Gesetzentwurf
Wie das Bundesverfassungsgericht künftig besser vor Einflussnahme geschützt werden soll

Das Bundesverfassungsgericht soll besser gegen politische Einflussnahme geschützt werden. Denn Erfahrungen in Ländern wie Polen oder Ungarn zeigen, dass die Unabhängigkeit der Justiz schnell in Frage gestellt werden kann. Über zwei entsprechende Gesetzentwürfe von SPD, Grünen, FDP und Union soll der Bundestag am Donnerstag abschließend entscheiden. Ein Überblick.

    Der Zweite Senat beim Bundesverfassungsgericht, Doris König (Vorsitz, l-r), Sibylle Kessal-Wulf, Christine Langenfeld und Rhona Fetzer verkündet, ein Urteil
    Das Bundesverfassungsgericht soll künftig besser geschützt werden (picture alliance / dpa / Uli Deck)

    Wie ist die Ausgangslage?

    Das Bundesverfassungsgericht ist ein Verfassungsorgan. Es arbeitet unabhängig von den jeweiligen politischen Machtverhältnissen. Seine Aufgaben und Teile seiner Struktur sind im Grundgesetz festgelegt. Darin steht beispielsweise, dass die Richterinnen und Richter je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt werden und dass sie weder diesen beiden Verfassungsorganen noch der Bundesregierung oder Pendants auf Landesebene angehören dürfen.

    Wo liegt das Problem?

    Einige Strukturen sind nicht im Grundgesetz festgehalten - sie können mit einer einfachen Mehrheit im Bundestag geändert werden. Dazu gehört zum Beispiel, dass sich das Gericht in zwei Senate von je acht Richterinnen und Richtern aufteilt und dass diese höchstens zwölf Jahre im Amt sein können.
    Befürchtet wird, dass extreme Parteien in Zukunft versuchen könnten, politisch Einfluss auf das höchste deutsche Gericht zu nehmen. Mit einer Mehrheit im Parlament könnten sie das Bundesverfassungsgerichtsgesetz ändern und so womöglich grundlegende Strukturen abschaffen oder umbauen: Szenarien wären etwa, dass Verfassungsrichter länger oder kürzer im Amt bleiben oder dass es für ihre Wahl keine Zweidrittelmehrheit mehr bräuchte. Auch wäre es möglich, einen dritten Senat einzurichten und diesem wichtige Entscheidungen zuzuweisen.

    Wie soll das Bundesverfassungsgericht nun geschützt werden?

    Auch getrieben durch die starken Umfragewerte der teils als rechtsextremistisch eingestuften AfD wollen die ehemaligen Ampel-Partner und die Union nun wesentliche Strukturen des Gerichts im Grundgesetz verankern. Dazu gehören insbesondere der Status des Gerichts, die Aufteilung in zwei Senate und die Zahl von 16 Richtern. Ebenfalls festgeschrieben werden soll die maximale Amtszeit und die Altersgrenze. Künftig wäre es damit schwieriger, diese Strukturen zu ändern: Für Grundgesetzänderungen ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und anschließend auch im Bundesrat notwendig.

    Wie sollen Blockaden bei der Richterwahl verhindert werden?

    Wenn es Bundestag oder Bundesrat nicht schaffen, eine vakante Richterstelle rechtzeitig zu besetzen, könnte künftig jeweils das andere Parlament das Wahlrecht ausüben. Damit wäre das Bundesverfassungsgericht immer handlungsfähig.

    Wie geht es mit den Gesetzentwürfen weiter?

    Die Union hatte nach dem Aus der Ampel angekündigt, nur wenige Gesetzentwürfe der ehemaligen Koalition mitverabschieden zu wollen. Eine Zustimmung zu den Plänen bezüglich des Verfassungsgerichts stellte CDU-Fraktionschef Merz allerdings in Aussicht. Kommt es am Donnerstag dazu, muss der Grundgesetzänderung auch noch der Bundesrat zustimmen. Im verkürzten Verfahren könnte dies bereits am Freitag geschehen. Dann kommt die Länderkammer zu einer regulären Sitzung zusammen.
    (Mit Material der Nachrichtenagentur AFP)
    Diese Nachricht wurde am 15.12.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.