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Whistleblower
Journalisten und der NSA-Skandal

Seit einem Jahr beschäftigen sich die Medien mit den NSA-Enthüllungen - besonders den "Spiegel", die "New York Times" und den "Guardian". Sie haben die Vorabdruckrechte an den NSA-Papieren. Wie ist die Situation der Journalisten, die über das Thema schreiben? In Berlin diskutierten zwei Whistleblower aus den USA: Thomas Drake, Ex-NSA-Agent, und Jesselyn Radack, Anwältin.

Von Michael Meyer |
    Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden.
    Vor einem Jahr wurden die Enthüllungen über die NSA von Edward Snowden veröffentlicht. (Guardian / Glenn Greenwald / Laura Poitras)
    "Ich denke Journalisten, die über das Thema NSA schreiben sind ganz sicher einem großen Risiko ausgesetzt. Das hat sich auch im Gerichtsverfahren gegen Chelsea Manning, der WikiLeaks-Whistleblowerin, gezeigt, als der vorsitzende Richter Regierungsvertreter fragte: Würde die Regierung Manning auch verfolgen wenn Manning zur 'New York Times' gegangen wäre, statt zu WikiLeaks? Und sie sagten nach einer Pause: Ja! Daher denke ich, wenn Sie als Journalist über Geheimdienste berichten, müssen Sie mit Druck rechnen, das hat sich am Fall von einigen AP-Reportern gezeigt, ebenso wie im Fall des 'New York Times' Reporters Jim Risen",
    sagt Jesselyn Radack. Die Stimmung in den USA ist derzeit nicht gut für jene Journalisten, die sich dem Thema NSA annehmen. Welche Blüten das treibt, zeigte sich unter anderem vor einem Jahr, als "New York Times"-Reporter und Pulitzer-Preisträger James Risen vor Gericht zur Aussage gezwungen wurde - sie richtete sich gegen einen vertraulichen CIA-Informanten - Risen wurde Beugehaft angedroht. Kein Einzelfall, konstatiert Thomas Drake, ehemaliger NSA-Agent. Er deckte, in kleinerem Maße bereits vor Snowden die Abhörpraktiken des amerikanischen Geheimdienstes auf. Drake meint, dass James Risen Haft angedroht wurde, weil:
    "Er war der einzige Zeuge, der bestätigen konnte, dass ein CIA-Mann Regierungsgeheimnisse verraten hat. Sie brauchten also den einzigen Augenzeugen, der in dieser Sache aussagt. Das Problem ist, dass der einzige Zeuge ein Journalist ist. Was jetzt also bedroht ist, ist die Freiheit der Presse Geheimnisse zu publizieren im öffentlichen Interesse. Wenn man also wegen Spionage angeklagt wird, gibt es im Prozess den Begriff des öffentlichen Interesses gar nicht mehr, weil man behandelt wird wie ein richtiger Spion. Es ist also nicht nur ein Krieg gegen Whistleblower, sondern ein Krieg gegen den Journalismus, gegen die Berichterstattung."
    Fall Edward Snowden in den USA "unausgeglichen"
    In den USA wird der Fall Edward Snowden deutlich anders beurteilt als hierzulande. Zwar gibt es auch dort eine wachsende Bürgerrechtsbewegung, die die flächendeckende Überwachung verurteilt, aber: Snowden und der Journalist Greenwald werden durchaus anders porträtiert, ihnen etwa große Eitelkeit unterstellt. Jesselyn Radack meint, dass die Berichte selbst von angesehenen Zeitungen wie der "New York Times" kritisch zu sehen sind.
    "Ich glaube nicht, dass die Berichterstattung fair und ausgeglichen war. Selbst jene Journalisten, die positiv über Snowden berichten, wie die 'New York Times', die einmal in einem Kommentar schrieb, dass er eine Begnadigung bekommen sollte, bedient sich manchmal einer Sprache wie: Der ehemalige Mitarbeiter, der nach Russland geflohen ist. Warum schreiben sie nicht von einem politischen Flüchtling? Die Sprache hat also oft einen negativen Beigeschmack, was viele Leser gar nicht bemerken, aber die Sprache beschreibt die Haltung, die da vorherrscht."
    Whistleblower sagen vor Untersuchungsausschuss des Bundestages aus
    Die beiden Whistleblower Jesselyn Radack und Thomas Drake werden Anfang Juli vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags aussagen, was an sich schon ein Kuriosum ist, denn der amerikanische Kongress hat selbst ein Jahr nach den Snowden-Enthüllungen keinerlei Pläne, einen solchen Untersuchungsausschuss einzurichten. Drake und Radack hoffen, dass wenigstens hier in Deutschland sich etwas tut:
    Radack: "Es macht mir Hoffnung, dass der Bundestag wenigstens eine Untersuchung eröffnet, das ist weit mehr als das, was die USA tun. Ich hoffe, dass die Untersuchung bestätigen wird, dass die NSA in Zusammenarbeit mit dem BND die bundesdeutsche Verfassung verletzt hat."
    Drake: "Ich habe großen Respekt vor dem Bundestag, dass sie diejenigen Personen, die etwas wissen über das System der Überwachung, befragen wollen, auch über die Zusammenarbeit zwischen der NSA und dem BND, damit all das ans Licht kommt."