Sandra Pfister: Wir brauchen mehr Leuchttürme in der Hochschullandschaft. Dieser Konsens war es, der die Exzellenzinitiative gebar als Eliteförderung für die Forschung. Weil die Ausbildung der Studenten daneben noch immer stiefmütterlich behandelt wurde, rückte der Bund mit einer Exzellenzförderung für die Lehre nach. Jetzt ruft der niedersächsische Kultusminister Bernd Althusmann nach einer Exzellenzinitiative für die frühkindliche Bildung. Herr Althusmann, vor zwei Wochen hat es ihr sächsischer Kollege Roland Wöller an dieser Stelle auch versucht: Er will eine Lehrer-Exzellenzinitiative starten. Jetzt rücken Sie schon wieder mit einer neuen Exzellenzidee an. Fällt Bildungspolitikern nichts anderes mehr ein als diese Exzellenzinflation?
Bernd Althusmann: Nein, ich denke, wir müssen beides tun, das sagen zumindest auch die zurückliegenden Ländervergleichsstudien und Pisa-Untersuchungen, dass wir auf der einen Seite im Bereich der Lehrerprofessionalisierung noch besser werden können und auf der anderen Seite der Fokus der Bildungspolitik vielleicht doch viel stärker noch auf den frühkindlichen Bildungsbereich gelegt werden sollte. Und hier haben die Länder in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen. Es gibt auch Beschlüsse der Kultusministerkonferenz seit 2001 für diesen Bereich, nur was wirklich wirksam ist in den Ländern zu einer besseren Sprachförderung von Kindern im frühkindlichen Bildungsbereich, darüber ließe sich trefflich streiten.
Pfister: Was soll so etwas bringen? Denn Eltern sind ja nicht so frei wie Studierende, sich ihren Kindergarten auszusuchen, worum geht es?
Althusmann: Es wird im Kern darum gehen, ob die Sprachstandsfeststellungsverfahren in Deutschland, die eingesetzt werden in den Ländern unterschiedlichster Art, ob diese nicht tatsächlich auf den individuellen Förderbedarf stärker zugeschnitten werden müssten und wir uns an einem guten Beispiel orientieren könnten in allen Ländern, oder aber eine Exzellenzinitiative auch in der Frage der Qualifikation der Erzieherinnen und Erzieher. Ich glaube, da gibt es viele gute Ansätze, und schön wäre es, wenn es gelingen könnte, hier zu einer gemeinsamen Strategie zu kommen, an welchen Punkten wir ansetzen können, denn auf den Anfang in der Bildungspolitik kommt es nun einmal an. Dort werden die Grundlagen gelegt für die Bildungsbiografie unserer Kinder.
Pfister: In der Hinsicht herrscht natürlich auch breiter Konsens, Herr Althusmann. Fordern ist natürlich wohlfeil, wenn man es nicht selbst bezahlen muss; blechen soll der Bund für diese Förderung frühkindlicher Bildung. So stellen Sie sich das vor, oder?
Althusmann: Wir reden ja in den letzten Wochen auch intensiv über Fragen eines Kooperationsverbotes oder einer Zusammenarbeit mit dem Bund in einzelnen Fragen. Ich glaube, wichtig ist die Botschaft, die Länder sind für die Fragen der Kulturhoheit zuständig, für die Bildungspolitik, für die Schulpolitik im Kern, und sie müssen auch entsprechend dazu finanziell ausgestattet sein. Und insofern ist es, glaube ich, nachvollziehbar, dass die Kultusministerkonferenz in der Vergangenheit wie auch jetzt fordert, einen höheren Anteil an der Mehrwertsteuer für bessere Bildungsbedingungen.
Pfister: Heute tagt die Kultusministerkonferenz, heute und morgen. Frühkindliche Bildung wird eines der Großthemen sein bei dieser Kultusministerkonferenz, deren Vorsitzender Sie sind. Worauf wollen Sie sich denn einigen in dem Themenbereich?
Althusmann: Ich denke, es besteht die Chance, sich gemeinsam auch mit Blick auf eine Konferenz im Herbst auch mit der Bundesregierung, besser gesagt der Bundeskanzlerin darauf zu verständigen, dass wir eine Annäherung - zum Beispiel im Bereich der Sprachförderinstrumente, der Diagnoseinstrumente, der Förderpraxis - hinbekommen und darüber hinaus gibt es im Rahmen dieser Konferenz den erneuten Versuch - die deutsche Wirtschaft fordert es ja auch nicht umsonst -, die Ausbildungsfähigkeit zu verbessern, die Berufsorientierung an unseren Schulformen deutlich zu verbessern, damit die hohe Ausbildungsabbrecherquote von rund 18 Prozent letztendlich dann halbiert werden kann ...
Pfister: Das hört sich alles sehr konsensural an, die Förderung der frühkindlichen Bildung, die Förderung des Übergangs von der Schule zur Ausbildung - das sind natürlich Themen, die jeder unterschreiben kann, und dieser große Konsens, der wird ja der Kultusministerkonferenz dann immer auch vorgeworfen als Einigung auf den kleinstmöglichen Nenner. Worüber werden Sie sich denn richtig streiten?
Althusmann: Ich glaube, über die Wege dorthin. Das ist eben für die Kultusministerkonferenz nicht ganz untypisch, dass wir natürlich erhebliche Probleme auch im Bildungsbereich erkennen und auch definieren. Wir müssen, glaube ich, noch schlagkräftiger werden, was die Umsetzung in den Ländern betrifft, indem wir alleine den beruflichen Bildungsbereich, hier sind wir sehr, sehr unterschiedlich bisher vorangegangen. Vielleicht ist es doch den Schweiß der Edlen wert, sich noch stärker abzustimmen; dazu dient ja die Kultusministerkonferenz, und die hat ja erhebliches vorangebracht. Das wird in der Öffentlichkeit gerne fast gar nicht wahrgenommen, die Annäherung zwischen den Ländern in den Bildungsstandards findet seit Jahren statt, und trotzdem klagt natürlich ein Großteil der Öffentlichkeit, der Eltern immer wieder über den Bildungsföderalismus, den sie meines Erachtens vielleicht gar nicht meinen, sondern vielmehr Probleme, die sie vor Ort im schulischen Alltag erkennen, wie zum Beispiel Unterrichtsausfall, fehlende Lehrerversorgung oder ähnliches.
Pfister: Vor einer Woche hat die SPD-Fraktion ja einen Antrag zur Abschaffung des Kooperationsverbotes eingebracht. Das finden ja nicht alle in der KMK schlecht! Wie werden die Gespräche heute verlaufen?
Althusmann: Ich glaube, wir brauchen Mut zur Entwicklung des Föderalismus und auch der Frage: Wie können wir dieses Wort Kooperationsverbot überwinden, ersetzen, zum Beispiel durch eine stärkere Zusammenarbeit der Länder über einen Staatsvertrag? Wichtig ist mir als Ländervertreter, und ich denke, da spreche ich für alle Länder, dass wir als Länder dafür verantwortlich bleiben, für die Umsetzung. Wir sind näher dran. Ich glaube, wir sind in der Regel auch besser, als dies ein zentral gestaltetes Bundesbildungsministerium quasi für Deutschland könnte.
Pfister: Bernd Althusmann, niedersächsischer Kultusminister und Vorsitzender der Kultusministerkonferenz, vielen Dank!
Althusmann: Gerne!
Bernd Althusmann: Nein, ich denke, wir müssen beides tun, das sagen zumindest auch die zurückliegenden Ländervergleichsstudien und Pisa-Untersuchungen, dass wir auf der einen Seite im Bereich der Lehrerprofessionalisierung noch besser werden können und auf der anderen Seite der Fokus der Bildungspolitik vielleicht doch viel stärker noch auf den frühkindlichen Bildungsbereich gelegt werden sollte. Und hier haben die Länder in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen. Es gibt auch Beschlüsse der Kultusministerkonferenz seit 2001 für diesen Bereich, nur was wirklich wirksam ist in den Ländern zu einer besseren Sprachförderung von Kindern im frühkindlichen Bildungsbereich, darüber ließe sich trefflich streiten.
Pfister: Was soll so etwas bringen? Denn Eltern sind ja nicht so frei wie Studierende, sich ihren Kindergarten auszusuchen, worum geht es?
Althusmann: Es wird im Kern darum gehen, ob die Sprachstandsfeststellungsverfahren in Deutschland, die eingesetzt werden in den Ländern unterschiedlichster Art, ob diese nicht tatsächlich auf den individuellen Förderbedarf stärker zugeschnitten werden müssten und wir uns an einem guten Beispiel orientieren könnten in allen Ländern, oder aber eine Exzellenzinitiative auch in der Frage der Qualifikation der Erzieherinnen und Erzieher. Ich glaube, da gibt es viele gute Ansätze, und schön wäre es, wenn es gelingen könnte, hier zu einer gemeinsamen Strategie zu kommen, an welchen Punkten wir ansetzen können, denn auf den Anfang in der Bildungspolitik kommt es nun einmal an. Dort werden die Grundlagen gelegt für die Bildungsbiografie unserer Kinder.
Pfister: In der Hinsicht herrscht natürlich auch breiter Konsens, Herr Althusmann. Fordern ist natürlich wohlfeil, wenn man es nicht selbst bezahlen muss; blechen soll der Bund für diese Förderung frühkindlicher Bildung. So stellen Sie sich das vor, oder?
Althusmann: Wir reden ja in den letzten Wochen auch intensiv über Fragen eines Kooperationsverbotes oder einer Zusammenarbeit mit dem Bund in einzelnen Fragen. Ich glaube, wichtig ist die Botschaft, die Länder sind für die Fragen der Kulturhoheit zuständig, für die Bildungspolitik, für die Schulpolitik im Kern, und sie müssen auch entsprechend dazu finanziell ausgestattet sein. Und insofern ist es, glaube ich, nachvollziehbar, dass die Kultusministerkonferenz in der Vergangenheit wie auch jetzt fordert, einen höheren Anteil an der Mehrwertsteuer für bessere Bildungsbedingungen.
Pfister: Heute tagt die Kultusministerkonferenz, heute und morgen. Frühkindliche Bildung wird eines der Großthemen sein bei dieser Kultusministerkonferenz, deren Vorsitzender Sie sind. Worauf wollen Sie sich denn einigen in dem Themenbereich?
Althusmann: Ich denke, es besteht die Chance, sich gemeinsam auch mit Blick auf eine Konferenz im Herbst auch mit der Bundesregierung, besser gesagt der Bundeskanzlerin darauf zu verständigen, dass wir eine Annäherung - zum Beispiel im Bereich der Sprachförderinstrumente, der Diagnoseinstrumente, der Förderpraxis - hinbekommen und darüber hinaus gibt es im Rahmen dieser Konferenz den erneuten Versuch - die deutsche Wirtschaft fordert es ja auch nicht umsonst -, die Ausbildungsfähigkeit zu verbessern, die Berufsorientierung an unseren Schulformen deutlich zu verbessern, damit die hohe Ausbildungsabbrecherquote von rund 18 Prozent letztendlich dann halbiert werden kann ...
Pfister: Das hört sich alles sehr konsensural an, die Förderung der frühkindlichen Bildung, die Förderung des Übergangs von der Schule zur Ausbildung - das sind natürlich Themen, die jeder unterschreiben kann, und dieser große Konsens, der wird ja der Kultusministerkonferenz dann immer auch vorgeworfen als Einigung auf den kleinstmöglichen Nenner. Worüber werden Sie sich denn richtig streiten?
Althusmann: Ich glaube, über die Wege dorthin. Das ist eben für die Kultusministerkonferenz nicht ganz untypisch, dass wir natürlich erhebliche Probleme auch im Bildungsbereich erkennen und auch definieren. Wir müssen, glaube ich, noch schlagkräftiger werden, was die Umsetzung in den Ländern betrifft, indem wir alleine den beruflichen Bildungsbereich, hier sind wir sehr, sehr unterschiedlich bisher vorangegangen. Vielleicht ist es doch den Schweiß der Edlen wert, sich noch stärker abzustimmen; dazu dient ja die Kultusministerkonferenz, und die hat ja erhebliches vorangebracht. Das wird in der Öffentlichkeit gerne fast gar nicht wahrgenommen, die Annäherung zwischen den Ländern in den Bildungsstandards findet seit Jahren statt, und trotzdem klagt natürlich ein Großteil der Öffentlichkeit, der Eltern immer wieder über den Bildungsföderalismus, den sie meines Erachtens vielleicht gar nicht meinen, sondern vielmehr Probleme, die sie vor Ort im schulischen Alltag erkennen, wie zum Beispiel Unterrichtsausfall, fehlende Lehrerversorgung oder ähnliches.
Pfister: Vor einer Woche hat die SPD-Fraktion ja einen Antrag zur Abschaffung des Kooperationsverbotes eingebracht. Das finden ja nicht alle in der KMK schlecht! Wie werden die Gespräche heute verlaufen?
Althusmann: Ich glaube, wir brauchen Mut zur Entwicklung des Föderalismus und auch der Frage: Wie können wir dieses Wort Kooperationsverbot überwinden, ersetzen, zum Beispiel durch eine stärkere Zusammenarbeit der Länder über einen Staatsvertrag? Wichtig ist mir als Ländervertreter, und ich denke, da spreche ich für alle Länder, dass wir als Länder dafür verantwortlich bleiben, für die Umsetzung. Wir sind näher dran. Ich glaube, wir sind in der Regel auch besser, als dies ein zentral gestaltetes Bundesbildungsministerium quasi für Deutschland könnte.
Pfister: Bernd Althusmann, niedersächsischer Kultusminister und Vorsitzender der Kultusministerkonferenz, vielen Dank!
Althusmann: Gerne!