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Werben um den Nachwuchs

Keine Studiengebühren, kleine Seminare und niedrige Mieten - mit diesen Argumenten will Sachsen Studenten ins Land locken. Seit September vergangenen Jahres wirbt das Bundesland vor allem in Westdeutschland für seine Universitäten. Derzeit tourt eine Werbebus in Nordrhein-Westfalen von Schule zu Schule.

Von Claudia Hennen | 14.05.2009
    Neun Uhr morgens, auf dem Schulhof des Dreikönigsgymnasiums in Köln-Bilderstöckchen: Statt Geschichte und Soziologie steht für die Oberstufenklassen heute Studienberatung auf dem Stundenplan. Etwa fünfzig Schüler scharen sich um einen großen Lastwagen, der wie ein riesiger Umzugskarton aussieht. Darauf ist in großen Lettern zu lesen: "Pack Dein Studium. Am besten in Sachsen." Studenten und Studienberater verteilen Infobroschüren und Give-aways - in ihren grünen T-Shirts sehen sie aus wie Umzugshelfer.

    "So, ich hab es jetzt gefunden, von der Hochschule Zittau-Görlitz einmal den Flyer Pädagogik der frühen Kindheit, soziale Arbeit, von der hätten wir gleich ein Bewerbungsheft dabei. Das kannst du ausfüllen, hier abgegeben. Ich nehme es dann mit zurück."

    Judith Kollet aus der zwölften Klasse will Sozialpädagogik studieren. Für sie sind die fehlenden Studiengebühren und allgemein niedrigen Lebenskosten in Sachsen ein entscheidender Pluspunkt.

    "Ja, klar ist das ein Faktor. Wenn ich mir überlege, ich müsste in Köln viel arbeiten, um die Miete und die Studiengebühren zu zahlen, da müsste das Lernen eben zurückstehen. Das ist schon ein Vorteil. Aber es ist schon ein Stück weit weg. Mal schauen."

    Ihre Mitschüler sind da noch skeptischer.

    "Warum sollen wir denn unbedingt nach Sachsen?"

    "Einfach keine Lust, weil es viel zu umständlich ist, in eine ganz andere Stadt zu ziehen. Komplett neu anfangen ist nichts für mich."

    Bernhard Nink, Berufsberater für Abiturienten und Hochschüler bei der Agentur für Arbeit in Köln, kennt diese Vorbehalte. Er hat den Kontakt zwischen dem Gymnasium und dem sächsischen Info-Truck hergestellt. Der "Blick über den Tellerrand" sei wichtig:

    "Wir reden ja mit sehr vielen Schülern der Jahrgangsstufen zwölf und 13 im Hinblick auf Studienabsichten und Berufswahl, und stellen immer wieder fest, dass das regionale Spektrum sehr eng gefasst wird. Das hat persönliche Gründe - oder, weil man sich gar nicht vorstellen kann, weiter weg zu ziehen, aber auf der anderen Seite müssen wir sehen, dass die Möglichkeiten in Köln und der Region sehr nachgefragt sind, dass es sehr harte NCs gibt. Dazu kommt, dass erwiesenermaßen die Relation zwischen Dozenten, Lehrkräften und Studierenden in Sachsen sehr gut ist, keine Studiengebühren existieren. Von daher könnte der Gedanke durchaus mal in diese Region hingehen. Das möchten wir unterstützten."

    Melanie Kellermann ist gebürtig aus Bayern. Die 27-Jährige hat an der Hochschule Zittau-Görlitz Chemie studiert, und arbeitet dort inzwischen in einer Forschungsgruppe. Die Werbekampagne für sächsische Hochschulen unterstützt sie gern, weil:

    "Ich bin gern in Sachsen. Ich habe mit fünfzehn Leuten Chemie studiert, und wenn man mit fünfzehn Leuten studiert, ist es nicht mehr so schwierig, einen guten Abschluss zu machen. Man kennt sich untereinander, man hat einen viel intensiveren Kontakt zum Professor, an den komm ich leichter ran, da bin ich nicht irgendwer, sondern für ihn Frau Kellermann. Man hat nicht einfach irgendeine Nummer."

    Sascha Mohr hat das noch nicht überzeugt. Statt gen Osten, zieht es ihn weiter in Richtung Westen. Er würde gerne Psychologie in der Niederlande studieren, auch, weil dort der Numerus Clausus viel niedriger sei als in Deutschland. Er hält die 2,5 Millionen teure Kampagne des sächsischen Wissenschaftsministeriums für übertrieben:

    "Diese Werbeaktion - dass das so intensiv gemacht wird. Auch die Mittel, die dafür aufgebracht werden. Ich frage mich halt, ob man die nicht in anderen Bereichen besser gebrauchen könnte."

    Weitere Informationen:

    Pack dein Studium - Studienangebote in Sachsen