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"Wir haben keine Hoffnung mehr!"

Der gewohnte Ruf zum Nachmittagsgebet schallt über die Innenstadt von Gaza. Scheppernd übertragen Lautsprecher die Aufforderung des Muezzin; eine der wenigen Konstanten im Leben der Palästinenser nach dem Ende der dreiwöchigen Militäroperation der israelischen Streitkräfte. Im Vergleich zu früher würde sich nur noch die Hälfte der Gläubigen in den Moscheen einfinden, ist später zu erfahren. Viele blieben jetzt dem gemeinsamen Gebet fern.

Von Clemens Verenkotte |
    Erst wenige Tage sind vergangen, seit dem Wochenende des 18. Januar, an dem zunächst Israels Regierung und dann die Hamas-Führung jeweils ihre einseitige Waffenruhe ausgerufen haben. An allen Stellen in der Stadt sind schroffe, absurde Gegensätze zu beobachten: Mitunter grotesk wirkende Zerstörung und trotziges, reflexartiges Aufräumen. Wie von riesigen Hämmern bis zur Unkenntlichkeit zermalmte Hochhäuser, wie das Parlamentsgebäude, die Ministerienbauten - Moscheen, Polizeikasernen, Feuerwehren, Getränke- und Zementfabriken, die islamische Universität, der ehemalige Amtssitz von PLO-Chef Jassir Arafat direkt an der Küste von Gaza-Stadt, aus dessen pulverisierten Überresten erst eine Woche später die Leichen geborgen werden sollten.
    Auf vielen Dächern und Balkonen der Häuser liegen Teppiche zum Trocknen aus, geblümte Decken, dunkle Bettbezüge, Kleiderstücke jeder Größe, die - wie so vieles in den vorherigen drei Wochen - vom Staub und Schutt, von Gesteinsbrocken und buchstäblichem Pulverdampf wieder gereinigt und notdürftig für den täglichen Gebrauch präpariert werden. Zu Dutzenden schaufeln Männer jedes Alters mit Besen und Schubkarre die Straßenränder frei. Strommasten werden repariert, Wasserleitungen geflickt. Ladenbesitzer suchen mit schlappen Gartenschläuchen die Bordsteine vor ihren Geschäften zu säubern, erste Händler stehen mit frischem Obst- und Gemüse an den Straßenecken der Stadt, die Waren kommen über die Grenze, aus Israel, sagt der Verkäufer. Die Preise für anderthalb Kilo Äpfel haben mit zehn Schekeln - die israelische Währung ist unverändert das Zahlungsmittel in Gaza - neue Rekordhöhen erreicht:

    Eine Mutter mit ihrer halbwüchsigen Tochter will die Preise gar nicht glauben. Dann nimmt sie schließlich einige Äpfel und wendet sich kopfschüttelnd von dem Händler ab.

    In der nächsten Seitenstraße steht ein Vogelkäfig mit sechs Kanarienvögeln, fünf gelben und einem roten, vor einem Frisörgeschäft - der Besitzer, Mohamed Abu Hasira, liebt das friedliche Gezwitscher der gefiederten Gefangenen, das durch die offene Geschäftstür nach innen dringt. Nach der Waffenruhe, so erzählt der 30jährige Mohamed, seien die ersten Kunden wieder gekommen. Jetzt sitzen vier Männer in den einfachen Drehstühlen, schauen ab und zu nach links oben in die Ecke zum Fernseher, dessen Programm auf Al Jazerrah eingeschaltet ist, während ihnen die Haare geschnitten werden. Auf die Frage, wie er die Stimmung unter seinen Kunden beschreiben würde, was die vorherrschende Gefühlslage sei, gibt Mohamed - der keinen Moment lang seine Schere zur Ruhe kommen lässt - präzise zurück:
    "Jeder ist enttäuscht. Jeder ist erschöpft. Jeder ist besorgt. Niemand fühlt sich sicher. Keine Sicherheit für die Zukunft, keine Sicherheit in Deinem Haus, keine Sicherheit für Deinen Job. Nirgends gibt es Sicherheit. Man kann alles von einer Sekunde auf die andere verlieren. Leute, die vorher was aufbauen wollten, wollen jetzt nichts mehr aufbauen. Leute, die vorher raus gehen und was anpacken wollten, wollen nicht mehr rausgehen. Die Zukunft ist ungewiss. Menschen können jede Minute sterben, jede Sekunde. In diesem Leben gibt es keine Hoffnung. Die Menschen sind hoffnungslos."

    Drei Wochen lang, seit dem Beginn der israelischen Luftangriffe auf Gaza-Stadt an einem sonnigen Samstagmittag Ende Dezember, hätten er, seine Frau und ihre fünf Kinder versucht, zu überleben. Die Eltern hätten sich immer wieder verzweifelt darum bemüht, die drei Töchter im Alter von 12, 6 und 3 Jahren sowie die beiden Söhne, 10 und 8 Jahre alt, zu beruhigen, ihnen die Angst vor den Einschlägen zu nehmen, vor den lauten Explosionen, vor dem Lärm der F 16 Kampfflugzeuge und der Apache-Helikopter, vor dem beständigen Propellersummen der unbemannten Aufklärungsdrohnen, vor dem allgegenwärtigen Tod. Wie seine Frau und er dies geschafft hätten? Der Frisör Mohamed:
    "Zunächst sieht man sich einer Menge Fragen der Kinder ausgesetzt: Warum fliegen diese Flugzeuge? Was sind das für Stimmen? Sie fangen an, große Angst zu bekommen, sie sind verunsichert, erschrocken. Sie schlafen nachts nicht. Sie essen wenig, sie schreien viel. Diese Situation ist für die Kinder sehr tragisch. Man ist hin und her gerissen, man will die Kinder schützen, man will sich selber schützen, das Haus schützen. Man weiß nicht, wo diese Rakete einschlagen wird. Das ist die Situation, in der wir leben."
    Martialische Musik dröhnt aus dem Radiogerät, sobald man den Hamas-Sender oder die Station des Islamischen Djhad im Gaza-Streifen einschaltet. "Alle arabischen Staaten sind auf unserer Seite," tönt es aus den Lautsprechern, "die Intifada ist wie ein Vulkan, der Feuer und Zorn ausschleudert. Entweder Intifada oder Sieg!" Einen größeren Gegensatz zwischen der illusionären Durchhalteromantik der herrschenden Hamas und dem kollektiven Trauma unter den Palästinensern lässt sich kaum finden.
    Die 20-minütige Autofahrt von der Innenstadt von Gaza hinaus zur Familie Abu Medden östlich vom Flüchtlingslager Burej, in direkter Nähe zur alten Demarkationslinie zu Israel, führt genau entlang der Route, die die israelischen Streitkräfte bei ihrem Vorstoß ins Zentrum der 400.000 Einwohner großen Metropole in umgekehrter Richtung eingeschlagen haben: Zunächst nach Süden, dann nach Osten. Die tiefen Spuren der schweren Merkava-Panzer, von denen jeder 65 Tonnen wiegt, sind nach nur wenigen Hundert Metern Fahrt auf der rechten Seite zu sehen. Mitten in der Stadt haben hier überbreite erdfarbene Pisten den Asphalt der Durchgangsstraße in diesen Viertel ersetzt. Die Fassaden der mehrstöckigen, eng zusammenstehenden Wohnhäuser weisen in unregelmäßigen Abständen immer wieder Einschusslöcher auf. Manche der kleinen Handwerksbetriebe, die meist unten im Erdgeschoss der Häuser hinter blauen Metalltüren einigen Männern Arbeit boten, sind vom Beschuss zerstört, andere - unmittelbar angrenzende - blieben von der Wucht des israelischen Militäreinsatzes auf rätselhafte Weise verschont.

    Das späte Nachmittagsgebet, das Foad Abu Medden mit zweien seiner Familienmitglieder auf der Veranda seines Hauses verrichtet, fällt schon in die Abenddämmerung. Foad, ein Oberstufenlehrer von Ende 50 aus einer gutbürgerlichen, wohlhabenden Familie, trauert um seinen Bruder Samy. Unter dem Plastikdach vor dem Eingang sitzen die männlichen Verwandten, wärmen sich an einem Holzkohlengrill, auf dessen Glut eine schmale Messingkaffeekanne steht - für die Trauergäste aus der Nachbarschaft, die kondolieren wollen. Der grauhaarige Herr in Anzug und dunklem Rollkragenpullover hat sein Gebet beendet und kehrt zu den anderen zurück. Jeder von den Brüdern, so erzählt Foad, hätte von dem Vater ein ansehnliches Haus und ein großes Grundstück erhalten. Das Haus seines getöteten Bruders befand sich mitten in dem Gebiet südlich von Gaza-Stadt, das sich die israelische Armeeführung als den vorübergehenden Stützpunkt der Panzertruppen südlich von Gaza-Stadt ausgesucht hatte: In den Wein- und Olivenplantagen in der Nähe der ehemaligen jüdischen Siedlung Nezarim:

    "Mein Bruder wurde ohne jeden Grund umgebracht. Er stand außerhalb seines Hauses. Die Gegend ist sehr schön und ruhig. Unsere Nachbarn, die Frauen und die Kinder - alles Zivilisten - sie wurden angegriffen und alle verletzt."

    Die Rakete, die aus einem Kampfhubschrauber abgefeuert worden sei, habe seinen Bruder direkt in den Kopf getroffen. Auf dem Grundstück hätten sich keine bewaffneten Hamas-Milizionäre befunden. Als sein zweiter Bruder, ein in Österreich approbierter Augenarzt, aus dem Wohnhaus nach draußen habe stürzen wollen, um den Verletzten beizustehen, hätten israelische Einheiten auch auf diesen das Feuer eröffnet. Erst am nächsten Tag sei er schwer verletzt in der familien-eigenen Plantage aufgefunden worden - sie hätten immer seine Handynummer angerufen, bis sie schließlich dem Klingeln nachgegangen und ihn gefunden hätten. -

    Im Gaza-Streifen leben seit der "Nakba" von 1948, wie die Palästinenser die gewaltsame Vertreibung und Flucht aus ihrer Heimat während der israelischen Staatsgründung bis heute nennen, überwiegend Flüchtlinge. Mehr als 70 Prozent der heutigen Einwohner stammen von diesen Flüchtlingen und Vertriebenen ab. Die Erinnerung an damals, an die Katastrophe von 1948, ist in jeder palästinensischen Familie zentraler Bestandteil der eigenen persönlichen Geschichte; einer Geschichte, die Foad und viele Menschen im Gaza-Streifen jetzt wieder eingeholt hat. Niemals zuvor hätten er oder seine Verwandten eine derart entfesselte israelische Gewaltanwendung erlebt:
    "1967 war ich ein Sechstklässler. Damals haben wir so was nicht erlebt. Sie besetzten das Gebiet hier in fünf Stunden. Wir sahen keine Panzer oder all die anderen Dinge. Es ist schrecklich. Das hier war schlimmer als die "Nakba" von 48."
    Heider, einer der unverletzten Brüder Foads, tritt neben ihn. Dem Landwirt und Familienvater steht noch jetzt der Schock ins Gesicht geschrieben. Mit bis zuletzt 100 Personen hätten sie in dem Elternhaus Schutz vor den Angriffen gesucht. Ob die israelischen Panzer bis hierher vorgedrungen seien? Heider widerspricht:
    "Nein, nein, nein. Sie drangen nicht ein. Sie standen 800 Meter von hier an der Grenze. Sie schossen Phosphor ab, gefolgt von einem Luftangriff. Einer wurde verletzt, die anderen konnten nicht mehr atmen, und danach begann ein Panzer zu schießen."

    Heider und die übrigen Männer der Trauergesellschaft stehen auf und wollen dem ausländischen Reporter die Überreste von Phosphorgranaten zeigen. Ahmed el Hous, ein Nachbar, legt eine schneeballgroße, dunkel verbrannte Kugel auf die Erde und fängt an, mit einem Stock in die Kugel einzudringen:
    "Nimm ein Feuerzeug, dass er was sieht. Sag ihm, dass er nicht atmen soll, es ist eine Art Gas. Man kann jetzt sehen, dass es brennt. Hier, siehst du den Rauch?!"

    "Es riecht schlecht. Ein ganz schlechter Geruch, und viel Rauch. Das ist eine Woche alt und brennt immer noch! Guck mal, was hier passiert. - Mach aus! - Eine Woche alt!"

    Dichter, weißer Rauch steigt aus der kleinen Phosphorkugel - das Einatmen dieser Dämpfe führe, so erzählt einer der anwesenden jungen Männer, zu Krebserkrankungen.

    Direkt neben dem solide gebauten, mehrstöckigen Haus der Familie Abu Medden stehen einfache Hütten der Landarbeiter, dicht aneinander, simpel hochgezogene Ziegelmauern, auf denen früher einmal billiger Dachbelag gegen die Witterung schützte. Jetzt ist von den Dächern nicht mehr viel zu sehen. Ahmed deutet nach oben:

    "Das hat hier alles gebrannt. Phosphor! Sie haben es auf Menschen und Kinder abgefeuert. Alle in diesen Häusern sind vom Phosphor getroffen worden. Und es wurde gegen Kinder angewendet. Sie gestatteten der Feuerwehr nicht, hierher zu kommen und zu löschen. Die Anwohner haben versucht, es zu löschen."

    Sie hätten die Familien in den Landarbeiterhütten eilends in das nur fünf Meter entfernte Haus gebracht - dort hätten alle die Nacht vom 15. auf den 16. Januar verbracht und überlebt. Ahmed el Hous kann das Ausmaß der Zerstörung nicht fassen. Alles sei verwüstet, mit Waffen, die verboten seien. Dann fasst er sich mühsam und wiederholt dreimal hintereinander diesen einen Satz: Alles, was von Gott kommt, ist gut. Alles, was von Gott kommt, ist gut. Alles, was von Gott kommt, ist gut.

    Abends in Gaza-Stadt. Es ist kurz vor 20 Uhr. In dem beliebten Fastfood-Restaurant "Big Bite" - das in der Nähe der zerstörten Islamischen Universität liegt - herrscht jetzt nur schleppender Geschäftsverkehr. Ein Elternpaar, er im Anzug, sie in Rock und Blazer, versucht die beiden Kleinkinder einzufangen, die durch das Lokal rennen, um sie auf die Hochstühle setzen zu können. Einige junge Männer, Studenten und Uni-Absolventen, haben einen großen Tisch okkupiert, trinken Kaffee aus kleinen Pappbechern und unterhalten sich mit gedämpfter Stimme. Hinter den Tresen sitzt - wie immer - die rundliche Angestellte, und klickt per Computermaus die Bestellungen in den PC.

    Fa'id Abraheem al Daya, ein schmaler, 28-jähriger ehemaliger Student der Wirtschaftswissenschaften, gibt auf die Frage, wie er und seine Familie in Gaza-Stadt die vergangenen Wochen erlebt und überlebt hätten, mit gesenktem Kopf zurück:

    "Wir sind im Inneren zerstört worden. Während wir versucht haben, uns so gut es geht zu schützen. Wir haben uns bemüht, mit dem Lebensnotwendigen sparsam umzugehen, wie Wasser und Brot. Aber in unserem Innern, in der Seele, sind wir zerstört. Wir haben gebetet und Gott angefleht, das zu stoppen. Das ist alles, was wir tun konnten. Das ist alles."

    Sie seien an Krieg und Luftangriffe gewöhnt, berichtet Fadi und fügt hinzu: Aber wir wollen leben. Sie könnten sich an jede Art von Leben anpassen. Seine Eltern hätten ihm während der langen Tage und Nächte ohrenbetäubender Explosionen und Einschläge erzählt, dass es hier in Gaza seit dem Sechs Tage Krieg von 1967 alle fünf bis sechs Jahre einen neuen Krieg gebe. Fadi teilt die These vieler Palästinenser über die eigentlichen Motive und Absichten der israelischen Militäroperation: Israel habe jetzt eine zweite Nakba durchgeführt, um den heute lebenden palästinensischen Generationen unmissverständlich klar zu machen, dass sie ihre völkerrechtlichen Ansprüche auf die Räumung der besetzten Gebiete und einen eigenen Staat auf lange Zeit vergessen könnten und sie allenfalls mit einem rudimentären Restgebilde rechnen dürften. Wiederholt sich die Geschichte? Fadi nickt:

    "Ja, ja, das stimmt. Ich habe 1967 nicht erlebt, auch nicht 48 oder 73. Während dieses letzten Krieges redete mein Vater über 1948 und wie sie aus ihrer Heimat rausgeschmissen worden sind. Er sprach auch über 67. Aber dieses hier war barbarischer. Er verglich es mit dem Irak-Krieg, als die amerikanischen Truppen den Irak besetzten. Es war eine flächendeckende Zerstörung, das wahllose Töten von Zivilisten auf brutaler Art und Weise. Kein Respekt vor Häusern, oder Frauen, oder Kindern. Kein Respekt vor niemandem. Sie wollten nur zerstören, und Zivilisten töten. Das hat nichts mit Widerstand oder Nicht-Widerstand zu tun. Nur mit dem Töten von Zivilisten. Das ist es, was in diesem Krieg geschehen ist."

    Über die politische Zukunft des Gaza-Streifens können sich die allermeisten Menschen noch keine Gedanken machen, ebenso wenig über die Frage, ob und wann jemals die Spaltung des palästinensischen Lagers in Hamas und Fatah überwunden werden kann. Niemand, so ist oft zu hören, hätte der Hamas das politische Mandat für einen derartigen Krieg gegeben, ohne Rücksicht auf Verluste, ohne die zuvor schon drangsalierte und bevormundete Bevölkerung zu fragen, ob sie schutzlos der israelischen Militärmaschinerie ausgesetzt sein wolle.

    Die herrschende "islamische Widerstandsbewegung" - so die deutsche Übersetzung der Hamas - steht unter erheblichem innenpolitischen Druck und will sich nun wieder bei den traumatisierten Einwohnern Gazas beliebt machen, verteilt etwa geringe Geldsummen, die die Kosten für den Wiederaufbau der schätzungsweise 4000 komplett und 17.000 beschädigten Häuser im Gaza-Streifen nicht einmal ansatzweise decken werden.

    Ob es einen Ausweg über Neuwahlen geben könne, Neuwahlen zum palästinensischen Legislativrat, in dem die Hamas seit ihrem Wahlsieg vom Januar 2006 die Mehrheit innehatte - bis deren Abgeordnete im Westjordanland von Israels Sicherheitsdiensten nahezu vollständig in Gefängnissen weggesperrt und die parlamentarischen Majoritäten zugunsten der unterlegenen Fatah-Bewegung von Mahmoud Abbas korrigiert wurden? Fa'id Abraheem al Daya schaut zu seinen Freunden am Nachbartisch rüber und prognostiziert dann:

    "Falls es Wahlen gibt! - Ich glaube nicht, dass es Wahlen geben wird, weil die Autonomiebehörde kollabiert! Kein Abu Mazen und keine Hamas. Abu Mazen, also Mahmud Abbas war vorher schwach und ist es jetzt. Es gibt keine Einigung mit den Israelis. Er hat versucht, Verhandlungen zu führen. Doch er scheiterte. Und Hamas? - Die sind politisch isoliert. Also weder der eine - noch die anderen. Vielleicht die PFLP oder die demokratische Front? Wir wissen es nicht. Aber weder Mahmud Abbas noch Hamas."

    Donnerstagmorgen, der 22. Januar - gegen sechs Uhr morgens werden die Einwohner von Gaza-Stadt von israelischer Schiffsartillerie geweckt. Schon am Vortag war immer wieder Artillerie von der Seeseite zu hören.

    Vier Tage später, am Montagmorgen, den 26. Januar, zündet eine palästinensische Extremistengruppierung, die sich von der Hamas abgespalten habe und sich nunmehr zum El-Kaida-Netzwerk zähle, auf israelischem Gebiet eine Sprengfalle. Im ersten der drei Militärfahrzeuge einer Grenzpatrouille stirbt ein Unteroffizier beduinischer Herkunft, drei weitere Soldaten werden teilweise schwer verletzt. - Die Reaktionen der beteiligten Seiten ließen nicht lange auf sich warten.