Chronologisch endet die Marilyn Monroe-Show in der Oberhausener Ludwig Galerie bemerkenswerterweise: 1968. Mit Collagen des Fotografen Bert Stern: überdrehte, psychedelische Formenspiele. Als hätte man Andy Warhols berühmtes Popgemälde verflüssigt und noch einmal durchgemixt. Vage zu erkennen: die wasserstoffblonden Haare, der Kussmund, der Lidstrich, der Schönheitsfleck, Versatzstücke der "Sexbombe". Fehlte nur noch:
Marilyn Monroe: "Badam badam, ba du, di dam."
Aber darauf verzichtet diese Ausstellung bewusst. Man sieht auch keines dieser sattsam bekannten Filmstills wie das verflixte über dem Lüftungsschacht. Stattdessen: eine eminent schöne Frau auf rund 200 Fotos, einmal in der Rolle als Model - und dann im Rahmen professioneller Home Storys: Milton H. Greene zum Beispiel war mit Marilyn langjährig befreundet und zeigt sie, irgendwie Norma Jeane geblieben, als ungeschminkte Naturschönheit, die aus einem Pool auftaucht. Den echten Menschen und - wenn man denn psychologisieren wollte: den Wunsch, als Schauspielerin ernst genommen zu werden.
O-Ton Dokumentation über "Misfits": "Und dann plötzlich brach es aus ihr heraus: 'Das einzige, was an mir etwas taugt, ist mein Körper!'"
Woher kommt eigentlich dieses Image der üppigen Blonden? Wohl von den Filmstills, die sich im Kleinhirn aufblähen, denn: würde man bei Marilyn Maß nehmen, stellte man fest, dass sie in Wirklichkeit eine zierliche Person war, findet auch Direktorin Christine Vogt:
""Marilyn Monroe ist ja 'ne Kunstfigur, die sich kreiert hat oder kreiert wurde. Es gibt eine Geschichte, dass sie mit jemand von der Actor's School in New York durch den Central Park geht und der zu ihr sagt: 'Marilyn, komisch. Du bist Marilyn Monroe? Und es guckt überhaupt keiner hinter Dir her?' – 'Ein Moment bitte!' - sie fängt an, mit dem Po zu wackeln - und der ganze Central Park dreht sich um."
Das Image ist selbst gedreht und so gewollt, die Fotokarriere beginnt im Prinzip 1949. Ein Backfisch, nackt auf rotem Samt, abgelichtet von Tom Kelley, ein Kalenderfotograf, dessen Name heute nicht mehr fiele - ohne Marilyn. Die Fotos liegen dann vier Jahre in der Schublade, bis 1953:
"Hugh Hefner nimmt sie als 'Sweetheart of the Month' in sein erstes Playboy-Heft in die Mitte auf – und wenn man den durchblättert, da sind sonst ausschließlich Schwarz-Weiß-Fotos drin oder Zeichnungen."
Der Grund, warum Marilyn millionenfach in US-amerikanische Spinde gepinnt wird. Und auch über die "erotische Zeitschrift" hinaus hat die Etablierung der Marke "MM" etwas mit der Farb-Hochglanzfotografie zu tun. Ausgestellt:
"Die großen Shootings: 'Vogue' mit Allan Grant und George Barris."
Die sich mit dem in der Ausstellung nicht vertretenden Laurence Schiller darum streiten, wer denn das letzte Foto von Marilyn gemacht habe.
Christine Vogt: "'Life' und 'Cosmopolitan' – diese neue Farbfotografie, das ist 'ne Revolution, die bis heute in die Modefotografie fortwirkt."
Doch die Nacktfotos hatten einen Schatten geworfen, waren Anlass zum kollektiven Fremdschämen geworden - obwohl Marilyn sich - bis auf die letzten Monate - nicht mehr hüllenlos zeigte: Pin up Girl und seriöse Schauspielerin - das ging nicht zusammen.
Arte Doku, Christian Brückner: "Ich war nicht auf Nacktfotos aus, ich wollte einfach gute Fotos machen, aber ich sah sie irgendwie nicht in Kleidern. Sie fragte: 'Was hast Du vor? - Du willst Nacktfotos machen!' – 'Gute Idee!', sagte ich - 'Aber ich hab' eine Narbe.' – Und ich sagte: 'Ich seh' da keine Narbe.'"
Das war dann 1962, am ersten Tag dieser legendären – vom Fotografen zur besseren eigenen Vermarktung "Last Sitting" genannten Session - mit Bert Stern. Eine anderthalb stündige Dokumentation über Sterns Karriere ist in Oberhausen per Video zu sehen.
Christine Vogt: "'62 hat sie ja große Probleme mit ihrer Produktionsfirma, die sie rausgeschmissen hat, sie hat 'ne Gallenblasenoperation, war also krank – und versucht, mit mehreren großen Shootings, sich wieder ins Geschäft zu bringen."
Die Fotos mit Bert Stern stechen - auch in der Ausstellung - heraus: buchstäblich, weil Stern ein extrem künstliches, gleißendes Licht auflegt. Marilyn windet sich dazu, spielt nackt mit Tüchern und Schmuck-Ketten: Die exakte Balance zwischen Künstlichkeit und intimer Nähe.
So beginnt, und endet, Marilyns Foto-Karriere nackt. Aber:
Christine Vogt: "Mitten im Saft, in so 'nem Aufbäumen noch mal. Sie ist auch ganz dynamisch auf vielen dieser Fotos und ganz lebendig."
Zum Mythos Marilyn Monroe gehört, dass man auf diesen Fotos eine Verlebtheit sähe, den Alkohol, die Tabletten - Gut, Stern hatte in der Tat zwei Kartons besten französischen Rotwein geordert, um die Kommunikation aufzulockern. Doch ein kommender Selbstmord zeichnet sich da nicht ab.
Christian Brückner: "Ich sagte: 'Du bist schön!' – und sie sagte: 'Wie nett von Dir.'"
Genau das leistet die Oberhausener Schau: man braucht eine Stunde, um die Ausstellung zu sehen, bekommt – Mythos hin oder her - eine grundsympathische - tolle! - Frau vorgestellt, will sagen: "Ah, Sie sind diese Marilyn?" - bekommt - heute - als Antwort aber nur ein:
Marilyn Monroe: ""Badam badam, ba du, di dam."
Marilyn Monroe: "Badam badam, ba du, di dam."
Aber darauf verzichtet diese Ausstellung bewusst. Man sieht auch keines dieser sattsam bekannten Filmstills wie das verflixte über dem Lüftungsschacht. Stattdessen: eine eminent schöne Frau auf rund 200 Fotos, einmal in der Rolle als Model - und dann im Rahmen professioneller Home Storys: Milton H. Greene zum Beispiel war mit Marilyn langjährig befreundet und zeigt sie, irgendwie Norma Jeane geblieben, als ungeschminkte Naturschönheit, die aus einem Pool auftaucht. Den echten Menschen und - wenn man denn psychologisieren wollte: den Wunsch, als Schauspielerin ernst genommen zu werden.
O-Ton Dokumentation über "Misfits": "Und dann plötzlich brach es aus ihr heraus: 'Das einzige, was an mir etwas taugt, ist mein Körper!'"
Woher kommt eigentlich dieses Image der üppigen Blonden? Wohl von den Filmstills, die sich im Kleinhirn aufblähen, denn: würde man bei Marilyn Maß nehmen, stellte man fest, dass sie in Wirklichkeit eine zierliche Person war, findet auch Direktorin Christine Vogt:
""Marilyn Monroe ist ja 'ne Kunstfigur, die sich kreiert hat oder kreiert wurde. Es gibt eine Geschichte, dass sie mit jemand von der Actor's School in New York durch den Central Park geht und der zu ihr sagt: 'Marilyn, komisch. Du bist Marilyn Monroe? Und es guckt überhaupt keiner hinter Dir her?' – 'Ein Moment bitte!' - sie fängt an, mit dem Po zu wackeln - und der ganze Central Park dreht sich um."
Das Image ist selbst gedreht und so gewollt, die Fotokarriere beginnt im Prinzip 1949. Ein Backfisch, nackt auf rotem Samt, abgelichtet von Tom Kelley, ein Kalenderfotograf, dessen Name heute nicht mehr fiele - ohne Marilyn. Die Fotos liegen dann vier Jahre in der Schublade, bis 1953:
"Hugh Hefner nimmt sie als 'Sweetheart of the Month' in sein erstes Playboy-Heft in die Mitte auf – und wenn man den durchblättert, da sind sonst ausschließlich Schwarz-Weiß-Fotos drin oder Zeichnungen."
Der Grund, warum Marilyn millionenfach in US-amerikanische Spinde gepinnt wird. Und auch über die "erotische Zeitschrift" hinaus hat die Etablierung der Marke "MM" etwas mit der Farb-Hochglanzfotografie zu tun. Ausgestellt:
"Die großen Shootings: 'Vogue' mit Allan Grant und George Barris."
Die sich mit dem in der Ausstellung nicht vertretenden Laurence Schiller darum streiten, wer denn das letzte Foto von Marilyn gemacht habe.
Christine Vogt: "'Life' und 'Cosmopolitan' – diese neue Farbfotografie, das ist 'ne Revolution, die bis heute in die Modefotografie fortwirkt."
Doch die Nacktfotos hatten einen Schatten geworfen, waren Anlass zum kollektiven Fremdschämen geworden - obwohl Marilyn sich - bis auf die letzten Monate - nicht mehr hüllenlos zeigte: Pin up Girl und seriöse Schauspielerin - das ging nicht zusammen.
Arte Doku, Christian Brückner: "Ich war nicht auf Nacktfotos aus, ich wollte einfach gute Fotos machen, aber ich sah sie irgendwie nicht in Kleidern. Sie fragte: 'Was hast Du vor? - Du willst Nacktfotos machen!' – 'Gute Idee!', sagte ich - 'Aber ich hab' eine Narbe.' – Und ich sagte: 'Ich seh' da keine Narbe.'"
Das war dann 1962, am ersten Tag dieser legendären – vom Fotografen zur besseren eigenen Vermarktung "Last Sitting" genannten Session - mit Bert Stern. Eine anderthalb stündige Dokumentation über Sterns Karriere ist in Oberhausen per Video zu sehen.
Christine Vogt: "'62 hat sie ja große Probleme mit ihrer Produktionsfirma, die sie rausgeschmissen hat, sie hat 'ne Gallenblasenoperation, war also krank – und versucht, mit mehreren großen Shootings, sich wieder ins Geschäft zu bringen."
Die Fotos mit Bert Stern stechen - auch in der Ausstellung - heraus: buchstäblich, weil Stern ein extrem künstliches, gleißendes Licht auflegt. Marilyn windet sich dazu, spielt nackt mit Tüchern und Schmuck-Ketten: Die exakte Balance zwischen Künstlichkeit und intimer Nähe.
So beginnt, und endet, Marilyns Foto-Karriere nackt. Aber:
Christine Vogt: "Mitten im Saft, in so 'nem Aufbäumen noch mal. Sie ist auch ganz dynamisch auf vielen dieser Fotos und ganz lebendig."
Zum Mythos Marilyn Monroe gehört, dass man auf diesen Fotos eine Verlebtheit sähe, den Alkohol, die Tabletten - Gut, Stern hatte in der Tat zwei Kartons besten französischen Rotwein geordert, um die Kommunikation aufzulockern. Doch ein kommender Selbstmord zeichnet sich da nicht ab.
Christian Brückner: "Ich sagte: 'Du bist schön!' – und sie sagte: 'Wie nett von Dir.'"
Genau das leistet die Oberhausener Schau: man braucht eine Stunde, um die Ausstellung zu sehen, bekommt – Mythos hin oder her - eine grundsympathische - tolle! - Frau vorgestellt, will sagen: "Ah, Sie sind diese Marilyn?" - bekommt - heute - als Antwort aber nur ein:
Marilyn Monroe: ""Badam badam, ba du, di dam."