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Wiener Philharmoniker
Radetzky-Marsch in neuer Version fürs Neujahrskonzert

Die Wiener Philharmoniker spielen bei ihrem Neujahrskonzert den Radetzky-Marsch von Johann Strauss (Vater) - bisher in einer Bearbeitung von Leopold Weninger. Der war ein "glühender NS-Propaganda-Komponist", sagte Historiker Oliver Rathkolb im Dlf. Diese nun nicht mehr zu spielen, sei eine kluge Entscheidung.

Oliver Rathkolb im Gespräch mit Raoul Mörchen |
    Dirigent Andris Nelsons bei der Voraufführung des Neujahrskonzertes 2020 der Wiener Philharmoniker am Montag 30. Dezember 2019 in Wien.
    Voraufführung des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker (picture alliance/dpa - APA/Hans Punz)
    "Die Nationalsozialisten haben hemmungslos alles, was gut und teuer war an Unterhaltungsmusik, Klassikmusik, solange es nicht von Juden oder Jüdinnen komponiert war, für die Musikpropaganda eingesetzt. So auch den Radetzky-Marsch", erklärte Oliver Rathkolb, Historiker an der Universität Wien, im Dlf. Rathkolb hat mit einer Forschungsgruppe die Rolle der Wiener Philharmoniker in der NS-Zeit untersucht.
    "Ein 'Nazi'-Marsch war der Radetzky-Marsch 1946 nicht", sagte Rathkolb. Denn der österreichische Komponist Weninger habe die Bearbeitung des Marsches bereits 1914 vorgenommen. "Das Militante im Radetzky-Marsch, das 1848 noch nicht so stark in der Originalfassung angelegt war, ist dann 1914 zu erkennen." In der Fassung von Weninger wird der Radetzky-Marsch seit 1946 von den Wiener Philharmonikern bei den Neujahrskonzerten gespielt.
    "Es ist eine sehr kluge Entscheidung"
    Am 1. Januar 2020 werden die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Andris Nelsons eine neue Bearbeitung des Marsches spielen. "Es ist eine sehr kluge Entscheidung und zeigt auch, dass die Wiener Philharmoniker sich in ihrem globalen musikalischen Alltag auch kritisch mit der NS-Zeit auseinandersetzen. Auch wenn diese Bearbeitung wesentlich älter ist als der Nationalsozialismus", so der Historiker Oliver Rathkolb.