Nach Urteil gegen Gershkovich
Wie Russland mit Prozessen gegen Ausländer russische Schwerverbrecher freitauschen will

Ein Gericht in Russland hat den US-Journalisten Gershkovich wegen angeblicher Spionage zu 16 Jahren Haft verurteilt. Nicht nur aus Sicht der US-Regierung war der Prozess rein politisch motiviert. Sie wirft Russland vor, ausländische Staatsbürger mit fadenscheinigen Vorwürfen zu verhaften, um sie als Druckmittel für die Freilassung von im Ausland verurteilten Russen zu benutzen.

19.07.2024
    Putin steht an einem Pult und hält bei der Vereidigung die rechte Hand auf die Verfassung.
    Russlands Präsident Putin möchte den "Tiergartenmörder" freitauschen (Archivbild). (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Alexander Kazakov)
    Zuletzt haben die Festnahmen von US-Bürgern in Russland zugenommen, insbesondere seit dem Beginn der russischen Offensive in der Ukraine im Februar 2022. Zu den weiteren in Russland inhaftierten US-Bürgern gehören neben Gershkovich die russisch-amerikanische Journalistin Alsu Kurmasheva sowie der frühere US-Soldat Paul Whelan, der wegen Spionage verurteilt wurde. Beide wurden bei Besuchen in Russland festgenommen.
    Vor Kurzem hatte ein Gericht den US-Bürger und ehemaligen Fallschirmjäger Michael Travis Leake zu 13 Jahren Haft verurteilt. Bei ihm geht es um den Vorwurf des Verkaufts von Rauschmitteln. Ebenfalls um Drogen geht es bei einem Deutschen. Der Mann war Anfang des Jahres wegen angeblich cannabishaltiger Gummibärchen im Gepäck am Flughafen in Sankt Petersburg festgenommen worden. Laut Bundesregierung gibt es aktuell etwa 30 deutsche Staatsbürger in russischer Haft.

    Bisher letzter Tausch: Basketballerin Griner gegen Waffenhändler

    Die russische Regierung spricht offen über das Interesse, mit Gefangenenaustauschen eigene Staatsbürger freizubekommen. So hatte Kremlchef Putin mit Blick auf Gershkovich betont, man wolle eine Einigung erzielen. Dazu bestünden Kontakte mit der US-Seite.
    Zuletzt gelang der russischen Seite ein spektakulärer Gefangenenaustausch im Fall der amerikanischen Basketballspielerin Brittney Griner. Sie war 2022 am Moskauer Flughafen festgenommen worden, weil sie eine geringe Menge Haschischöl bei sich hatte. Wegen Drogenbesitzes wurde sie zu neun Jahren Straflager verurteilt und 2023 dann gegen einen in den USA inhaftierten russischen Waffenhändler ausgetauscht.

    "Tiergartenmörder": Putin möchte in Deutschland inhaftierten Russen freitauschen

    Seit Monaten wird über einen möglichen Austausch Gershkovichs gegen einen im Ausland inhaftierten russischen Staatsbürger spekuliert. Moskau verfolgt seit langem die Linie, ausländische Gefangene erst dann auszutauschen, wenn sie verurteilt worden sind. Somit könnte das Urteil den Weg für einen Austausch Gershkovichs freigemacht haben. Für diesen Fall gibt es Spekulationen, welche russischen Verbrecher im Gegenzug freigelassen werden könnten. Laut der Nachrichtenagentur Reuters geht es vor allem um den sogenannten "Tiergartenmörder" Wadim Krassikow sowie um die Cyberkriminellen Wladimir Dunaev und Roman Seleznev.
    Krassikow verbüßt eine lebenslange Haftstrafe in einem deutschen Gefängnis, weil er 2019 in Berlin einen tschetschenisch-georgischen Dissidenten im Exil ermordet hat. Putin hatte in der Vergangenheit in einem Interview erwähnt, dass er Krassikow gerne gegen Gershkovich tauschen würde, weil Krassikow "aus patriotischen Gefühlen heraus einen Banditen in einer der europäischen Hauptstädte eliminiert" habe. Fraglich ist, wie die Bundesregierung zu einer Auslieferung steht - schließlich wurde Krassikow für eine Tat in Deutschland verurteilt.
    Die Russen Wladimir Dunaev und Roman Seleznev sind beide in den USA in Haft. Sie wurden wegen Cyberkriminalität verurteilt.
    Diese Nachricht wurde am 19.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.