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Werkstatt der Moderne

Im New Yorker Museum of Modern Art ist die bislang größte Ausstellung zum Thema Bauhaus zu sehen, die es jemals in den USA gegeben hat. Über 400 Werke werden ausgestellt, darunter Möbel, Alltagsgegenstände, Kleider, Bilder, und Fotografien.

Von Sacha Verna |
    1938 gab es das Bauhaus schon seit fünf Jahren nicht mehr. Viele der Protagonisten dieser wohl berühmtesten und weltweit einflussreichsten deutschen Kunstschule des 20. Jahrhunderts waren nach Amerika emigriert, darunter Josef Albers, Laszlo Moholy-Nagy und ihr erster Direktor Walter Gropius. Doch als Alfred Barr, der Gründungsdirektor des Museums of Modern Art in New York, Walter Gropius damals dazu einlud, bei ihm eine Ausstellung über das Bauhaus zu organisieren, tat er dies vor allem aus zwei Gründen. Zum einen hatte Barr ein Besuch der Schule und deren radikal interdisziplinärer Ansatzt einige Jahre zuvor stark beeindruckt.

    So sollte nun auch die Sammlung des Museum of Modern Art eine ganze Bandbreite von Medien umfassen, von der bildenden über die darstellende Kunst bis hin zu Design. Ganz im Sinne der Forderung nach einer Gleichwertigkeit der Künste also, wie sie Walter Gropius in seinem Manifest zur Gründung des Bauhaus 1919 formuliert hatte. Zum anderen wollte Alfred Barr mit einer Bauhaus-Ausstellung ein politisches Zeichen setzen:

    "Es war höchstwahrscheinlich eine Reaktion auf die Ausstellung "Entartete Kunst” 1937 in München, eine Art kuratorischer Protest gegen die Situation in Europa."

    Sagt Leah Dickerman. Sie ist Co-Kuratorin der zweiten großen Bauhaus-Ausstellung im Museum of Modern Art.

    "Als Gropius hier mit Herbert Herbert Bayer und seiner Frau Isa Gropius seine Ausstellung einrichtete, versuchte er in erster Linie seine eigene Geschichte zu erzählen, sich in Amerika zu positionieren. Deshalb blendete er die ersten und die letzten Jahre des Bauhaus unter seinen nachfolgenden Direktoren Hannes Meyer und Mies van der Rohe aus."

    Diese Leerstellen soll die jetzige Ausstellung füllen. Und voll ist sie, diese Schau: Über 400 Objekte sind darin versammelt, Marcel Breuers legendärer Clubsessel ebenso wie von Paul Klee entworfene Kasperl-Figuren, Geschirr und Teppiche, Skulpturen und Bilder, Modelle für Gebäude und solche für bloße Gedanken. Kurz, die ganze Vielfalt dessen, was die diversen Abteilungen des Bauhaus und seine berühmten wie seine unbekannten Vertreter hervorgebracht haben.

    Der Begriff "Bauhaus” werde allzu oft als Synonym für internationalen Modernismus gebraucht und missverstanden als Bezeichnung für einen einheitlichen Stil oder eine Bewegung, sagt Leah Dickerman. Sie hingegen wollten den experimentellen, den Werkstatt-Charakter des Bauhaus präsentieren, das Bauhaus:

    "Als Schule, die unterschiedliche Standpunkte erlaubte, als das Durcheinander, das Schulen bilden, wo verschiedene Ideen miteinander wetteifern und Werke verschiedenster Art entstehen."

    Die Ausstellung ist chronologisch angeordnet und beleuchtet die Standortwechsel und die Neuorientierungen, die das Bauhaus im Lauf seiner vierzehnjährigen Existenz durchlaufen hat: die expressionistischen Anfänge in Goethes Weimar, der Umzug ins industrielle Dessau und das von den Nationalsozialisten erzwungene Ende in Berlin.

    Im Gegensatz zur umfangreichen Bauhaus-Ausstellung, die unlängst im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen war, stammen viele der Exponate hier aus Sammlungen außerhalb Deutschlands, nicht zuletzt aus dem Bestand des Museum of Modern Art. Der Besuch lohnt sich deshalb auch für jene, die meinen, das Bauhaus schon vollständig möbliert besichtigt zu haben.


    Die Ausstellung "Bauhaus 1919-1933: Workshops for Modernity” ist noch bis am 25. Januar 2010 im Museum of Modern Art zu sehen.