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Wie Risiko kalkuliert wird

Die Wirtschaftswissenschaften nutzten von Anfang an die Mathematik, um möglichst exakte Aussage über ökonomische Prozesse zu machen. Manche Gebiete der Volkswirtschaftlehre sind heute ohne die Kenntnis der sogenannten Analysis kaum mehr verstehbar. Auch im Bereich der Investition und Finanzierung der Unternehmen ist die Mathematik ein unentbehrliches Hilfsmittel geworden. Bei Bank- und besonders bei Börsengeschäften spielt sie mittlerweile eine dominante Rolle, z. B. um Risiken zu minimieren.

Klaus P. Weinert |
    Es gibt eine Rahmenrichtlinie der Europäischen Union, nach der die Effektivverzinsung zum Beispiel von Darlehen neu geregelt werden muss. Ab 1. September 2000 soll auch in Deutschland ein einheitliches Verfahren gelten. Vereinfacht kann man sagen, dass man die unterschiedlichen Arten der Zinsberechnung angleichen möchte. Heute hat das Jahr in Deutschland 360 Zinstage und 30 Tage der Monat. In Dänemark ist das anders. Dort werden für ein Jahr 365,25 Tage berechnet. Mit dieser Methode soll eine realistischere Zinsberechnung vorgenommen werden, in der schon das Schaltjahr in jedem Jahr zinstechnisch integriert ist. Natürlich hat dann der Monat nicht mehr 30, sondern 30,4375 Tage.

    Was sich nicht sehr wichtig anhört, hat Auswirkungen auf die Rendite. Ob 100 000 D-Mark auf 360 oder 365,25 Tage zu 10 Prozent angelegt werden, macht einen Unterschied von rund 1.000 Mark aus. Die mathematischen Grundlagen der Effektivzinsberechnung zeigen, wie wichtig Mathematik im Bankgeschäft geworden ist. Obgleich die Effektivzinsberechnung in allen Details nicht so einfach ist, wie es sich vielleicht anhört, gehört sie dennoch zu den Standardmethoden, die heute in der Wirtschaft, besonders bei Banken, angewandt wird und ist für die Fachleute einfache Mathematik.

    Immer häufiger wird heute per Computer über das Internet eingekauft. Immer häufiger nutzen auch Bankkunden die Möglichkeit, ihre Überweisungen und andere Aufträge und Anfragen über das Internet zu erteilen. Schon längst ist es üblich, sein Bargeld nicht mehr am Schalter der Bank, sondern in der Regel am Geldautomaten abzuholen.

    Die meisten von uns werden dabei an den Computer denken, an Chips und Prozessoren, an Hard- und Software, und nur wenigen wird es einfallen, dass ohne die Mathematik diese neuen Technologien aus Sicherheitsgründen gar nicht anwendbar sein würden. Joachim Minnemann, Leiter des Konzerndienstes "Mathematik und Operations Research" der Westdeutschen Landesbank in Düsseldorf:

    Joachim Minnemann : "Ein aktuelles Beispiel ist e-commerce. Dort spielt ja die Mathematik auch eine riesen Rolle, durch die Kryptografie, die Entschlüsselung, die Verschlüsselung. Oder anders formuliert, um es von der anderen Seite zu betrachten: die Frage der Sicherheit. Ich weiß nicht, wie Sie sich verhalten, ob Sie über den Rechner viel einkaufen, aber ich habe mich beobachtet, wenn ich dann meine Kreditkarte angeben muss, zucke ich doch und sage: na, ja, ich weiß nicht, ob das so optimal ist und das abläuft, wie ich das gerne möchte. Und ich glaube, wenn die Mathematik dort noch mehr einbringt, wird die Nutzung erst in der Weise möglich, wie wir sie uns wünschen. Und das ist ja oft so: Dieses Zusammenspiel von Computerentwicklung und Mathematik eigentlich die wesentlichen Impulse bringt, um etwas auch zur Anwendungsreife zu bringen."

    Natürlich spielt heute der Computer eine wichtige Rolle, da er große Datenmengen verarbeiten kann. Aus den Nachrichten wissen wir allerdings, dass Hacker immer wieder die Codes selbst des amerikanischen Militärs geknackt haben. Das hängt einerseits damit zusammen, dass nicht alle Computersysteme optimal gesichert sind. So ist es möglich, selbst mit der Rechenleistung eines PCs, diese Codes durch häufiges Probieren oder auch durch Zufall zu entschlüsseln.

    Andererseits sind hundertprozentig dichte Codes in der Praxis nicht immer zu handhaben. So wird der Text in der binären Ziffernfolge 1 und 0 geschrieben, ebenso der Schlüssel, der mit dem Text kombiniert wird. Wählt man nun einen Schlüssel - absolut zufällig - aus einer langen Ziffernfolge aus 1 und 0, ist dieser Code nicht zu knacken. Allerdings dauert seine Übermittlung für die tägliche Praxis meist zu lange, daher werden einfachere gewählt, die dann natürlich nicht absolut sicher sind. Für die Mathematik stellt sich die Aufgabe, ein praktisches Modell zu entwickeln, das sicher ist und für den täglich Gebrauch geeignet. Erst die Weiterentwicklung solcher krypto-grafischer Methoden wird das Bargeldabheben und das elektronische Bankgeschäft absolut sicher machen.

    Aber nicht nur bei der Sicherheit spielt die Mathematik eine wichtige Rolle. So haben Banken große Datenbestände, deren Wert nicht in allen Einzelheiten bekannt ist, weil sie manchmal ungeordnet abgespeichert sind. Das Data Mining [engl.] ist eine neuere Methode, Struktur in Daten zu bringen. Welche Ziele damit verfolgt werden. Joachim Minnemann von der Westdeutschen Landesbank:

    Joachim Minnemann : "Sie wissen, dass Baumärkte, Kaufhäuser, Kundenkarten herausgeben, ihnen eventuell auch einen Rabatt einräumen. Die Frage ist, wie läuft das ab, was wird gemacht, was wird insbesondere mit den Daten gemacht. Die Daten werden in der Regel sehr intensiv erfasst und über längere Zeit festgehalten und sie werden dann intensiv ausgewertet, um das Kaufverhalten des einzelnen festzustellen, und das wiederum kann den großen Vorteil haben, dass man dann sehr gezielt Marketingstrategien aufsetzen kann. Und das, was Kaufhäuser machen, machen auch Versicherungen, Bausparkassen, vielleicht auch mit anderen Fragestellungen: z. B. warum kündigen Kunden? Das kann man mit derartigen Verfahren heute sehr gut machen. In einer Bank kann man z. B. sehr gut die Frage beantworten, welche Angebote sollen wir unseren Kunden noch machen? Welches Angebot würde zu einem bestimmten Kunden noch passen?"

    Eine häufig angewandte Methode des Data Mining sind neuronale Netze. Es werden sogenannte Neuronen bestimmt, die den Nervenzellen des Menschen nachgebildet sind. Diese Neuronen werden mit Daten versorgt, die in ihrer Bedeutung gewichtet werden können, um Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Dies geschieht mit Hilfe eines mathematischen Modells: es besteht aus den Unbekannten X und den Bewertungen, die ein anderes Symbol haben . Das Modell gibt man in den Computer ein, der die Daten der Bank dann durchsucht. Weil man den einzelnen Daten verschiedene Bedeutung beimessen kann, ist diese Methode sehr sinnvoll, wenn man aus scheinbar zusammenhanglosen Informationen Gemeinsamkeiten entdecken möchte. Ein Anwendungsgebiet der neuronalen Netze sind zum Beispiel die Prognosen von Devisenkursen. Hier spielen häufig sehr widersprüchliche Informationen eine Rolle, die den Kurs bestimmen. Allerdings sind diese Methoden noch nicht so ausgereift, dass man zum Beispiel den Kurs des Euro auf lange Sicht vorhersagen könnte.

    Neuronale Netze sind mathematische Methoden, die in den vergangenen Jahren immer häufiger angewandt wurden. Einen regelrechten Boom verzeichnen mathematische Methoden jedoch in der Finanzmathematik, also auf den Börsen. Kein anderer Bereich bei den Banken hat eine derart hohe Nachfrage nach Mathematikern. Immer häufiger sind auch die Wertpapierhändler Mathematiker, weil sie mit Modellen umgehen müssen, die sehr anspruchsvolle mathematische Kenntnisse voraussetzen. Besonders der Handel mit Derivaten, das sind Papiere, die sich auf Wertpapiere beziehen wie beispielsweise Optionen, ist heute so komplex geworden, dass Gefühl und Erfahrung alleine nicht mehr ausreicht. Professor Karl Korn, Mathematiker mit dem Spezialgebiet Finanzmathematik, von der Universität Kaiserslautern:

    Karl Korn: "Wichtig ist, dass eigentlich erst nachdem wirklich akzeptierte Modelle da waren, der Optionshandel richtig aufgeblüht ist. Die Swiss Options Exchange ist 1988 eröffnet worden, die Deutsche Terminbörse 1990 ...Einen Bedarf an Optionen gab es schon vorher. Denn Optionen sind keine Spekulationsobjekte, sondern dazu da, bestehende Verträge abzusichern, um Risiken aus bestehenden Verträgen rauszunehmen. Ein einfaches Beispiel: Wenn man einen Bausparvertrag hat mit variablen Zins, dann hört sich das gut an, der Zins ist niedrig im Moment und man hat die Hoffnung der Zins fällt noch....Wenn der Zins jetzt auf 20 Prozent hoch geht. Nun, was macht man? Man ruft bei der Bank an und fragt: Gibt's da eine Versicherung. Klar gibt's die. Es gibt einen sog. Gap-Kontrakt. Man setzt eine obere Schranke auf den variablen Zins. Und immer wenn der Zins über die 8 Prozent steigt, erhalte ich die Differenz ausgezahlt... schlimmstenfalls sind die 8 Prozent für mich eine obere Grenze. Und so was ist natürlich schon eine Option...Und auch die kostet natürlich etwas...Das heißt, Optionen sind in erster Linie als Versicherungsobjekte eingeführt worden."

    Hat man zum Beispiel Aktien, dann kann man sich mit Hilfe der Optionen versichern, also Optionen kaufen, um sich gegen Kursschwankungen zu wappnen, damit Verluste minimiert oder vermieden werden. Wer eine Aktie im Wert von 100 besitzt, kann nun versuchen, eine Verkaufsoption im Wert von 100 auf diese Aktie zu bekommen, wenn er glaubt, dass die Aktie fallen wird. Fällt der Kurs der Aktie tatsächlich zum Beispiel auf 90, dann kann man die Verkaufsoption ausüben und die Aktie für 100 verkaufen und macht damit zum Zeitpunkt des Verkaufs keinen Verlust. Dies ist natürlich nur ein sehr einfaches Beispiel. In der Praxis kann man sich auch mit komplexeren Optionsstrategien absichern.

    Eine lange ungelöste Frage war, wie man nun Optionspreise bewertet. Gibt es überhaupt eine Möglichkeit, einen gerechten Preis zu ermitteln? Denn das ist für eine Handelsstrategie natürlich sehr wichtig. Professor Karl Korn von der Universität Kaiserslautern:

    Karl Korn: "Der Haupteckpunkt der modernen Finanzmathematik ist die Arbeit von Black und Scholes von 1973, in der eine erste geschlossene Formel zur Bewertung von Optionen entwickelt wurde. Jetzt kann man natürlich sagen: Warum ist das so entscheidend? Optionen werden schon lange gehandelt, es geht sehr weit zurück, bis in das 17. Jahrhundert... Aber der entscheidende Punkt ist der in der Formel von Black und Scholes, dass es eine präferenzfreie Bewertung ist, das heißt, es gehen keine Erwartung über die zukünftige Entwicklung des Aktienkurses, der der Option zugrunde liegt, ein. Und das ist der Hauptgrund für den Erfolg dieser Formel, weil dieser Streitpunkt, wenn ich eine Option kaufe oder verkaufe - wie entwickelt sich das zugrunde liegende Gut im Mittel? -, der ist aus der Formel herausgenommen. Und das sorgt dann natürlich für breite Akzeptanz innerhalb der Händler,... wenn man sich über diesen Punkt nicht streiten muss und weiß, das spielt überhaupt keine Rolle für die Option, weil die Option ein abgeleitetes Wertpapier ist, daher hat die Praxis natürlich diese Formel mit offenen Armen aufgenommen. Und eigentlich alles, was danach kam, sind Verfeinerungen dieser Idee."

    Das heißt, dass die Mathematik verfeinert, verallgemeinert und Formeln noch besser auf die Praxis zugeschnitten wurden. Heute gehört die Black-Scholes-Formel zum Standard der Aktienhändler, weil man durch sie doch etwas über den Aktienpreis bei Verfall der Option wissen kann. Das hat damit zu tun, daß in der Black-Scholes-Formel auch die sogenannte Volatilität des Aktienkurses eingeht, also die Schwankungsbreite des Aktienkurses.

    Mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitstheorie ist es nun möglich, Aussagen über die Schwankungsbreite, die Volatilität zu machen. Es zeigt sich nämlich, dass Schwankungen der Aktien nicht völlig chaotisch sind und Modellen der Wahrscheinlichkeit gleichen. Das ermöglicht natürlich mehr Sicherheit in Bezug auf Kosten und Preis.

    Darüber hinaus besteht jede Formel aus Komponenten. So geht in die Black-Scholes-Formel der Aktienkurs, der Ausübungspreis für die Option, die Restlaufzeit, der Zinssatz und die Volatilität ein. Hat man nun einen Wert nicht, so kann man über die anderen Werte - wie in jeder Formel - den nicht vorhandenen Wert errechnen. Kennt man die Volatilität des Aktienkurses, so ist es möglich, den Ausübungspreis der Option auszurechnen, oder die Restlaufzeit, oder den Zinssatz.

    Natürlich bieten solche finanzmathematischen Formel keine hundert-prozentige Gewähr für hohe Gewinne, schon alleine deshalb, weil immer noch Menschen die Zahlen eingeben müssen, und Menschen können sich täuschen. Formeln erbringen jedoch eindeutige Ergebnisse, die dem Aktienhändler genau sagen, was geschieht, wenn die Annahmen zutreffen. So kann er diese Ergebnisse mit seinen eigenen Erfahrungen verknüpfen und rationalere und sicherere Strategien verfolgen.

    Die Mathematik für die Finanzmärkte hat sich in den vergangenen Jahren enorm gewandelt. Das hat damit zu tun, dass man heute versucht, die Unsicherheit auf den Finanzmärkten auch mit ganz neuer Mathematik zu lösen. Dazu muss man sich mit der stochastischen Analysis beschäftigen, die Statistik mit Wahrscheinlichkeit verknüpft und Zufälle im Zeitverlauf versucht zu verstehen, wie es eben bei Börsenkursen der Fall ist. Wolfgang Schmidt, Mathematiker bei der Deutschen Bank Research, Leiter "Global Research and Analytics".

    Wolfgang Schmidt: "Man muss hervorheben, dass die Mathematik, die hier benutzt wird, die stochastische Analysis, die ist sehr, sehr jung. Wenn man überlegt, was sonst an Mathematik eingesetzt wird: die Physiker sind da immer führend, die haben immer die neueste Mathematik... Aber wenn sie sich einmal die Ökonomie anschauen, ohne den Ökonomen nahe treten zu wollen, was da benutzt wurde, ist eigentlich uralter, kalter Kaffee...Also das sind Optimierungssachen, ... sicher gibt's da auch moderne Entwicklungen, aber das sind relativ standardmathematische Tools. Das was hier in diesem Bereich eingesetzt wird, das ist Mathematik, die ist - angefangen in den 40er Jahren, dann war die Boomzeit in den 70er, 80er Jahren - das ist also Mathematik, die ist noch ganz frisch, ganz neu. Hier wird also schon eine neue Mathematik eingesetzt,um ein Problem zu lösen, und zwar ein Problem aus der Ökonomie, nicht der Physik, da wäre das ja nicht unnormal, dass man solche Mathematik benutzt. Das ist schon etwas sehr Außergewöhnliches."

    Mittlerweile nutzt man Mathematik und Derivate auch in der Kreditsicherung. Diese sogenannten Kreditderivate haben an Volumen in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. Hintergrund ist, dass man Marktrisiken, hier besonders das Ausfallrisiko, absichern möchte.

    Wolfgang Schmidt: "Wenn ich heute Anleger bin und habe Geld übrig...Ich könnte zum Beispiel eine Euro-Anleihe von Russland kaufen. Die verspricht mehr vielleicht 9, 10 Prozent, ... fantastisch im Vergleich zu dem, was ich sonst kriege. ... Der Grund, weshalb ich soviel kriege, weil Russland recht riskant ist bezüglich des Ausfalls. Vielleicht kriege ich mein Geld überhaupt nicht wieder. Als Kompensation für dieses Risiko bekommen ich die höheren Zinsen. Jetzt kann man sich überlegen, ob man dieses Risiko handelbar macht, zum Beispiel in einer Ausfallversicherung...Es gibt also einen, der kauft Schutz vor dem Ausfall, das ist der protection buyer und der eine verkauft Schutz, der protection seller. Bezogen auf unsere Russlandanleihe würde das so aussehen: Nehmen wir an, Sie haben die Russlandanleihe gekauft und möchten sich noch zusätzlich absichern. Dann müssen sie eine Versicherungsgebühr zahlen, und im Fall, dass Russland ausfällt, dann ... bekommen sie den Verlust ersetzt. Das ist wie eine klassische Hausratsversicherung. ...Es macht das Kreditrisiko losgelöst von einem ganz spezifischen Grundgeschäft - ich muss mit Russland keine Handelsbeziehungen haben oder irgendetwas -, dieses Ding macht es separat handelbar. Ich kann dann dieses Produkt handeln, es gibt Leute, die möchten das Risiko los werden, es gibt Leute, die möchten das Risiko nehmen, weil sie ja dafür diese Prämie bekommen."

    Natürlich haben in der Praxis Händler oder Banken nicht nur eine Anleihe oder eine Aktie in ihrem Portefeuille, sondern 20, 30 oder 50. Man hat es also mit zahlreichen Unbekannten zu tun, die in einem Gleichungssystem dargestellt werden müssen, will man optimale Entscheidungen treffen. Das ist ohne Mathematik nicht möglich. Solche Portefeuille-Strategien gehen auf die Erkenntnis zurück, das die gegenläufige Entwicklungen von Aktienkursen - die einen steigen, die anderen fallen -, es nicht zwangsläufig erfordert, nur in die Kurse der steigenden Aktien zu investieren. Einsichtig ist das auf den ersten Blick zwar nicht - wer investiert schon gerne in fallende Aktien. Erst die Mathematik liefert den Beweis, dass die Mischung von Aktien bessere Ergebnisse bringt - und diese Aktien können, ja sollten durchaus entgegengesetzte Kursverläufe haben.

    Ohne die mathematischen Modelle sind optimale Portefeuilles der Banken oder Derivatstrategien undenkbar geworden. Allerdings sollte man nicht glauben, dass die Mathematik den Faktor Menschen ersetzen kann. Professor Karl Korn, Mathematiker von der Universität Kaiserslautern:

    Karl Korn: "Ich denken, dass die Grenzen der Mathematik immer da liegen, dass man nie in der Lage ist, das perfekte Modell zu finden. Selbst wenn man heute ein neues, perfekteres Modell gefunden hätte, das die Daten, die wir jetzt am Markt haben, exakt widerspiegelt, glaube ich, dass es spätestens dann, wenn dieses Modell akzeptiert wird, am Tag darauf nicht mehr gültig ist. Es gibt immer ...extra Boni, die von den Händlern aufaddiert oder abgezogen werden, ganz einfach deshalb, weil alle Modelle auf sogenannten fairen Marktannahmen basieren, das heißt: es gibt eigentlich keine Gewinne. Und wenn man ein gutes Modell hat, muss man natürlich Sicherheitsladungen, wie die Versicherungsmathematiker sagen würden, aufaddieren. Das heißt, es wird immer ein gewisses Verbiegen der Modelle durch die Praxis geben; diese Grenze wird immer bleiben, egal wie gut das Modell wird."

    Bei allem Wert mathematischer Formeln für das Risikokalkül: Menschliche Erfahrung und Gespür lassen sich also nicht vollständig durch Mathematik ersetzen.