Eiji Hara am Krebsinstitut der japanischen Stiftung für Krebsforschung in Tokyo musste viele Experimente machen, bevor die Puzzlesteine ein schlüssiges Gesamtbild ergaben, um damit zu verstehen, wie Übergewicht Krebs verursacht. Hara fütterte seine Labormäuse zunächst einmal mit extrem kalorienreicher, fettiger Nahrung. Das hatte Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Bakterien-Lebensgemeinschaft im Darm der Tiere. Auf die Zerlegung von Fetten spezialisierte Bakterien vermehrten sich stark. Einige dieser Bakterien stellen bei der Zerlegung von Fetten auch schädliche Stoffe her, so genannte sekundäre Gallensäuren, sagt Hara.
"Wir kennen einige Bakterien, die diese Gallensäuren produzieren, zum Beispiel bestimmte Clostridien-Arten. Wir haben gesehen, dass sich im Darm der übergewichtigen Mäuse diese Clostridien sehr stark vermehrt haben. Im Darm von schlanken Mäusen sind die Clostridien kaum zu finden. Damit war erwiesen: Fette Nahrung begünstigt die Vermehrung von Clostridien."
Ein zweiter Befund von Hara: Die von den Bakterien im Darm hergestellten Gallensäuren wandern über die Blutbahn in die Leber und reichern sich dort an. Und sie schädigen Zellen in der Leber. Die Schäden im Erbgut sind so groß, dass die Zellen sich nicht mehr weiter teilen. Der normale Zellteilungszyklus wird angehalten.
"Früher dachten wir, dass die Zellen – bildlich gesprochen: schlafen, wenn der Zellzyklus angehalten ist. Aber das stimmt nicht. Die Zellen produzieren jede Menge Stoffe. Sie stellen Wachstumsfaktoren her und viele verschiedene andere Signalstoffe. Diese Signalstoffe lösen in der Umgebung der Zellen eine Entzündung aus. Und auf diesem Wege – über die Entzündung - fördern sie die Tumorentstehung."
Nicht die von den Gallensäuren geschädigten Zellen verwandeln sich in Tumorzellen - sondern die benachbarten Leberzellen. Es ist eine komplizierte Ursache-Wirkungs-Kette, die Eiji Hara und seine Kollegen entschlüsselt haben. Und für jeden einzelnen Zwischenschritt haben sie experimentelle Belege gesammelt. Mäuse, die schlank blieben, bekamen keinen Krebs. Mäuse, die mit Antibiotika behandelt wurden, ebenfalls nicht. Denn es gab keine Bakterien in ihrem Darm mehr, die schädliche Gallensäuren herstellen konnten.
Trotzdem stellt sich die Frage: Lassen sich Befunde so einfach von Labormäusen auf den Menschen übertragen? Denn anders als Menschen leben Labormäuse in einer sehr kontrollierten Umgebung. Auch haben sie Tag für Tag die immer gleiche Nahrung erhalten?
Für den US-amerikanischen Systembiologen Peter Turnbaugh von der Harvard Universität in Cambridge stellt die Studie dennoch einen Durchbruch dar.
"Die Studie liefert den ersten grundlegenden Beweis dafür, dass Übergewicht tatsächlich Krebs verursacht. Und sie stellt einen möglichen Mechanismus der Krebsentstehung heraus. Der nächste Schritt, der jetzt folgen muss, ist, zu schauen: Welche Rolle spielen sekundäre Gallensäuren beim Menschen? Tragen sie auch beim Menschen bei zur Krebsentstehung?"
Lassen sich jetzt schon praktische Ratschläge ableiten? Sollten übergewichtige Menschen zum Beispiel Antibiotika schlucken - und so vorbeugend verhindern, dass Bakterien in ihrem Darm die schädlichen Gallensäuren herstellen?
Das wäre keine gute Idee, meint Suzanne Devkota, die am Joslin Diabetes Zentrum der Harvard Medical School in Boston forscht. Denn Antibiotika würden auch nützliche Bakterien abtöten, die bei der Verdauung helfen. Ihrer Meinung nach gibt es nur einen Weg, die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft im Darm nachhaltig günstig zu beeinflussen: Abnehmen und weniger essen.
"Ich bin einer großer Verfechter von Lebensstil-Veränderungen. Für ein gesünderes Leben. Die gesündeste Option ist tatsächlich, weniger Fett aufzunehmen. Und aus Studien wissen wir: Wenn Sie Ihre Ernährung verändern, dann verbessern Sie damit die Zusammensetzung ihrer Darmflora."
Abnehmen. Gesünder essen. Dazu raten Mediziner schon seit Langem. Mit der japanischen Studie zum Zusammenhang von fettreicher Kost und Krebs haben sie jetzt ein gewichtiges Argument mehr auf ihrer Seite.
"Wir kennen einige Bakterien, die diese Gallensäuren produzieren, zum Beispiel bestimmte Clostridien-Arten. Wir haben gesehen, dass sich im Darm der übergewichtigen Mäuse diese Clostridien sehr stark vermehrt haben. Im Darm von schlanken Mäusen sind die Clostridien kaum zu finden. Damit war erwiesen: Fette Nahrung begünstigt die Vermehrung von Clostridien."
Ein zweiter Befund von Hara: Die von den Bakterien im Darm hergestellten Gallensäuren wandern über die Blutbahn in die Leber und reichern sich dort an. Und sie schädigen Zellen in der Leber. Die Schäden im Erbgut sind so groß, dass die Zellen sich nicht mehr weiter teilen. Der normale Zellteilungszyklus wird angehalten.
"Früher dachten wir, dass die Zellen – bildlich gesprochen: schlafen, wenn der Zellzyklus angehalten ist. Aber das stimmt nicht. Die Zellen produzieren jede Menge Stoffe. Sie stellen Wachstumsfaktoren her und viele verschiedene andere Signalstoffe. Diese Signalstoffe lösen in der Umgebung der Zellen eine Entzündung aus. Und auf diesem Wege – über die Entzündung - fördern sie die Tumorentstehung."
Nicht die von den Gallensäuren geschädigten Zellen verwandeln sich in Tumorzellen - sondern die benachbarten Leberzellen. Es ist eine komplizierte Ursache-Wirkungs-Kette, die Eiji Hara und seine Kollegen entschlüsselt haben. Und für jeden einzelnen Zwischenschritt haben sie experimentelle Belege gesammelt. Mäuse, die schlank blieben, bekamen keinen Krebs. Mäuse, die mit Antibiotika behandelt wurden, ebenfalls nicht. Denn es gab keine Bakterien in ihrem Darm mehr, die schädliche Gallensäuren herstellen konnten.
Trotzdem stellt sich die Frage: Lassen sich Befunde so einfach von Labormäusen auf den Menschen übertragen? Denn anders als Menschen leben Labormäuse in einer sehr kontrollierten Umgebung. Auch haben sie Tag für Tag die immer gleiche Nahrung erhalten?
Für den US-amerikanischen Systembiologen Peter Turnbaugh von der Harvard Universität in Cambridge stellt die Studie dennoch einen Durchbruch dar.
"Die Studie liefert den ersten grundlegenden Beweis dafür, dass Übergewicht tatsächlich Krebs verursacht. Und sie stellt einen möglichen Mechanismus der Krebsentstehung heraus. Der nächste Schritt, der jetzt folgen muss, ist, zu schauen: Welche Rolle spielen sekundäre Gallensäuren beim Menschen? Tragen sie auch beim Menschen bei zur Krebsentstehung?"
Lassen sich jetzt schon praktische Ratschläge ableiten? Sollten übergewichtige Menschen zum Beispiel Antibiotika schlucken - und so vorbeugend verhindern, dass Bakterien in ihrem Darm die schädlichen Gallensäuren herstellen?
Das wäre keine gute Idee, meint Suzanne Devkota, die am Joslin Diabetes Zentrum der Harvard Medical School in Boston forscht. Denn Antibiotika würden auch nützliche Bakterien abtöten, die bei der Verdauung helfen. Ihrer Meinung nach gibt es nur einen Weg, die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft im Darm nachhaltig günstig zu beeinflussen: Abnehmen und weniger essen.
"Ich bin einer großer Verfechter von Lebensstil-Veränderungen. Für ein gesünderes Leben. Die gesündeste Option ist tatsächlich, weniger Fett aufzunehmen. Und aus Studien wissen wir: Wenn Sie Ihre Ernährung verändern, dann verbessern Sie damit die Zusammensetzung ihrer Darmflora."
Abnehmen. Gesünder essen. Dazu raten Mediziner schon seit Langem. Mit der japanischen Studie zum Zusammenhang von fettreicher Kost und Krebs haben sie jetzt ein gewichtiges Argument mehr auf ihrer Seite.