Felipe Fuentesaz steuert seinen grauen Geländewagen über die holprigen Straßen von El Condado. Das Logo des WWF prangt auf seinem dunkelblauen Poloshirt, der 40-jährige Agraringenieur leitet das Büro der Umweltstiftung in der Region. Seit mehr als zehn Jahren kämpft er gegen die illegalen Brunnen.
Das ganze Gebiet rechts und links der Straße sei einst ein Kiefernwald gewesen, erklärt Fuentesaz. Doch beim Blick aus dem Fenster sieht man zwischen den Bäumen auch viele Erdbeeren und Heidelbeeren in Plastik-Gewächshäusern.
"Um Doñana gibt es 11.000 Hektar Gewächshäuser. Davon sind 2.000 völlig illegal, die müssen verschwinden. 5.000 sind legal, die haben ihre Berechtigung. Und der Rest befindet sich in einem rechtlichen Niemandsland, da muss die Situation jeder einzelnen Plantage geklärt werden. Aber die illegalen Fincas müssen so schnell wie möglich verschwinden. Das hier ist zum Beispiel rote Zone."
Brandgefährlicher Wildwuchs im Wald
Wo es weder Brunnen, die Wasser fördern, noch Gewächshäuser geben dürfte. Doch immer wieder sind Wasserbecken zu sehen. Hier speichern die Landwirte das geförderte Wasser, erklärt Felipe. In der roten Zone gebe es mehr als 60 illegale Brunnen.
"Die Kabel für die Stromversorgung der Pumpen sind quer durch den Wald gelegt. Das Brandrisiko ist enorm. Hier rechts sehen wir ein kleines Wasserbecken mit zwei Brunnen. Manche Fincas sind fünf oder sechs Kilometer von den Brunnen entfernt. So weit reichen die Kabel."
Tatsächlich kommt es im Sommer häufig zu Waldbränden in der Region, die sich bei den hohen Temperaturen und starken Winden rasch ausbreiten. Die Straße ist nur noch eine Piste. Der Agrarwissenschaftler fährt sich die langen Haare aus dem Gesicht.
Viele Bäche gibt es nur noch auf Felipes Karte
"Das hier ist der Don-Gil-Bach. Völlig trocken. Ohne Wasser. Er war einst ein Zufluss für das Feuchtgebiet Doñana. Diese Bäche hatten im Sommer immer wenig Wasser, aber jetzt sind sie ganz trocken. Endlich hat die Verwaltung den Notstand für den Grundwasserspeicher ausgerufen. Seit mehr als 30 Jahren wird hier zu viel Wasser gefördert."
Dieser Beitrag gehört zur fünfteiligen Reportagereihe "Andalusien - Ausbeutung der Wasserreserven".
Dabei breiten sich auf der Karte, die Felipe bei sich führt, viele kleine Bäche wie dünne blaue Adern über das Waldgebiet aus. Das ist die Theorie. In Wirklichkeit ist nichts mehr von einem Bach zu sehen. Die illegalen Brunnen und Wasserbecken auf einer Waldfläche von nur einem Quadratkilometer sorgen dafür, dass der Grundwasserspiegel immer weiter absinkt, sagt Felipe.
Auf einer Waldlichtung steigt Felipe aus. Es ist heiß, es riecht nach dem Harz der schwitzenden Kiefern. Wasser plätschert, Insekten summen. Ein fast idyllischer Ort. Doch das Erdloch, in das aus mehr als zehn Rohren Wasser hineinfließt, ist illegal. Seit Jahrzehnten existiert es:
"Jedes Rohr kommt von einem Brunnen. Von hier wird es dann zur Finca gepumpt. Das ist alles illegal, das Waldgebiet gehört der Stadtverwaltung. Und die toleriert diese Brunnen mitten im Wald."
Jahre von der Anzeige bis zum Durchgreifen
"Dieses Becken ist eine Art Fernsehstar. Alle kommen, um es zu filmen", sagt Javier ironisch. Er ist Agent der Wasserbehörde. Seine Aufgabe ist es, illegale Brunnen und Becken aufzuspüren und anzuzeigen.
"Keine Ahnung, wie lange das schon läuft. Vor zwei, drei Jahren habe ich hier die Anzeige angefertigt. Sicher wird es dauern, aber in fünf Jahren sollte es das hier nicht mehr geben. Aber…"
Die Mühlen der spanischen Justiz mahlen langsam. Und ein 2014 beschlossener Flächennutzungsplan wird nur langsam umgesetzt. Javier streift durchs Unterholz. Dann zeigt er auf ein PVC-Rohr, das aus dem Boden ragt, vielleicht 20 Zentimeter breit. Das ist einer der Brunnen, die Grundwasser hochpumpen.
Ein Schlauch verschwindet im Gebüsch. Daneben auf einer in den Boden gerammten Stange die elektrische Schaltung für die Pumpe. Alles illegal. Trotzdem würde er nie auf die Idee kommen, den Brunnen einfach abzuschalten:
"Sonst noch was? Unsere Zuständigkeit hört auf, wenn wir die Anzeige formulieren und an die Behörde weiterreichen. Die Behörde entscheidet, was dann passiert. Ob man den Brunnen stilllegt oder nicht, bestimmt die Justiz."
Ordnungsbeamter sagt, es werde gehandelt
Erst wenn ein Urteil vorliegt, können die Ordnungsbeamten die Brunnen versiegeln. Sie machen es nicht gern, die Plantagen seien die Lebensgrundlage der Landwirte, versichern sie. Trotzdem werden die Bauern der Gegend inzwischen gegen die Agenten handgreiflich. Auch diesmal ist Begleitschutz der bewaffneten Guardia Civil dabei.
Und auch die Pressechefin der Wasserbehörde hört jedes Wort mit. Immerhin wird das Thema inzwischen vor dem Europäischen Gerichtshof verhandelt. Enrique, der Leiter der Einsatztruppe, führt schließlich zu einem verplombten Brunnen. 1983 steht kaum noch lesbar auf dem alten Siegel der Behörde:
"Man soll sehen, dass wir auch Brunnen schließen. Es heißt, wir würden nichts gegen die illegalen Brunnen machen. Während wir in den letzten beiden Jahren mehr als 300 Brunnen geschlossen haben. Und 77 weitere folgen demnächst. Ohne uns würde hier weiter illegal Wasser abgepumpt und irgendwohin geleitet."