen dringend repariert werden. Der stellvertretende Chefredakteur der Wirtschaftswoche, Frank W. Rother, ist jetzt bei mir im Studio, ein Fachmann für Automobilfragen und damit auch für Autorückrufaktionen. Guten Morgen, Herr Rother.

    Frank W. Rother: Schönen guten Morgen!

    Herter: Ist es denn Zufall, Herr Rother, dass da jetzt so viele Rückrufaktionen zusammenkommen?

    Rother: Nein, keineswegs. Das ist immer so. Wenn einer die große Welle macht, schwimmen manche hinterher. Das ist dann eine günstige Gelegenheit, den Leuten zu sagen, auch wir haben ein Problem, lösen das. Aber der Image-Schaden ist für diese Hersteller natürlich nicht mehr so groß.

    Herter: Spielen denn da Faktoren wie der zunehmende Kostendruck in der Automobilindustrie eine Rolle?

    Rother: Garantiert! Das zeichnet sich schon seit einigen Jahren ab. Der Kostendruck ist immens, ist jetzt im Zuge der Wirtschaftskrise noch mal größer geworden. Das heißt, man schaut sich seine Zulieferer sehr genau an und schaut, wo kann ich sparen. Und man sieht ja jetzt auch an diesem Gaspedal: Es geht letztlich um Beträge, kleine Materialien, die nur wenige Cent kosten, und die können Riesen Schaden verursachen, aber man entscheidet sich für eine preisgünstigere Lösung.

    Herter: Da sind Menschen gestorben in den USA, heißt es, in den letzten Jahren aufgrund dieses Fehlers!

    Rother: Ja, nicht aufgrund des Gaspedalfehlers, sondern Sie haben es ja eben schon erwähnt: es gab ein ähnliches Problem, da haben sich Fußmatten unter das Gaspedal geschoben, das hat mit dem anderen jetzt nichts zu tun. Aber Sie sehen ja schon: der Image-Schaden ist immens und man verrührt jetzt zwei Ursachen miteinander und zwei Probleme miteinander und sagt natürlich jetzt, Toyota hat ein großes Qualitätsproblem.

    Herter: Für Toyota ist das eine Katastrophe, anders kann man es wohl nicht nennen. Lässt sich so etwas, so ein Image-Schaden überhaupt reparieren?

    Rother: Wenn man es gescheit macht, eine entsprechende Kommunikation betreibt – ich erinnere nur an den Elchtest der Mercedes A-Klasse vor etlichen Jahren; dort war ein ähnlicher Image-Schaden eingetreten. Man ist damals sehr offensiv an das Problem herangegangen, hat kommuniziert, was man unternimmt, neue Techniken eingeführt. Toyota fängt sich jetzt gerade im Augenblick in der Kommunikation, aber sie hatten monatelang große Probleme.

    Herter: Ja, da ist was schief gelaufen. Es hieß, auch europäische Wagen seien betroffen.

    Rother: Und Genaues weiß man nicht, woran es liegt, und es könnte verschiedene Ursachen haben. Das war nicht sehr professionell an der Stelle.

    Herter: Na ja, und sehr beunruhigend für die Autofahrer. Welche Rechte haben denn Autofahrer, die wegen Herstellerfehlern eine Zeit lang auf ihr Fahrzeug verzichten müssen, weil sie nicht damit fahren können?

    Rother: Sie haben keine Rechte! Sie haben ein Recht darauf, sozusagen ein sicheres Fahrzeug zu haben. Sie werden die Kosten, wenn das Fahrzeug innerhalb dieser Rückrufaktion repariert werden muss, werden ihren Schaden beglichen bekommen, aber sie haben kein Recht beispielsweise auf ein Ersatzfahrzeug. Das ist eine Kulanzregelung, da ist dann wiederum der Toyota-Händler in dem Fall gefordert.

    Herter: Also weder Taxi-Rechnungen noch Leihwagen-Rechnungen könnte man da jetzt einreichen?

    Rother: Nein, nein. Da müsste man mit dem Händler mal reden, wie das denn aussieht. Es kann sein, dass in dem einen oder anderen Fall ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt wird, aber in der Regel sind da die Händler überfordert. Die haben gar nicht so viele Fahrzeuge in diesen Fällen zur Verfügung, um den Kunden dann ersatzweise was zu geben.

    Herter: Wenn dem Kunden ein Schaden entstanden ist, würde man eigentlich davon ausgehen, dass der auch wieder gutgemacht wird, vielleicht sogar überkompensiert. Es gibt ja auch, wenn sich die Bahn oder Flugzeuge verzögern, Entschädigungen. Wären da Verschärfungen von Gesetzen eigentlich notwendig?

    Rother: Es wäre vielleicht wünschenswert in diesen kleinen Fällen. Es ist natürlich ein internationales Problem. Wir sehen es ja auch jetzt an dem Fall Toyota. Das heißt, sie bräuchten eine Regelung weltweit. Es liegt in den Händen des Automobilherstellers, aber über den Gesetzgeber ist das sehr schwierig, dann eine Veränderung des Verhaltens zu erreichen.

    Herter: Frank W. Rother, der stellvertretende Chefredakteur der Wirtschaftswoche, im Deutschlandfunk zu Autorückrufaktionen. Vielen Dank, Herr Rother.

    Rother: Ja, bitte. Gerne!