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Werkstoffe
Wenn Pilze Holz veredeln

Pilze können Holz nicht nur zerstören, sondern - kontrolliert eingesetzt - auch verbessern. Das hat sich der britische Forscher Francis Schwarze zunutze gemacht und sorgt bei Geigen für einen besseren Klang.

Von Kirstin Hausen |
    Eine Violine
    Spezielle Pilze können Geigen klanglich verbessern, ohne die Stabilität der Instrumente zu gefährden. (picture-alliance/ dpa / Lehtikuva Ismo Pekkarinen)
    Warm, rund und wunderschön, so beschreiben Zuhörer den Klang dieser Geige. Ein Werk des alten Meisters Antonio Stradivari? Nein, eine moderne Geige, mit Pilzen behandelt.
    "Nach der Pilzbehandlung haben wir eine ganz homogene Struktur mit sehr dünnen Zellwänden. Und das scheint der Erfolg der Pilzbehandlung zu sein."
    Francis Schwarze leitet die Abteilung Angewandte Holzforschung am Empa in Sankt Gallen und die Pilze begleiten ihn schon seit Langem.
    "Als ich Baumpflege studiert habe in England, hab ich mich immer gefragt: Warum ist ein Pilz an einem Baum gefährlich, aber der gleiche Pilz an einem anderen Baum nicht? Und diese Fragen konnte mir keiner beantworten - und da habe ich mich entschieden, das selbst herauszufinden."
    Francis Schwarze geht an die Universität Freiburg und erforscht die Veränderungen, die Pilze an Bäumen bewirken. Eine gängige Methode, um den Pilzbefall zu untersuchen, ist das Messen der Schallgeschwindigkeit im Holz.
    "In der Regel ist es so, dass die meisten Pilze den Baum aushöhlen, der Schall muss sich über eine längere Strecke ausbreiten, die Laufzeit erhöht sich und die Schallgeschwindigkeit reduziert sich. Allerdings habe ich festgestellt, dass einige wenige Pilze das Holz abbauen, aber die Schallgeschwindigkeit wird nicht reduziert."
    Diese Erkenntnis wird erst zehn Jahre später wichtig. Schwarze ist mittlerweile in Sankt Gallen am Forschungsinstitut Empa.
    "Genau in dieser Zeit hatte ich eine Zufallsbegegnung mit Martin Schleske, einem berühmten Geigenbauer aus München und wir sind dann so ins Fachsimpeln gekommen und ich wollte natürlich vom Martin wissen: Was braucht es, um eine gute Geige zu bauen?"
    Der Geigenbauer verrät dem Holzforscher, dass er die Schallgeschwindigkeit misst und die sogenannte Rohdichte des Holzes.
    Der Pilz verringert das Gewicht der Geige
    "Die Rohdichte beschreibt die Porosität des Materials. Und er sagt, wenn das Verhältnis Schallgeschwindigkeit zu Rohdichte weit ist, das ist ein Merkmal für hochwertiges Klangholz. Ich hab zum Martin gesagt: Sag mal, ist noch keiner auf die Idee gekommen, das Holz leichter zu machen, die Rohdichte zu reduzieren? Und Martin hat mich dann mit großen Augen angeschaut und gesagt, nein, wie soll das funktionieren? Und da hab ich gesagt, mit holzzersetzenden Pilzen sollte das möglich sein."
    Das Forschungsprojekt war geboren. Der Pilz, der in Deutschland häufig an Buchen auftritt, verringert das Gewicht der Geige, ohne ihre Festigkeit zu verschlechtern. Es besteht also keine Gefahr, dass die Geige während des Konzertes zerbröselt, wie Kritiker des Verfahrens behauptet hatten.
    "Es wurde behauptet, dass das Holz wie ein Schwamm aufsaugt und entsprechend zu viel Lack aufnimmt. Es wurde behauptet, dass Risse entstehen und mittlerweile haben wir diese Kritikpunkte widerlegen können."
    Pilzbehandelte Särge für ein schnelleres Verrotten
    Denn Francis Schwarze will einen konkreten Nutzen seiner Forschungsergebnisse sehen. Durch das Geigenprojekt ist der ungewöhnliche Wissenschaftler in der ganzen Schweiz bekannt geworden. Und immer öfter melden sich Menschen aus der Praxis mit kniffligen Problemen, die er gerne versucht, zu lösen. So wie im Fall der pilzbehandelten Särge, die er gemeinsam mit einem Bestattungsunternehmen entwickelt hat, um das Verrotten zu beschleunigen. Pilze können ganz unterschiedliche Aufgaben übernehmen, sagt Francis Schwarze begeistert.
    "Das ist sicherlich so, dass man verschiedene Pilze für die Kontrolle von Schädlingen einsetzen könnte, im Weinbau, Hopfenbau. Oder auch im Holzschutz. Das sind Wege, die noch nicht begangen wurden. Weil natürlich auch die Holzschutzmittelproduzenten verkaufen wollen. Und was mich eben oft ärgert, dass jeder von Nachhaltigkeit spricht, es aber kaum jemand wirklich lebt."
    Der emsige Forscher in Sankt Gallen will das ändern. Sein nächstes Forschungsprojekt richtet sich gegen umweltschädliche Verpackungen.
    "Das sind Wege, die wir derzeit beschreiten, Verpackungsmaterial zu ersetzen mit Pilzen, die Holz umwandeln. Und da bildet sich ein Material, das vergleichbar ist mit Styropor. Und es gibt namhafte Möbelfirmen in der Schweiz, die großes Interesse haben. Ihre Firma hätte ein besseres Image, man könnte was für die Umwelt tun, und das Produkt kann vom Kunden einfach in den Garten geworfen werden, weil die Pilze, die wir einsetzen, sind für Mensch und Umwelt ungefährlich."