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"Wir brauchen eine Reform des Urheberrechts"

Er bemühe sich um ein reformiertes Urheberrecht, das der besonderen Situation der digitalen Welt angemessen sei, sagt Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU). Alle Inhalteanbieter würden eine Regelung fordern, doch bislang gäbe es leider nur kleine Schritte.

Bernd Neumann im Gespräch mit Thielko Grieß |
    Thielko Grieß: Es war eine Idee Gerhard Schröders: Der Bund sollte einen Zuständigen für Kultur bekommen, obwohl das Grundgesetz dem Bund hier wenig Kompetenz einräumt und eher den Bundesländern. Michael Naumann wurde es als Erster, der SPD-Mann und "Zeit"-Herausgeber. Es folgten Julian Nida-Rümelin und die parteilose Christina Weiss. Und seit Angela Merkel Kanzlerin ist, arbeitet Bernd Neumann mit ihr unter einem Dach im Kanzleramt, er als Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien. Neumann war früher Chef der CDU in Bremen.

    Jürgen König: "Bernd Neumann - Kulturstaatsminister mit Einfluss"

    Soweit also Jürgen König mit einer Skizze über die vergangenen Amtsjahre von Bernd Neumann. Unerledigt geblieben ist es, das haben wir gerade gehört in den vergangenen Jahren, zum Beispiel die Reform des Urheberrechts. Und Bernd Neumann ist jetzt am Telefon, ich grüße Sie!

    Bernd Neumann: Ja, hallo!

    Grieß: Das Urheberrecht, das wollen Sie im Wesentlichen so beibehalten, wie es ist, Herr Neumann. Warum so konservativ?

    Neumann: Sie irren!

    Grieß: Wo?

    Neumann: Sie irren, ich will es nicht so beibehalten, wie es ist, denn wenn wir alles so ließen, wie es ist, reicht es nicht aus. Wir brauchen eine Reform des Urheberrechts, die zugeschnitten ist auf die digitale Welt. Und das kann man nicht eins zu eins umsetzen. Und das ist ja der Punkt, um den ich mich bemühe und für den ich mich einsetze, dass wir ein reformiertes Urheberrecht bekommen, das der besonderen Situation der digitalen Welt, der besonderen Situation des Internets angemessen ist. Aber wir brauchen es, um den Schutz des Eigentums, der ja die Basis für die Existenz der Künstler ist, auch in der Zukunft garantieren zu können!

    Grieß: Aber es gibt ja auch starke gesellschaftliche Veränderungen, wozu auch gehört, dass man sich zum Beispiel am Verwenden einzelner digitaler Elemente beteiligt, sie verändert, sie auch teilt. Da ist der Schutz des Eigentums kein so großer Wert mehr, all das geschieht ohnehin schon täglich, tausendfach. Wo ist Ihr Ansatz, auch das zu berücksichtigen?

    Neumann: Natürlich kann man nicht alles schützen. Aber es ist ja bisher zum Beispiel so, dass – nehmen wir mal den Filmbereich – illegal Filme, die noch gar nicht im Kino gewesen sind, über Plattformen angeboten werden, die noch mit Werbung versehen werden, das heißt, in zum Teil krimineller Weise vorgegangen wird. Dasselbe haben Sie im Musikbereich und das hat eben dazu geführt, gerade im Musikbereich, dass die Umsätze der Musikwirtschaft in den letzten zehn Jahren um 50 Prozent sich reduziert haben. Und das geht nicht. Und deswegen muss man zum einen natürlich an die Künstler, an die Kreativen und deren Unternehmen appellieren, neue Geschäftsformen zu finden – da gibt es auch eine positive Entwicklung –, aber man muss eben auch gesetzlich deutlich machen, dass das illegale Herunterladen nicht legitim ist. Und wer bewusst und dann noch gewerbsmäßig genutzt dagegen verstößt, der muss auch in Zukunft bestraft werden. Und dies alles haben wir nicht geregelt, wir wollen es regeln. Im Übrigen ist das nicht mein persönliches Vergnügen, sondern das ist durchgehend der Wunsch aller Inhalteanbieter, von den Rundfunkanstalten, den Fernsehanstalten, im Börsenverein, die Filmwirtschaft, alle sie wollen eine Regelung. Und ich bemühe mich, dass wir zu einem Ergebnis kommen, bisher leider nur kleine Schritte, deswegen ist das ein erster Punkt, der in der neuen Koalitionsverhandlung stehen muss.

    Grieß: Es gibt ja auch zum Beispiel Ideen, Instrumente, Pauschallösungen zu finden, Pauschalzahlungen, auf Englisch Flatrate. Die Kultur-Flatrate, wäre das eine Lösung für Sie?

    Neumann: Die Flatrate geht ja eben davon aus, dass es eine Lösung geben muss. Da sind wir uns einig. Aber alle, die sich damit beschäftigt haben – das ist eine Idee, die kommt aus dem Bereich der Grünen –, sagen, dass eine pauschale Flatrate den differenzierten Bedingungen nicht Rechnung trägt. Aber ich bin bereit, über alle Möglichkeiten zu diskutieren, um zu einem Ergebnis zu kommen!

    Grieß: Sie erhalten viel Lob für Ihre Arbeit, für Ihr Verhandlungsgeschick, Herr Neumann. Aber Sie haben in diesem Punkt ja auch verhandelt, zum Beispiel mit der Justizministerin, mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, FDP. Warum haben Sie denn bei ihr so sehr auf Granit gebissen?

    Neumann: Die Frage müsste sie selbst beantworten.

    Grieß: Aber Sie waren ja auch daran beteiligt, an den Verhandlungen!

    Neumann: Ja, es gibt eben noch Unterschiede zwischen den Parteien. Und ich habe den Eindruck, dass in dem Fall die Justizministerin – es gibt auch andere Meinungen in der FDP – da auch ein Stück auf die Entwicklung im Parteiengefüge geschielt hat, vielleicht auch die aufkommende Konkurrenz von Piraten sah, und ein wenig auch auf die sogenannte Netzgemeinde geschielt hat, die ja das Bewusstsein hat, alles im Internet ist gratis – das ist ja das, was ich vermute –, und deswegen aus diesen politischen Gründen – so meine Vermutung – nicht bereit war, sagen wir mal, einschneidend zu handeln. So. Aber hier gibt es Diskussionsprozesse. Und wenn die FDP dann erneut im Deutschen Bundestag vertreten ist, dann wird sie etwas ruhiger und besonnener sein, und ich bin da ganz optimistisch, zumal ich auch andere Kollegen aus dem FDP-Bereich kenne, die meine Meinung teilen. Also, sollte es eine schwarz-gelbe Mehrheit geben, glaube ich, dass wir da in der Tat dann eine Regelung hinbekommen.

    Grieß: Mit einer großen Koalition könnten Sie es leichter haben, vermute ich. Sie auch?

    Neumann: Ja, manche Dinge gehen mit dem einen leichter, andere mit dem anderen leichter. Nun muss ich ja sagen, wir können die Koalitionsfrage nicht allein von dieser einzelnen Frage abhängig machen. Denn hier geht es ja um grundsätzliche Richtungen. Sie wissen, ich bin überzeugt davon, dass an sich die Kultur das Schönste und das Wichtigste in der Welt ist, es gibt aber noch andere Fragen. Und in diesen anderen grundsätzlichen Fragen gibt es doch größere Schnittmengen mit den Liberalen, und deswegen wollen wir die Koalition fortsetzen. Aber Sie wissen, ich habe ja vier Jahre Kulturpolitik gemacht, meine ersten vier Jahre mit den Sozialdemokraten; ich habe dann vier Jahre mit der FDP koalieren müssen und ich bin mit der Darstellung in Ihrer Einleitung von Herrn König zufrieden. Der eine wie der andere hat mich nicht daran gehindert, im Prinzip richtige Entscheidungen zu treffen.

    Grieß: Sie haben mit der FDP koalieren müssen, das klingt ein wenig nach Zwang, der da mitschwingt, Herr Neumann. Aber auch das muss ich Sie natürlich fragen, wie sieht es denn nach der Wahl aus, wollen Sie weitermachen?

    Neumann: Die Frage wird mir täglich dreimal gestellt!

    Grieß: Heute von mir nur einmal!

    Neumann: Ja! Das ist auch völlig normal, ich mache das ja schon länger als alle drei Vorgänger, die in diesem Amt jemals waren, zusammen. Und da stellt man doch die Überlegung an, ist es klug, noch mal weiterzumachen, oder ist es nicht gut, hier einen Cut zu setzen und was anderes zu tun? Und ich habe in Absprache auch mit der Bundeskanzlerin mir vorgenommen, erst mal bis zum Ende unserer Regierungszeit voll zu arbeiten – das geht wahrscheinlich bis Ende Oktober –, und dann überlegen wir und dann schauen wir mal!

    Grieß: Sie haben die Kultur das Schönste und das Wichtigste genannt auf dieser Welt! Dieses Schönste und das Wichtigste ist verteilt aber nach wie vor auf ganz verschiedene Ministerien, auch das haben wir gehört in dem Beitrag von Jürgen König. Welche weiteren Kompetenzen würden Sie denn gerne bei einem Kulturstaatsminister in Zukunft bündeln, ob er nun Neumann heißt oder nicht?

    Neumann: Ich kenne diese Frage, wollen wir aus dieser Struktur des Kulturstaatsministeriums, das dem Bundeskanzleramt zugeordnet ist, einen Bundeskulturminister machen oder ein Bundeskulturministerium. Nun muss ich erst mal grundsätzlich sagen: Derjenige, der meine Kompetenz verstärken will – ich rede jetzt mal von mir –, was dann auch noch verbunden ist mit einer Gehaltserhöhung, ist mir natürlich nicht unsympathisch. Ich wäre ja töricht, wenn ich sagen würde, ich möchte nicht gegebenenfalls auch noch mehr Einfluss auf die auswärtige Kulturpolitik ausüben! Ich muss nur ganz cool sagen: Ich glaube, dass die Konstruktion des Amtes sich bewährt hat. Es hat sich auch bewährt, dass dieses Amt im Bundeskanzleramt angesiedelt und der Bundeskanzlerin zugeordnet ist, viel kürzere Wege, viel direkterer Draht zur Regierungschefin. Und na ja, ich gebe zu, man muss dann dementsprechend auch das Beste draus machen. Und deswegen sage ich, man kann so weiterarbeiten, das wird den Anforderungen der Kultur voll gerecht.

    Grieß: Die Zusammenarbeit, Herr Neumann, mit den anderen Ressorts, die bestand in den vergangenen Jahren ja auch immer darin, Geld zu besorgen für die Ausgaben, die bei Ihnen anfallen. Und auch das haben wir gehört, der Etat ist gestiegen, recht deutlich sogar, wenn man auf die vergangenen Jahre schaut, auf inzwischen 1,28 Milliarden Euro, also ungefähr 1,3 Milliarden Euro. Ist damit ein Niveau erreicht, das nun ausreicht, oder wünschen Sie sich noch einen kleinen Aufschlag mehr?

    Neumann: Die Anforderungen an die Kultur sind nach wie vor hoch. Und ich würde immer noch gern mehr machen wollen und ich traute mir auch zu, dass diese Serie von 2005 bis heute, jedes Jahr ein wenig mehr, halten könnte. Aber dazu bedarf es erst mal der Entscheidung, wer wird Kulturstaatsminister, und zweitens dann natürlich harte Kernarbeit. Ich muss dies sagen! Dies war nicht selbstverständlich, ich musste das immer wieder durch Überzeugungsarbeit mit den Haushältern, mit meinem politischen Netzwerk, das ich hatte, mir erkämpfen. Das ist kein Selbstläufer. Und jeder andere muss es genauso tun. Aber mittlerweile glaube ich – und das ist ein gutes Zeichen, das geht über die Parteigrenzen hinaus –, sagt man, die Ausgaben für Kultur sind eben keine Subventionen, sondern sind Investitionen in die Zukunft. Und der Anteil der Kultur in allen Haushalten ist im Hinblick auf den Gesamthaushalt doch relativ gering. Und deswegen wäre es töricht, dort zu sparen. Die jetzige Koalition mindestens hat diese Botschaft verstanden.

    Grieß: Der Kulturstaatsminister Bernd Neumann heute Morgen hier im Deutschlandfunk im Gespräch. Danke, Herr Neumann, ich bedanke mich für das Gespräch!

    Neumann: Ja, also tschüss, alles Gute!


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