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Wie im Flugzeug

Am Fenster, am Gang oder am Tisch? Seit Dezember bietet die Deutsche Bahn eine grafische Sitzplatzreservierung an. Bereits 25.000 Buchungen am Tag werden über das neue System durchgeführt. Bisher ist dies allerdings nur auf bestimmten ICE-Strecken möglich.

Von Dieter Nürnberger |
    Der Selbstversuch auf dem Buchungsportal der Deutschen Bahn ist erfolgreich. Die gewünschte Verbindung von Berlin Hauptbahnhof nach Kassel-Wilhelmshöhe Mitte März schnell gefunden, sogar zum derzeit gültigem günstigen sogenannten Einsteiger-Ticket-Preis für 69 Euro in der zweiten Klasse hin und zurück. Kurz vor Abschluss der Buchung ein Klick auf das etwas versteckte Bedienfeld "Sitzplatz anzeigen" – und schon zeigt die grafische Darstellung ein Abteil des ICE an. Es sind zwar nur noch wenige Plätze frei wählbar – doch der Kunde kann nun aussuchen und den Sitzplatz reservieren. Am Fenster, am Gang, im Großabteil oder je nach Wunsch auch in oder entgegensetzt der Fahrtrichtung. Seit Dezember läuft dieses Pilotprojekt der Deutschen Bahn – die individuelle Sitzplatzreservierung ist mehr oder weniger den Reservierungsvorgängen bei vielen Fluggesellschaften nachempfunden.

    Für die Bahn ein erfolgreicher Start – derzeit würden jeden Tag rund 25.000 Fahrgäste diese Art der Online-Buchung inklusive Sitzplatzreservierung nutzen, sagt Birgit Pörner, stellvertretende Sprecherin für die Personenverkehr:

    "Diese 25.000 Klicks – das bezieht sich allein auf die Online-Buchung. Das heißt, rund 75 Prozent unserer ICE-Sitzplätze können online grafisch gebucht werden. Der Reisende kann sich im Internet vorher angucken, wo er sitzen möchte – im Großraumwagen, am Tisch etc. Das alles sieht er auf dem Bildschirm und kann seine entsprechende Buchung vornehmen."

    Möglich ist die Sitzauswahl bisher lediglich bei Fernverbindungen und auch dann nur, wenn der ICE der ersten oder dritten Generation eingesetzt wird. Laut Bahnangaben sind dies derzeit rund Dreiviertel aller ICE-Züge.

    Die zweite Generation der Schnellzüge wird derzeit umgebaut. Sie hatte Probleme mit der Klimaanlage, was im Sommer vor zwei Jahren zu negativen Schlagzeilen führte. Das Unternehmen hofft, dass sie im Sommer wieder voll einsatzbereit sind und dann rund 85 Prozent der ICE-Verbindungen auch für eine individuelle Sitzplatzreservierung verfügbar sind.

    Kunden können dies im Moment allerdings nur online oder in den Reisezentren der Bahn buchen. Eine Reservierung des Wunschplatzes am Fahrkartenautomaten ist derzeit nicht möglich.

    In Internetforen teilen auch die Fahrgäste der Bahn ihre Erfahrungen mit. Berichtet wird über Streitigkeiten zwischen Kunden, wenn die Sitzplatzreservierung zu knapp vorgenommen wurde, die Anzeige über dem Platz im Zug scheint somit nicht immer auf dem letzten Stand zu sein. Probleme kann es auch geben, wenn ein Sitzplatz in Fahrtrichtung reserviert wurde. Denn die kann sich während einer Fahrt auch ändern, wie Sprecherin Birgit Pörner einräumt:

    "Das Problem kommt vor. Die Fahrtrichtung kann sich immer dann ändern, wenn die Wendezeiten in den Endbahnhöfen nicht ausreichen. Beispielsweise in einem Kopfbahnhof – dann der natürlich in der Gegenrichtung wieder raus. Und dann dauert es eben im Umlauf schon mal einen Tag, bis der Zug wieder in der richtigen Fahrtrichtung im Einsatz ist."

    Ebenso dürften Zugausfälle, Verspätungen etc. das Reglement der Sitzplatzreservierung ab und an deutlich durcheinanderwürfeln.

    Eine Online-Reservierung des Platzes kostet 4 Euro, passiert dies direkt an einem Bahnschalter im Reisezentrum werden 5 Euro berechnet. Die Sitzplätze sind frühestens drei Monate vor der Fahrt buchbar.

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