Thüringen und Brandenburg
Wie CDU und SPD dem BSW entgegenkamen - und warum Wagenknecht dennoch unzufrieden ist

In Brandenburg und Thüringen streben SPD und CDU Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer Landesregierung mit dem BSW an. Möglich wurde dies durch von der BSW-Bundesvorsitzenden Wagenknecht geforderte Textpassagen zu außenpolitischen Themen. Diese sind jedoch unterschiedlich formuliert, weshalb sie in einem Fall bereits ihren Unmut bekundete. Ein Überblick:

    Sahra Wagenknecht während einer Pressekonferenz
    BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht (picture alliance / Geisler-Fotopress / Bernd Elmenthaler)
    Trotz fehlender Zuständigkeit der Landesregierungen argumentiert Wagenknecht, dass die BSW-Positionen wichtig für die Wahlentscheidung der Menschen gewesen seien.

    Neue US-Raketen

    Wagenknecht hatte eine Festlegung gegen die von der Bundesregierung gewünschte Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen gefordert. Im Papier in Thüringen heißt es nun: "Wir stimmen überein, dass für Frieden und Sicherheit in Deutschland und Europa die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes von großer Bedeutung ist. Wir erkennen aber auch an, dass viele Menschen in Thüringen die geplante Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen kritisch sehen bzw. ablehnen." Die Landesregierung werde "eine breit angelegte Debatte" fördern. Damit sehen CDU und SPD keinen Konflikt zur Bundespolitik.
    In Brandenburg gibt es eine deutlich kritischere Passage: "Wir sehen ... die geplante Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen auf deutschem Boden kritisch. Es braucht konkrete Angebote, um wieder zu Abrüstung und Rüstungskontrolle zu kommen." Die SPD hält auch dies für akzeptabel, zumal es ein ausdrückliches Bekenntnis zur Bundeswehr und den Standorten in Brandenburg gibt. Die CDU in Brandenburg sieht jedoch einen Widerspruch zu der von Kanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius gewollten Stationierung der US-Raketen ab 2026 in Westdeutschland.

    Ukraine-Hilfe

    Wagenknecht lehnt Waffenlieferungen an die Ukraine ab. Ein entsprechender Passus findet sich aber nicht in den von den BSW-Landespolitikern ausgehandelten Papieren. In Thüringen heißt es nun: "Wir bekennen uns zur europäischen Friedensordnung und wenden uns gegen jegliche Bestrebungen, mit kriegerischen Mitteln Grenzen zu verschieben. Im Rahmen der europäischen und bundesstaatlichen Ordnung unterstützen wir alle diplomatischen Initiativen, den von Russland gegen die Ukraine entfesselten Angriffskrieg zu beenden."
    Ausdrücklich werden die Differenzen betont - und akzeptiert: "CDU und SPD sehen sich in der Tradition von Westbindung und Ostpolitik. Das BSW steht für einen kompromisslosen Friedenskurs", heißt es in dem vereinbarten Papier. "Wenngleich wir hinsichtlich der Notwendigkeit von Waffenlieferungen an die Ukraine zur Verteidigung ihrer territorialen Integrität und Souveränität unterschiedlicher Auffassungen sind, eint uns das Ziel, eine diplomatische Lösung des Krieges gegen die Ukraine und den Abbau der damit verbundenen Spannungen innerhalb Europas mit dem Ziel eines Waffenstillstandes und gerechten, dauerhaften Friedens im Sinne der Charta der Vereinten Nationen und des Budapester Memorandums voranzutreiben."
    In Brandenburg fand man eine andere Kompromiss-Formulierung: "Der völkerrechtswidrige Krieg Russlands gegen die Ukraine erschüttert Europa", wird einerseits festgestellt. Das Land sei durch die Verfassung dem Frieden verpflichtet und strebe die Zusammenarbeit mit anderen Völkern an. "Dazu gehört, aktiv zur Sicherung des Friedens beizutragen und ein Bekenntnis zur internationalen Zusammenarbeit. Dieses politische Ziel besteht losgelöst von der Zuständigkeit des Bundes für die Außen- und Verteidigungspolitik." Man nehme die Sorgen ernst, dass sich der Ukraine-Krieg ausweite und damit das Risiko bestehe, dass auch Deutschland in eine sich immer schneller drehende Kriegsspirale hineingezogen wird. "Der Krieg wird nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden können." Die Forderung nach einem Stopp der Militärhilfe findet sich aber nicht.

    "Fehler in Thüringen"

    Wagenknecht zeigte sich mit den Vereinbarungen in Thüringen unzufrieden. "Die Präambel, auf die sich die Verhandler von CDU, SPD und BSW geeinigt haben, bleibt in der wichtigen Frage von Krieg und Frieden leider deutlich hinter dem in Brandenburg gefundenen guten Kompromiss zurück", sagte die Parteigründerin dem "Spiegel". Es sei "ein Fehler", dass sich die Verhandler in Thüringen nicht an diesem Kompromiss orientiert hätten.
    (Hauptquelle: Nachrichtenagentur Reuters)
    Diese Nachricht wurde am 29.10.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.