Der erste Saal demonstriert sogleich, worauf es dieser Ausstellung ankommt. Hier werden die unterschiedlichen Stile der künstlerischen Neuorientierung nach dem zweiten Weltkrieg in Ostdeutschland erprobt. Es ist ein Nebeneinander von russischem Akademiestil des 19. Jahrhunderts, von expressiv-düsteren Erbschaften der Neuen Sachlichkeit eines Horst Strempel, der Trümmerfrauen malt, oder eines Hans Grundig bis hin zu den eindrucksvollen Porträts des proletarischen Realismus eines Curt Querner. Die Dämmerung eines sozialistischen Realismus deutet sich in einer monumentalen Wandmalerei von Erich Gerlach und Kurt Schütze an.
Die Uneinheitlichkeit in der Hängung ist beabsichtigt und verdeutlicht die Spannung der Anfangsjahre der SBZ und der DDR, die in den Auseinandersetzungen um die erste Dresdner Kunstausstellung von 1946 kulminierte. Dort wollten altgediente Maler wie Hans Grundig oder Karl Hofer oder der in Dresden aufgewachsene Kunstkritiker Will Grohmann eigentlich jene Künstler der Moderne rehabilitieren, die unter den Nazis als entartet verfemt worden waren. Organisierte Proteste verhinderten dies. Die Debatte, wie ein Anknüpfen an die Moderne nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs auszusehen habe, war in ihrer Heftigkeit den Anfängen in der Bundesrepublik gar nicht so unähnlich. In der DDR aber wurde sie durch Formalismusverdacht, den das Politbüro gezielt anbrachte, auf Jahrzehnte hinaus nahezu erstickt.
Gleichwohl gab es immer wieder und immer weiter vielfältige Versuche von Künstlern, mit diesem Erbe die sozialistische Doktrin von der reinen Arbeitskunst zu umlaufen. In Halle an der Saale hielten sich die Einflüsse Picassos als sozialistisch interpretiertem Maler bis zum Ende der 50er-Jahre unter den Studenten der Kunsthochschule Burg Giebichenstein. Unter ihnen befand sich auch ein gewisser Willi Sitte, der sich lange vor seiner monströsen Karriere als Präsident des DDR-Künstlerverbandes in der Weimarer Ausstellung noch als hoch veranlagter Adept des vorkubistischen Picassos erweist.
Doch auch die Maler des Sozialistischen Realismus variieren ihr Programm, wenn auch strikt nach den Maßgaben der Führungsclique, von der Darstellung muskulöser Gießer und Bauarbeiter zu Ingenieuren und technischen Berufen, bis schließlich in den 80er-Jahre nur noch eine Parodie des eigenen Genres übrig bleibt. Natürlich gehört auch die Viererbande aus Mattheuer, Heisig, Tübke und Sitte, die sich gegen allzu strenge Formvorgaben des Politbüros zur Wehr setzten und dafür 1977 zur documenta eingeladen wurde, in diesen Erzählstrang, und es auch dürfen kleine Sonderwürdigungen für die drei großen Unabhängigen Hermann Glöckner, Gerhard Altenbourg und Carlfriedrich Claus nicht fehlen. Ganz zu schweigen von den Untergrundbewegungen seit den siebziger Jahren, insbesondere um Persönlichkeiten wie Klaus Hähner-Springmühl in Karl-Marx-Stadt, der mit seinen öffentlichen Aktionen als einflussreiches Enfant Terrible der DDR-Kunstszene galt, bisher aber kaum einmal in Ausstellungen zur Kunst in der DDR gewürdigt wurde.
Von solchen und ähnlichen Einzelgeschichten ließe sich noch eine Menge aus dieser Ausstellung berichten. Es sind diese kleinen Schritte, diese Präzisionsarbeit in der Auswahl der Werke, die in dieser Zusammenstellung noch nie gesehen wurden und aus den großen Depots in Beeskow oder Dresden, aber auch aus Privatsammlungen entliehen wurden. Daran merkt man, wie sich der über drei Jahre reichende Forschungsaufwand gelohnt hat. Denn das Phänomen der Kunst in der DDR wird so aller Klischees über eine vermeintliche Einheitskunst entkleidet. Die formale Auffaltung, die Widersprüchlichkeit von Künstlerlebensläufen zwischen Autonomiedrang und Anpassung sind das wirksamste Mittel, die letzten Reste der Idiosynkrasien des alten Bilderstreits Ost-West hinter sich zu lassen. Endlich, muss man sagen. Die Weimarer Ausstellung und ihr Katalog, der als Standardwerk taugt, sind der Maßstab für künftige Auseinandersetzungen mit diesem Stoff, auch wenn sich bereits in einigen Kommentaren, etwa im Spiegel, allergische Reaktionen auf den Verlust lieb gewonnener Klischees aus Zeiten des Kalten Krieges andeuten. Wenn das Weimarer Vorgehen Schule macht in der Kunstgeschichtsschreibung und dem Bewusstsein von Kuratoren, wird sie das Bild der europäischen Moderne mittelfristig vom Kopf auf die Füße gestellt haben.
Die Uneinheitlichkeit in der Hängung ist beabsichtigt und verdeutlicht die Spannung der Anfangsjahre der SBZ und der DDR, die in den Auseinandersetzungen um die erste Dresdner Kunstausstellung von 1946 kulminierte. Dort wollten altgediente Maler wie Hans Grundig oder Karl Hofer oder der in Dresden aufgewachsene Kunstkritiker Will Grohmann eigentlich jene Künstler der Moderne rehabilitieren, die unter den Nazis als entartet verfemt worden waren. Organisierte Proteste verhinderten dies. Die Debatte, wie ein Anknüpfen an die Moderne nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs auszusehen habe, war in ihrer Heftigkeit den Anfängen in der Bundesrepublik gar nicht so unähnlich. In der DDR aber wurde sie durch Formalismusverdacht, den das Politbüro gezielt anbrachte, auf Jahrzehnte hinaus nahezu erstickt.
Gleichwohl gab es immer wieder und immer weiter vielfältige Versuche von Künstlern, mit diesem Erbe die sozialistische Doktrin von der reinen Arbeitskunst zu umlaufen. In Halle an der Saale hielten sich die Einflüsse Picassos als sozialistisch interpretiertem Maler bis zum Ende der 50er-Jahre unter den Studenten der Kunsthochschule Burg Giebichenstein. Unter ihnen befand sich auch ein gewisser Willi Sitte, der sich lange vor seiner monströsen Karriere als Präsident des DDR-Künstlerverbandes in der Weimarer Ausstellung noch als hoch veranlagter Adept des vorkubistischen Picassos erweist.
Doch auch die Maler des Sozialistischen Realismus variieren ihr Programm, wenn auch strikt nach den Maßgaben der Führungsclique, von der Darstellung muskulöser Gießer und Bauarbeiter zu Ingenieuren und technischen Berufen, bis schließlich in den 80er-Jahre nur noch eine Parodie des eigenen Genres übrig bleibt. Natürlich gehört auch die Viererbande aus Mattheuer, Heisig, Tübke und Sitte, die sich gegen allzu strenge Formvorgaben des Politbüros zur Wehr setzten und dafür 1977 zur documenta eingeladen wurde, in diesen Erzählstrang, und es auch dürfen kleine Sonderwürdigungen für die drei großen Unabhängigen Hermann Glöckner, Gerhard Altenbourg und Carlfriedrich Claus nicht fehlen. Ganz zu schweigen von den Untergrundbewegungen seit den siebziger Jahren, insbesondere um Persönlichkeiten wie Klaus Hähner-Springmühl in Karl-Marx-Stadt, der mit seinen öffentlichen Aktionen als einflussreiches Enfant Terrible der DDR-Kunstszene galt, bisher aber kaum einmal in Ausstellungen zur Kunst in der DDR gewürdigt wurde.
Von solchen und ähnlichen Einzelgeschichten ließe sich noch eine Menge aus dieser Ausstellung berichten. Es sind diese kleinen Schritte, diese Präzisionsarbeit in der Auswahl der Werke, die in dieser Zusammenstellung noch nie gesehen wurden und aus den großen Depots in Beeskow oder Dresden, aber auch aus Privatsammlungen entliehen wurden. Daran merkt man, wie sich der über drei Jahre reichende Forschungsaufwand gelohnt hat. Denn das Phänomen der Kunst in der DDR wird so aller Klischees über eine vermeintliche Einheitskunst entkleidet. Die formale Auffaltung, die Widersprüchlichkeit von Künstlerlebensläufen zwischen Autonomiedrang und Anpassung sind das wirksamste Mittel, die letzten Reste der Idiosynkrasien des alten Bilderstreits Ost-West hinter sich zu lassen. Endlich, muss man sagen. Die Weimarer Ausstellung und ihr Katalog, der als Standardwerk taugt, sind der Maßstab für künftige Auseinandersetzungen mit diesem Stoff, auch wenn sich bereits in einigen Kommentaren, etwa im Spiegel, allergische Reaktionen auf den Verlust lieb gewonnener Klischees aus Zeiten des Kalten Krieges andeuten. Wenn das Weimarer Vorgehen Schule macht in der Kunstgeschichtsschreibung und dem Bewusstsein von Kuratoren, wird sie das Bild der europäischen Moderne mittelfristig vom Kopf auf die Füße gestellt haben.