Wattebäusche an Halmen scheinen auf dem Feuchtgebiet am Hang zu wachsen.
"Man sieht hier wunderbar die Moorbirken, man sieht dahinten die Wollgräser."
So Britta vom Lehn von der Umweltstiftung Rheinland-Pfalz. Drei von fünf Wollgrasarten stehen in Deutschland auf der Roten Liste oder der Vorwarnliste für bedrohte Arten. Im Nationalpark Hunsrück-Hochwald kehren früher mal künstlich entwässerte Hochmoore zurück - als nährstoffarmer Lebensraum für hoch spezialisierte Arten: Die bedrohte Gräser-, Moos- und Libellen-Vielfalt bekommt eine neue Chance. Der fleischfressende Sonnentau verspeist Insekten. Die winzige Moosbeere rankt die fadenartig.
"Dieses ganz zierliche unscheinbare Pflänzelchen, das ist sehr interessant, das findet man nämlich in den Torfen wieder, auch in den ganz stark zersetzten Torfen, denn diese kleinen Stängelchen die werden ganz hart und pieksig, die merkt man auch im Torf."
Trockengelegtes Moor und Torfabbau setzen Kohlendioxid frei. Deshalb ist das Renaturieren von Feuchtgebieten nicht nur Naturschutz, merkt die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken an.
"Es ist auch ein großer Beitrag für den Klimaschutz, denn diese Moore binden ja sehr viel CO2."
Wiederherstellen von feuchter Wildnis
Fast fünf Millionen Euro fließen über die beiden sogenannte LIFE-Projekte Moore und Hochwald bis 2020 ins Wiederherstellen von feuchter Wildnis, zum großen Teil von Europäischer Union und Bund bezahlt, 200.000 Euro steuert Rheinland-Pfalz bei. Es gelingt, so bestätigt die Grünen-Politikerin Höfken nach einem Ortstermin,
"die Moore wieder wachsen zu lassen. Allerdings sind es sehr aufwendige Prozesse, das muss man sehen. Dort müssen die Entwässerungsgräben alle verschlossen werden, es arbeiten dort auch sehr viele Freiwillige. Das heißt aber eben auch: Entnahme der Fichten, der standortfremden Bäume, die dort wachsen."
Die vor einem Jahr eingezogenen Spundwände, die das Wiedervernässen der Regen gespeisten Hangmoore im Hunsrück fördern, sind schon zugewachsen. Erst seit die teils brachial anmutenden Vorarbeiten erledigt sind, gewinnt die Moorlandschaft ihre natürliche Dynamik zurück, das Regenwasser staut sich, statt durch Gräben und Erosionsrinnen abzufließen. Die wurzellosen Torfmoose breiten sich aus.
"Also neben den Mooren sind Felsen und Gesteinshalden ein Alleinstellungsmerkmal. In Summa Felspartien und Moore zusammen – ein gutes Fünftel im gesamten Nationalparkgebiet", erklärt dessen Leiter Harald Egidi.
Bundesregierung begrüßt "Prozessschutz"
Bergmolche in hoch gelegenen Sumpfwald-Teichen, im Geäst ruft der seltene Grauspecht. Ein paar Kilometer weiter Wärme liebende Echsen auf trocken-heißen Blockschutthalden. Viel unaufgeräumter Buchenwald mit toten Stämmen, Pilzen und Flechten, das sind die Keimzellen des künftigen Urwaldes, der sich hier ungestört von menschlichen Eingriffen ausbreiten darf.
"Also, unser Nationalpark ist ein Entwicklungsnationalpark, der erst in 30 Jahren seine Ausbreitung eben erreicht, das sind 7.000 Hektar Wildnis-Flächen, die dann entstehen", auf Dreiviertel der Nationalpark-Fläche.
Das ist sogenannter "Prozessschutz", den der Umweltbeirat der Bundesregierung begrüßt – als Möglichkeit, zu lernen "wie sich die Natur ohne Eingriffe entwickelt", und um einen nationalen Verbund von Biotopen zu schaffen. Bund und Länder müssten dafür zügig neue Flächen zur Verfügung stellen. Groß und unzerschnitten sollten sie idealerweise sein, Kriterien dafür müssten noch festgeschrieben werden. Nur wenn Bund und Länder sich dahingehend engagierten, sei das Zwei-Prozent-Wildnisziel bis 2020 zu stemmen. Allerdings mahnen die Umwelt-Weisen auch Mitbestimmung an, und die ist langwierig. Drei Jahre Vorlauf kosteten vorbildliche Beteiligungsverfahren, mit denen Kommunen und Anwohner der Saar-Hunsrück-Region auf die Wildnis vor ihrer Haustür eingeschworen wurden, kurzfristig wiederholbar ist so etwas andernorts kaum.