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Wintervögelzählung
Da piept's wohl!

Jedes Jahr ruft der Naturschutzbund Deutschland (NABU) dazu auf, Vögel im Garten, im Park oder an anderen Orten zu zählen. Ab heute läuft die Aktion "Die Stunde der Wintervögel" eine Woche lang. Es ist Deutschlands größte wissenschaftliche Mitmachaktion, wie Vogelexperte Lars Lachmann vom NABU im Interview sagt.

Lars Lachmann im Gespräch mit Jule Reimer |
    Amselhahn, turdus merula
    Die Amsel überwintert in Deutschland und ist meist in jedem Garten zu sehen (picture alliance / Hinrich Bäsemann)
    Jule Reimer: Die Briten tun es schon mit Begeisterung seit gut einem Jahrhundert: Bird Watching, Vögel beobachten. In Deutschland breitet sich dieses Hobby ebenfalls zunehmend aus, gern gesehen von den Naturschutzverbänden und auch gefördert, zum Beispiel durch die Stunde der Gartenvögel – die schlägt wieder ab heute an diesem Wochenende. Der Naturschutzbund Deutschland NABU und sein bayrischer Partner, der Landesbund für Vogelschutz, laden zur Beobachtung all dessen ein, was jetzt im Winter im Garten, Park oder vor dem Balkon tschilpt und pickt. Lars Lachmann, Sie sind der Vogelexperte beim NABU, Sie setzten bei jeder dieser Aktionen einen Schwerpunkt. Was sollen denn alle, die diesmal mitmachen wollen, besonders genau beobachten?
    Lars Lachmann: Guten Morgen! An diesem Wochenende findet die Stunde der Wintervögel statt, deswegen werden die Wintervögel gezählt. Es gibt noch eine Schwesteraktion im Mai, das ist die Stunde der Gartenvögel, dort werden dann die Sommervögel gezählt, wo dann auch viele Zugvögel dabei sind. Die Wintervögel sind bei unseren Teilnehmern noch beliebter, denn es ist im Winter ein bisschen einfacher, die Vögel zu sehen. Erstens, gibt es weniger verschiedene Vögel zu unterscheiden und, zweitens, kommen sie sehr häufig nah an uns heran, vor allem, wenn wir eine Futterstelle im Garten haben. Die Stunde der Wintervögel ist Deutschlands größte wissenschaftliche Mitmachaktion, das heißt, es geht um Wissenschaft und auch ums Mitmachen.
    Reimer: Und wo drauf soll man genau achten bei den Vögeln? Also meistens gucken Sie ja auf eine Vogelart genauer.
    Lachmann: In diesem Fall geht es um eine Bestandserfassung der Vögel bei uns im Siedlungsraum, das heißt, jeder, der bei uns mitmachen will, und das kann im Prinzip jeder, der so ein bisschen Interesse an Vögeln hat, der muss nicht jede Vogelart erkennen können, muss sich nur an diesem Wochenende, beginnend heute am Freitag, eine Stunde lang Zeit nehmen und genau eine Stunde lang im eigenen Garten – man kann auch den Nachbargarten mit dazu nehmen – oder im eigenen Hinterhof oder im nächstgelegenen Park eine Stunde lang sämtliche Vögel versuchen zu finden und zu identifizieren und uns dann zu sagen, wie viele Vögel von jeder einzelnen Vogelart, die entdeckt worden ist, maximal gleichzeitig gesehen worden ist.
    Reimer: Nun kennt aber nicht jeder alle Vögel.
    Lachmann: Genau, es kennt nicht jeder alle Vögel, aber das ändert sich auch von Jahr zu Jahr wenig, das heißt, wer heute die Vögel nicht erkennt, kann das vielleicht im nächsten Jahr auch nicht, sodass wir die Ergebnisse trotzdem zwischen den verschiedenen Jahren sehr gut vergleichen können. Natürlich wissen wir ganz genau, dass wir nicht mit dieser Inventarisation genau eine Zahl rauskriegen können, wie viele Vögel wirklich in Deutschlands Gärten leben, aber wir können über die Jahre sagen, ob es mehr oder weniger werden.
    "Im Schnitt neun Vogelarten je Ort"
    Reimer: Sie unterstützen die Leute dabei, die Vögel zu erkennen – wie funktioniert das?
    Lachmann: Wer bei uns auf die Webseite geht, www.stundederwintervoegel.de, oder auch einfach bei nabu.de, wird dann gleich auf die Porträts der 35 wichtigsten Wintervogelarten bei uns stoßen, da kann man dann noch mal nachgucken, auch wenn man gerade kein Vogelbuch zur Hand hat, und entdeckt dort sicherlich auch die Vogelart, die man im Garten gesehen hat. Nach unsere bisherigen Erfahrungen sind das pro Garten im Schnitt etwa neun Vogelarten bei der Winterzählung.
    "Vogelfütterung macht man hauptsächlich für sich selber"
    Reimer: Der Winter ist ja so mild. Sie sagten, man kann die Vögel besser beobachten, weil sie gefüttert werden – macht das denn Sinn in einem milden Winter?
    Lachmann: Wir von NABU unterstützen die winterliche Vogelfütterung auf jeden Fall, aber hauptsächlich deswegen, weil das eine ganz tolle Naturerlebnismöglichkeit ist, das heißt, die Vögel kommen nah an uns heran, und es gibt eigentlich keine zweite Gelegenheit, dass man so nah an die Natur herankommt. Das heißt, wir sagen, Vogelfütterung ja, aber man macht es hauptsächlich für sich selber. Die Vogelarten, die wir damit unterstützen, die würden es wahrscheinlich auch ohne die Vogelfütterung schaffen, allerdings kann man die einzelnen Vogelindividuen, die man dadurch im Garten durchfüttert, durchaus vor dem Verhungern retten. Aus Tierschutzsicht macht das dann durchaus Sinn.
    Reimer: Sagen Sie noch mal – was sollte man füttern?
    Lachmann: Die meisten Vögel, die bei uns im Winter vorkommen, fressen sehr gerne oder zumindest, wenn sie nichts anderes haben, Sonnenblumenkerne, das ist daher das ideale Standardfutter. Am besten bewährt haben sich die schwarzen Sonnenblumenkerne, die sind etwas weicher und haben ein bisschen mehr Fett, die Vögel mögen das. Man kann das ein bisschen variieren, indem man auch kleinere Samen, zum Beispiel Hirse oder Hanfsamen noch mit dazwischen mischt, das ist dann auch, was in den normalen handelsüblichen Vogelmischungen drin ist, und für die Weichfresser – Amseln, Rotkehlchen – kann man auch noch Haferflocken und Rosinen mit druntermischen.
    Reimer: Die Stunde der Gartenvögel – machen Sie mit an diesem Wochenende, zählen Sie. Danke für diese Information an Lars Lachmann, Vogelexperte beim Naturschutzbund Deutschland!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.