Die politischen Stürme haben sich allerdings gelegt. Der Wahlkampf ist vorüber, in der vergangenen Woche präsentierte die neue, alte Regierung aus Sozialdemokraten, Sozialisten und Zentrumspartei ihren Koalitionsvertrag. Wie schon im Wahlkampf spielt das Thema EU-Beitritt darin keine Rolle. Man ist sich einig, dass man sich uneins ist. Eine Volksabstimmung über einen Beitritt zur EU wird es auch in dieser Legislaturperiode nicht geben. Die Norweger selbst zucken gelassen mit der Schulter:
"Ich glaube nicht, dass Norwegen der EU beitreten wird, nicht in absehbarer Zukunft. Und warum auch? Wirtschaftlich gesehen sind wir - als Teil des Europäischen Wirtschaftsraumes - doch eigentlich schon Mitglied."
An dieser Haltung ändern auch die Beitrittsbestrebungen Islands nichts.
"Warum sollte das unsere Haltung ändern? Die Isländer sind in einer besonderen Situation. Als es ihnen noch gut ging, wollten sie ja auch nicht. Wenn es uns einmal weniger gut geht, können wir das Thema EU-Beitritt ja wieder aufgreifen."
Doch derzeit kennt Norwegen keine Wirtschaftssorgen. Das Land schwimmt in Geld - dank Öl und Gas in der Nordsee. Ein staatlicher Fonds, in den die Überschüsse der Energiegeschäfte fließen, verfügt inzwischen über ein Prozent aller Aktien weltweit. Ihr Wert summiert sich auf mehr als 250 Milliarden Euro.
Allerdings sind Öl und Gas begrenzte Ressourcen - selbst in Norwegen. 2010 wird die Förderung ihren Höhepunkt erreichen. Bis 2023, belegen interne Daten eines führenden Energiekonzerns, könnte sich die Fördermenge halbieren, wenn keine neuen Felder gefunden werden. Schon in den letzten zehn Jahren wurden 55 Prozent weniger Öl und Gas gefunden, als in den 15 Jahren davor. Die Geologin Mona Nyland Berg:
"Es ist nicht so, dass man die Ölfelder komplett leert. Wenn es einem gelingt, 60 Prozent des Öls zu fördern, dann ist man sehr erfolgreich. Bei vielen Feldern kommen wir aber höchstens an 40 oder 50 Prozent des Öls heran - dann wird das Verfahren so kompliziert und die Produktion so teuer, dass es sich einfach nicht lohnt."
Noch also ist der Himmel blau über Oslo, doch am Horizont sind erste Wolken zu erkennen. Das weiß auch der norwegische Außenminister Jonas Gahr Større, und so ist er beim Thema EU-Beitritt durchaus aufgeschlossener als die norwegische Öffentlichkeit:
"Ökonomisch gesehen würde ein EU-Beitritt derzeit keinen großen Unterschied machen. Politisch bin ich jedoch der Meinung, dass Norwegen in allen Gremien vertreten sein sollte, in denen politisch wichtige Entscheidungen für das Land getroffen werden. Deswegen war und bin ich selbst Befürworter einer EU-Mitgliedschaft Norwegens."
Zwar werden die Gasreserven des Landes wohl weit bis ins 21. Jahrhundert reichen, sodass Norwegen auch in Zukunft ein verlässlicher Energiepartner für Europa sein dürfte. Doch der Außenminister will das Heft des Handelns selbst in der Hand behalten und nicht erst in einer Situation der Schwäche über einen EU-Beitritt seines Landes verhandeln. Dass genau das den Isländern bevorsteht, ist für Norwegen ein eher abschreckendes Beispiel.