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Wer wagt, gewinnt?

Es war ein medienpolitischer Skandal: Die Nicht-Verlängerung des Vertrages des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender wurde heftig über den Einfluss der Politik auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gestritten. Die Grünen wollen nun gemeinsam mit der Links-Fraktion eine Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen.

Von Michael Meyer | 06.02.2010
    Es ist der erste Anlauf zur Reform des ZDF nach dem "Fall Brender": Die Fraktion von Bündnis 90/Grüne will mit ihrem Entwurf für eine Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht die Staatsnähe des ZDF endlich einschränken, in dem die Parteienvertreter aus den Gremien entfernt werden, erläutert die medienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Tabea Rösner:

    " Mit Staatsfern ist unserer Meinung nach ja nicht politikfern gemeint. Regierungsfern, staatskanzleifern – und natürlich hat jeder auch eine politische Meinung, jeder Journalist hat auch eine politische Meinung, aber wichtig ist, dass wir eine Meinungsvielfalt haben, dass die Pluralität der Gesellschaft auch abgebildet ist, dass ist in dem Falle wie der Fernsehrat besetzt ist, eben nicht. Es gibt die zwei Lager, es gibt die Freundeskreise, aber Pluralität kommt da selten auf."

    Die Stimmen der Linkspartei werden den Entwurf im Bundestag stützen, ob 12 fehlende Stimmen aus den Reihen der SPD hinzukommen, gilt als unwahrscheinlich. Für eine Normenkontrollklage ist eine Initiative von einem Viertel der Abgeordneten nötig.

    Der Antragsentwurf stammt von dem Mainzer Verfassungsrechtler Dieter Dörr und besagt unter anderem, das ZDF sei "zur Beute der CDU geworden". Der staatliche Einfluss, so Dörr, sei beim ZDF sowohl im Fernsehrat, als auch im kleineren Verwaltungsrat deutlich zu hoch:

    "Er überschreitet all das, was man noch für tolerabel halten kann, ganz deutlich. Das wird beim Fernsehrat des ZDF ganz besonders deutlich: Man muss sehen, es sind sehr viele direkte staatliche Vertreter darin wenn sie die alle zusammenzählen sind Sie bei 50 vom Staat mitbestimmten Vertretern von insgesamt 77 Mitgliedern."

    Die vielen staatsnahen Vertreter verletzten das Prinzip der Rundfunkfreiheit – das sei ein ganz zentraler Grundsatz, so Dörr. Wie der Parteieneinfluss auf den Sender zu reduzieren wäre, ist aber umstritten. Dörrs Entwurf argumentiert, dass die – womöglich verfassungswidrige – Nähe zur Politik in der Struktur des ZDF quasi eingeschrieben ist, weshalb das Verfassungsgericht tätig werden müsse. Kurt Beck, SPD-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Vorsitzender der Rundfunkländerkommission, hat aber einen anderen Weg vorgeschlagen, der erst einmal, bevor man klagt, eine Reform über die Länder anstrebt, also: Ein neuer Rundfunkstaatsvertrag. So soll etwa im Verwaltungsrat der ZDF-Chefredakteur nur noch mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit abgelehnt werden können. Auch die Praxis, nach der die Ministerpräsidenten 25 der 77 Fernsehrats-Mitglieder auswählen können, soll der Vergangenheit angehören. Ganz raus wären die Parteienvertreter aus den Gremien damit aber nicht. Dennoch will die SPD erst einmal diesen Entwurf mit den Ministerpräsidenten der Unionsgeführten Länder verhandeln, sagt Martin Dörmann, medienpolitischer Sprecher der SPD:

    " Wenn das nicht klappen sollte, wenn von Seiten der Union der Beck-Vorstoß abschlägig beschieden wird, wenn dort kein Verhandlungsspielraum ist, und wenn man sich substanziellen Änderungen verschließt, dann wird kein Weg an einer Klage vorbeiführen, aber da gilt es in einem abgestuften Verfahren den ersten Schritt zu tun, und dann den Zweiten zu konkretisieren. "

    Der Beck - Vorschlag geht den Grünen aber nicht weit genug, betont Tabea Rösner:

    "Becks Vorschläge gehen zwar in die richtige Richtung, aber die Staatsferne ist damit immer noch nicht gewährleistet. Es wird weiterhin so sein, dass die Ministerpräsidenten eine Dominanz haben werden, dass sie weiterhin Vertreter in die Gremien schicken werden und wir möchten es ganz grundsätzlich überprüft wissen. "

    Immerhin: Die Normenkontrollklage der Grünen und der Linken könnte eine gewisse Drohkulisse bei den Ministerpräsidenten aufbauen – als Nächstes wird über die "Causa ZDF" Ende Februar beim Treffen der Rundfunkkommission der Länder verhandelt.