250 Millionen Dollar – so viel soll "The Intercept" zur Verfügung stehen. Das Geld kommt von Pierre Omidyar, dem Gründer von Ebay. Er will damit die journalistische Aufbereitung der Geheimdienst- Dokumente aus den Händen von Edward Snowden vorantreiben – momentan der einzige Punkt auf der Agenda von The Intercept. Professor Klaus Meier sieht darin prinzipiell gute Voraussetzungen für das Projekt. Für den Medienwissenschaftler von der Katholischen Universität in Eichstätt, drängt sich ein Vergleich auf:
"Es gibt noch nicht so viele Beispiele dafür. Wie sich das entwickeln wird, kann man an ProPublica sehen, die auch schon Pulitzerpreise gewonnen haben und die auch nur den Auftrag haben investigativ tätig zu sein. Ist auch von einer Stiftung finanziert, also ein ähnliches Finanzierungsmodell wie bei 'The Intercept'."
Seit Montag ist die Seite online – wenn auch mit kurzen Aussetzern. Denn der Ansturm war so groß, dass die neue Plattform teilweise nicht zu erreichen war. Der Grund für das Interesse ist leicht erklärbar. Snowden übergab zunächst nur wenigen Journalisten seine Daten. Unter anderem Glenn Greenwald und Laura Poitras. Die sind seit dem, direkt oder indirekt, an den meisten Enthüllungen des NSA-Skandals beteiligt. Nun arbeiten sie für "The Intercept" und decken weiter auf - Snowden selber spricht meistens von seinen Beweggründen und vertraut ganz auf die Journalisten. Besonders deutlich wurde das in seinem ersten Fernsehinterview, das er dem NDR gab.
"Darüber darf ich erst sprechen, wenn in den Medien darüber berichtet wurde, weil es als geheim eingestuft wurde, und es mir lieber ist, wenn Journalisten darüber entscheiden, was im öffentlichen Interesse liegt und was veröffentlicht werden sollte."
Viele der Journalisten, die darüber entscheiden, sitzen nun bei "The Intercept". Edward Snowden hat offenbar aus den Problemen, die es bei Wikileaks gab, gelernt. Hätte er alle Daten veröffentlicht, wären die Stimmen, er würde Menschenleben gefährden sicher lauter. Der ehemalige Sprecher von Wikileaks, Daniel Domscheit-Berg, glaubt, dass auch bei The Intercept dieser Mittelweg weiter verfolgt wird.
"Das was bei 'The Intercept' passiert, ist ein Versuch beides zu bieten, also man hat diese Dokumente, die veröffentlicht man in Teilen um seine Geschichten zu untermauen und man schreibt die Geschichten dazu."
Die Konsequenz: Relativ wenig Journalisten und Redaktionen sind im Besitz von Geheimdienst-Dokumenten aus dem Snowden-Fundus. Bereits im November kritisierte das der stellvertretende ZDF-Chefredakteur Elmar Theveßen. In einem offenen Brief an Edward Snowden schrieb er:
"Wenn es Ihnen wirklich um Aufklärung geht, sollten Sie alle Dokumente ins Internet stellen. Stattdessen lassen Sie zu, dass mit den von Ihnen – vermutlich in guter Absicht, aber eben dennoch - gestohlenen Unterlagen scheibchenweise Propaganda getrieben wird."
Snowden hatte allerdings wenige Wochen vorher der New York Times gesagt, dass er die gar nicht mehr besitzt. Er selber kann die Unterlagen also gar nicht öffentlich machen. Viele der Dokumente, auf denen die Veröffentlichungen im NSA-Skandal beruhen, wurden ohnehin veröffentlicht, so wie von Theveßen gefordert. Ganz unberechtigt scheint seine Kritik allerdings nicht. Daniel Domscheit Berg meint, dass Greenwald durchaus eine besondere Position einnimmt.
"Er hat Zugang zu all diesen Informationen, er ist ne Art Gatekeeper was dieses Material angeht."
Die Gefahr, dass "The Intercept" diese Position ausnutzt, sieht der Medienwissenschaftler Klaus Meier aber nicht.
"Wenn das jetzt so wäre, dass The Intercept so machtvoll wäre, dass die so exklusiv arbeiten, dass andere Medien kaum mehr Chancen haben, an Material heranzukommen, dann wäre das eine negative Entwicklung, aber ich denke nicht, dass es so weit kommen wird."
Denn die Journalisten von "The Intercept" haben in der Vergangenheit oft genug mit verschiedenen Redaktionen zusammengearbeitet. Abgesehen davon, hat mindestens ein weiterer Journalist vom Guardian, Dokumente von Edward Snowden bekommen.