Gershkovich und Co.
Wer zum Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen gehört

In Ankara hat es einen Gefangenenaustausch zwischen Russland, Belarus und mehreren westlichen Ländern gegeben. Unter ihnen sind Journalisten, politische Aktivisten und Gegner des russischen Kriegs in der Ukraine. Der jüngste Ex-Gefangene ist 19, der älteste 71.

01.08.2024
    Der amerikanische Journalist Evan Gershkovich während der Urteilsverkündung am 19. Juli in Jekaterinburg.
    Der amerikanische Journalist Evan Gershkovich während der Urteilsverkündung am 19. Juli in Jekaterinburg. (AFP / ALEXANDER NEMENOV)

    Von Russland und Belarus freigelassen:

    - Evan Gershkovich: Der "Wall Street Journal"-Reporter war im März 2023 in der russischen Stadt Jekaterinburg festgenommen worden. Die Behörden warfen ihm vor, im Auftrag des US-Auslandsgeheimdiensts CIA "geheime Informationen" über eine militärische Fabrik gesammelt zu haben, ohne dafür Beweise zu nennen. Gershkovich und die US-Regierung bestritten die Vorwürfe. Ein Gericht verurteilte den 32-jährigen Gershkovich im Juli nach einem Prozess hinter verschlossenen Türen zu 16 Jahren Haft.
    - Paul Whelan: Die Führungskraft im Sicherheitssektor aus Michigan war 2018 in Moskau verhaftet worden, wo Whelan an einer Hochzeit im Freundeskreis teilnahm. Ihm wurde Spionage vorgeworfen, 2020 wurde er verurteilt und bekam 16 Jahre Haft. Der 54-Jährige hat die Vorwürfe als erfunden zurückgewiesen.
    - Alsu Kurmasheva: Die Frau mit der amerikanischen und der russischen Staatsbürgerschaft war 2023 in ihrer Heimatstadt Kasan festgenommen worden, wo sie ihre kranke Mutter besuchte. Die Redakteurin für den von der US-Regierung finanzierten Sender Radio Free Europe/Radio Liberty mit Wohnsitz Prag wurde beschuldigt, sich nicht als "ausländische Agentin" angemeldet zu haben. Sie wurde im Juli verurteilt, Falschinformationen über das russische Militär verbreitet zu haben. Ihre Familie und ihr Arbeitgeber wiesen die Vorwürfe zurück. Die 47-Jährige bekam eine Haftstrafe von sechseinhalb Jahren.
    - Wladimir Kara-Mursa: Der Mann mit der russischen und der britischen Staatsbürgerschaft ist ein prominenter Oppositionspolitiker. Er wurde 2022 festgenommen, nachdem er den russischen Krieg in der Ukraine kritisiert hatte. 2023 wurde er wegen Hochverrats und anderer Vorwürfe zu 25 Jahren Haft verurteilt. Kara-Mursa betrachtet den Fall als politisch motiviert. Er ist Kolumnist der Zeitung "The Washington Post". In diesem Jahr bekam der 42-Jährige einen Pulitzer-Preis. 2015 und 2017 war Kara-Mursa wegen zwei beinahe tödlicher Vergiftungen erkrankt, für die er den Kreml verantwortlich macht.
    - Ilja Jaschin: Der prominente Kreml-Kritiker hatte eine achteinhalbjährige Haftstrafe bekommen, weil er den Krieg in der Ukraine kritisiert hatte. Jaschin gehörte einst zum Stadtrat von Moskau. Er ist einer der wenigen bekannten oppositionellen Aktivisten, die seit Kriegsbeginn in Russland geblieben waren.
    - Andrej Piwowarow: Der 42-Jährige war Chef der oppositionellen Gruppe Offenes Russland, die 2021 von den russischen Behörden verboten wurde. Piwowarow wurde im gleichen Jahr aus einem Flugzeug geholt und verhaftet. 2022 wurde er wegen des Vorwurfs verurteilt, er habe Aktivitäten für eine "unerwünschte" Organisation betrieben. Er bekam eine Haftstrafe von vier Jahren.
    - Oleg Orlow: Der Menschenrechtsaktivist wurde schuldig gesprochen, das russische Militär diskreditiert zu haben. Er bekam im Februar wegen seiner Proteste gegen den Krieg in der Ukraine zweieinhalb Jahre Haft. Der 71-Jährige ist Co-Vorsitzender der Menschenrechtsorganisation Memorial, die den Friedensnobelpreis gewann.
    - Sascha Skotschilenko: Die 33-Jährige war im November zu sieben Jahren Haft verurteilt worden, weil ihr vorgeworfen wurde, in einem Supermarkt mehrere Preisschilder durch Anti-Kriegs-Slogans ersetzt zu haben.
    - Xenia Fadejewa, Lilja Tschanyschewa und Wadim Ostanin: Alle drei sind frühere Mitarbeitende von Büros des verstorbenen Oppositionellen Alexej Nawalny. Sie wurden verhaftet, nachdem das politische Netzwerk Nawalnys 2021 verboten worden war. Sie wurden später wegen Extremismusvorwürfen verurteilt. Die 32-jährige Fadejewa und der 47-jährige Ostanin bekamen jeweils neun Jahre Haft. Die 42-jährige Tschanyschewa bekam neuneinhalb Jahre.
    - Kevin L.: Der 19-jährige Mann mit deutscher und russischer Staatsbürgerschaft war im Februar 2023 im Süden von Russland festgenommen worden. Ihm wurde vorgeworfen, Fotos von einer militärischen Einheit gemacht zu haben und sie an einen "Vertreter eines ausländischen Staats" geschickt zu haben. Laut Gerichtsvertretern lehnte L. den Krieg in der Ukraine ab. L. wurde wegen des Vorwurfs des Hochverrats zu vier Jahren Haft verurteilt.
    - Rico K.: Der Deutsche war im Juni in Belarus wegen Terrorismusvorwürfen verurteilt worden. Gegen ihn wurde die Todesstrafe verhängt, später wurde er begnadigt.
    - Demuri W.: Der Politikwissenschaftler mit russischer und deutscher Staatsbürgerschaft hatte eine Beraterfirma betrieben, die Berichten zufolge mit Journalisten zusammenarbeitete. 2021 wurde er festgenommen und 2023 wegen Hochverrats zu 13 Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. W. wurde im Prozess gegen Iwan Safronow wegen Hochverrats belastet. Safronow soll W. Informationen über russische Militäraktivitäten gegeben haben, die dieser an den deutschen Geheimdienst übergeben haben soll.
    - Patrick S.: Der Deutsche war im Februar am Flughafen Pulkowo in St. Petersburg festgenommen worden, weil in seinem Besitz Naschzeug mit einer Cannabis-Komponente entdeckt worden sein soll. Seitdem war er wegen Vorwürfen des Drogenschmuggels inhaftiert.
    - German M.: Der russische und deutsche Staatsbürger ist Anwalt für Migration und hatte Russen geholfen, ein Aufenthaltsrecht für die EU zu beantragen. Im Mai wurde er in St. Petersburg festgenommen. Ihm soll Hochverrat vorgeworfen worden sein. Zu seinem Fall ist wenig bekannt.

    Vom Westen freigelassen:

    - Wadim K.: Er wurde 2021 schuldig gesprochen, den 40-jährigen georgischen Staatsbürger Selimchan "Tornike" C., einen ethnischen Tschetschenen, in Berlin erschossen zu haben. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass es sich um ein Attentat gehandelt habe, das der russische Sicherheitsdienst in Auftrag gegeben habe. Der 58-jährige K. wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Der russische Staatschef Wladimir Putin deutete in diesem Jahr einen möglichen Gefangengenaustausch für K. an.
    - Pawel Rubzow: Er ist einer von mehreren Personen, die seit Beginn des russischen Kriegs in der Ukraine wegen Vorwürfen der Spionage für Russland in Polen festgenommen wurden.
    - Roman Selesnew: Der Sohn eines russischen Parlamentsmitglieds wurde 2017 in den USA wegen eines Hackerangriffs auf mehr als 500 Unternehmen und des Diebstahls von Millionen Kredikartennummern schuldig gesprochen. Die Nummern soll er auf Webseiten verkauft haben. Der russische Staatsbürger bekam 27 Jahre Haft.
    - Wladislaw Klyuschin: Der wohlhabende Geschäftsmann mit Verbindungen zum Kreml war 2023 in Boston wegen Betrugs schuldig gesprochen worden. Das ihm vorgeworfene Betrugssystem im Umfang von knapp 100 Millionen Dollar soll sich auf geheime Informationen über Gewinne gestützt haben, die über einen Hackerangriff auf US-Computernetzwerke gestohlen worden sein sollen. Der 43-Jährige bekam neun Jahre Haft. Er wurde in der Schweiz verhaftet und 2021 an die USA ausgeliefert.
    - Wadim Konoschtschenok: Der mutmaßliche Offizier des russischen Inlandsgeheimdiensts FSB wurde im vergangenen Jahr von Estland an die USA ausgeliefert. Ihm wurde vorgeworfen, Munition und Technologie geschmuggelt zu haben, um den russischen Krieg in der Ukraine zu unterstützen. Laut US-Staatsanwaltschaft war er 2022 bei der versuchten Ausreise von Estland nach Russland festgenommen worden.
    - Artem Dulzew und Anna Dulzewa: Das russische Paar war 2022 in Ljubljana in Slowenien unter Spionageverdacht festgenommen worden. Es bekannte sich am Mittwoch zu den Vorwürfen schuldig. Beide bekamen 19 Monate Haft.
    - Michail Mikuschin: Er wurde 2022 in Norwegen unter Spionageverdacht festgenommen. Der norwegische Inlandsgeheimdienst PST sagte, Mikuschin habe bei seiner Einreise angegeben, er sei brasilianischer Staatsbürger. Laut Ermittlern arbeitete er unter falscher Identität in Norwegen für einen russischen Geheimdienst.
    Quelle: AP European News Wire
    Diese Nachricht wurde am 01.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.