Deutschland will vom Senegal aus eine Luftbrücke zum Kampf gegen die Ebola-Epidemie in Westafrika aufbauen. Dazu soll die Bundeswehr in den nächsten Tagen mit bis zu vier Transall-Maschinen aus Dakar Versorgungsflüge in die drei besonders betroffenen Länder Liberia, Guinea und Sierra Leone starten. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte am Freitag zugleich weitere Hilfe an. Kritik am bisherigen deutschen Engagement wies die Bundesregierung zurück.
Bilaterale Hilfe sei nun gefragt, sagte Merkel am Freitag mit Blick auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO). "Es erweist sich, dass die multilateralen Organisationen in ihrer Organisations- und Schlagkraft der rasanten Entwicklung nicht Herr werden können", so die Bundeskanzlerin.
Kritik an Bundesregierung
Zuvor war Kritik an den bisherigen deutschen Maßnahmen zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie laut geworden. Im Deutschlandfunk forderte Rupert Neudeck, Gründer der Hilfsorganisation "Cap Anamur" und des Friedenscorps "Grünhelme", einen Armeeeinsatz im Ebola-Gebiet. Die Bundeswehr mit ihrem großen Ärztebestand sei nun gefragt. "Es muss jetzt richtig mit einem großen Aplomb etwas geschehen", sagte Neudeck im DLF. Das könne von deutscher Seite am besten die Bundeswehr, die sich künftig generell darauf einstellen solle, Nothilfe zu leisten.
Bundestagvizepräsidentin Claudia Roth sagte dem Berliner "Tagesspiegel", das unvorstellbare Leid in Westafrika wäre vermeidbar gewesen, hätte die Weltgesellschaft früher gehandelt. Der deutschen Regierung warf die Grünen-Politikerin vor, die jetzt zugesagten Mittel kämen viel zu spät und seien höchstens ein Tropfen auf den heißen Stein.
UNO-Sicherheitsrat beschließt Ebola-Mission
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschloss am Donnerstag (Ortszeit) eine Mission zur Ebola-Epidemie in den Staaten Westafrikas. Damit wolle man der Gefahr für Frieden und Sicherheit in der Welt begegnen, sagte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon nach einer Sondersitzung des Gremiums in New York. Er rief die Staaten weltweit auf, mehr zur Bewältigung der Krise beizutragen als bisher. Die UNO-Mission soll dafür sorgen, dass die Ausbreitung der Krankheit gestoppt und Infizierte bestmöglich behandelt werden. Wegen der Ebola-Epidemie gilt jetzt in Sierra Leone eine dreitägige Ausgangssperre. Bislang sind in Westafrika gut 5.500 Infizierte und fast 2.600 Tote erfasst worden. Die Weltgesundheitsorganisation hält die tatsächliche Zahl für weit höher.
Sierra Leone verhängt landesweite Quarantäne
Im Ebola-Seuchengebiet von Guinea haben aufgebrachte Dorfbewohner sechs Regierungsvertreter und Journalisten getötet. Die Delegation war im Südosten des Landes unterwegs, um die Bevölkerung über die Gefahren durch das Virus zu informieren. Unterdessen ist in Sierra Leona eine dreitägige Ausgangssperre in Kraft getreten, während Tausende Gesundheitshelfer nach unentdeckten Ebola-Kranken suchen sollen. Auf Anordnung der Behörden sollten alle Einwohner ihre Häuser verschlossen halten, während die Helfer im ganzen Land von Tür zu Tür gingen, um noch unentdeckte Fälle der oft tödlichen Krankheit zu finden. Präsident Ernest Bai Koroma bat die Bürger, sich an die Anordnung zu halten.
Die Maßnahme ist umstritten, berichtet ARD-Korrespondent Alexander Göbel. So befürchtet die Organisation Ärzte ohne Grenzen, dass Kranke sich während der Ausgangssperre verstecken - um nicht an den Pranger gestellt zu werden. Dann könne der "Lockdown", die landesweite Quarantäne, sogar kontraproduktiv sein.
Wer krank ist, so die Befürchtung der Hilfsorganisationen, werde sich kaum freiwillig stellen, selbst wenn er nicht Ebola, sondern nur Malaria hat. Wie eine Menschenjagd auf mutmaßlich Infizierte aussehen kann, hat sich vor Kurzem in Liberia gezeigt. Im Nachbarland ist ein Lockdown auch schon mal schief gegangen: Die Behörden hatten dort den Slum von West Point abgeriegelt und die Menschen mit dem Virus eingesperrt. Es gab Panik und Gewalt, Tränengas wurde eingesetzt.
(tön/ach)