Stefan Römermann: Ein bisschen skurril ist das mit den Versionsnummern des Windows-Betriebssystems ja schon. Aktuell sind die Versionen sieben und acht. Im kommenden Monat erscheint jetzt aber nicht etwa die Version Nummer 9, wie man annehmen könnte. Nein: Es erscheint die Version Nummer 10. Das soll jetzt ein ganz, ganz großer Schritt nach vorn sein. Ganz schlaue Leute witzeln allerdings jetzt schon: Was brauche ich Windows zehn, ich habe ja Windows 95. Scherz bei Seite. Windows 95, das ist inzwischen fast 20 Jahre alt. Das benutzt hoffentlich wirklich niemand mehr. Aktuell macht Microsoft aber gerade ganz massiv Werbung für das neue System Windows 10. Werbeeinblendungen sollen die Nutzer von Windows 7 und Windows 8 zum Umsteigen bewegen. Darüber spreche ich jetzt mit Georg Oevermann von der Zeitschrift "Computerbild". Herr Oevermann, angeblich soll ja Windows 10 für Besitzer der beiden Vorgängerversionen kostenlos zu haben sein. Da bin ich als Verbraucher-Journalist immer etwas skeptisch, wenn es irgendwas geschenkt gibt. Hat die Sache einen Haken und was verspricht sich Microsoft davon?
Georg Oevermann: Die Sache hat keinen direkten Haken. Tatsächlich verschenkt Microsoft die Windows-10-Version für alle, die Windows sieben und Windows acht im Einsatz haben. Aber es gibt da noch ein paar Bedingungen. Das ist zum Beispiel nicht möglich, wenn man eine Enterprise-, also eine Unternehmensversion einsetzt. Dann gibt es das nicht. Aber für ganz normale Menschen ist das schon möglich, jedoch wieder eine Voraussetzung: Man braucht immer die aktuellste Version, denn nur die lässt sich aktualisieren auf das neue Betriebssystem.
Römermann: Man muss da alle Updates eingespielt haben, oder was?
Oevermann: Genau. Es gibt ja Windows Update. Diese Funktion, die muss man ständig abrufen beziehungsweise darüber seinen Rechner aktuell halten. Sonst ist die Aktualisierung gar nicht möglich.
Römermann: Was ist denn das Neue an Windows zehn? Was gibt es da für spannende neue Funktionen, oder ist das eigentlich nur das gleiche noch mal in grün, sage ich jetzt mal?
Oevermann: Ich würde sagen, es gibt viele kleine Änderungen, kleine Modernisierungen an Windows, die Microsoft vorgenommen hat. Die wirklich große Neuerung ist sicherlich die Sprachassistentin. Die nennt Microsoft "Cortana", ist aus einem Spiel von Microsoft entnommen. Die soll jetzt zukünftig dafür sorgen, dass man den Computer per Sprache steuern kann. Die will allerdings nicht nur das Wetter ansagen, oder irgendwelche Diktate annehmen, sondern sie will auch ganz aktiv, proaktiv an Termine erinnern. Da soll zum Beispiel es möglich sein, dass die Cortana im Terminkalender gesehen hat oder in den E-Mails gesehen hat, dass ein Flug ansteht, der gebucht wurde. Dann erinnert die automatisch daran. Da muss man selber gar keinen Termin mehr einstellen. Da gibt es wirklich ganz spannende neue Möglichkeiten, ist also was Ähnliches wie Siri. Die kennen ja viele Apple-Nutzer. Da freue ich mich persönlich schon sehr drauf.
"Die Frage: Wird alles danach genauso funktionieren wie vorher?"
Römermann: Was würden Sie sagen? Lohnt sich denn tatsächlich ein Umstieg für den Otto Normalverbraucher? Oder ist das was, wo Sie sagen, erst mal noch ein bisschen abwarten?
Oevermann: Ich glaube, dass sich der Umstieg schon lohnen wird. Denn was investiert der normale Anwender? Der muss sich, sagen wir mal, ein bis zwei Stunden Zeit nehmen, um seinen Computer zu aktualisieren. Das ist relativ einfach, geschieht praktisch selbstständig. Man muss das einfach nur einmal anschubsen. Es ist allerdings die Frage: Wird alles danach genauso funktionieren wie vorher? Das ist noch augenblicklich ein großes Problem, denn einige Funktionen sind abgeschaltet. Windows-7-Anwender werden zum Beispiel ein DVD-Abspielprogramm direkt vermissen in Windows 10. Die Funktion ist ab Werk nicht mehr drin. Und da gibt es noch ein paar andere Funktionen, die draußen sind. Auch ein anderes großes Problem ist natürlich, wenn man ein spezielles Gerät benutzt, das spezielle Treiber benötigt. Da könnte es dann immer wieder Probleme geben. Ich würde aber sagen, dass für 90 Prozent aller Nutzer es ganz problemlos sein wird, umzusteigen auf Windows 10, und aufgrund der moderneren Optik und des doch meines Erachtens - ich habe die Beta jetzt schon im Einsatz - fließenderen Umgangs mit Windows 10 würde ich das auf jeden Fall empfehlen.
Römermann: Früher war es ja so: Jede Windows-Version brauchte irgendwie mehr Speicher, mehr Rechenleistung. Eigentlich brauchte ich einen neuen Computer. Ist das jetzt hier eigentlich auch wieder so? Oder ist es so, dass ich tatsächlich meinen älteren Rechner bedenkenlos auf den neuesten Stand bringen kann mit der neuen Windows-Version?
Oevermann: Microsoft sagt selbst, eigentlich soll so gut wie jeder Windows-7-Rechner oder Windows-8-Rechner mit Windows zehn funktionieren. Da wird es wahrscheinlich die eine oder andere Ausnahme geben. Netbooks, diese etwas leistungsschwächeren Geräte, da wird es wahrscheinlich ein bisschen holprig werden. Aber die Aussage von Microsoft ist ganz klar: Wenn Windows 7 läuft oder Windows 8, dann läuft auch Windows 10 in der Regel.
Die kostenlose Variante wird nur ein Jahr lang angeboten
Römermann: Wie lange läuft dieses Angebot mit dem kostenlosen Update? Ist das zeitlich begrenzt, oder kann ich mir da ein bisschen Zeit lassen? Oder muss ich jetzt wirklich sofort umsteigen, wenn ich das nutzen will?
Oevermann: Ja, das ist natürlich ganz wichtig. Gut, dass Sie es ansprechen. Sie haben ein Jahr Zeit. Ab dem 29. Juli wird Microsoft Windows 10 verkaufen und auch kostenlos zur Verfügung stellen für Windows -7- und Windows-8-Anwender. Aber am 29. Juli 2016 ist dann Schluss und dann kostet es Geld.
Römermann: Georg Oevermann, Software-Experte von der Zeitschrift "Computerbild". Vielen Dank für die Informationen.
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