Mario Dobovisek: Timotheus Ritzsch hieß der erste Verleger einer regelmäßigen Tageszeitung, der einkommenden Zeitung, die erstmals am 1. Juli 1650 in Leipzig erschien. Lang ist's her und viel hat sich seitdem verändert. Inzwischen sinkt die Zahl der Abonnenten und die der Anzeigen. Redaktionen werden zusammengelegt, ganze Zeitungen sterben und verschwinden vom Markt. Alle Hoffnungen setzen die Verleger der Neuzeit deshalb auf das Internet: keine Druckkosten und eine enorme Verbreitung. Doch kaum ein Leser scheint bereit zu sein, für Artikel im Internet Geld auszugeben, ein Dilemma für die Verleger. Einen von ihnen begrüße ich am Telefon: Konstantin Neven DuMont. Seine Familie verlegt unter anderem den Kölner Stadtanzeiger, die Frankfurter Rundschau und die Berliner Zeitung. Guten Tag, Herr Neven DuMont.
Konstantin Neven DuMont: Guten Tag.
Dobovisek: Ihr Vater Alfred Neven DuMont schrieb jüngst in einem Artikel, in 20 Jahren könne es in der westlichen Welt keine Tageszeitungen mehr geben. Ist die Zukunft für die Tagespresse tatsächlich so düster?
Neven DuMont: Na ja, wir haben schon Probleme mit unserem Geschäftsmodell zurzeit. Die Thematik kennen Sie. Es gibt sehr viel im Netz, was gratis zu haben ist, und wir fragen uns natürlich, wie werden Qualitätsjournalisten in Zukunft finanziert.
Dobovisek: Und wie können wir denn die Tageszeitungen retten?
Neven DuMont: Tageszeitungen werden in Zukunft eben über verschiedene Mediengattungen auch erhältlich sein, weiterhin auch auf Papier - es gibt Menschen, die die Haptik der Zeitung nach wie vor schätzen -, aber natürlich auch über elektronische Wege, sprich mobile Dienste, Internet et cetera.
Dobovisek: Kommen wir auf die mobilen Dienste, auf die Internet-Dienste später noch einmal zu sprechen. Bleiben wir bei den Tageszeitungen, die wir tatsächlich auch anfassen können. Was macht diese so besonders? Warum müssen wir diese behalten?
Neven DuMont: Wir finanzieren unsere Journalisten heute eben noch mit den Erlösen der Tageszeitung und von daher ist das für uns als Finanzierungsquelle ganz wichtig. Ansonsten beschäftigen wir uns natürlich auch mit dem Thema Paid Content.
Dobovisek: Welche Verantwortung trägt dabei die Politik?
Neven DuMont: Die Politik trägt insofern die Verantwortung, dass sie sich mit diesem Problem beschäftigen müssen. Es ist eine wichtige Säule der Demokratie, auch was die Meinungsbildungsprozesse angeht, und es kann uns allen nicht egal sein, dass vielleicht demnächst Journalisten kein Geld mehr verdienen können.
Dobovisek: Ihr Vater fordert zum Beispiel Staatshilfen für Zeitungen, also ein direktes Engagement der Politik, aber genau dieses Engagement kritisiert er auch in der Verstrickung zum Beispiel mit dem ZDF. Wie passt das zusammen?
Neven DuMont: Es passt insofern zusammen, wir haben ja im Prinzip Subventionen immer abgelehnt, genau aus dem Grund, dass wir befürchten, dass uns dann Politiker ins Tagesgeschäft reinregieren. Das mag für den Deutschlandfunk funktionieren, ich finde, sie leisten auch eine sehr gute Arbeit, aber insbesondere im Lokalen, im Regionalen kann ich mir das gar nicht vorstellen. Soll denn dann sozusagen der Lokalredakteur zukünftig vom Bürgermeister ausgesucht werden?
Dobovisek: Aber brauchen Tageszeitungen Staatshilfen?
Neven DuMont: Auf jeden Fall keine Hilfen, die in irgendeiner Art eine Beeinflussung der Politik auf unsere Inhalte nehmen würden.
Dobovisek: Und andere?
Neven DuMont: Indirekte Hilfen, dafür wären wir natürlich sehr dankbar.
Dobovisek: Wie könnten die aussehen?
Neven DuMont: Beispielsweise – das wurde ja schon gesagt – eine Verringerung des Mehrwertsteuersatzes, aber auch uns zu erlauben, uns eben auch in den elektronischen Medien zu entfalten.
Dobovisek: Auch die Netzeitung verantworten Sie, Herr Neven DuMont. Sie galt lange als Vorzeigeprojekt, als einzige ernst zu nehmende reine Online-Zeitung in Deutschland. Warum stellen Sie das Projekt zum Jahresende hin ein?
Neven DuMont: Es ist uns sehr, sehr schwer gefallen, das zu tun. Es ist nur so, dass dieses Geschäftsmodell hinten und vorne nicht funktioniert. Die Journalisten, die dort tätig waren, waren leider nicht in der Lage, sich über die Netzeitung zu refinanzieren.
Dobovisek: Aber wie soll es dann funktionieren, wenn immer mehr Verlage, darunter auch Ihr Verlagshaus, sich stärker auf das Internet konzentrieren?
Neven DuMont: Zurzeit überlegen wir uns Lösungen, wie man mit dem Thema Paid Content in Zukunft umgeht. Ich persönlich würde favorisieren, dass sämtliche Inhalteanbieter und Autoren ein gemeinsames System entwickeln, wo dann Artikel im Netz zum Teil kostenpflichtig werden. Ich denke allerdings, dass wir damit beginnen müssen, diese Artikel sehr, sehr günstig anzubieten. Ich rede da vom Cent-Bereich.
Dobovisek: Also eine Plattform aller Verlage gemeinsam, aller konkurrierender Verlage?
Neven DuMont: Ja. Es geht da vor allen Dingen auch um den Registrierungsvorgang der Nutzer. Wir haben festgestellt, dass es doch eine sehr hohe Hürde ist, wenn User ihre persönlichen Daten in bestimmten Suchmasken hinterlegen sollen.
Dobovisek: Nun ist es aber so: Sie sagen auf der einen Seite, die Netzeitung konnte sich selbst nicht tragen, ja sicherlich auch deshalb, weil die Kunden, die Leser nicht bereit waren, Geld für die Artikel auszugeben. Wie wollen Sie die Leser davon überzeugen, dass sie für andere Produkte im Internet Geld ausgeben?
Neven DuMont: Ich glaube, dass die höchstmögliche Qualität eines Journalisten dann zustande kommt, wenn der Endkunde für die Arbeit des Journalisten bezahlt. Rein werbefinanzierte Inhalte haben oft auch den Nachteil, dass sie sehr oberflächlich sind und dass auch die Recherchetiefe fehlt.
Dobovisek: Axel Springer zum Beispiel hat jetzt zu Mitte Dezember das System für die Berliner Morgenpost und das Hamburger Abendblatt umgestellt, zumindest für den lokalen und regionalen Teil. Dort gibt es jetzt sozusagen eine Art Online-Abonnement, zwischen fünf und acht Euro kostet das. Ist das auch der Weg für die DuMont-Gruppe?
Neven DuMont: Ich möchte jetzt hier keine Kollegenschelte betreiben. Nur da sind einige Dinge auch schief gegangen, was dieses Abo-Modell angeht, beispielsweise dass man über Google doch noch kostenlos dann zu den Artikeln kommen konnte, und da fragen sich natürlich einzelne Abonnenten, warum sie denn dann vorne bezahlen sollen. Ich persönlich glaube auch, dass eine Einzelabrechnung mit Artikeln wahrscheinlich besser funktioniert, denn mein Eindruck ist, dass die User nur für das bezahlen wollen, was sie dann auch wirklich nutzen.
Dobovisek: Und was wird da Ihr nächster Schritt sein?
Neven DuMont: Mein nächster Schritt ist jetzt, letztendlich die anderen Häuser in Deutschland oder die anderen Inhalteanbieter anzusprechen, ob sie bei diesem gemeinsamen Projekt mitmachen wollen.
Dobovisek: Konstantin Neven DuMont, Vorstand für Unternehmensstrategie der DuMont Schauberg Mediengruppe hier in Köln. Zum Jahresende stellt sein Verlag die Netzeitung ein. Vielen Dank für das Gespräch.
Neven DuMont: Auch ich bedanke mich für das Gespräch.
Konstantin Neven DuMont: Guten Tag.
Dobovisek: Ihr Vater Alfred Neven DuMont schrieb jüngst in einem Artikel, in 20 Jahren könne es in der westlichen Welt keine Tageszeitungen mehr geben. Ist die Zukunft für die Tagespresse tatsächlich so düster?
Neven DuMont: Na ja, wir haben schon Probleme mit unserem Geschäftsmodell zurzeit. Die Thematik kennen Sie. Es gibt sehr viel im Netz, was gratis zu haben ist, und wir fragen uns natürlich, wie werden Qualitätsjournalisten in Zukunft finanziert.
Dobovisek: Und wie können wir denn die Tageszeitungen retten?
Neven DuMont: Tageszeitungen werden in Zukunft eben über verschiedene Mediengattungen auch erhältlich sein, weiterhin auch auf Papier - es gibt Menschen, die die Haptik der Zeitung nach wie vor schätzen -, aber natürlich auch über elektronische Wege, sprich mobile Dienste, Internet et cetera.
Dobovisek: Kommen wir auf die mobilen Dienste, auf die Internet-Dienste später noch einmal zu sprechen. Bleiben wir bei den Tageszeitungen, die wir tatsächlich auch anfassen können. Was macht diese so besonders? Warum müssen wir diese behalten?
Neven DuMont: Wir finanzieren unsere Journalisten heute eben noch mit den Erlösen der Tageszeitung und von daher ist das für uns als Finanzierungsquelle ganz wichtig. Ansonsten beschäftigen wir uns natürlich auch mit dem Thema Paid Content.
Dobovisek: Welche Verantwortung trägt dabei die Politik?
Neven DuMont: Die Politik trägt insofern die Verantwortung, dass sie sich mit diesem Problem beschäftigen müssen. Es ist eine wichtige Säule der Demokratie, auch was die Meinungsbildungsprozesse angeht, und es kann uns allen nicht egal sein, dass vielleicht demnächst Journalisten kein Geld mehr verdienen können.
Dobovisek: Ihr Vater fordert zum Beispiel Staatshilfen für Zeitungen, also ein direktes Engagement der Politik, aber genau dieses Engagement kritisiert er auch in der Verstrickung zum Beispiel mit dem ZDF. Wie passt das zusammen?
Neven DuMont: Es passt insofern zusammen, wir haben ja im Prinzip Subventionen immer abgelehnt, genau aus dem Grund, dass wir befürchten, dass uns dann Politiker ins Tagesgeschäft reinregieren. Das mag für den Deutschlandfunk funktionieren, ich finde, sie leisten auch eine sehr gute Arbeit, aber insbesondere im Lokalen, im Regionalen kann ich mir das gar nicht vorstellen. Soll denn dann sozusagen der Lokalredakteur zukünftig vom Bürgermeister ausgesucht werden?
Dobovisek: Aber brauchen Tageszeitungen Staatshilfen?
Neven DuMont: Auf jeden Fall keine Hilfen, die in irgendeiner Art eine Beeinflussung der Politik auf unsere Inhalte nehmen würden.
Dobovisek: Und andere?
Neven DuMont: Indirekte Hilfen, dafür wären wir natürlich sehr dankbar.
Dobovisek: Wie könnten die aussehen?
Neven DuMont: Beispielsweise – das wurde ja schon gesagt – eine Verringerung des Mehrwertsteuersatzes, aber auch uns zu erlauben, uns eben auch in den elektronischen Medien zu entfalten.
Dobovisek: Auch die Netzeitung verantworten Sie, Herr Neven DuMont. Sie galt lange als Vorzeigeprojekt, als einzige ernst zu nehmende reine Online-Zeitung in Deutschland. Warum stellen Sie das Projekt zum Jahresende hin ein?
Neven DuMont: Es ist uns sehr, sehr schwer gefallen, das zu tun. Es ist nur so, dass dieses Geschäftsmodell hinten und vorne nicht funktioniert. Die Journalisten, die dort tätig waren, waren leider nicht in der Lage, sich über die Netzeitung zu refinanzieren.
Dobovisek: Aber wie soll es dann funktionieren, wenn immer mehr Verlage, darunter auch Ihr Verlagshaus, sich stärker auf das Internet konzentrieren?
Neven DuMont: Zurzeit überlegen wir uns Lösungen, wie man mit dem Thema Paid Content in Zukunft umgeht. Ich persönlich würde favorisieren, dass sämtliche Inhalteanbieter und Autoren ein gemeinsames System entwickeln, wo dann Artikel im Netz zum Teil kostenpflichtig werden. Ich denke allerdings, dass wir damit beginnen müssen, diese Artikel sehr, sehr günstig anzubieten. Ich rede da vom Cent-Bereich.
Dobovisek: Also eine Plattform aller Verlage gemeinsam, aller konkurrierender Verlage?
Neven DuMont: Ja. Es geht da vor allen Dingen auch um den Registrierungsvorgang der Nutzer. Wir haben festgestellt, dass es doch eine sehr hohe Hürde ist, wenn User ihre persönlichen Daten in bestimmten Suchmasken hinterlegen sollen.
Dobovisek: Nun ist es aber so: Sie sagen auf der einen Seite, die Netzeitung konnte sich selbst nicht tragen, ja sicherlich auch deshalb, weil die Kunden, die Leser nicht bereit waren, Geld für die Artikel auszugeben. Wie wollen Sie die Leser davon überzeugen, dass sie für andere Produkte im Internet Geld ausgeben?
Neven DuMont: Ich glaube, dass die höchstmögliche Qualität eines Journalisten dann zustande kommt, wenn der Endkunde für die Arbeit des Journalisten bezahlt. Rein werbefinanzierte Inhalte haben oft auch den Nachteil, dass sie sehr oberflächlich sind und dass auch die Recherchetiefe fehlt.
Dobovisek: Axel Springer zum Beispiel hat jetzt zu Mitte Dezember das System für die Berliner Morgenpost und das Hamburger Abendblatt umgestellt, zumindest für den lokalen und regionalen Teil. Dort gibt es jetzt sozusagen eine Art Online-Abonnement, zwischen fünf und acht Euro kostet das. Ist das auch der Weg für die DuMont-Gruppe?
Neven DuMont: Ich möchte jetzt hier keine Kollegenschelte betreiben. Nur da sind einige Dinge auch schief gegangen, was dieses Abo-Modell angeht, beispielsweise dass man über Google doch noch kostenlos dann zu den Artikeln kommen konnte, und da fragen sich natürlich einzelne Abonnenten, warum sie denn dann vorne bezahlen sollen. Ich persönlich glaube auch, dass eine Einzelabrechnung mit Artikeln wahrscheinlich besser funktioniert, denn mein Eindruck ist, dass die User nur für das bezahlen wollen, was sie dann auch wirklich nutzen.
Dobovisek: Und was wird da Ihr nächster Schritt sein?
Neven DuMont: Mein nächster Schritt ist jetzt, letztendlich die anderen Häuser in Deutschland oder die anderen Inhalteanbieter anzusprechen, ob sie bei diesem gemeinsamen Projekt mitmachen wollen.
Dobovisek: Konstantin Neven DuMont, Vorstand für Unternehmensstrategie der DuMont Schauberg Mediengruppe hier in Köln. Zum Jahresende stellt sein Verlag die Netzeitung ein. Vielen Dank für das Gespräch.
Neven DuMont: Auch ich bedanke mich für das Gespräch.