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Windenergie
Innovative Generatoren machen Windturbinen leistungsfähiger

Die rund 30.000 Windkraftanlagen in Deutschland decken derzeit ein Fünftel des Strombedarfs. Dank leistungsfähigerer Windräder soll ihr Beitrag wachsen. Nahe Kassel erproben Wissenschaftler einen Generator für künftige 10 Megawatt-Kraftwerke - die technischen Herausforderungen sind groß.

Von Ines Rutschmann |
Das Foto zeigt Windräder im Abendlicht.
Heutige Windkraftanlagen haben Leistungen von bis zu 6 Megawatt. Für den Sprung in die 10-Megawatt-Klasse sind neue Generator-Technologien notwendig, die konsequent auf Leichtbau setzen. (imago)
Windturbinen sind über die Jahre größer und leistungsfähiger geworden. Aber damit haben sie auch an Gewicht zugelegt. Mehr als 100 Tonnen wiegt oftmals allein die Technik im Maschinenhaus auf der Turmspitze. Je schwerer sie ist, desto massiver müssen auch Turm und Fundament sein. Und desto aufwändiger werden Transport und Installation der gesamten Windkraftanlage. Das treibt die Kosten nach oben.
"Heute werden 6-Megawatt-Anlagen serienmäßig produziert. Aber der nächste Schritt - eben hin zu 10-Megawatt- oder 12-Megawatt-Anlagen – den kann man nicht anhand von bisherigen Konzepten gehen, weil das zu viel zu großen Massen führen würde bei den Generatoren und auch bei den gesamten Windenergieanlagen. Also war unsere Idee: Wenn wir jetzt den Preis für Strom aus Wind weiter reduzieren wollen und dafür größere Anlagenleistungen brauchen, dann müssen wir die anders bauen als bisher", sagt Bernd Ponick.
Der Verzicht aufs Getriebe spart Gewicht
Er gehört zu einer Gruppe von Forschern, die am Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik in Kassel eine neue getriebelose Anlage testen. Ein fast zwei Meter hoher Generator steht in einer Halle nahe Kassel. Ein Motor dreht ihn über eine Welle. Auf den ersten Blick erscheint nichts ungewöhnlich an diesem Ringgenerator. Zwölf Spulen sind auf einer recht flachen Scheibe nebeneinander im Kreis angeordnet. Auf einem beweglichen Ring um die Scheibe herum befinden sich zwölf Permanentmagnete. Dreht sich der Ring mit den Magneten, wird in den Spulen Strom erzeugt.
Turbinen, in denen ein Ringgenerator mit Permanentmagneten direkt angetrieben wird, gibt es seit einigen Jahren am Markt. Die Anlagen laufen zuverlässig und wartungsarm. Auf dieses Konzept setzen auch die Kasseler Forscher – allerdings mit einem Generator, der etwa 30 Prozent leichter ist und über mehr Leistung verfügt, nämlich zehn Megawatt. Um diese Leistung zu erreichen, muss der Generator allerdings noch größer als bislang üblich gebaut werden, erklärt Bernd Ponick. 15 Meter im Durchmesser - etwa die doppelte Länge eines Fußballtors.
"Zum Zweiten muss man dann aber, um diesen größeren Generator auch konstruktiv steif auszuführen, in der gesamten Konstruktion des Generators konsequent auf Leichtbau setzen, dass heißt: intelligente Strukturen schaffen, mit leichten Materialien arbeiten."
Riesiger Generator erfordert neue Leichtbau-Technologie
Dazu wandten sich die Fraunhofer-Forscher an Siemens. Der Technologiekonzern konstruierte den Generator für den Teststand. Er zeichnet sich einmal durch einen winzigen Abstand zwischen statischem und rotierendem Teil aus. Dies trägt auch zur hohen Leistung der Anlage bei und erlaubt obendrein, dass die Magnete kleiner ausfallen können. Das spart Gewicht und Kosten. Zum anderen sind in den Generator Speichen eingearbeitet. Wie bei einem Fahrrad laufen sie vom Mittelpunkt bis zu den Rändern und stabilisieren den Generator in sich. So ist er vergleichsweise leicht und doch stabil.
"Es ist natürlich auch so, dass je leichter ich eine Konstruktion mache, je mehr ich versuche, Masse in der Konstruktion zu sparen, desto schwingungsanfälliger wird sie auch", sagt Bernd Ponick.
Das könnte dazu führen, dass eine Windböe den drehenden und den statischen Teil des Generators gegeneinander kippen lässt. Ein weiterer Kniff soll dies verhindern: Der Generator wird im Betrieb elektronisch geregelt. Dazu ist er wie eine Uhr in zwölf gleichgroße Segmente geteilt. An jedem einzelnen hängt ein Stromrichter, der die erzeugte Energie wandelt - aber noch weit mehr kann.
Clevere Regelungstechnik dämpft Schwingungen
"Durch den speziellen Aufbau des Generators, der segmentiert ist, haben wir die Möglichkeit, an verschiedenen Stellen einzugreifen mit den Stromrichtern. Unter anderem können wir damit Vibrationen ausregeln oder Vibrationsdämpfungen realisieren, um die Lebensdauer der Maschine zu erhöhen", sagt Axel Seibel, ebenfalls vom Fraunhofer-Institut.
Dass diese aktive Dämpfung funktioniert, haben erste Tests gezeigt. Einzelne Segmente des Generators lassen sich über ihre Umrichter auch abschalten. Sinnvoll kann das beispielsweise an Tagen mit schwachem oder mäßig starkem Wind sein. Die noch aktiven Umrichter wären dann besser ausgelastet und könnten den Strom effizienter wandeln. Die Forscher erwarten, dass das den Wirkungsgrad des ganzen Kraftwerks erhöht.