In Arno Zappers Laden gibt es Zeitschriften, Grußkarten, Zigaretten, Kaffee to go, Lottoscheine und einen Wettterminal des Deutschen Lotto- und Totoblocks. Hier treffe man sich gern, sagt Manfred Becker.
"Die Unterhaltung hier beim Herrn Zapper ist gut, passt schon. Der Austausch... Wer hat Ahnung, wer hat keine."
Es wird gefachsimpelt. In erster Linie über die Gewinnaussichten der Vereine in den Fußball-Ligen am kommenden Spieltag.
"Augsburg, da kann man 1. Halbzeit null tippen, aber Bayern gewinnt dann doch." - "Zehn Euro auf Augsburg, da kann ich sie auch gleich Ihnen in die Hand geben."
Und es wird gesetzt, in der Regel zwischen fünf und zehn Euro auf die Ergebnisse in der Bundesliga, in der Champions League, manchmal auch auf die 2. Liga. Alles ganz legal. Denn die staatliche Oddset ist die einzige Institution, die derzeit Sportwetten in Deutschland flächendeckend anbieten darf. Zur privaten Konkurrenz würden die Rentner nicht wechseln, Manfred Becker schüttelt den Kopf.
"Da halten wir uns fern, sie wollten ja die Illegalen abschaffen, aber jetzt macht sogar der Oliver Kahn dafür Werbung, ich verstehe das sowieso nicht, alles Lug und Trug."
Tatsächlich wirbt der ehemalige Fußball-Nationaltorwart Kahn für Tipico, eine private Wettgesellschaft.
"Unser Motto ist: Ihre Wette in sicheren Händen."
Werbung, die ihr Ziel nicht verfehlt, sagt der Sportwettenexperte der saarländischen Lottogesellschaft, Thomas Steinmann.
"Der typische Spieler ist etwas älter bei uns, bei den Privaten ist es so, dass da auch die Jüngeren dort reingehen."
Angst vor Schadensersatzforderungen
Das hat nur einen Haken: Private Sportwetten sind in Deutschland - solange sie nicht den Pferdesport betreffen - verboten. Genauer gesagt: In 15 von 16 Bundesländern. Eine Ausnahme bildet Schleswig-Holstein. Das Land hat an private Anbieter entsprechende Lizenzen vergeben. Trotzdem kann auch im großen Rest der Republik jeder spielen, wenn er möchte. Entweder an den Rechnern privater Wettbuden in deutschen Innenstädten oder eben zu Hause, am heimischen Computer. Der Staat greife nicht ein, sagt Suchttherapeut Hartmut Goergen.
"Es hängt mit europarechtlichen Liberalisierungstendenzen zusammen. Das hängt aber damit zusammen, dass wenn solch ein Beschluss durchgeführt würde und Wettbüros zugemacht würden, dass man Bedenken hat, dass Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe auf denjenigen, der das tut, zukommen, das ist die eigentliche Angst."
Faktisch haben es die Bundesländer, die in Sachen Glücksspiel die Aufsicht führen, nicht leicht, die privaten Anbieter in die Schranken zu weisen. Denn es handelt sich um Unternehmen, die vom Ausland aus operieren. Sie verfügen in aller Regel über eine gültige Glücksspiellizenz eines anderen EU-Mitgliedstaates, die in Deutschland jedoch nicht anerkannt wird. In dieser Grauzone, Experten sprechen beschönigend vom unregulierten Markt, floriert das Geschäft. Allein im vergangenen Jahr haben deutsche Tipper für illegale Casinospiele und Sportwetten im Internet geschätzt 20 Milliarden Euro ausgegeben. Auf Sportwetten entfielen dabei drei Milliarden.
Der Staat als zahnloser Tiger
Angesichts der in Rede stehenden Summen verwundert es nicht, dass die privaten Glücksspiel-Anbieter juristisch alle Register ziehen, sobald die Behörden Verbote aussprechen, sagt Hans-Peter Knaack, im saarländischen Innenministerium zuständig für das Thema Glücksspiel.
"Gerichtsverfahren haben nun einmal in einem Rechtsstaat ihre Dauer und deswegen ist die Annahme, dass der Staat nicht vorgeht, falsch. Andererseits gibt es leider das Phänomen, dass erfolgreiche Untersagungsverfügungen der Aufsichtsbehörden von privaten Anbietern dadurch unterlaufen werden, dass einfach der Betreiber des jeweiligen Sportwettenbüros ausgetauscht wird. Dann bleibt meistens nichts anderes übrig, als ein neues Verfahren gegen den neuen Betreiber einzuleiten."
Der Staat gebärde sich wie ein zahnloser Tiger, findet Suchtberater Hartmut Goergen.
"Wir haben die Glücksspielaufsicht für die terrestrischen Spiele in den Bundesländern, wir haben die Glücksspielaufsicht für den Online-Bereich in den Landesmedienanstalten, wir haben die Vollzugsbehörde in Niedersachsen. Wir haben die Geschäftsführung des Lottoblocks alle zwei Jahre wechselnd in einem anderen Bundesland, das heißt wir haben eine Zersplitterung von Kompetenz und Schlagkraft. Mein Vorschlag wäre - über alle Glücksspiele - ein Bundesaufsichtsamt für das Glücksspielwesen zu gründen."
Doch die Länder verteidigen das föderative Prinzip. Sie profitieren von Lotteriesteuern, die in ihren Haushalten verbleiben. 2013 kamen über das legale Glücksspiel immerhin 1,7 Milliarden Euro zusammen. Darüber hinaus fördern die Landesgesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks pro Jahr mit etwa der gleichen Summe den Breitensport, die Kultur und den Denkmalschutz.
Internet als Plattform für Wetten bleibt untersagt
Aber die Länder können die wachsenden Gefahren der Spielangebote im Netz nicht länger ignorieren. Sie haben daher das niedersächsische Innenministerium mit Schlüsselkompetenzen versehen und personell aufgerüstet, um die eigenen Interessen gegen illegale Anbieter zu verteidigen. Das sei zumindest ein Anfang, findet Peter Jacoby. Der langjährige saarländische Finanzminister ist einer von zwei Geschäftsführern von Saartoto und augenblicklich amtierender Vorsitzender des Deutschen Lottoblocks.
"Wir begrüßen es ausdrücklich, dass in den letzten Wochen in puncto Vollzug Bewegung gekommen ist. Vielleicht zu spät, aber die Richtung ist jetzt richtig eingeschlagen und wir arbeiten weiter daran, dass durch politische Prioritätensetzung das umgesetzt wird, was im Staatsvertrag vereinbart wurde."
Der Glücksspielstaatsvertrag regelt, wer welche Spiele anbieten darf. Das einträgliche Automatengeschäft in Spielsalons oder Gaststätten zum Beispiel ist Sache privater Veranstalter. Der Staat hingegen betreibt Lotterien und Sportwetten. Das Internet als Plattform für Wetten und Casino-Spiele zu nutzen, bleibt grundsätzlich untersagt. Die gesetzliche Beschränkung des Wettgeschäfts im Internet stört die privaten Anbieter. Die Regelung sei nicht europarechtskonform, behaupten sie, und überdies wirklichkeitsfremd. Das eigentliche Ziel - ein möglichst hoher Schutz für den Konsumenten - könne mit einem staatlichen Wettmonopol nicht erzielt werden, sagt Karin Klein, Managerin beim Sportwettenanbieter bwin.party.
"Ziel muss es sein, in Deutschland ein Modell zu implementieren, das erfolgversprechend ist für alle, was Konsumentenschutz betrifft, was Jugendschutz betrifft. Also zum Thema Ziele unterscheiben wir ja über weite Strecken das, was der Staat erreichen möchte, wir bezweifeln nur heftig, dass der Weg, der gewählt worden ist, der richtige ist."
Bwin.party ist ein börsennotiertes Unternehmen mit Sitz in Gibraltar, von wo auch andere Anbieter ihr Wett-Geschäft steuern. Sie haben Deutschland im Visier, denn eine Liberalisierung des Glücksspiels auf dem größten europäischen Markt sei prägend für ganz Europa, glaubt die Lobbyistin.
"Deutschland ist ein Vorbild und wenn Deutschland dem nicht gerecht wird, dann muss man das aufgreifen."
Mehrere Gerichtsverfahren gegen Deutschland
Aufgreifen bedeutet: Klagen. Die privaten Glücksspielanbieter haben mehrere Gerichtsverfahren angestrengt, um das staatliche Monopol zu kippen. Doch der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat Deutschland schon mehrfach den Rücken gestärkt. Zuletzt entschied er im Sommer dieses Jahres, dass Deutschland sehr wohl das Recht hat, das Glücksspiel in staatlichen Händen zu belassen. Allerdings müsse das Monopol dazu genutzt werden, die Spielsucht wirksam zu bekämpfen. In dieser Hinsicht fehle es deutschen Regeln an Gradlinigkeit, bemängeln die Luxemburger Richter. Der Staat könne nicht Suchtprävention betreiben und gleichzeitig sein Lotterie- und Sportwettenangebot bewerben.
Die Bundesländer haben daraufhin den Glücksspielstaatsvertrag 2012 überarbeitet und sich dafür entschieden, das Glücksspielmonopol grundsätzlich zu stärken. Gleichzeitig sollte jedoch dem Wettbewerb ein Türchen geöffnet werden. An 20 private Anbieter sollten Lizenzen für Sportwetten im Internet vergeben werden. Diese Beschränkung wollen die Unternehmen jedoch nicht hinnehmen; sie finden Unterstützung beim Deutschen Fußballbund. Stefan Hans, stellvertretender Generalsekretär des DFB.
"Der DFB ist verärgert. Der Glücksspielstaatsvertrag leidet aus unserer Sicht an einem wesentlichen Mangel und das ist diese willkürliche Festlegung auf 20 Lizenzen, die ist willkürlich und ist auch nicht zu begründen."
Der Versuch, den Sportwettenmarkt behutsam zu öffnen, ist schief gegangen, noch bevor er begonnen hat. Der hessische Verwaltungsgerichtshof setzte die Vergabe der Lizenzen aus, noch ehe das hessische Innenministerium die 20 auserwählten Anbieter mit Konzessionen ausstatten konnte. Denn die zu kurz Gekommenen, darunter Branchengrößen wie Tipico, wehren sich mit allen juristischen Mitteln. Je länger das dauert, desto schwieriger wird es, Ordnung in den Markt zu bringen, sagt der amtierende Lotto-Block-Chef, Peter Jacoby.
"Es wird unterstellt, dass mit einer Vergabe von 20 Konzessionen, also einer sogenannten Teilliberalisierung, der Markt in Ordnung kommt und mit diesem Prozess trennt sich natürlich Spreu vom Weizen. Es geht darum, dass diejenigen, die keine Konzession erhalten, vom Markt verschwinden."
Mehr Schaden für Oddset als für die private Konkurrenz
Ohnehin gibt es inzwischen begründete Zweifel daran, ob auch alle Bundesländer diesen Marktbereinigungsprozess vorbehaltlos unterstützen. Schließlich haben sich die Hessen ungewöhnlich lange Zeit gelassen, die Bewerbungen zu prüfen. Ein Grund für die Saumseligkeit findet sich im Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung. Darin heißt es, dass Hessen von einer quantitativen Deckelung der Sportwettenlizenzen eigentlich gar nichts hält. Warum dann ausgerechnet Hessen mit der Vergabe der Lizenzen betraut wurde, bleibt das Geheimnis der Bundesländer. Fest steht allerdings, die Hängepartie schadet dem staatlichen Anbieter Oddset weitaus mehr als der privaten Konkurrenz.
Peter Jacoby: "Dass sich in der Zwischenzeit auf dem Markt etwas getan hat, wenn auch illegal, ist zur Kenntnis zu nehmen. Es gibt ja im Sportwettenbereich eine exorbitante Entwicklung, an der allerdings der staatliche Anbieter bisher völlig unzureichend, wenn überhaupt, teilnimmt."
Von der Lust Millionen Deutscher, ihr fußballerisches Expertenwissen unter Beweis zu stellen, will auch der DFB profitieren, Stefan Hans.
"Wir haben in Deutschland mindestens 60 Millionen Leute, die sagen, ich hab sowieso den Fußballsachverstand, ich weiß es besser und die brauchen einfach auch ein reguliertes Angebot."
Der DFB hat deshalb bereits mit dem staatlichen Anbieter Oddset einen Sponsoring-Vertrag geschlossen. Nur darf Oddset erst für seine Online-Wetten in den Fußballstadien werben, sobald die Lizenzfrage geklärt ist. DFB-Vertreter Hans hofft daher auf eine schnelle Lösung des Problems.
"Dann wird der Vertrag wirksam und die dort vereinbarten Marketinggelder verteilt nach einem Schlüssel. Nach einem Sockelbetrag und danach wie viele Vereine und wie viele Mannschaften der jeweilige Landesverband hat."
Fußballwetten sprechen breite Masse an
Über die exakte Summe, die von Oddset an den Fußball fließen soll, schweigt der DFB-Mann - irgendwo im einstelligen Millionen-Bereich. Oddset verzeichnet Spieleinsätze der selbst ernannten Fußball-Fachleute von etwa 140 Millionen Euro im Jahr. Diese Einsätze sinken tendenziell, weil die privaten Anbieter Oddset das Wasser abgraben. Aber das soll sich ändern, wenn der Markt über Lizenzen geregelt wird und die unliebsame Konkurrenz endlich ausgeschaltet ist. Schließlich will auch der staatliche Anbieter davon profitieren, dass Fußballwetten breite Schichten ansprechen. Sie würden nicht als Glücksspiel betrachtet, sagt Suchtexperte Hartmut Goergen.
"Sportwetten, das ist sozusagen ein sportliches Verhalten. Man diskutiert darüber, wer das nächste Tor schießt, über das Ergebnis. Dass man nebenbei auch noch Geld einsetzen kann, ist sozusagen das Beiwerk, was allmählich, je höher die Einsätze werden, auch immer größere Bedeutung gewinnt. Das ist aber ein Prozess, der schleichend stattfindet und der bei uns in unserer breiten Diskussion noch gar nicht angekommen ist, was sich in diesem Sportbereich alles an Wetten abspielt."
Die Länder sehen sehr wohl, was im grauen Sportwettenbereich möglich ist. Ergebniswetten sind uninteressant. Viel aufregender und auch umsatzträchtiger sind Live-Wetten, in denen darauf gesetzt werden kann, wer eingewechselt wird, wer den nächsten Einwurf macht, wer das nächste Foul begeht oder welcher Spieler gar wegen einer Tätlichkeit mit Rot vom Platz fliegt. Selbst darauf, ob der argentinische Nationalspieler Luis Suarez, der einem Gegenspieler schon einmal in den Hals gebissen hatte, es wieder tun würde, durfte gesetzt werden. Im künftig regulierten Wettangebot sei für solche Auswüchse kein Platz, sagt Michael Burkert von Saartoto.
"Dieser Biss, der geht in Deutschland nicht. Bei uns wird es Live-Wetten nur auf ein Endergebnis geben, mehr nicht. Es gibt nur bestimmte Klassen, in denen überhaupt gesetzt werden kann, nicht im Jugendbereich und nicht in den unteren Amateurklassen. Und es gibt Obergrenzen, jeder braucht ein Spielerkonto, mehr als 2000 Euro im Monat darf ich, wenn ich interessiert bin, nicht setzen."
"Die Gefahr ist einfach latent da"
Der Deutsche Fußballbund, der mit manipulierten Fußballspielen, bestochenen Schiedsrichtern und Spielern schmerzhafte Erfahrungen hat machen müssen, befürwortet diese Form der Qualitätskontrolle. Stefan Hans.
"Wir wollen ja eben nicht, dass man wetten kann, wer macht den ersten Einwurf oder wer wird als erstes eingewechselt, denn da ist natürlich dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet, das wollen wir nicht haben. Eine Beeinflussung des Wettbewerbs über Sportwetten, die Gefahr ist einfach latent da, die wollen wir natürlich verhindern."
Aus Sicht der privaten Anbieter schießt der Staat jedoch übers Ziel hinaus. Das Verbot von Ereigniswetten oder die Limitierung der Einsätze verderbe den Kunden den Spaß. Das Angebot sei unattraktiv und werde deshalb nicht funktionieren, argumentiert Karin Klein.
"Abgesehen davon hat man Poker- und Casino-Produkte außen vor gelassen. Glauben wir wirklich, dass ein internetaffiner Kunde, der bis jetzt immer Casino und Poker gespielt hat, online, das zukünftig nicht mehr machen wird, nur weil es nicht Gegenstand des Glücksspielstaatsvertrages ist? Unwahrscheinlich. Das ist, wie wenn man einem Deutschen Farbfernsehen verbietet, man ist es gewohnt und man wird es weiter machen."
Poker sei ein gutes Beispiel. Hinter den USA brächten die Deutschen dafür die größte Begeisterung auf. 30 Prozent der Umsätze im Netz würden in Deutschland übers Pokerspiel erzielt, rechnet Karin Klein vor. Das wären derzeit etwa sechs Milliarden Euro. Nur das Automatenspiel verführt noch mehr Menschen, es gilt nach wie vor als die gefährlichste Spielform. Der Weg in die Sucht führe jedoch immer häufiger über Online-Spielangebote, erläutert Hartmut Goergen.
"Danach kommt das Pokerspiel und hier insbesondere die Gefahr, im Online-Bereich süchtig zu werden, weil man hier einfach keiner Kontrolle ausgesetzt ist. Man kann das anonym zu Hause machen, mit dem Handy, dem Smartphone. Insofern ist die Zugänglichkeit, die hohe Verfügbarkeit ein Faktor, der die Menschen bedroht, süchtig zu werden."
Hohe Kosten für das Gesundheitssystem
Die Zahl derjenigen Menschen, deren Glücksspielverhalten in Deutschland als pathologisch eingeschätzt wird, schwankt je nach Studie zwischen 250.000 und einer halben Million. Sie verschulden sich, setzen ihren Beruf auf's Spiel und nehmen die Zerrüttung und den wirtschaftlichen Niedergang ihrer Familien in Kauf. Die Kosten, die von diesen unglückseligen Glücksspielern verursacht werden, entstehen sowohl im persönlichen Umfeld, als auch im Gesundheitssystem, erläutert Hans-Peter Knaack.
"Die sozialen Kosten der Glücksspielsucht sind nicht exakt ermittelbar, sie werden aber seriös geschätzt. Für Deutschland ohne Privatkostenanteil auf circa 1,4 Milliarden im Jahr. Und mit Privatkostenanteil auf über 30 Milliarden, allein für Deutschland."
Für diese gesellschaftlichen Schäden kommt jedoch nur der Teil der privaten Anbieter auf, der seine Umsätze auch versteuert. Der Spielsalon um die Ecke gehört dazu. Er wird privat betrieben und ist für den Fiskus kein Unbekannter. Aber gegenüber der Internetkonkurrenz, die von Malta, Gibraltar oder sonstigen idyllischen Inseln aus den Markt bearbeitet, richtet der Staat bisher nur wenig aus.
Hans-Peter Knaack: "Sie agieren von Steuer- und Rechtsoasen aus, importieren übers Internet oder terrestrisch gefährliche Glücksspiele mit hohem Suchtpotenzial, die in Deutschland verboten sind. Dadurch wird ein erheblicher Anstieg der sozialen Kosten für Glücksspielsucht verursacht. Die Begleichung dieser erhöhten sozialen Kosten überlassen sie dem deutschen Staat. Und die Steuern- und Lizenzgebühren, die werden dort kassiert."
Länder wollen in den Zahlungsverkehr eingreifen
Mit der Lizenzvergabe will der Staat die privaten Anbieter in die Pflicht nehmen. Allen anderen Anbietern, die weiterhin ohne Konzession am Markt operieren, will er einen Riegel vorschieben. Die Idee: Die Länder wollen in den Zahlungsverkehr eingreifen. Beim Verdacht auf illegales Glücksspiel sollen die Konten gesperrt werden. Weder die Spieleinsätze noch die Gewinne sollen von den Banken transferiert werden. Den Praxistest muss dieses Modell des Payment-Blockings in Deutschland jedoch erst noch bestehen. Andernorts funktioniere es, darauf verweist Lotto-Vertreter Michael Burkert.
"In Amerika agieren sie mit harter Hand, weil die wissen, wenn man das nicht durchsetzt, gibt es den grauen, den illegalen Markt."
Suchttherapeuten glauben hingegen nicht an einen Erfolg dieser Maßnahmen. Es würden immer höhere Gewinnsummen in Aussicht gestellt, 30, 40 und mehr Millionen.
Hartmut Goergen: "Das Geld wird immer mehr auch über die Art, wie Glücksspiele heute vermarktet werden und welche Glücksspiele wir überhaupt anbieten, zu einem Rauschmittel. Die Dimension ist neu. Es geht nicht nur mehr um eine Million, es geht um zig Millionen, es geht um Milliarden. Und das ist die Gefahr, dass diese Finanzströme, dass man die nicht mehr kontrollieren kann."
Legal oder illegal, die Menschen hofften auf das ganz große Glück.