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FootballLeaks
Wer ist ab wann Whistleblower?

Der Portugiese Rui Pinto steckt hinter den FootballLeaks, er wurde in Ungarn festgenommen. Was Pintos Einordnung als Whistleblower angeht, äußert Annegret Falter, Vorsitzende des Whistleblower-Netzwerks, im Dlf Zweifel. Generell meint sie aber auch: Whistleblower werden rechtlich nicht ausreichend geschützt.

Annegret Falter im Gespräch mit Jessica Sturmberg |
    Die Internetseite Football Leaks. Foto: Hendrik Schmidt/dpa
    Die ungarische Polizei hat die maßgebliche Person hinter der Enthüllungsplattform Football Leaks festgenommen und will sie nach Portugal ausliefern (dpa/Hendrik Schmidt)
    "Whistleblower sind vor allem uneinheitlich geschützt", sagt Annegret Falter im Deutschlandfunk. In jedem europäischen Mitgliedsstaat bestehe mehr oder weniger ein anderes Gesetz oder gar kein Schutz. Die Brüsseler Institutionen versuchten gerade Abhilfe durch eine Richtlinie zu schaffen, die dann später in nationales Recht umgesetzt werden müsse. Ein Entwurf des Europäischen Parlaments liege schon seit längerer Zeit vor.
    Europäische Rat fordert Änderungen des Entwurfs
    Der Europäische Rat fordere allerdings ganz erhebliche Änderungen zum Nachteil des Whistleblowers. Die Hauptknackpunkte in der Änderung des Rats: Whistleblower müssten sich erst ihrem Arbeitgeber offenbaren und auf mögliche Miststände hinweisen, bevor sie zu den externe Strafverfolgungs- und Aufsichtsbehörden gehen könnten. Des Weiteren wären nur rechtmäßig erlangte Informationen schutzwürdig: "Rui Pinto würde wahrscheinlich da nicht darunterfallen", so Falter.
    Eine erhebliche Rechtsunsicherheit
    Geschäfts- und Unternehmensinteressen seien wichtiger als Meinungs- und Informationsfreiheit. Der Whistleblower müsse sich im öffentlichen Interesse äußern. Dieses öffentliche Interesse sei jedoch ein unbestimmter Rechtsbegriff, der in Deutschland zu Beispiel noch gar nicht ausgefüllt sei. Noch schlimmer sei, dass selbst Straftaten unter einem Geheimschutz blieben. Gegen Whistleblower würde selbst dann ermittelt, wenn sie eine Straftat nach außen geben würden. "Das ist wiederum eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Das hat einen Einschüchterungseffekt, der kann dazu führen, dass potenzielle Whistleblower lieber schweigen und lieber wegschauen, als sich zu Wort zu melden" sagt Annegret Falter.
    Was Rui Pintos Einstufung als Whistleblower angeht, will Falter sauber trennen. Er habe am Arbeitsplatz nicht selbst an die Daten kommen können: "Entweder ist er ein Hacker oder er hat die Dokumente zugespielt bekommen." In letzterem Falle sei der Datenlieferant der eigentliche Whistleblower "nach dem Stand der Debatte über das Wort Whistleblower".