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Windkraft aus Dänemark

Eigentlich müsste Dänemarks Windstrom-Industrie am Boden liegen: Vor gut zwei Jahren kappte die Regierung in Kopenhagen die auch dort üppige Förderung der Öko-Energie. Zwar ist seither das Neugeschäft im Land zwischen den Meeren praktisch zum Erliegen gekommen. Beim Windanlagenbauer "Vestas" in Ringkoebing gibt es trotzdem Arbeit genug.

Jan Pallokat |
    Jetzt haben wir hier so einen Flügel - wenn ich das so sehe - 39 Meter lang. Hier sehen wir, dass sich der Flügel wie eine Walflosse dreht. Das ist das Profil, um den Wind zu fangen. Das wird natürlich laufend optimiert.

    Ursula Baekkegaard, beim Weltmarktführer fürs Marketing zuständig, steht in einer der Windrad-Fabriken. In der großen Halle wurden einst Schiffe geschweißt. Der Niedergang der dänischen Werft-Industrie ging fast nahtlos über in den Aufstieg der dänischen Windkraft.

    Es gab große Hallen, und 500 Arbeitslose aus der Werft. Und diese Menschen konnten gleich bei Vestas anfangen. Die brauchten die gleiche Leute: Schweißer, Mechaniker, Elektriker.

    Schon in den 80er Jahren experimentierten die Dänen mit Windenergie. Gefördert wurde die Branche lange, bevor in Deutschland über Einspeisevergütung und Ökosteuer diskutiert wurde. Heute sind die Dänen wieder einen Schritt voraus: Die Förderung wurde im Jahr 2000 drastisch reduziert. Seit 1992 erhielten die dänischen Wind-Verstromer zwischen 1992 und 2000 einen gesetzlich garantierten Festpreis von knapp 8 Eurocents pro Kilowattstunde. Inzwischen wurde die Förderung alter Anlagen zurückgefahren. Neue Anlagen müssen sich am Marktpreis orientieren. Sie erhalten zwar im Rahmen eines komplizierten Systems im Endeffekt noch immer einen kleinen Aufschlag, doch er liegt laut Windkraftverband bei im Schnitt unter 1,3 Eurocents – nur ein Bruchteil der Förderung etwa in Deutschland. Die Windkraftanbieter mussten lernen, sich dem Wettbewerb zu stellen. Und das schmerzt: Als im letzten Jahr beispielsweise der US-Windmarkt einbrach, wurde es eng auch bei Vestas.

    Keiner war glücklich letztes Jahr. Es gab eine große Kündigungsrunde, 600 Leute wurden entlassen. Da hat sich jeder betroffen gefühlt.

    Der Förderstopp in Dänemark war eine mutige Entscheidung. Zahlreiche Jobs in strukturschwachen Gebieten West-Jütlands hängen an den Windgeneratoren. Stefan Nielsen vom Wirtschaftsministerium in Kopenhagen:

    Wir hatten hohe Subventionen. Manche bekamen zu viel. Natürlich ist das Klimaschutzziel auch für Dänemark wichtig. Aber wir wollen nicht eingreifen und regulieren. Die Unternehmen sollen selbst entscheiden, wie sie das erreichen. Deswegen haben wir auch keine festen Zielwerte mehr bezüglich der Energieträger, auch keine Quote für erneuerbare Energie.

    Der Anteil erneuerbarer Energien am Energieverbrauch, der während der Zeit massiver Förderung bis auf 11 Prozent gestiegen war, erhöhte sich in den letzten zwei Jahren trotz Förderstopps weiter auf über 12 Prozent – vor allem, weil die Dänen insgesamt weniger Strom verbrauchten. Auch "Elsam", der größte dänische Stromproduzent, pflegt Mischkultur im Kraftwerks-Park: 500 Windkraftanlagen sind darunter, aber auch Biomasse-, Kohle- und Gaskraftwerke. Unternehmenssprecher Jens Nybo Jensen:

    In Dänemark ist Windenergie der billigste Weg zur CO²-Reduzierung. Deshalb ist es sinnvoll, darin zu investieren. Zur Zeit. Aber das kann sich ändern. Es gibt Möglichkeiten für neue Technologien. Man muss rechnen, nicht religiös sein - rechnen, und Vernünftigkeit auf den Tisch legen.

    Die dänische Vernunft führt zu überraschenden Ergebnissen. Denn der Wettbewerbsdruck hat die dänischen Windanlagenbauer gestärkt. Sie haben ihre Strukturen gestrafft und die Produkte verbessert. Im letzten Jahr exportierten dänische Hersteller Anlagen im Gesamtwert von 2600 Megawatt in alle Welt – mehr als fünfmal so viel wie die deutsche Konkurrenz.