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Windenergie und Bürgerbeteiligung

Die Windindustrie will die Bürger überzeugen und präsentiert sich in Bonn auf der Weltwindkonferenz. Experten und Wirtschaftsvertreter aus 50 Ländern stellen neben den neusten und effizientesten Techniken auch neue Anwendungsmöglichkeiten für die Windkraft vor.

Von Peter Kolakowski |
    Die Windkraftbranche macht derzeit wahre Höhenflüge. Noch nie war die Nachfrage nach dieser Form der erneuerbaren Energie so groß wie derzeit und das weltweit. Längst rechne sich Strom aus Wind und sei preislich auch im Vergleich zu anderen fossilen Energieträgern konkurrenzfähig, betonen die Experten auf der noch bis morgen dauernden Weltwindenergiekonferenz in Bonn. Bei vielen Bürgerinnen und Bürgern hierzulande herrsche Aufbruchstimmung, freut sich Hermann Albers vom Bundesverband Windenergie. Was vor allem die rapide Zunahme von Energiegenossenschaften zeige:

    "Weil wir glauben, dass die Energiewende eine Maßnahme ist, die dezentral in der Fläche stattzufinden hat und weil wir sehen, dass mit einer Zustimmung von rund 80 Prozent für die Sache der Energiewende und den Ausbau der erneuerbaren Energien die Bürger von unten der Treiber dieses Prozesses sind und nicht etwa die Bundesregierung von oben. Es gibt ein großes Interesse, erneuerbare Energien auszubauen und es gibt ein Interesse, sich sogar daran zu beteiligen und mit in diesen Bereich zu investieren. Der Mittelstand wird es günstiger tun als die alte Energiewirtschaft, deswegen gibt es viele Gründe, den Bürger mitzunehmen und das wollen wir mit dieser Veranstaltung hier in Bonn unterstützen."
    Immer mehr Bürger nähmen die Energieerzeugung auf regionaler Ebene in die eigenen Hände. Sie gründen eigene Stadtwerke oder kaufen die ehemals in kommunaler Hand befindlichen Energiebetriebe und an Großkonzerne veräußerten Stadtwerke wieder zurück. Die Branche macht auf dem Bonner Kongress regelrechte Luftsprünge, auf solch ein günstiges gesellschaftliches Klima für die Windkraft haben die Windenergiebetreiber lange gewartet. Täglich kommen deutschlandweit neue Standorte für Windräder hinzu. Erklärt Stefan Sänger der Generalsekretär des Weltwindenergieverbandes:

    "Es gibt die praktisch überall, vor allem in Schleswig-Holstein gibt es eine sehr lange Tradition. Egal wo Sie hingehen, in Husum beispielsweise, wo ja auch immer die großen Windveranstaltungen stattfinden, da gibt’s sehr viele Genossenschaften. Es bilden sich aber auch jetzt im Süden sehr viele Genossenschaften, Freiburg hat schon seit vielen Jahren einen Bürgerwindpark."

    Im internationalen Vergleich halten derzeit vor allem China und Dänemark ihre Nasen respektive Räder in den Wind. In Dänemark hat auch die Bürgerbeteiligung bei Auf- und Ausbau von Windkraftanlagen eine lange Tradition. Die deutschen Windkraftbetreiber wollen daher auch hierzulande vor dem Hintergrund der Energiewende das Thema Bürgerbeteiligung zum zentralen Element machen. Eine kostenlose Publikation unter dem Titel "Windenergie in Bürgerhand – Energie aus der Region für die Region" informiert über verschiedene Beteiligungsmodelle und die Projektplanung von Bürgerwindparks. Der Trend hin zu Bürgerwindparks komme auch der Forderung nach mehr dezentraler, kleinteiliger und damit umweltverträglicherer Energieerzeugung entgegen, so Hermann Albers. Der Bundesregierung dagegen sei bei ihrer Argumentation, erneuerbare Energien könnten den Strombedarf nur lückenhaft decken, längst die Puste ausgegangen. Die einseitige Debatte um das Erneuerbare Energiengesetz, die derzeit in Berlin geführt werde, mache deutlich, dass Teile der konservativ-liberalen Koalition dem Bürgerwillen hinterherhinkten. Hermann Albers vom Bundesverband Windenergie:

    "Die Energiewende war gut, forcierte Ausbauziele sind auch gut. Wir glauben, es kann schneller gehen, als die Bundesregierung es beschrieben hat. Die Angriffe allerdings gegen das einzige Gesetz, das dieses Ziel der Energiewende wirklich erfolgreich unterstützt, nämlich gegen das Erneuerbare Energiengesetz, sind mir völlig unverständlich, hier muss Klarheit herrschen, dass weitere Eingriffe in den kommenden zwei Jahren bis nach der Bundestagswahl vermieden werden, damit es wieder eine Investitionssicherheit in Deutschland gibt."

    Die auf dem Bonner Kongress versammelten Experten und Wirtschaftsvertreter aus 50 Ländern stellen dabei neben den neusten und effizientesten Techniken auch neue Anwendungsmöglichkeiten für die Windkraft vor. Strom zu erzeugen, um damit unter anderem auch Elektromobile mit Windkraft anzutreiben ist dabei nur ein Aspekt, so Dolf Giehlen, von Irena, einem Büro in Bonn, das die Information über die Anwendung von erneuerbaren Energien in derzeit über 160 Ländern bündelt.

    "Man kann Windenergie nicht nur gebrauchen zur Stromerzeugung. Man kann Wind auch gebrauchen zum Pumpen von Wasser, was in einigen Ländern ein wichtiger Anwendungsbereich ist. Wo man Strom gebraucht, ist zum Beispiel zur Wasserentsalzung und Wasser kann man ja viel besser speichern als Strom und viel billiger speichern als Strom."