Böse Zungen könnten sagen, das Frankfurter Museum für Angewandte Kunst sieht architektonisch aus wie ein Bürger- oder Stadthaus in Siegen oder Siegburg. Eine modulartige Außenansicht des insgesamt leicht wirkenden, hellen, kubischen Baukörpers. Es gibt nur ein Problem: Wasser tropft durchs Flachdach. Die zu recht vielfach ausgezeichnete Museumsarchitektur von Richard Meier ist undicht und nach 22 Jahren ein Sanierungsfall. Meiers Bau war der erste des späterhin bedeutenden Museumsufers Schaumainkai der Mainstadt. Frage an den Architekturkritiker Heinrich Wefing: Hat man es sich bei den Bauaufsichtsbehörde, bei der Bauausführung zu leicht gemacht? Wie kommt so was?
Heinrich Wefing: Man hat offensichtlich was falsch gemacht, sonst würde es nicht reinregnen. Etwas ist schief gelaufen, ganz offensichtlich, in der Regel eher weniger in dem architektonischen Entwurf, über dessen Qualitäten man sicherlich streiten kann, ich bin aber ein großer Bewunderer von Richard Meier und habe dieses Haus in Frankfurt immer sehr geschätzt. Bauschäden haben ihre Gründe in der Regel in einer mangelhaften Bauausführung, also, auf der Baustelle ist etwas schief gegangen, da hat jemand geschlampt oder eine Zigarette geraucht, während er eigentlich eine Dichtung einsetzen sollte oder die Materialien wurden zu billig eingekauft oder die Handwerker waren nicht qualifiziert genug. Da gibt es viele Gründe. Immer muss man dabei aber auch bedenken, dass öffentliche Bauherren, weil sie Steuergelder verbauen, in der Regel jedenfalls sehr darauf achten, möglichst schnell fertig zu werden und möglichst nicht allzu viel auszugeben. Das ist auch in unserem Interesse als Steuerzahler. Manchmal wäre es vielleicht besser, wenn man sich drei Monate mehr Zeit ließe und vielleicht noch etwas mehr Geld in die Hand nähme, denn dann kann man manchen Baufehler vermeiden und ein besseres Material hält in der Regel auch länger.
Köhler: Herr Wefing, ich weiß, dass man unterscheidet zwischen einem Planungsarchitekten, ganz salopp gesagt, jemand, der gut malen kann, und einem ausführenden Architekten, jemand, der gut bauen kann. Aber sind nicht diese Fälle, die sich doch teilweise zu häufen scheinen, liegt es nicht so ein bisschen im System begründet? Steht die moderne Museumsarchitektur nicht ein bisschen selber da mit am Pranger? Wenn ich noch an Günter Behnischs Akademie der Künste denke, vermehrte Feuchtschäden, Schimmelpilze des Moderna Museet in Stockholm, ich hatte Gelegenheit, vor zehn Jahren durch den Rohbau zu gehen, alle sagten, das sieht toll aus, groß ist es, viel Licht, toller, trockener Estrich, drei Jahre vergingen und die Wände waren nass.
Wefing: Die Leidensgeschichte mit dem Neubau der Akademie der Künste hier in Berlin am Pariser Platz habe ich nun aus der Nähe verfolgt, und auch da würde ich eher dazu neigen, die Bauverwaltung zu prügeln oder die Bauunternehmer, die Sub-Sub-Subunternehmer, die irgendwann gar nichts mehr mit dem Architekten selbst zu tun haben, als den Architekten. Man darf die Architekten nicht ausnehmen, vollkommen klar, manche Planungsfehler schlagen sich dann in Baufehlern nieder, aber ich würde sehr zögern, das der modernen Architektur insgesamt in die Schuhe zu schieben. Das ist eine Mär, die die Gegner der modernen Architektur seit den 20er Jahren erzählen und da hilft es immer, ein wenig jedenfalls, mal in die Baugeschichte zu gucken und da kann man feststellen, dass Bauschäden so alt sind wie die Baugeschichte selbst. Ein Beispiel, das mir nur gerade einfällt, weil wir ja alle immer so viel über das Berliner Schloss nachdenken,. Der viel gepriesene Andreas Schlüter, der Architekt der Barockfassaden des Berliner Schlosses, baute 1702 im Auftrag des Königs einen 95 Meter hohen Turm, der zwei Jahre später 70 cm zur Seite geneigt war und dann sofort abgebrochen wurde. Also, man sieht daran, auch vor 300 Jahren gab es schon solche Geschichten.
Köhler: So eine Art Schürmannbau-Effekt, wie am Rhein mit dem Schürmannbau, der so ein bisschen auch abgesackt war. Ich mache mal ein Gegenbeispiel. Ich kenne ein Gebäude, das steht schon seit 1000 Jahren und ich mache die Wette, das wird noch weitere 1000 Jahre stehen, die Wartburg. Wieso ist das da möglich? Gut, sie werden sagen, das ist ein verdammt schiefer Vergleich, das Ding hat Mauern, die sind drei, vier, fünf Meter dick, aber man kann doch sagen, Museen sind ohnehin moderne Erfindungen, die ihr eigenes Alter ein bisschen mitreflektieren. Nur diese Häufung der Fälle lässt doch fragen, haben die sozusagen ein eingebautes Verfallsdatum? Können wir nach 30 Jahren gleich wieder neu bauen?
Wefing: Zunächst mal, das Museum ist eine bürgerliche Erfindung, und ich kann Ihnen auch einen Haufen Museen nennen, die noch wunderbar stehen, mir fiele hier zum Beispiel das Schinkelmuseum in Berlin am Lustgarten ein, sieht, für meine Augen, ganz gut aus, auch nach 150 oder 180 Jahren noch, aber Sie haben schon Recht. Es gibt ein Problem, das ich aber zunächst lieber, glaube ich, von der Architektur der Museen wegziehen würde, das hat mit unserer Art und Weise zu bauen zu tun. Und zwar ganz unabhängig von der Architektur, das gilt genauso für Steinbauten oder für Architektur von Leuten, die für sich in Anspruch nehmen, ihre Häuser könnten altern. Nein, wenn Sie daran denken, Flughäfen, Krankenhäuser, alle öffentlichen, fast alle öffentlichen Gebäude werden heute für Zyklen von maximal 30, 40 Jahren gebaut. Wir leben in schnelllebigen Zeiten, das klingt jetzt furchtbar banal, aber das gilt letztlich natürlich auch für unsere Architektur. Die wird nicht mehr auf 1000 Jahre gebaut. Und zur Wartburg nur noch eins, die konnte auch so gebaut werden, weil sie im Grunde auf der Arbeit von Leibeigenen, von Ausgebeuteten beruhte. Das können wir heute beim besten Willen nicht mehr machen.
Heinrich Wefing: Man hat offensichtlich was falsch gemacht, sonst würde es nicht reinregnen. Etwas ist schief gelaufen, ganz offensichtlich, in der Regel eher weniger in dem architektonischen Entwurf, über dessen Qualitäten man sicherlich streiten kann, ich bin aber ein großer Bewunderer von Richard Meier und habe dieses Haus in Frankfurt immer sehr geschätzt. Bauschäden haben ihre Gründe in der Regel in einer mangelhaften Bauausführung, also, auf der Baustelle ist etwas schief gegangen, da hat jemand geschlampt oder eine Zigarette geraucht, während er eigentlich eine Dichtung einsetzen sollte oder die Materialien wurden zu billig eingekauft oder die Handwerker waren nicht qualifiziert genug. Da gibt es viele Gründe. Immer muss man dabei aber auch bedenken, dass öffentliche Bauherren, weil sie Steuergelder verbauen, in der Regel jedenfalls sehr darauf achten, möglichst schnell fertig zu werden und möglichst nicht allzu viel auszugeben. Das ist auch in unserem Interesse als Steuerzahler. Manchmal wäre es vielleicht besser, wenn man sich drei Monate mehr Zeit ließe und vielleicht noch etwas mehr Geld in die Hand nähme, denn dann kann man manchen Baufehler vermeiden und ein besseres Material hält in der Regel auch länger.
Köhler: Herr Wefing, ich weiß, dass man unterscheidet zwischen einem Planungsarchitekten, ganz salopp gesagt, jemand, der gut malen kann, und einem ausführenden Architekten, jemand, der gut bauen kann. Aber sind nicht diese Fälle, die sich doch teilweise zu häufen scheinen, liegt es nicht so ein bisschen im System begründet? Steht die moderne Museumsarchitektur nicht ein bisschen selber da mit am Pranger? Wenn ich noch an Günter Behnischs Akademie der Künste denke, vermehrte Feuchtschäden, Schimmelpilze des Moderna Museet in Stockholm, ich hatte Gelegenheit, vor zehn Jahren durch den Rohbau zu gehen, alle sagten, das sieht toll aus, groß ist es, viel Licht, toller, trockener Estrich, drei Jahre vergingen und die Wände waren nass.
Wefing: Die Leidensgeschichte mit dem Neubau der Akademie der Künste hier in Berlin am Pariser Platz habe ich nun aus der Nähe verfolgt, und auch da würde ich eher dazu neigen, die Bauverwaltung zu prügeln oder die Bauunternehmer, die Sub-Sub-Subunternehmer, die irgendwann gar nichts mehr mit dem Architekten selbst zu tun haben, als den Architekten. Man darf die Architekten nicht ausnehmen, vollkommen klar, manche Planungsfehler schlagen sich dann in Baufehlern nieder, aber ich würde sehr zögern, das der modernen Architektur insgesamt in die Schuhe zu schieben. Das ist eine Mär, die die Gegner der modernen Architektur seit den 20er Jahren erzählen und da hilft es immer, ein wenig jedenfalls, mal in die Baugeschichte zu gucken und da kann man feststellen, dass Bauschäden so alt sind wie die Baugeschichte selbst. Ein Beispiel, das mir nur gerade einfällt, weil wir ja alle immer so viel über das Berliner Schloss nachdenken,. Der viel gepriesene Andreas Schlüter, der Architekt der Barockfassaden des Berliner Schlosses, baute 1702 im Auftrag des Königs einen 95 Meter hohen Turm, der zwei Jahre später 70 cm zur Seite geneigt war und dann sofort abgebrochen wurde. Also, man sieht daran, auch vor 300 Jahren gab es schon solche Geschichten.
Köhler: So eine Art Schürmannbau-Effekt, wie am Rhein mit dem Schürmannbau, der so ein bisschen auch abgesackt war. Ich mache mal ein Gegenbeispiel. Ich kenne ein Gebäude, das steht schon seit 1000 Jahren und ich mache die Wette, das wird noch weitere 1000 Jahre stehen, die Wartburg. Wieso ist das da möglich? Gut, sie werden sagen, das ist ein verdammt schiefer Vergleich, das Ding hat Mauern, die sind drei, vier, fünf Meter dick, aber man kann doch sagen, Museen sind ohnehin moderne Erfindungen, die ihr eigenes Alter ein bisschen mitreflektieren. Nur diese Häufung der Fälle lässt doch fragen, haben die sozusagen ein eingebautes Verfallsdatum? Können wir nach 30 Jahren gleich wieder neu bauen?
Wefing: Zunächst mal, das Museum ist eine bürgerliche Erfindung, und ich kann Ihnen auch einen Haufen Museen nennen, die noch wunderbar stehen, mir fiele hier zum Beispiel das Schinkelmuseum in Berlin am Lustgarten ein, sieht, für meine Augen, ganz gut aus, auch nach 150 oder 180 Jahren noch, aber Sie haben schon Recht. Es gibt ein Problem, das ich aber zunächst lieber, glaube ich, von der Architektur der Museen wegziehen würde, das hat mit unserer Art und Weise zu bauen zu tun. Und zwar ganz unabhängig von der Architektur, das gilt genauso für Steinbauten oder für Architektur von Leuten, die für sich in Anspruch nehmen, ihre Häuser könnten altern. Nein, wenn Sie daran denken, Flughäfen, Krankenhäuser, alle öffentlichen, fast alle öffentlichen Gebäude werden heute für Zyklen von maximal 30, 40 Jahren gebaut. Wir leben in schnelllebigen Zeiten, das klingt jetzt furchtbar banal, aber das gilt letztlich natürlich auch für unsere Architektur. Die wird nicht mehr auf 1000 Jahre gebaut. Und zur Wartburg nur noch eins, die konnte auch so gebaut werden, weil sie im Grunde auf der Arbeit von Leibeigenen, von Ausgebeuteten beruhte. Das können wir heute beim besten Willen nicht mehr machen.