Backsteinbauten, soweit das Auge reicht: Graz-Reininghaus, gerade mal fünf Fahrminuten vom historischen Stadtzentrum entfernt - hier sind von einer riesigen Brauerei nach der Betriebsaufgabe nur noch die Gebäude übrig geblieben. Und selbst die werden bald weichen - für einen neuen Stadtteil, von dem im Moment noch niemand weiß, wie er genau aussehen wird:
"Der Investor Asset-One hat dieses Gelände gekauft und würde dort gerne ein Stadtviertel bauen. Dabei ist das Faszinierende an diesem Gelände, dass wir 1,8 Kilometer vom Stadtkern entfernt sind. Das heißt: Wir haben eine unglaublich große Fläche ganz dicht am Stadtkern, die leer steht, die neu bebaut wird, und wo 12.000 Menschen leben, arbeiten, wohnen sollen."
Anita Pöltel studiert Kulturwissenschaften an der Zeppelin-University Friedrichshafen. Das Projekt Graz-Reininghaus der österreichischen Investorengruppe "Asset-One" ist für sie eine spannende Projektarbeit in ihrem Studium.
"Der Investor würde hier gerne die Creative Class ansiedeln, also Menschen, die vor allem im Forschungsbereich tätig sind. Genauso werden hier Schulen gebaut, also es wird nicht nur ein Forschungsviertel sein. Und wir sind hier gerade bei einem Symposium, das sich die Frage stellt, wie eine solche Stadt aussehen muss. Also: Welche sozialen Faktoren muss man beachten, wenn man ein solches Stadtviertel aus dem Nichts quasi hochzieht? Was werden die Leute brauchen in Zukunft? Und die Fragestellung hier ist ganz besonders: Inwieweit verändert der Computer die Anforderungen an die Stadt?"
Genau dies ist die spannendste Frage: Denn Reininghaus soll eine 'Stadt der Zukunft' werden – eine Siedlung für Künstler, Wissenschaftler, Visionäre, aber eben auch für Programmierer und Internetfreaks. Welche städtebaulichen Veränderungen bringt gerade die 'Computerisierung' mit sich? Professor Dirk Baecker, Soziologe an der Zeppelin-University Friedrichshafen, hält diese Fragestellung für wichtig. Er sieht im Verlauf der Menschheitsgeschichte einen engen Zusammenhang zwischen den Kommunikationsformen der Menschen und ihren Siedlungsstrukturen: Kaum waren die Menschen der Sprache mächtig, rotteten sie sich in Stämmen und kleinen Dörfern zusammen - laut Dirk Baecker der Entwicklungsabschnitt 1.0. Kaum kam die Schrift auf, entstand die 'Polis', also die Stadt als organisches Siedlungsgebilde. Das war der Abschnitt 2.o. Dann folgte, so Dirk Baecker, 3.0: Die Erfindung des Buchdruckes, der umwälzende Veränderungen für die Struktur der Städte mit sich brachte.
"Das gedruckte Wort ermöglichte sehr langfristige und sehr komplexe Planungsprozesse. Das heißt: neue Formen von Politik, neue Formen von Administration und Wirtschaft. Und all das fand natürlich in der Stadt seinen Ort, indem Büros entstanden, indem Kontore entstanden, indem Orte des sich-Treffens, also beispielsweise Messen, entstanden, in denen nur die Konsequenzen dieser durch den Buchdruck ermöglichten, längerfristigen und umfangreicheren Planungsprozesse ausgehandelt wurden."
Doch auch die Epoche 3.0 neigt sich nach Beckers Ansatz dem Ende entgegen - und wird abgelöst durch eine neue Ära, die er als '4.0' bezeichnet.
"Na, wir diskutieren im Moment über die Auswirkungen der Einführung des Computers in der Gesellschaft. Aber wir sehen die Vernetzung des Computers noch nicht in der Stadt. Unsere Annahme ist, dass sich das ändern wird. Unsere Annahme ist, das Architekten und Städteplaner darauf reagieren müssen, welche Möglichkeiten der Computer bietet, welche neuen Architekturformen, Entwurfsprozesse er ermöglicht und welchen Bedarf der Mensch haben wird mit der neuen, auf dem Computer basierenden Gesellschaft, damit auch sinnlich, visuell, akustisch, haptisch fertig zu werden. Das wird den Urbanisten, den Städteplaner, den Architekten vor neuen Herausforderungen stellen, denen wir hier so ein bisschen nachspüren im Vorfeld."
Eine dieser neuen Herausforderungen ist die Art, wie Gebäude und Stadtviertel geplant werden: die nämlich, glauben Visionäre, entstehen vollständig am Rechner. Schon jetzt, so der Berliner Buchautor Holm Friebe von der so genannten "Zentralen Intelligenzagentur", werden Technologien entwickelt, die diese Computermodelle nahtlos umsetzen. Das Schlagwort lautet: der "Drucker für Beton", der auf Mausklick ganze Häuserfassaden entstehen lässt.
"Das ist der Punkt, wo es interessant wird, wo der Computer tatsächlich in die Welt der Atome rüberlappt und Prinzipien von Gestaltbarkeit und individuelle Angepasstheit, wie wir sie eigentlich aus der Software kennen, sich auf die Atome, in diesem Fall auf Beton, erstrecken, dort, wo man einfach per CAD ein Haus designen kann und ein Betondrucker, was heute schon möglich ist, das Haus ausdruckt. Es ist ein interessantes Gedankeninstrument, sich vorzustellen, wie dadurch Städte aussehen könnten und wie man vielleicht auch den Wildwuchs dort beschneidet und wieder auf Gestaltungseinheit und Geschlossenheit wert legt."
Wenn der 'Drucker für Beton' im Städtebau tatsächlich Wirklichkeit werden sollte, bleibt die Frage: Wie sehen die Städte dann aus? Welche Rolle spielen dann überhaupt noch Städteplaner und Architekten, wenn jeder mit dem richtigen Programm Häuser planen kann, die dann nur noch 'ausgedruckt' werden müssten?
"Wenn wir uns erinnern an die Gestaltungsexzesse des Desktop-Publishing, die das Handwerk des Druckers und Bleisetzers jedem an die Hand gaben und jeder layouten konnte, und wir uns einfach mal erinnern, wie die schwarzen Bretter damals aussahen, mit Drei-D-Schriften, Blöcken und Farbverläufen...Da wurden 15 verschiedene Schrifttypen auf einem Blatt benutzt. Wahrscheinlich werden wir eine Phase erleben, wo Häuser in dieser Form durch die Decke gehen und Gestaltungsideen durch die Decke gehen. Dann wird es eine Pendelbewegung geben, die das Ganze zurückführt, wahrscheinlich durch gesetzliche Vorschriften oder so. Die Rolle des Architekten ist dann die, den Laien davor zu bewahren, alle Fehler zu machen, die man eben anfänglich in so einem System macht, weil das eben die Freiheitsgrade bereitstellt."
Ganz abgesehen vom Design der Zukunftsstadt ist sich Gerhard Leonhard aus Basel, der sich selbst als 'Media-Futurist' bezeichnet, in einem ziemlich sicher: dass sich nämlich die Funktion der Städte ändern wird.
"Sie wird vielleicht viel mehr mit Lifestyle denn mit Arbeit zusammenhängen. Zum Beispiel arbeiten viele Leute von zuhause, arbeiten mit Teleworking und Ähnlichem, was die Stadt komplett selbst ändert."
Allerdings nach Meinung von Gerhard Leonhard nicht dahingehend, dass sich Städte, die ihre Funktion als 'Arbeitsstätten' verlieren, damit selbst auflösen - ganz im Gegenteil: ermöglicht Teleworking die Arbeit zuhause, dann wachse das Bedürfnis der Leute, in ihrer Freizeit zusammen zu kommen.
"Ich stelle mir das vor wie so ein Riesencafé oder so irgendetwas, ein Platz, wo Leute sich treffen, wo sie sich kennen lernen können, wo sie vielleicht ihre Positionen voneinander sehen auf irgendeiner Karte, wo wir uns treffen, wo es Möglichkeiten gibt, zu interagieren, oder eben auch für Education, was nicht unbedingt Schule oder Universität ist, sondern Orte, wo man lernen kann. Ich denke, dass es vielmehr darum geht, eine Art Spielplatz zu schaffen insgesamt statt einer Art von kommerziellem Raum."
Ähnlich die Vorstellungen zur 'Stadt der Zukunft' von Christian Heller, Blogger und Publizist aus Berlin: Er geht davon aus, dass das Internet unseren Lebensrhythmus weiterhin beschleunigt. Das heißt: Trends in Kultur, Wirtschaft und Lifestyle kommen viel schneller auf als früher - und verschwinden ebenso schnell wieder. Das bleibe nicht ohne Konsequenzen auf die Städteplaner: Gebäude und Räume müssten zukünftig so beschaffen sein, dass sie multifunktional mal dem einen, mal dem anderen Trend genügen.
"Die Anforderung wird dann halt sein: Es kommt eine Stadt, die relativ flexibel neuen Nutzungsformen anpassen lassen. Wie man das jetzt konkret archetektonisch umsetzt, ob man das konkret so umsetzt, dass jetzt die Häuser plötzlich alle aus hyperflexiblen Materialien bestehen, dass man sie also legosteinmäßig umbauen kann, oder ob das bedeutet, dass die Leute eben andere Arten der Aneignung von Orten sich anlernen werden, das ist eine Frage, die ich noch nicht abschließend beantworten kann."
Hinzu kommt: Die Menschen würden sich nach diesen Vorstellungen völlig anders als heute durch die 'Stadt der Zukunft' bewegen. Sich verabreden, Termine wahrnehmen, sich vorab über Orte in der Stadt informieren - hier eröffneten sich völlig neue Möglichkeiten, so die Visionäre in Graz. Einige Gedanken finden heute schon Verbreitung, findet Professor Dirk Baecker von der Zeppelin-University:
"Wir haben das Auto, wir haben das GPS-gesteuerte Auto, also unsere Navigationsgeräte. Und wir haben ja mittlerweile auch mit den Handys, die wir in der Hand halten, die GPS-Steuerung für den Fußgänger bereit gestellt. Was ich extrem spannend finde: Wie wird es sein, die bislang noch horizontalen Bewegungen, die wir auf diese Art und Weise beobachten, kontrollieren und auch beraten - also, wo ist die nächste Pizzeria? Wo ist der Weg zur Schule? Wo ist die Bibliothek? - dies zu ergänzen durch vertikale Informationen: In welcher Etage ist denn nun das Büro, das ich suche? Oder in welcher Etage bin ich denn gerade? In welcher Etage sind meine liebsten, zu denen ich gerne einen direkten Kontakt habe, wenn ich schon ahne, dass sie im selben Gebäude sind?"
Auch diese Techniken werden Einfluss nehmen auf die Planung von Wegen, Straßen, vernetzten Fahrstuhlsystemen in der Stadt der Zukunft. Die entsteht zunächst, als Modell für weitere Projekte, in Graz-Reinighaus, auf dem Gelände der alten Brauerei. Die österreichische Investorengruppe "Asset one" hat sich ganz bewusst dazu entschieden, die Vorschläge auf dem jüngsten Symposium ernst zu nehmen und auszuwerten, so futuristisch sie zum Teil auch klingen mögen. Erst wenn klar ist, welche Funktionen die 'Stadt der Zukunft' tatsächlich erfüllen muss, geht es daran, Bauingenieure und Architekten mit ins Boot zu holen. Roland Koppensteiner, Geschäftsführer von "Asset One":
"Wir glauben, dass, wenn der öffentliche Raum von Anfang an so geplant wird unter der Fragestellung: Welche Interaktionen findet dort statt? Welche Formen des Austausches gesellschaftlicher und kultureller Art und Weise finden in der Stadt statt? Und welche räumlichen Umsetzungen sind dazu notwendig?, wenn von dieser Seite aus gedacht wird, dann kommen ganz andere Ergebnisse der Architekten heraus, als wenn wir ungesteuert ohne den entsprechenden Input die Architekten beginnen lassen würden, mit Strichen und entsprechenden Liniensetzungen das Gebiet zu beplanen."
Im Jahr 2010 steht der Baubeginn in Graz-Reininghaus an – der Versuch, die Stadt der Zukunft zu verwirklichen.
"Der Investor Asset-One hat dieses Gelände gekauft und würde dort gerne ein Stadtviertel bauen. Dabei ist das Faszinierende an diesem Gelände, dass wir 1,8 Kilometer vom Stadtkern entfernt sind. Das heißt: Wir haben eine unglaublich große Fläche ganz dicht am Stadtkern, die leer steht, die neu bebaut wird, und wo 12.000 Menschen leben, arbeiten, wohnen sollen."
Anita Pöltel studiert Kulturwissenschaften an der Zeppelin-University Friedrichshafen. Das Projekt Graz-Reininghaus der österreichischen Investorengruppe "Asset-One" ist für sie eine spannende Projektarbeit in ihrem Studium.
"Der Investor würde hier gerne die Creative Class ansiedeln, also Menschen, die vor allem im Forschungsbereich tätig sind. Genauso werden hier Schulen gebaut, also es wird nicht nur ein Forschungsviertel sein. Und wir sind hier gerade bei einem Symposium, das sich die Frage stellt, wie eine solche Stadt aussehen muss. Also: Welche sozialen Faktoren muss man beachten, wenn man ein solches Stadtviertel aus dem Nichts quasi hochzieht? Was werden die Leute brauchen in Zukunft? Und die Fragestellung hier ist ganz besonders: Inwieweit verändert der Computer die Anforderungen an die Stadt?"
Genau dies ist die spannendste Frage: Denn Reininghaus soll eine 'Stadt der Zukunft' werden – eine Siedlung für Künstler, Wissenschaftler, Visionäre, aber eben auch für Programmierer und Internetfreaks. Welche städtebaulichen Veränderungen bringt gerade die 'Computerisierung' mit sich? Professor Dirk Baecker, Soziologe an der Zeppelin-University Friedrichshafen, hält diese Fragestellung für wichtig. Er sieht im Verlauf der Menschheitsgeschichte einen engen Zusammenhang zwischen den Kommunikationsformen der Menschen und ihren Siedlungsstrukturen: Kaum waren die Menschen der Sprache mächtig, rotteten sie sich in Stämmen und kleinen Dörfern zusammen - laut Dirk Baecker der Entwicklungsabschnitt 1.0. Kaum kam die Schrift auf, entstand die 'Polis', also die Stadt als organisches Siedlungsgebilde. Das war der Abschnitt 2.o. Dann folgte, so Dirk Baecker, 3.0: Die Erfindung des Buchdruckes, der umwälzende Veränderungen für die Struktur der Städte mit sich brachte.
"Das gedruckte Wort ermöglichte sehr langfristige und sehr komplexe Planungsprozesse. Das heißt: neue Formen von Politik, neue Formen von Administration und Wirtschaft. Und all das fand natürlich in der Stadt seinen Ort, indem Büros entstanden, indem Kontore entstanden, indem Orte des sich-Treffens, also beispielsweise Messen, entstanden, in denen nur die Konsequenzen dieser durch den Buchdruck ermöglichten, längerfristigen und umfangreicheren Planungsprozesse ausgehandelt wurden."
Doch auch die Epoche 3.0 neigt sich nach Beckers Ansatz dem Ende entgegen - und wird abgelöst durch eine neue Ära, die er als '4.0' bezeichnet.
"Na, wir diskutieren im Moment über die Auswirkungen der Einführung des Computers in der Gesellschaft. Aber wir sehen die Vernetzung des Computers noch nicht in der Stadt. Unsere Annahme ist, dass sich das ändern wird. Unsere Annahme ist, das Architekten und Städteplaner darauf reagieren müssen, welche Möglichkeiten der Computer bietet, welche neuen Architekturformen, Entwurfsprozesse er ermöglicht und welchen Bedarf der Mensch haben wird mit der neuen, auf dem Computer basierenden Gesellschaft, damit auch sinnlich, visuell, akustisch, haptisch fertig zu werden. Das wird den Urbanisten, den Städteplaner, den Architekten vor neuen Herausforderungen stellen, denen wir hier so ein bisschen nachspüren im Vorfeld."
Eine dieser neuen Herausforderungen ist die Art, wie Gebäude und Stadtviertel geplant werden: die nämlich, glauben Visionäre, entstehen vollständig am Rechner. Schon jetzt, so der Berliner Buchautor Holm Friebe von der so genannten "Zentralen Intelligenzagentur", werden Technologien entwickelt, die diese Computermodelle nahtlos umsetzen. Das Schlagwort lautet: der "Drucker für Beton", der auf Mausklick ganze Häuserfassaden entstehen lässt.
"Das ist der Punkt, wo es interessant wird, wo der Computer tatsächlich in die Welt der Atome rüberlappt und Prinzipien von Gestaltbarkeit und individuelle Angepasstheit, wie wir sie eigentlich aus der Software kennen, sich auf die Atome, in diesem Fall auf Beton, erstrecken, dort, wo man einfach per CAD ein Haus designen kann und ein Betondrucker, was heute schon möglich ist, das Haus ausdruckt. Es ist ein interessantes Gedankeninstrument, sich vorzustellen, wie dadurch Städte aussehen könnten und wie man vielleicht auch den Wildwuchs dort beschneidet und wieder auf Gestaltungseinheit und Geschlossenheit wert legt."
Wenn der 'Drucker für Beton' im Städtebau tatsächlich Wirklichkeit werden sollte, bleibt die Frage: Wie sehen die Städte dann aus? Welche Rolle spielen dann überhaupt noch Städteplaner und Architekten, wenn jeder mit dem richtigen Programm Häuser planen kann, die dann nur noch 'ausgedruckt' werden müssten?
"Wenn wir uns erinnern an die Gestaltungsexzesse des Desktop-Publishing, die das Handwerk des Druckers und Bleisetzers jedem an die Hand gaben und jeder layouten konnte, und wir uns einfach mal erinnern, wie die schwarzen Bretter damals aussahen, mit Drei-D-Schriften, Blöcken und Farbverläufen...Da wurden 15 verschiedene Schrifttypen auf einem Blatt benutzt. Wahrscheinlich werden wir eine Phase erleben, wo Häuser in dieser Form durch die Decke gehen und Gestaltungsideen durch die Decke gehen. Dann wird es eine Pendelbewegung geben, die das Ganze zurückführt, wahrscheinlich durch gesetzliche Vorschriften oder so. Die Rolle des Architekten ist dann die, den Laien davor zu bewahren, alle Fehler zu machen, die man eben anfänglich in so einem System macht, weil das eben die Freiheitsgrade bereitstellt."
Ganz abgesehen vom Design der Zukunftsstadt ist sich Gerhard Leonhard aus Basel, der sich selbst als 'Media-Futurist' bezeichnet, in einem ziemlich sicher: dass sich nämlich die Funktion der Städte ändern wird.
"Sie wird vielleicht viel mehr mit Lifestyle denn mit Arbeit zusammenhängen. Zum Beispiel arbeiten viele Leute von zuhause, arbeiten mit Teleworking und Ähnlichem, was die Stadt komplett selbst ändert."
Allerdings nach Meinung von Gerhard Leonhard nicht dahingehend, dass sich Städte, die ihre Funktion als 'Arbeitsstätten' verlieren, damit selbst auflösen - ganz im Gegenteil: ermöglicht Teleworking die Arbeit zuhause, dann wachse das Bedürfnis der Leute, in ihrer Freizeit zusammen zu kommen.
"Ich stelle mir das vor wie so ein Riesencafé oder so irgendetwas, ein Platz, wo Leute sich treffen, wo sie sich kennen lernen können, wo sie vielleicht ihre Positionen voneinander sehen auf irgendeiner Karte, wo wir uns treffen, wo es Möglichkeiten gibt, zu interagieren, oder eben auch für Education, was nicht unbedingt Schule oder Universität ist, sondern Orte, wo man lernen kann. Ich denke, dass es vielmehr darum geht, eine Art Spielplatz zu schaffen insgesamt statt einer Art von kommerziellem Raum."
Ähnlich die Vorstellungen zur 'Stadt der Zukunft' von Christian Heller, Blogger und Publizist aus Berlin: Er geht davon aus, dass das Internet unseren Lebensrhythmus weiterhin beschleunigt. Das heißt: Trends in Kultur, Wirtschaft und Lifestyle kommen viel schneller auf als früher - und verschwinden ebenso schnell wieder. Das bleibe nicht ohne Konsequenzen auf die Städteplaner: Gebäude und Räume müssten zukünftig so beschaffen sein, dass sie multifunktional mal dem einen, mal dem anderen Trend genügen.
"Die Anforderung wird dann halt sein: Es kommt eine Stadt, die relativ flexibel neuen Nutzungsformen anpassen lassen. Wie man das jetzt konkret archetektonisch umsetzt, ob man das konkret so umsetzt, dass jetzt die Häuser plötzlich alle aus hyperflexiblen Materialien bestehen, dass man sie also legosteinmäßig umbauen kann, oder ob das bedeutet, dass die Leute eben andere Arten der Aneignung von Orten sich anlernen werden, das ist eine Frage, die ich noch nicht abschließend beantworten kann."
Hinzu kommt: Die Menschen würden sich nach diesen Vorstellungen völlig anders als heute durch die 'Stadt der Zukunft' bewegen. Sich verabreden, Termine wahrnehmen, sich vorab über Orte in der Stadt informieren - hier eröffneten sich völlig neue Möglichkeiten, so die Visionäre in Graz. Einige Gedanken finden heute schon Verbreitung, findet Professor Dirk Baecker von der Zeppelin-University:
"Wir haben das Auto, wir haben das GPS-gesteuerte Auto, also unsere Navigationsgeräte. Und wir haben ja mittlerweile auch mit den Handys, die wir in der Hand halten, die GPS-Steuerung für den Fußgänger bereit gestellt. Was ich extrem spannend finde: Wie wird es sein, die bislang noch horizontalen Bewegungen, die wir auf diese Art und Weise beobachten, kontrollieren und auch beraten - also, wo ist die nächste Pizzeria? Wo ist der Weg zur Schule? Wo ist die Bibliothek? - dies zu ergänzen durch vertikale Informationen: In welcher Etage ist denn nun das Büro, das ich suche? Oder in welcher Etage bin ich denn gerade? In welcher Etage sind meine liebsten, zu denen ich gerne einen direkten Kontakt habe, wenn ich schon ahne, dass sie im selben Gebäude sind?"
Auch diese Techniken werden Einfluss nehmen auf die Planung von Wegen, Straßen, vernetzten Fahrstuhlsystemen in der Stadt der Zukunft. Die entsteht zunächst, als Modell für weitere Projekte, in Graz-Reinighaus, auf dem Gelände der alten Brauerei. Die österreichische Investorengruppe "Asset one" hat sich ganz bewusst dazu entschieden, die Vorschläge auf dem jüngsten Symposium ernst zu nehmen und auszuwerten, so futuristisch sie zum Teil auch klingen mögen. Erst wenn klar ist, welche Funktionen die 'Stadt der Zukunft' tatsächlich erfüllen muss, geht es daran, Bauingenieure und Architekten mit ins Boot zu holen. Roland Koppensteiner, Geschäftsführer von "Asset One":
"Wir glauben, dass, wenn der öffentliche Raum von Anfang an so geplant wird unter der Fragestellung: Welche Interaktionen findet dort statt? Welche Formen des Austausches gesellschaftlicher und kultureller Art und Weise finden in der Stadt statt? Und welche räumlichen Umsetzungen sind dazu notwendig?, wenn von dieser Seite aus gedacht wird, dann kommen ganz andere Ergebnisse der Architekten heraus, als wenn wir ungesteuert ohne den entsprechenden Input die Architekten beginnen lassen würden, mit Strichen und entsprechenden Liniensetzungen das Gebiet zu beplanen."
Im Jahr 2010 steht der Baubeginn in Graz-Reininghaus an – der Versuch, die Stadt der Zukunft zu verwirklichen.