Am 22. Dezember um 4:27 Uhr erreicht die Sonne ihren tiefsten Punkt an der Himmelskugel. Dies markiert den astronomischen Winteranfang. Wir erleben die längste Nacht und den kürzesten Tag des Jahres. Auf der Südhalbkugel hingegen leuchtet die Sonne so stark wie sonst nie. In Australien, Südafrika und Südamerika beginnt der Sommer.
Was genau passiert in der Wintersonnenwende?
Zum Wechsel der Jahreszeiten kommt es, weil die Rotationsachse der Erde nicht senkrecht auf der Erdbahnebene steht, sondern um gut 23 Grad geneigt ist.
Die Erdachse zeigt stabil immer in dieselbe Richtung am Himmel. Daher weist die Erde während eines Jahres der Sonne einmal die Nord- und einmal die Südhalbkugel zu.
Auf der Nordhalbkugel ist es im Winter so finster wie sonst nie. Bei uns geht die Sonne im Südosten auf und zieht nur in einem sehr flachen Bogen über das Firmament, bevor sie im Südwesten wieder untergeht.
In der Mitte Deutschlands steht sie mittags gut 16 Grad hoch am Südhimmel – zu Sommeranfang im Juni wandert die Sonne fast viermal höher. Die Menschen in der Forschungsstation am Südpol erleben derzeit die Mitte des sechsmonatigen Polartages.
Unsere Erde läuft immer weiter – und das seit mehr als vier Milliarden Jahren. Ab dem 22. Dezember wendet sich ganz allmählich die Südhalbkugel wieder von der Sonne ab. Wir im Norden bekommen mehr und mehr Licht und Wärme ab und die Tage werden wieder länger.
Welche Bedeutung hat die Wintersonnenwende kulturell?
Sonnenwendfeiern sind in vielen Kulturen als Feste des Übergangs bekannt, im Sommer wie im Winter. Die Sommersonnenwende wurde im Laufe der Christianisierung zum Gedenktag für Johannes den Täufer (24. Juni). In Skandinavien wird immer noch Midsommar gefeiert.
Über das im Dezember stattfindende Julfest ist aus vorchristlicher Zeit nur wenig belegt. Opferrituale für Götter haben da wohl nicht stattgefunden. Erst im 19. Jahrhundert, als nationale Bewegungen einen eigenen Mythos schufen, begann man, eine angeblich germanische Religion zu konstruieren. Die deutsche Jugendbewegung der 1920er-Jahre führte die Sonnenwendfeier ein und beging sie mit großen Feuern, die NSDAP übernahm den Brauch nach 1933. Die nationalsozialistische Propaganda versuchte, Weihnachten nach und nach zum angeblich ursprünglichen Sonnenwendkult des Julfestes umzudeuten und zu ersetzen.
Wie hängen Weihnachten und Wintersonnenwende zusammen?
Wann Jesus von Nazareth geboren wurde, ist nicht überliefert. Die Evangelisten machen dazu keine Angaben und die ersten Christen haben auch kein Weihnachten gefeiert. Wichtiger waren Tod und Auferstehung Christi, was man nach der biblischen Überlieferung am jüdischen Pessach festmacht. (Dieses wird vom Mondkalender bestimmt, daher sind die Ostertage bewegliche Feiertage.)
Das genaue Geburtsjahr zu rekonstruieren, ist wegen einiger Widersprüche schwierig. Noch schwieriger ist es, sich auf Monat und Tag festzulegen. In den Anfängen des Christentums konkurrierten mehrere Termine für das Weihnachtsfest, die bloß symbolisch motiviert waren, unter anderem der 25. und der 28. März. Im 4. Jahrhundert hat Kaiser Konstantin den 25. Dezember festgelegt. Die orthodoxen Kirchen, die sich immer noch am julianischen Kalender orientieren, feiern am 6. und 7. Januar.
Warum der 25.12. gewählt wurde, dafür gibt es zwei Erklärungsmodelle. Oft wird ein Zusammenhang zwischen Weihnachten und der Wintersonnenwende behauptet. Die sogenannte religionsgeschichtliche These besagt, der Termin sei von Kaiser Konstantin auf den Tag des Festes "Sol invictus" gelegt worden, mit dem der römische Sonnengott gefeiert wurde. Das christliche Weihnachten habe das heidnische Sonnenfest überschrieben, den Sonnenkult umgedeutet: Jetzt war es Jesus, der - wie es im Johannesevangelium steht - das Licht in die Welt brachte.
Die andere Hypothese besagt, das Geburtsdatum Jesu wurde berechnet: Man ging davon aus, dass er im Frühling empfangen wurde, nach dem julianischen Kalender begann dieser am 25. März. Neun Monate später musste also der Gottessohn geboren worden sein, das heißt am 25. Dezember. Auch hier handelt es sich um ein symbolisches Datum, das mit der Sonne zusammenhängt, der Tag-und-Nachtgleiche im Frühling.
Der Historiker Hans Förster lehnt die religionsgeschichtliche These ab. Das Fest "Sol invictus" ist ihm zufolge schlecht belegt, es war nicht weit verbreitet oder beliebt, gab es vielleicht sogar gar nicht - ein "Forschungsmythos". Er bietet eine dritte Erklärung an: Weil die Pilgerströme nach Bethlehem zunahmen, aber im Frühling bereits Ostern gefeiert wurde, verlegte man Weihnachten in den Winter, wenn die Tage wieder länger zu werden beginnen. So oder so: Jesus Christus bleibt der Lichtbringer.
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