Internationale Recherche
Westliche Reeder lieferten Tanker für russische Schattenflotte

Westliche Reedereien haben seit Beginn des Ukraine-Kriegs offenbar mehr als 200 Tankschiffe für die sogenannte russische Schattenflotte geliefert. Die Eigentümer erzielten mit dem Verkauf der Schiffe Milliardengewinne. Auch deutsche Reeder profitierten davon.

    Vier Öltanker liegen im Hafen von St.Petersburg
    Die sogenannte Schattenflotte ermöglicht Russland, sein Öl zu verkaufen. (imago images / MITO )
    Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Rechercheprojekt, an dem auch NDR, WDR und Süddeutsche Zeitungbeteiligt sind. Demnach sollen zwischen 2022 und 2024 auch elf Tanker aus der deutschen Handelsflotte unter anderem an chinesische und türkische Unternehmen verkauft worden sein. Später wurden sie als Teil der russischen Schattenflotte identifiziert und von den USA auf eine Sanktionsliste gesetzt. Der Recherche zufolge hatten deutsche Reeder und Eigner mit dem Verkauf überdurchschnittlich hohe Gewinne in Höhe von schätzungsweise 200 Millionen Euro erzielt.

    Russische Schattenflotte umgeht westliche Sanktionen

    Der Verband deutscher Reeder sprach von einer besorgniserregenden Entwicklung. Insbesondere im Kontext geopolitischer Spannungen müssten Schiffsverkäufe verantwortungsvoll gestaltet werden, teilte der Verband mit. Unter Schattenflotte versteht man Tanker und andere Frachtschiffe mit undurchsichtigen Eigentümerstrukturen. Diese Schiffe benutzt Russland, um Sanktionen infolge seines Angriffskriegs gegen die Ukraine etwa beim Öltransport zu umgehen.
    In Deutschland gingen den Recherchen zufolge unter anderem Schiffe aus der Flotte der beiden Traditionshäuser Schulte, der Chemikalien Seetransporte GmbH aus Hamburg und der Reederei Salamon AG aus Dortmund in die Schattenflotte. Die Reedereien haben die Schiffe zu diesem Zeitpunkt gemanagt und waren Miteigentümer - gemeinsam mit Investorengesellschaften. Insgesamt wurden den Recherchen zufolge zwischen 2022 und 2024 elf Tanker aus der deutschen Handelsflotte verkauft. Michelle Bockmann vom Branchendienst Lloyds List Intelligence geht davon aus, dass allen Verkäufern klar gewesen sein muss, wohin ihre Schiffe letztlich gingen. Der Verkauf der Tanker in die Schattenflotte ist nicht illegal.

    EU-Bestimmungen sind vage

    Seit Dezember 2023 besteht zwar europaweit eine Meldepflicht für den Verkauf von Tankschiffen an Drittländer. Zudem ist ein Verkauf von Tankern nach Russland oder zur Verwendung in Russland seither untersagt. Doch die Bestimmungen der EU sind vage. Aus Regierungskreisen heißt es, das Sanktionsregime gegen Russland werde "regelmäßig überprüft und wenn nötig angepasst". So sei derzeit beispielsweise die direkte Sanktionierung weiterer Tankschiffe in Vorbereitung.
    Diese Nachricht wurde am 04.02.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.