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Wichtiges Machtinstrument der Kirche

Die Geschichte der römischen Kurie reicht 1600 Jahre zurück. Heutzutage ist sie bei Romanautoren immer wieder ein Thema, das zu Verschwörungstheorien inspiriert. Dabei ist die Curia romana an sich gar nichts Geheimnisvolles.

Von Thomas Migge |
    Geheimnisvolle und skrupellose Geistliche der römischen Kurie, mysteriöse Begebenheiten und Rätsel, die ein Professor zu lösen versucht, und dabei sein Leben aufs Spiel setzt. In der Verfilmung des Dan Brown Thrillers "Illuminati" geht es hoch her. Starker Tobak über die katholische Kirche und deren geheimnisumwitterte Zentrale.

    In Romanen und Theaterstücken, in Krimis und investigativen Reportagen sind der Vatikan im Allgemeinen und die Curia romana, die römische Kurie, im Besonderen immer wieder ein Thema, das zu Verschwörungstheorien inspiriert. Seit einiger Zeit hat es vor allem die Kurie aufgrund verschiedener Machenschaften - Vatileaks ist das Stichwort - vielen Journalisten und Gläubigen angetan. Dabei ist die Curia romana an sich gar nichts Geheimnisvolles. Sie ist älter als 1600 Jahre, erklärt die römische Kirchenhistorikerin Alda Marroni:

    "Alles beginnt mit der päpstlichen Kanzlei. Sie hat ihre Wurzeln in der Frühzeit der Kirche, einige Historiker siedeln ihre Entstehung im vierten Jahrhundert an. Zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert entstand sie in ihrer definitiven Form. 1588 ordnete Papst Sixtus V. die Kanzlei mit einer großen Reform. Man kann sagen, dass die Kurie in ihrer heutigen Form damals entstanden ist".

    Aus den ersten Jahrhunderten der frühen Kirche, aus denen nur wenige verwaltungstechnische Dokumente überliefert sind, gibt es keine nennenswerten Hinweise auf eine eigens für den Bischof von Rom arbeitende Bürokratie. In der Regel kümmerte er sich allein oder mit einigen wenigen Mitarbeitern um die Belange seiner Gemeinde. Später, mit dem Anwachsen dieser Gemeinde, wurde er in seiner Arbeit von einem Teil des römischen Klerus unterstützt. So entstand das sogenannte Presbyterium Apostolicae Sedis. Diese Vorform der heutigen Kurie behandelte allerdings nie Moral- und Glaubensfragen.

    Mit den Jahrhunderten entwickelte sich aus dem Presbyterium die Cancelleria Apostolica, die apostolische Schreibstube. Kirchenhistorikerin Alda Marroni:

    "Zum Verfassen und zur Archivierung päpstlicher Dokumente wurden zunehmend Spezialisten herangezogen, die, je nach ihrem Aufgabenbereich, Kanzleischreiber, Schreiber oder Bibliothekare genannt wurden. Diese mit den Jahrhunderten zunehmend umfangreichere Personengruppe stellte die, wenn man so will, Urform der römischen Kurie dar.".

    Ab dem 11. Jahrhundert existiert auch das Konsistorium, das sich ausschließlich aus Kardinälen zusammensetzt. Diese Institution übernahm die Rolle einer Regierung der Kirche, die direkt dem Papst untersteht. Unter Innozenz III. im späten 12. und frühen 13. Jahrhundert traf sich das Konsistorium mit dem Papst mindestens drei Mal die Woche, um anstehende Fragen und Probleme zu lösen. So wie es heute eigentlich auch sein sollte – doch Päpste wie Johannes Paul II. oder Benedikt XVI. trafen sich nicht mehr regelmäßig mit den verantwortlichen Kurienkardinälen. Sie übertrugen zunehmend Aufgaben an den Kardinalstaatssekretär, weltlich gesprochen, den Chef ihrer Regierung.

    Im Laufe der Jahrhunderte und mit der zunehmend internationalen Rolle des Kirchenstaates im Geflecht europäischer Staaten entstanden die Dikasterien, die innerhalb der Verwaltung ganz bestimmte Aufgabenbereiche übernahmen. Sie existieren bis auf den Tag.

    Mit der päpstlichen Konstitution Immensa aeterni Dei von 1588 erhielt die Kurie ihre heutige Form. Sie war zum wichtigsten Machtinstrument der katholischen Kirche geworden. Bis 1870.
    Das Ende des Kirchenstaates in Folge der Vereinigung Italiens, weiß Kurienmitglied und Rota-Richter Markus Graulich, bedeutete für die Kurie:

    "Dass sie sich auf das Kerngeschäft konzentrieren musste. Mit der Kurienreform von Papst Sixtus gab es auch verschiedene Kongregationen, die für weltliche Sachen zuständig waren, für das Wasser, es gab eine Kongregation für die Straßen des Kirchenstaates und, und, und. Das fiel dann alles weg und man musste sich eben darauf konzentrieren, was die Aufgaben sind, die wirklich die Kirche betreffen."

    Mit den Lateranverträgen zwischen dem faschistischen Italien und dem Heiligen Stuhl 1929 wurden zwar die Beziehungen zwischen beiden Staaten normalisiert und der Papst war kein Gefangener mehr im Vatikan – doch die römische Kurie hatte ihre einstmals wichtige internationale Rolle verloren. Erst das Zweite Vatikanische Konzil veränderte die Kurie wieder. Markus Graulich:

    "Die Änderung ist erst nach dem Konzil erfolgt, dass man eben andere Schwerpunkte gesetzt und andere Organisationsformen gefunden hat und auch die Internationalisierung sehr stark gekommen hat."

    Neue politische, kulturelle und soziale Entwicklungen in der Nachkriegszeit und vor allem in den 1960er-Jahren blieben nicht ohne Auswirkungen auf die römische Kurie. Papst Paul VI. nahm schließlich Ende der 60er-Jahre eine Kurienreform vor. Sie stellte einiges auf den Kopf: Die Amtsdauer für wichtige Posten wurde beschränkt, endlich wurden Mitarbeiter aus allen Erdteilen angestellt, der Einfluss der Italiener sank. Auch wurden periodisch stattfindende Sitzungen eingeführt, um aktuelle Probleme zu debattieren. Die Kurie sollte in engem Kontakt zu den nationalen Bischofskonferenzen stehen – ein Ansinnen, das freilich immer noch der Realisierung harrt.