Bettina Klein:Pferdefleisch in der Lasagne, Bio-Eier, die nicht unter Bio-Bedingungen gelegt wurden, und nun noch möglicherweise Giftstoffe in der Milch, verursacht durch Pilzbefall von Futtermitteln, Giftstoffe, die in die Nahrungskette gelangt sind. Futtermittel aus Serbien, verarbeitet in vor allem niedersächsischen Landwirtschaftsbetrieben. In anderen Bundesländern wird derzeit noch geprüft, in Niedersachsen dürfen etliche Höfe im Moment keine Milch ausliefern.
Klein: Mitgehört hat Cornelia Behm, für die Bündnisgrünen im Verbraucherausschuss des Deutschen Bundestages. Ich grüße Sie, Frau Behm!
Cornelia Behm: Guten Tag, Frau Klein!
Klein: Frau Behm, die Verbraucherschützer selbst halten die Gefahr für uns offenbar für nicht sehr groß, das haben wir gerade gehört. Müssen wir eventuell aufpassen, dass wir nicht Vorgänge zu einem Skandal aufblasen, den es gar nicht gibt?
Behm: Nein, selbst wenn die Verbraucherschützer sagen, aus dem akuten Vorgehen ist jetzt keine Gefahr für die Verbraucher abzuleiten, dann haben wir doch zwei andere Stränge, die wir im Auge behalten müssen, dann ist das einmal die Gesundheitsgefährdung der Tiere, die dieses Futter bekommen haben, die werden nämlich von diesem Toxin akut krank, und das Zweite ist, wir wissen nicht, aufgrund der Tatsache, dass wir es mit global agierenden Unternehmen und kommunaler Kontrolle habe, die ja, wie wir festgestellt haben, gravierend versagt hat, wir wissen nicht, wann das nächste Geschehnis ist, wann wir die nächsten Toxine zu uns nehmen.
Klein: Bleiben wir bei der Futtermittelindustrie noch für einen Augenblick es gab ja bereits im Herbst Warnungen vor verseuchtem Futtermittel, gleichzeitig sagen die Verbände nun, man habe geprüft, man habe kontrolliert, aber bei den Kontrollen nichts gefunden. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Behm: Das kann ja nun wirklich nicht sein, denn die Kontrolle auf Toxine, auf Mykotoxine, gehört zum Standardprogramm der Eigenkontrolle, und es hätte beim Importeur auffallen müssen. Das heißt, dass dann weiterverkauft worden ist, da ist die Frage zu stellen: Handelt es sich um Nachlässigkeit? Dann ist nicht ordentlich geprüft worden. Handelt es sich um Fahrlässigkeit, hat man vielleicht darauf vertraut, dass man im Verlaufe der Kette das Futter so weit vermischt, dass die Grenzwerte unterschritten werden, oder handelt es sich um Betrug? Das muss ermittelt werden, und dann muss auch entsprechend sanktioniert werden.
Klein: Eine Möglichkeit ist offenbar auch, dass das belastete Getreide bei dieser Art der Kontrollen nicht gefunden wurde, weil sich da solche Nester gebildet haben und der Rest dann vielleicht wirklich einwandfrei war. Das heißt, muss man möglicherweise auch technisch etwas an den Kontrollen verändern?
Behm: Das ist natürlich eine Frage, wann und wo es zu dieser Belastung gekommen ist, ob es eventuell schon bei der Ernte, also im Erntegut, diesen Schimmelpilzbefall gegeben hat, oder ob es erst bei der Lagerung passiert ist. Das wäre zu prüfen, sicherlich kann das vorkommen, dass man wirklich kontrolliert und dann nichts findet, aber bei der Abgabe an die 13 Futtermittelhersteller, wo ja eine Vermischung stattgefunden hat, da hätte ja spätestens die Belastung auffallen müssen.
Klein: Das heißt, Sie halten das für eine vorgeschobene Erklärung oder Entschuldigung, dass aufgrund dieser Nesterbildung der verunreinigten Getreideteile das gar nicht gefunden werden konnte?
Behm: Ja, also bei der Höhe der Kontamination, die jetzt aufgetreten ist, und dass tatsächlich in der Milch diese Toxine gefunden worden sind, das spricht ja für eine große Belastung, das spricht auch dafür, dass die gesamten 45 Tonnen belastet waren, und selbst, wenn es nur Nester gegeben hat, durch die Vermischung hätte das ja verdünnt werden müssen. Das heißt, dann hätte man wahrscheinlich im Endprodukt ja gar nichts mehr finden können. Also ich glaube, da versucht man sich jetzt rauszureden, und das Problem ist ja, dass der staatlichen Kontrolle häufig die Eigenkontrollergebnisse gar nicht zur Verfügung gestellt werden, also hier fehlt auch die Vernetzung der Eigenkontrolle und der staatlichen Kontrolle, die natürlich – das sagen jetzt auch die Verbraucherschützer – verstärkt werden muss.
Klein: Vernetzung wäre ein Punkt, die Abläufe müssen natürlich erst noch weiter abschließend untersucht werden, das ist klar. gleichzeitig steigen wir natürlich im Augenblick schon ein in die Debatte über notwendige Konsequenzen, Sie haben auch angesprochen, mögliche Nachlässigkeit, Fahrlässigkeit bei den Kontrollen der Futtermittel. Ist für Sie bereits erkennbar, welche und ob überhaupt gesetzliche Konsequenzen gezogen werden müssten auf Länder- oder auf Bundesebene?
Behm: Ich denke, dass sowohl auf Länderebene als auch auf Bundesebene Konsequenzen gezogen werden müssen. Die Kontrollen müssen verstärkt werden, wir brauchen mehr Kontrolleure, aber im Grunde genommen ist das der zweite Schritt. Wir müssen hier die Systemfrage stellen. Wir müssen nicht nur eine transparente Lieferkette haben mit einer besseren Rückverfolgbarkeit, sondern wir müssen dahin kommen, dass die Importmengen von Futtermitteln zurückgefahren werden. Wir brauchen eine flächengebundene Tierhaltung, das heißt, die Tiere, die Schweine, die Kühe, das Geflügel, muss aus Futter aus der Region versorgt werden, dann haben wir nämlich unter Umständen auch Betroffene, wenn es mal zu einem Schimmelpilzbefall kommt, aber dann sind es wenige und nicht so viele wie die, mit denen wir es hier zu tun haben.
Klein: Halten Sie das für umsetzbar und durchsetzbar auf einem Kontinent, der immer stärker miteinander verflochten ist und wo auch die Handelswege immer stärker auch sich auf andere Länder weiter ausdehnen, wie in Europa?
Behm: Ich beobachte, dass das Interesse der Verbraucher an regionalen Produkten immer größer wird. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass das Vertrauen in Regionale Produkte ein größeres ist. Und die Politik täte gut daran – und wir werden das tun, sobald wir die Möglichkeit bekommen –, regionale Strukturen zu unterstützen. Dann haben die Betriebe es auch nicht nötig, Futter zu importieren, sondern sie bekommen es aus der Region, und wenn ich Landwirte dabei unterstütze, dass sie zum Beispiel wieder Flächen haben, auf die sie die Kühe rausbringen können, auf die Weide, dann habe ich eine gute Möglichkeit, solche Dinge in Zukunft zu vermeiden.
Klein: Abschließend, Frau Behm, wir hatten ja gerade in der zu Ende gehenden Woche eine Gesetzesverschärfung, was Lebensmittelkontrollen zum Beispiel angeht, mit Blick auf den Pferdefleisch-in-der-Lasagne-Skandal. Wird das schon in irgendeiner Form sich in Zukunft zumindest auch positiv auf diese Dinge auswirken, die wir gerade hier besprechen, oder bleiben Futtermittelkontrollen und Haftungen von dieser Initiative jetzt vergangene Woche unberührt?
Behm: Ich setze da große Hoffnungen auf die mittlerweile fünf grünen Agrarminister, die wir in den Ländern haben, denn sie haben ja ganz konsequent angefangen, die Kontrolle zu verändern, und zwar die Eigenkontrolle eben durch eine verstärkte staatliche Kontrolle zu unterstützen. Bei Frau Aigner haben wir es in den letzten Jahren immer wieder erlebt, dass sie Sieben- oder Zehn-Punkte-Pläne gemacht hat, aber die sind bedauerlicherweise in der Schublade geblieben, da ist kaum etwas umgesetzt worden, und deswegen denke ich: Wir müssen eine andere Agrarpolitik machen, und dazu gehört auch eine andere Frage der Kontrolle, ein anderes Herangehen an Lebensmittelkontrolle und mehr und besseren Verbraucherschutz.
Klein: Im Deutschlandfunk heute Mittag die Meinung von Cornelia Behm, für die Bündnisgrünen im Verbraucherausschuss des Deutschen Bundestages. Ich bedanke mich für das Gespräch, Frau Behm! Schönen Tag noch!
Behm: Gerne, Frau Klein! Tschüss!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Klein: Mitgehört hat Cornelia Behm, für die Bündnisgrünen im Verbraucherausschuss des Deutschen Bundestages. Ich grüße Sie, Frau Behm!
Cornelia Behm: Guten Tag, Frau Klein!
Klein: Frau Behm, die Verbraucherschützer selbst halten die Gefahr für uns offenbar für nicht sehr groß, das haben wir gerade gehört. Müssen wir eventuell aufpassen, dass wir nicht Vorgänge zu einem Skandal aufblasen, den es gar nicht gibt?
Behm: Nein, selbst wenn die Verbraucherschützer sagen, aus dem akuten Vorgehen ist jetzt keine Gefahr für die Verbraucher abzuleiten, dann haben wir doch zwei andere Stränge, die wir im Auge behalten müssen, dann ist das einmal die Gesundheitsgefährdung der Tiere, die dieses Futter bekommen haben, die werden nämlich von diesem Toxin akut krank, und das Zweite ist, wir wissen nicht, aufgrund der Tatsache, dass wir es mit global agierenden Unternehmen und kommunaler Kontrolle habe, die ja, wie wir festgestellt haben, gravierend versagt hat, wir wissen nicht, wann das nächste Geschehnis ist, wann wir die nächsten Toxine zu uns nehmen.
Klein: Bleiben wir bei der Futtermittelindustrie noch für einen Augenblick es gab ja bereits im Herbst Warnungen vor verseuchtem Futtermittel, gleichzeitig sagen die Verbände nun, man habe geprüft, man habe kontrolliert, aber bei den Kontrollen nichts gefunden. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Behm: Das kann ja nun wirklich nicht sein, denn die Kontrolle auf Toxine, auf Mykotoxine, gehört zum Standardprogramm der Eigenkontrolle, und es hätte beim Importeur auffallen müssen. Das heißt, dass dann weiterverkauft worden ist, da ist die Frage zu stellen: Handelt es sich um Nachlässigkeit? Dann ist nicht ordentlich geprüft worden. Handelt es sich um Fahrlässigkeit, hat man vielleicht darauf vertraut, dass man im Verlaufe der Kette das Futter so weit vermischt, dass die Grenzwerte unterschritten werden, oder handelt es sich um Betrug? Das muss ermittelt werden, und dann muss auch entsprechend sanktioniert werden.
Klein: Eine Möglichkeit ist offenbar auch, dass das belastete Getreide bei dieser Art der Kontrollen nicht gefunden wurde, weil sich da solche Nester gebildet haben und der Rest dann vielleicht wirklich einwandfrei war. Das heißt, muss man möglicherweise auch technisch etwas an den Kontrollen verändern?
Behm: Das ist natürlich eine Frage, wann und wo es zu dieser Belastung gekommen ist, ob es eventuell schon bei der Ernte, also im Erntegut, diesen Schimmelpilzbefall gegeben hat, oder ob es erst bei der Lagerung passiert ist. Das wäre zu prüfen, sicherlich kann das vorkommen, dass man wirklich kontrolliert und dann nichts findet, aber bei der Abgabe an die 13 Futtermittelhersteller, wo ja eine Vermischung stattgefunden hat, da hätte ja spätestens die Belastung auffallen müssen.
Klein: Das heißt, Sie halten das für eine vorgeschobene Erklärung oder Entschuldigung, dass aufgrund dieser Nesterbildung der verunreinigten Getreideteile das gar nicht gefunden werden konnte?
Behm: Ja, also bei der Höhe der Kontamination, die jetzt aufgetreten ist, und dass tatsächlich in der Milch diese Toxine gefunden worden sind, das spricht ja für eine große Belastung, das spricht auch dafür, dass die gesamten 45 Tonnen belastet waren, und selbst, wenn es nur Nester gegeben hat, durch die Vermischung hätte das ja verdünnt werden müssen. Das heißt, dann hätte man wahrscheinlich im Endprodukt ja gar nichts mehr finden können. Also ich glaube, da versucht man sich jetzt rauszureden, und das Problem ist ja, dass der staatlichen Kontrolle häufig die Eigenkontrollergebnisse gar nicht zur Verfügung gestellt werden, also hier fehlt auch die Vernetzung der Eigenkontrolle und der staatlichen Kontrolle, die natürlich – das sagen jetzt auch die Verbraucherschützer – verstärkt werden muss.
Klein: Vernetzung wäre ein Punkt, die Abläufe müssen natürlich erst noch weiter abschließend untersucht werden, das ist klar. gleichzeitig steigen wir natürlich im Augenblick schon ein in die Debatte über notwendige Konsequenzen, Sie haben auch angesprochen, mögliche Nachlässigkeit, Fahrlässigkeit bei den Kontrollen der Futtermittel. Ist für Sie bereits erkennbar, welche und ob überhaupt gesetzliche Konsequenzen gezogen werden müssten auf Länder- oder auf Bundesebene?
Behm: Ich denke, dass sowohl auf Länderebene als auch auf Bundesebene Konsequenzen gezogen werden müssen. Die Kontrollen müssen verstärkt werden, wir brauchen mehr Kontrolleure, aber im Grunde genommen ist das der zweite Schritt. Wir müssen hier die Systemfrage stellen. Wir müssen nicht nur eine transparente Lieferkette haben mit einer besseren Rückverfolgbarkeit, sondern wir müssen dahin kommen, dass die Importmengen von Futtermitteln zurückgefahren werden. Wir brauchen eine flächengebundene Tierhaltung, das heißt, die Tiere, die Schweine, die Kühe, das Geflügel, muss aus Futter aus der Region versorgt werden, dann haben wir nämlich unter Umständen auch Betroffene, wenn es mal zu einem Schimmelpilzbefall kommt, aber dann sind es wenige und nicht so viele wie die, mit denen wir es hier zu tun haben.
Klein: Halten Sie das für umsetzbar und durchsetzbar auf einem Kontinent, der immer stärker miteinander verflochten ist und wo auch die Handelswege immer stärker auch sich auf andere Länder weiter ausdehnen, wie in Europa?
Behm: Ich beobachte, dass das Interesse der Verbraucher an regionalen Produkten immer größer wird. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass das Vertrauen in Regionale Produkte ein größeres ist. Und die Politik täte gut daran – und wir werden das tun, sobald wir die Möglichkeit bekommen –, regionale Strukturen zu unterstützen. Dann haben die Betriebe es auch nicht nötig, Futter zu importieren, sondern sie bekommen es aus der Region, und wenn ich Landwirte dabei unterstütze, dass sie zum Beispiel wieder Flächen haben, auf die sie die Kühe rausbringen können, auf die Weide, dann habe ich eine gute Möglichkeit, solche Dinge in Zukunft zu vermeiden.
Klein: Abschließend, Frau Behm, wir hatten ja gerade in der zu Ende gehenden Woche eine Gesetzesverschärfung, was Lebensmittelkontrollen zum Beispiel angeht, mit Blick auf den Pferdefleisch-in-der-Lasagne-Skandal. Wird das schon in irgendeiner Form sich in Zukunft zumindest auch positiv auf diese Dinge auswirken, die wir gerade hier besprechen, oder bleiben Futtermittelkontrollen und Haftungen von dieser Initiative jetzt vergangene Woche unberührt?
Behm: Ich setze da große Hoffnungen auf die mittlerweile fünf grünen Agrarminister, die wir in den Ländern haben, denn sie haben ja ganz konsequent angefangen, die Kontrolle zu verändern, und zwar die Eigenkontrolle eben durch eine verstärkte staatliche Kontrolle zu unterstützen. Bei Frau Aigner haben wir es in den letzten Jahren immer wieder erlebt, dass sie Sieben- oder Zehn-Punkte-Pläne gemacht hat, aber die sind bedauerlicherweise in der Schublade geblieben, da ist kaum etwas umgesetzt worden, und deswegen denke ich: Wir müssen eine andere Agrarpolitik machen, und dazu gehört auch eine andere Frage der Kontrolle, ein anderes Herangehen an Lebensmittelkontrolle und mehr und besseren Verbraucherschutz.
Klein: Im Deutschlandfunk heute Mittag die Meinung von Cornelia Behm, für die Bündnisgrünen im Verbraucherausschuss des Deutschen Bundestages. Ich bedanke mich für das Gespräch, Frau Behm! Schönen Tag noch!
Behm: Gerne, Frau Klein! Tschüss!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.