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Wetterextreme
Hitzewellen und Unwetter nehmen zu

Der Mensch müsse sich in der Zukunft auf starke Wetterextreme einstellen, sagte Klimaforscher Stefan Rahmstorf im Deutschlandfunk. Die Hitzewellen und starken Unwetter seien eine Folge der globalen Erwärmung. Das Wetter der Zukunft sei rekordverdächtig.

Stefan Rahmstorf im Gespräch mit Britta Fecke |
    Ein Frau schaut am 10.06.2014 in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) aus ihrem Fenster auf die Sturmschäden der Nacht. Beim schwersten Unwetter in Nordrhein-Westfalen seit Jahren sorgten Sturmböen, Blitzeinschläge und Hagel an vielen Häusern und Autos für Schäden.
    Der Mensch muss sich zukünftig auf extreme Wetterverhältnisse einstellen. (picture alliance / dpa / Martin Gerten)
    Britta Fecke: Es werden nicht die letzten Orkan-Böen sein, die in Deutschland Menschen das Leben kosten und den Bahn- und Straßenverkehr lahmlegen. Tatsächlich häufen sich die Wetterextreme in den letzten Jahren. Noch nie gab es so viele sogenannte Jahrhundertfluten in nur einem Jahrzehnt. Orkane, Fluten, Hitzerekorde - wie hängen die Wetterextreme mit der globalen Erderwärmung zusammen? - Ich bin jetzt verbunden mit Professor Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung. Herr Rahmstorf, häufen sich in Deutschland die extremen Wetterereignisse tatsächlich?
    Stefan Rahmstorf: Es gibt einige Studien, die zeigen, dass es tatsächlich eine Zunahme gibt. Das betrifft gerade zum Beispiel auch das Gewitterpotenzial, was ja jetzt relevant ist bei den gerade passierten Unwettern. Aber es gibt auch eine Zunahme bei extremen Niederschlägen, die dann zu Überschwemmungen führen. Und selbstverständlich gibt es auch eine deutliche Zunahme von Hitzewellen als Folge der globalen Erwärmung.
    Fecke: Das wäre meine nächste Frage gewesen. Sehen Sie einen direkten Zusammenhang mit der globalen Erwärmung der erdnahen Luftschicht bei dieser Häufung der extremen Wetterereignisse?
    Rahmstorf: Ja sicher. Bei den Hitzewellen ist es ganz klar, wenn es generell wärmer wird, dass dann auch immer mehr Temperaturrekorde gebrochen werden. Wir haben das gezeigt, dass sowohl weltweit als auch gerade bei uns in Europa die Zahl von monatlichen Hitzerekorden, wärmster Juli seit Beginn der Aufzeichnung etwa, dass diese Art von Rekorden heute fünfmal so oft beobachtet wird, wie man es rein durch Zufall erwarten würde in einem unveränderten Klima. Aber auch andere Dinge wie die Gewitterneigung nehmen mit der Erwärmung zu. Man spricht ja aus gutem Grund von Hitzegewittern, weil gerade diese besonders heißen Tage, wie wir sie über Pfingsten hatten, die Gewitterneigung verstärken. Und was die Überschwemmungen angeht, die extremen Niederschläge, ist der Zusammenhang physikalisch so, dass wärmere Luft mehr Wasser halten kann - pro Grat Erwärmung sind das sieben Prozent mehr - und dass deswegen auch stärkere Extremniederschläge auftauchen.
    Fecke: Gibt es eine Kartierung für Deutschland, in welchen Gebieten zum Beispiel vermehrt mit Stürmen zu rechnen ist und in welchen das Gewitterpotenzial steigen wird?
    Rahmstorf: Für das Gewitterpotenzial gibt es eine solche Studie aus Karlsruhe vom Karlsruher Institut für Technologie, die zeigt, dass insbesondere im Süden Deutschlands mit einer deutlichen Zunahme der Gewittertage nicht nur zu rechnen ist, sondern die ist schon beobachtet in den letzten Jahrzehnten. Und generell ist es ja auch so, dass wir im Süden etwa doppelt so viele Gewittertage haben wie im Norden, auch weil die Gewitter bei wärmeren Temperaturen öfter auftreten.
    Fecke: Wenn Sie diese Daten nehmen und versuchen, in die Zukunft zu schauen, was glauben Sie zu erkennen? Worauf müssen wir uns einstellen?
    Rahmstorf: Allgemein müssen wir uns natürlich nicht nur auf die weitere Erwärmung, sondern auch auf weitere Extremereignisse einstellen. Ich kann das jetzt nicht zuverlässig quantifizieren, wie viele häufige Extreme. Höchstens bei Temperaturen kann man das noch machen, weil da der Zusammenhang wirklich physikalisch ziemlich simpel ist. Da rechnen wir damit - ich habe ja gerade gesagt, wir haben jetzt fünfmal so viele Monatsrekorde -, bis in 30 Jahren werden wir etwa zwölfmal so viele Monatsrekorde haben, wie man das in einem unveränderten Klima erwarten würde.
    Fecke: Vielen Dank für diese Einschätzungen – Professor Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung war das.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.