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Wiegen und messen am laufenden Band

Technik. - Das gute alte Posthorn ist out, die Deutsche Post AG setzt heute auf High-Tech. Besonderes Augenmerk legen Logistiker beim Pakettransport weniger auf Gewicht als auf Volumen. Diese Aufgabe erledigen heute modernste Messsysteme in Rekordzeit und -genauigkeit.

Von Detlev Karg |
    Dienstag Vormittag an den Förderbändern in einem der größten deutschen Paketzentren der Post-Tochter DHL in Bielefeld. Kaum ein Paket gleicht dem anderen. Alle Spielarten von Quadern, Würfeln, Zylindern und undefinierbaren Gebilden kommen von den Postfilialen und von den anderen 32 deutschen Frachtzentren hier an. Jeder Lkw hat einen Anhänger voller Pakete, Wechselbehälter heißt der im Post-Jargon. So weit so gut. Aber wie viele Lkw die Post täglich braucht, das weiß sie vorab nie, noch nicht. Denn ab jetzt wird jedes Paket nicht nur gewogen, sondern auch vermessen. Dirk Tolkemitt leitet das Bielefelder Frachtzentrum der Post:

    "Das, was Logistiker umtreibt, ist in der Regel nicht das Gewicht, sondern das Volumen. Wir müssen für uns auch wissen, wie viel Volumen steckt drin, wie viel können wir zuladen, so dass wir dann, wenn wir Daten vom Kunden haben, auch wissen: Für welche Relation brauchen wir wie viele Transporteinheiten? Und wir können natürlich den Kunden aufgrund ihres Volumens und ihres Gewichts einen entsprechenden Preis anbieten."

    Das wird nun bald der Fall sein, denn in Bielefeld wurde vor kurzem ein entsprechendes Pilotprojekt erfolgreich abgeschlossen. WVM heißt die Technik, mit der die Post als erster Logistikkonzern Volumen und Gewicht jedes einzelnen Pakets erfasst. WVM steht für Weight Volume Measurement. Fünf dieser Systeme erfassen an den Vorsortern jedes Paket. Vorsorter heißen die Förderbänder, auf denen die von Hand aufgeladenen Pakete aus den Lkws in das Frachtzentrum gelangen. Dabei laufen sie durch ein solches Gewichts- und Volumenmesssystem. Dieses besteht aus drei Teilen: da ist der so genannte Volumenmessrahmen, ähnlich einem kleinen Tor, durch das die Pakete hindurchflitzen. Zwei Laserscanner erkennen hier das Volumen bei einer Auflösung bis zu fünf Millimetern. Das Wiegen erledigt eine selbsttätige dynamische Waage, die unterhalb des Scanners arbeitet. Während ein Paket auf dem Förderband durch die Messeinheit gleitet, ist die Waage in der Lage, innerhalb von Sekundenbruchteilen das Gewicht zu ermitteln. Wohlgemerkt, ohne Stopp. Für Auflegen, Wiegen, Ablesen ist hier keine Zeit. Möglich machen das spezielle Wägezellen unter dem Förderband. Ihr Messbereich reicht von 60 Kilo bis 20 Gramm. Basis für die schnelle und exakte Arbeitsweise dieser neu entwickelten Wägezellen ist das Prinzip der elektromagnetischen Kraftkompensation. Dabei wird das zu messende Gewicht durch einen Elektromagneten in der Wiegezelle aktiv kompensiert. Die dabei entstehende Kraft wird gemessen und gibt Auskunft über das Gewicht. Über dem Ganzen thront schließlich noch der Barcodeleser, der die Adressaufkleber erfasst. So ergibt sich schließlich ein Datensatz, der über jedes Paket exakt Auskunft gibt.

    "Die große Schwierigkeit besteht in den variablen Pakethöhen, und das eben bei einer Fördergeschwindigkeit von maximal 1,96 Metern pro Sekunde, und die Anlage ist ausgelegt auf eine Kapazität von 20.000 Paketen in der Stunde. Das heißt, wir können es uns nicht leisten, dass solche Anlagen die Pakete auch nur für Sekunden verzögern."

    Nach nur einem dreiviertel Jahr Planungszeit wurde das WVM-System Ende 2003 in Bielefeld installiert und läuft heute so zuverlässig, dass nun zwei weitere Frachtzentren bei Nürnberg und Frankfurt damit ausgerüstet werden. Sämtliche Daten über Volumen und Gewicht werden in einer speziellen Datenbank gesammelt. Auf diese Weise erhält die Post ein Gesamtbild: welcher Versender verschickt wie viele Pakete, mit welchem Volumen und Gewicht? Wer mehr Volumen braucht, und das heißt, für wen die Post mehr Transportraum braucht, könnte künftig auch mehr bezahlen. So ganz genau lässt sich die Post nicht in die Karten sehen.