Kate Maleike: Für viele Arbeitnehmer in Deutschland ist heute ein aufregender Tag: Sie haben einen neuen Job angefangen, verbringen den ersten Tag am neuen Arbeitsplatz und damit auch Tag eins der Probezeit. Da will man natürlich möglichst nichts falsch machen. Sabine Hertwig kennt diese Gemengelage, sie ist seit vielen Jahren in der Karriereberatung tätig und hat ein Buch zur Probezeit geschrieben, in dem sie die besten Tricks zusammengefasst hat. Frau Hertwig, nun war ausgerechnet heute auch noch der Ausnahmezustand im morgendlichen Berufsverkehr: Schneechaos in Deutschland. Zu spät kommen direkt am ersten Tag ist dadurch verständlich, trotzdem aber kein so guter Start, oder?
Sabine Hertwig: Na ja, gut, bei so einem Tag, glaube ich, haben alle großes Verständnis dafür. Ich selber habe heute Morgen mein Autoschloss nicht aufgekriegt. Ja, was hilft? Sofort natürlich zum Telefon greifen und sich entschuldigen. Natürlich hätte man mit einem Blick auf den Wetterbericht gestern Abend vielleicht auch schon die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen können, vielleicht hätte das geholfen. Man sollte auf jeden Fall signalisieren: Ich habe mich sehr bemüht, tut mir leid, ich bin ein bisschen zu spät.
Maleike: Unabhängig aber jetzt mal vom Wetter: Was ist das Wichtigste, die absolute Regel Nummer eins für den ersten Tag, für den Einstieg?
Hertwig: Nach meiner Erfahrung ist es ganz gut, nicht allzu viel zu erwarten. Sie haben in Ihrem Beitrag einige doch recht positive Beispiele dargestellt. Nach meiner Erfahrung ist es tatsächlich so, dass häufig Mitarbeiter gar nicht so mit offenen Armen empfangen werden, sondern dass einfach in den Unternehmen sehr viel zu tun ist, dass man weiß und vielleicht auch sich sehr freut auf den neuen Mitarbeiter und dass doch niemand die rechte Zeit findet, das alles gut vorzubereiten, dass alle mit ihrem Tagesgeschäft beschäftigt sind und dass man kommt und einfach feststellt, hoppla, wer kann mir überhaupt helfen, wer kann mich jetzt einweisen, wohin kann ich mich wenden mit meinen ersten Fragen. Und deshalb, glaube ich, ist es ganz gut, wenn man am ersten Tag mit einer sehr großen Offenheit kommt, aber auch mit dem Bewusstsein, es kann durchaus sein, dass hier einige Menschen sich gar nicht so gut um mich kümmern können, wie ich das vielleicht möchte, und man sollte nicht allzu enttäuscht sein, denn das ist doch eher der Alltag.
Maleike: Wie lotet man denn in der Probezeit Reviergrenzen und Machtverhältnisse aus? Das gehört ja auch zur Orientierung dann.
Hertwig: Auf jeden Fall. Und ich denke, das Wichtigste, was man sich merken sollte, ist, dass man einfach sehr, sehr aufmerksam ist, also dass man versucht, mit allen Sinnen dabei zu sein und sich einerseits natürlich um seine Arbeit zu kümmern und dafür zu sorgen, dass man möglichst schnell reinkommt in die neuen Geschichten, andererseits aber auch aufmerksam dafür ist, wie die Mitarbeiter miteinander umgehen, wer wem weisungsberechtigt ist, was möglicherweise absolute Tabus und No-gos sind, um einfach ein Gefühl dafür zu entwickeln, ja, wem kann ich mich anvertrauen, wie sind die Machtverhältnisse, wem kann ich vertrauen – das ist ja auch eine wichtige Geschichte –, wer hilft mir weiter, wen soll ich tunlichst in Ruhe lassen, weil er mit anderen Dingen beschäftigt ist usw.
Maleike: Jetzt ist es ja so, dass die anderen einen auch ausloten, denn der Neue oder die Neue wird ja auch begutachtet, könnte ja auch Konkurrenz sein. Wie viel Selbstmarketing darf es denn sein?
Hertwig: Ja, also ich denke, es ist wichtig, dass man natürlich selbstbewusst auftritt, aber auch nicht allzu sehr die Ärmel hochkrempelt in den allerersten Tagen und Wochen. Denn nichts ist unsympathischer als jemand, der kommt und gleich mal anfängt, die Verhältnisse umzudrehen, denn das mag einfach keiner, der schon lange im Unternehmen ist. Und es ist ja auch in der Regel so, dass bestimmte Dinge, die sich in einem Unternehmen bewährt haben, in einer Abteilung bewährt haben, die sind ja oft vielleicht auch gar nicht so übel, dennoch hat man natürlich mit dem Blick von außen erst mal das Gefühl, mein Gott, hier könnte man jetzt erst mal alles anders machen. Ein bisschen Vorsicht ist da durchaus angebracht, denn man sollte den anderen auch nicht sofort an den Karren fahren, sondern erst mal schauen, wie sind die Dinge, wie funktioniert das und wie kann ich am besten zunächst mal dafür sorgen, dass ich meinen Bereich unter Kontrolle kriege. Da muss ich nicht mich damit beschäftigen, gleich den anderen irgendwie zu nahe zu treten. Und indem ich das schaffe, indem ich also gut versuche, in meinen Arbeitsbereich reinzukommen, glaube ich, betreibe ich schon ein sehr gutes Selbstmarketing.
Maleike: Das war jetzt sozusagen ein großes Fettnäpfchen, den anderen mal zu zeigen, wo man durchaus noch den Job ein bisschen besser machen könnte. Welche anderen Fettnäpfchen gibt es noch?
Hertwig: Ach, da gibt es zahlreiche. Es ist natürlich in jedem Unternehmen anders. Wie gehen die Mitarbeiter miteinander um? Duzt man sich, siezt man sich? Wie kleidet man sich? Wer geht mit wem zur Mittagspause? Das Thema Einstand ist ein großes, das heißt, Alkohol ja oder nein, was ist angebracht? Und da gibt es schon eigentlich in jedem Unternehmen Fettnäpfchen, in die man treten kann. Und deswegen rate ich wirklich dringend dazu, erst mal ein bisschen Zurückhaltung zu üben, zu horchen und zu schauen. Kleidung, Schmuck, Auftreten, alles spielt eine Rolle und alles wird natürlich gewertet von den Kollegen, von den Kolleginnen. Und da ist es einfach sinnvoll, ein bisschen zurückhaltend zu sein.
Maleike: Sie haben vorhin gesagt, in den ersten Tagen und Wochen vielleicht nicht unbedingt so reinklotzen, dass es anderen negativ auffällt. Trotzdem ist es ja so, dass lange Arbeitstage in der Einarbeitungsphase und auch das Engagement zu zeigen, frische Ideen zu liefern, am Anfang gerne gewünscht sind und man das ja auch selber gerne beisteuern möchte, denn das ist ja auch ein neuer Abschnitt im Leben. Nur wann setzt man Grenzen?
Hertwig: Ich denke schon, ein großes Engagement ist richtig und notwendig, denn das braucht man ja auch, um sich neu einzuarbeiten. Andererseits würde ich dringend davon abraten, in den ersten Wochen als Letzter zu gehen und als Erster zu kommen. Das macht einfach für die Mitarbeiter einen komischen Eindruck, und das führt dann auch schnell dazu, dass man in so eine Schublade gesteckt wird: Das ist die Oberfleißige oder der Oberschlaue. Das würde ich vermeiden. Das heißt, man sollte sich doch in so einem guten Mittelfeld bewegen, und neue Vorschläge darf man selbstverständlich machen, aber auch nicht gleich in den ersten zwei Wochen. Man muss ja erst mal auch ein Gefühl dafür entwickeln, wie so ein Unternehmen funktioniert, wie eine Abteilung tickt, und erst dann sollte man langsam damit rauskommen, was man möglicherweise verbessern könnte.
Maleike: Soll man sich so was machen wie eine Tagesnotiz?
Hertwig: Auf jeden Fall, das finde ich eine sehr gute Idee. Also was ich eine ganz gute Methode finde, ist, dass man sich so eine Art Kladde besorgt oder das Ganze auch im Computer anlegt, das ist Geschmackssache, wo man einfach alles notiert, was man für wichtig erachtet, Namen, Beziehungen bezogen auf die Arbeitsabläufe, wichtige Telefonnummern, wichtige Nummern, die man benötigt, um Zugänge zu Datenbanken zu haben etc. Also je mehr man sich notiert, umso leichter wird es einem sicherlich fallen, die Dinge dann auch am Abend, am Wochenende oder wann immer zu rekonstruieren und eben schnell Fuß zu fassen.
Maleike: Nun heißt die Probezeit Probezeit, weil man sich gegenseitig beschnuppern soll. Wie kann die gesetzlich konform beendet werden, also von Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmerseite, das kann ja auch mal der Fall sein?
Hertwig: Ja, natürlich. Das ist auf jeden Fall wichtig, da einen Blick in den Arbeitsvertrag zu werfen. Die Probezeit muss im Arbeitsvertrag verankert sein und es muss dann auch noch mal verankert sein, wie die beiderseitigen Kündigungsmöglichkeiten gehandhabt werden. Im Zweifel sollte man sich an einen Anwalt für Arbeitsrecht wenden, wenn man da nicht ganz sicher ist, was der Arbeitsvertrag hergibt.
Maleike: Danke schön! In „Campus & Karriere“ war das die Buchautorin und Karriereberaterin Sabine Hertwig zum ABC der Probezeit. Und Informationen zum Thema stellen wir auch wie immer ins Internet unter www.dradio.de.
Sabine Hertwig: Na ja, gut, bei so einem Tag, glaube ich, haben alle großes Verständnis dafür. Ich selber habe heute Morgen mein Autoschloss nicht aufgekriegt. Ja, was hilft? Sofort natürlich zum Telefon greifen und sich entschuldigen. Natürlich hätte man mit einem Blick auf den Wetterbericht gestern Abend vielleicht auch schon die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen können, vielleicht hätte das geholfen. Man sollte auf jeden Fall signalisieren: Ich habe mich sehr bemüht, tut mir leid, ich bin ein bisschen zu spät.
Maleike: Unabhängig aber jetzt mal vom Wetter: Was ist das Wichtigste, die absolute Regel Nummer eins für den ersten Tag, für den Einstieg?
Hertwig: Nach meiner Erfahrung ist es ganz gut, nicht allzu viel zu erwarten. Sie haben in Ihrem Beitrag einige doch recht positive Beispiele dargestellt. Nach meiner Erfahrung ist es tatsächlich so, dass häufig Mitarbeiter gar nicht so mit offenen Armen empfangen werden, sondern dass einfach in den Unternehmen sehr viel zu tun ist, dass man weiß und vielleicht auch sich sehr freut auf den neuen Mitarbeiter und dass doch niemand die rechte Zeit findet, das alles gut vorzubereiten, dass alle mit ihrem Tagesgeschäft beschäftigt sind und dass man kommt und einfach feststellt, hoppla, wer kann mir überhaupt helfen, wer kann mich jetzt einweisen, wohin kann ich mich wenden mit meinen ersten Fragen. Und deshalb, glaube ich, ist es ganz gut, wenn man am ersten Tag mit einer sehr großen Offenheit kommt, aber auch mit dem Bewusstsein, es kann durchaus sein, dass hier einige Menschen sich gar nicht so gut um mich kümmern können, wie ich das vielleicht möchte, und man sollte nicht allzu enttäuscht sein, denn das ist doch eher der Alltag.
Maleike: Wie lotet man denn in der Probezeit Reviergrenzen und Machtverhältnisse aus? Das gehört ja auch zur Orientierung dann.
Hertwig: Auf jeden Fall. Und ich denke, das Wichtigste, was man sich merken sollte, ist, dass man einfach sehr, sehr aufmerksam ist, also dass man versucht, mit allen Sinnen dabei zu sein und sich einerseits natürlich um seine Arbeit zu kümmern und dafür zu sorgen, dass man möglichst schnell reinkommt in die neuen Geschichten, andererseits aber auch aufmerksam dafür ist, wie die Mitarbeiter miteinander umgehen, wer wem weisungsberechtigt ist, was möglicherweise absolute Tabus und No-gos sind, um einfach ein Gefühl dafür zu entwickeln, ja, wem kann ich mich anvertrauen, wie sind die Machtverhältnisse, wem kann ich vertrauen – das ist ja auch eine wichtige Geschichte –, wer hilft mir weiter, wen soll ich tunlichst in Ruhe lassen, weil er mit anderen Dingen beschäftigt ist usw.
Maleike: Jetzt ist es ja so, dass die anderen einen auch ausloten, denn der Neue oder die Neue wird ja auch begutachtet, könnte ja auch Konkurrenz sein. Wie viel Selbstmarketing darf es denn sein?
Hertwig: Ja, also ich denke, es ist wichtig, dass man natürlich selbstbewusst auftritt, aber auch nicht allzu sehr die Ärmel hochkrempelt in den allerersten Tagen und Wochen. Denn nichts ist unsympathischer als jemand, der kommt und gleich mal anfängt, die Verhältnisse umzudrehen, denn das mag einfach keiner, der schon lange im Unternehmen ist. Und es ist ja auch in der Regel so, dass bestimmte Dinge, die sich in einem Unternehmen bewährt haben, in einer Abteilung bewährt haben, die sind ja oft vielleicht auch gar nicht so übel, dennoch hat man natürlich mit dem Blick von außen erst mal das Gefühl, mein Gott, hier könnte man jetzt erst mal alles anders machen. Ein bisschen Vorsicht ist da durchaus angebracht, denn man sollte den anderen auch nicht sofort an den Karren fahren, sondern erst mal schauen, wie sind die Dinge, wie funktioniert das und wie kann ich am besten zunächst mal dafür sorgen, dass ich meinen Bereich unter Kontrolle kriege. Da muss ich nicht mich damit beschäftigen, gleich den anderen irgendwie zu nahe zu treten. Und indem ich das schaffe, indem ich also gut versuche, in meinen Arbeitsbereich reinzukommen, glaube ich, betreibe ich schon ein sehr gutes Selbstmarketing.
Maleike: Das war jetzt sozusagen ein großes Fettnäpfchen, den anderen mal zu zeigen, wo man durchaus noch den Job ein bisschen besser machen könnte. Welche anderen Fettnäpfchen gibt es noch?
Hertwig: Ach, da gibt es zahlreiche. Es ist natürlich in jedem Unternehmen anders. Wie gehen die Mitarbeiter miteinander um? Duzt man sich, siezt man sich? Wie kleidet man sich? Wer geht mit wem zur Mittagspause? Das Thema Einstand ist ein großes, das heißt, Alkohol ja oder nein, was ist angebracht? Und da gibt es schon eigentlich in jedem Unternehmen Fettnäpfchen, in die man treten kann. Und deswegen rate ich wirklich dringend dazu, erst mal ein bisschen Zurückhaltung zu üben, zu horchen und zu schauen. Kleidung, Schmuck, Auftreten, alles spielt eine Rolle und alles wird natürlich gewertet von den Kollegen, von den Kolleginnen. Und da ist es einfach sinnvoll, ein bisschen zurückhaltend zu sein.
Maleike: Sie haben vorhin gesagt, in den ersten Tagen und Wochen vielleicht nicht unbedingt so reinklotzen, dass es anderen negativ auffällt. Trotzdem ist es ja so, dass lange Arbeitstage in der Einarbeitungsphase und auch das Engagement zu zeigen, frische Ideen zu liefern, am Anfang gerne gewünscht sind und man das ja auch selber gerne beisteuern möchte, denn das ist ja auch ein neuer Abschnitt im Leben. Nur wann setzt man Grenzen?
Hertwig: Ich denke schon, ein großes Engagement ist richtig und notwendig, denn das braucht man ja auch, um sich neu einzuarbeiten. Andererseits würde ich dringend davon abraten, in den ersten Wochen als Letzter zu gehen und als Erster zu kommen. Das macht einfach für die Mitarbeiter einen komischen Eindruck, und das führt dann auch schnell dazu, dass man in so eine Schublade gesteckt wird: Das ist die Oberfleißige oder der Oberschlaue. Das würde ich vermeiden. Das heißt, man sollte sich doch in so einem guten Mittelfeld bewegen, und neue Vorschläge darf man selbstverständlich machen, aber auch nicht gleich in den ersten zwei Wochen. Man muss ja erst mal auch ein Gefühl dafür entwickeln, wie so ein Unternehmen funktioniert, wie eine Abteilung tickt, und erst dann sollte man langsam damit rauskommen, was man möglicherweise verbessern könnte.
Maleike: Soll man sich so was machen wie eine Tagesnotiz?
Hertwig: Auf jeden Fall, das finde ich eine sehr gute Idee. Also was ich eine ganz gute Methode finde, ist, dass man sich so eine Art Kladde besorgt oder das Ganze auch im Computer anlegt, das ist Geschmackssache, wo man einfach alles notiert, was man für wichtig erachtet, Namen, Beziehungen bezogen auf die Arbeitsabläufe, wichtige Telefonnummern, wichtige Nummern, die man benötigt, um Zugänge zu Datenbanken zu haben etc. Also je mehr man sich notiert, umso leichter wird es einem sicherlich fallen, die Dinge dann auch am Abend, am Wochenende oder wann immer zu rekonstruieren und eben schnell Fuß zu fassen.
Maleike: Nun heißt die Probezeit Probezeit, weil man sich gegenseitig beschnuppern soll. Wie kann die gesetzlich konform beendet werden, also von Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmerseite, das kann ja auch mal der Fall sein?
Hertwig: Ja, natürlich. Das ist auf jeden Fall wichtig, da einen Blick in den Arbeitsvertrag zu werfen. Die Probezeit muss im Arbeitsvertrag verankert sein und es muss dann auch noch mal verankert sein, wie die beiderseitigen Kündigungsmöglichkeiten gehandhabt werden. Im Zweifel sollte man sich an einen Anwalt für Arbeitsrecht wenden, wenn man da nicht ganz sicher ist, was der Arbeitsvertrag hergibt.
Maleike: Danke schön! In „Campus & Karriere“ war das die Buchautorin und Karriereberaterin Sabine Hertwig zum ABC der Probezeit. Und Informationen zum Thema stellen wir auch wie immer ins Internet unter www.dradio.de.