Silvia Engels: Wochenlang haben sich ja Bundeswirtschaftsminister Rösler von der FDP und Bundesumweltminister Röttgen von der CDU in den Haaren gelegen. Sie konnten sich einfach nicht einigen, wie die derzeit sehr teuere Förderung der Solarenergie in Form der Fotovoltaik verändert werden soll. Doch nun scheint der Kompromiss zu stehen.
Schlecht für die Solarfirmen, aber wo möglich gut für den Stromkunden, denn der zahlt ja die Solarförderung direkt über den Strompreis mit. Wirtschaftsminister Rösler hat seine Argumente für die Kürzungen schon vor Wochen so benannt:
"Wenn sie bei der bisherigen klassischen Förderung bleiben, also einfach jede Anlage bezahlen, dann ist das so ein bisschen süßes Gift, wie so oft bei Subventionen. Es kommen keine neuen Ideen zum tragen. Deswegen müssen wir Instrumente auf den Weg bringen, die wieder dazu führen, dass neue Ideen, Innovationen auch im Bereich der Fotovoltaik in Deutschland entstehen. Dann werden wir wieder Marktanteile zurückgewinnen."
Engels: Carsten Körnig ist Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Solarwirtschaft. Guten Morgen, Herr Körnig.
Carsten Körnig: Guten Morgen.
Engels: Süßes Gift - haben Sie da zu lange von genascht?
Körnig: Ich kann diesen Vorwurf überhaupt nicht nachempfinden, weil wir haben ja eine sehr starke Kürzung der Solarförderung in den letzten Jahren bereits erlebt. Allein in den letzten drei Jahren wurde sie halbiert, in diesem Jahr sinkt sie doppelt so schnell wie im Vorjahr. Das gibt es für keine andere Technologie und vor diesem Hintergrund sind zusätzliche Einschnitte in der jetzt geplanten Größenordnung überhaupt nicht mehr verkraftbar.
Engels: Auf der anderen Seite war es gerade die Solarbranche, die auch am meisten Geld aus dem Fördertopf bekommen hat. Da ist es doch eigentlich auch normal, dass hier am stärksten gekürzt wird.
Körnig: Es ist so, dass man zunächst einmal investieren muss, um dann auch die Früchte zu ernten. Und Energieexperten haben nachgewiesen, dass der weitere Ausbau, den wir jetzt vor uns haben, eben kein großes Geld mehr kostet. Wir werden hier lediglich den Strompreis noch um zwei Prozent erhöhen in den nächsten fünf Jahren, gleichzeitig aber unverzichtbar für die Energiewende beitragen.
Engels: Auf der anderen Seite sagen Sie, Sie investieren. Aber China macht mittlerweile das große Geschäft mit deutlich billigeren Solarmodulen. Haben Sie da falsch investiert?
Körnig: Das ist eher noch ein erschwerender Faktor, dass die jüngsten Kürzungspläne die Solarbranche besonders stark treffen, da wir in der Tat derzeit vor einem sehr harten Wettbewerb stehen. Es ist so, dass die Asiaten Milliarden in die Solarenergie investieren, und vor diesem Hintergrund jetzt noch so stark die Förderung zu kappen, das gefährdet die Existenz von vielen zehntausend Arbeitsplätzen.
Engels: Aber drei Prozent der Energie, die in Deutschland produziert wird, kommt von der Fotovoltaik. Aber die Umlage für die Stromverbrauche summiert sich auf sechs Milliarden Euro, sagt Philipp Rösler. Sind Sie einfach zu teuer für zu wenig Strom?
Körnig: Die Mehrheit der Bürger sieht das anders. Wir haben erst gestern eine jüngste Repräsentativbefragung veröffentlicht. Danach sind 70 Prozent der Bundesbürger der Meinung, dass die Solarenergie keinesfalls zu schnell hier wächst in Deutschland. 60 Prozent meinen sogar, dass die Politik zu wenig für den Ausbau tut. Und ich kann das nachempfinden, denn nach Fukushima hat ja auch die Bundeskanzlerin gesagt, erst gestern wieder, wir müssen jetzt verstärkt investieren in die Solarenergie, und ausgerechnet heute, einen Tag später, lässt ihr Umweltminister Radikalkürzungen bei der Solarförderung zu. Das können wir nicht nachempfinden, das ist überhaupt nicht mehr nachvollziehbar.
Engels: Sie sprechen von Radikalkürzungen. Gemäß Ihrer Funktion für die Solarwirtschaft müssen Sie also nun den Untergang in Deutschland für die Solarbranche prognostizieren. Richtig?
Körnig: Es ist einfach so, dass viele Investitionen, die in den letzten Jahren getätigt wurden, damit auf dem Spiel stehen und Deutschlands Spitzenposition bei einer der wichtigsten Zukunftstechnologien. Deswegen appellieren wir jetzt an die Bundeskanzlerin und auch an den Deutschen Bundestag, diese Kürzungsvorschläge so nicht zu akzeptieren und fallen zu lassen.
Engels: Ihr Verband hat schon gestern damit gedroht, dass viele tausend Arbeitsplätze in der Solarbranche in Deutschland gefährdet seien. Aber wenn eine solche Förderkürzung direkt eine ganze Branche gefährden kann, zeigt das nicht, dass die Solarbranche weit weg von jeder Wettbewerbsfähigkeit ist?
Körnig: Nein! Es ist so, dass wir auf dem besten Wege hin sind, wir sind gerade im Landeanflug zur Wettbewerbsfähigkeit. Wir haben bereits in diesem Jahr die Haushaltsstromtarife erreicht. Wir werden in Kürze auf dem Förderniveau von Windkraftanlagen auf dem Meer sein und von Biogasanlagen und in drei, vier Jahren in ersten Marktsegmenten förderfrei. Es ist töricht, hier mitten im Landeanflug jetzt die Triebwerke zu stark zu drosseln, das riskiert natürlich den Absturz.
Engels: Auf der anderen Seite kann man auch bei der Förderung den Euro nur einmal ausgeben, und da kommt einfach mehr Energie heraus, wenn man diesen Fördereuro in Wind oder Biomasse steckt.
Körnig: Das ist so nicht richtig. Energieexperten haben vielmehr nachgewiesen, dass es sich volkswirtschaftlich auszahlt, die Investition in Solartechnik, und langfristig ein volkswirtschaftliches Plus von 50 Milliarden Euro mindestens für Deutschland verursachen.
Engels: Nun ist es ja nicht so, dass die Förderung für die Solarenergie komplett wegfällt, sie wird gekürzt, aber nach wie vor gibt es hier Anreize zu investieren. Wird sich die Solarbranche nicht doch darauf einstellen können?
Körnig: Die Kürzungen stellen sich noch viel drastischer dar, als es auf den ersten Blick aussieht. Wir haben hier mehrere Kürzungskomponenten und nach unseren Berechnungen summieren sie sich bis Jahresende sogar auf 30 bis 50 Prozent. Kürzungen dieser Größenordnung in so kurzer Zeit sind für die meisten Unternehmen nicht darstellbar und deswegen appellieren wir, hier mit Augenmaß vorzugehen. Auch wir sind gegen Dauerförderung, gegen Dauersubvention, aber der Ausstieg muss in verträglichen Schritten erfolgen.
Engels: Rechnen Sie damit, dass sich demnächst nicht mehr so viele Bundesbürger Solarzellen aufs Dach legen?
Körnig: Das ist zu befürchten, dass diese Investitionsbereitschaft jetzt natürlich deutlich nachlassen wird. Und das ist auch weltweit ein ganz schlechtes Signal für die Energiewende, denn viele andere Länder schauen darauf, was Deutschland hier macht.
Engels: Carsten Körnig war das, er ist Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Solarwirtschaft. Vielen Dank für das Interview heute Morgen.
Körnig: Ich danke Ihnen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Schlecht für die Solarfirmen, aber wo möglich gut für den Stromkunden, denn der zahlt ja die Solarförderung direkt über den Strompreis mit. Wirtschaftsminister Rösler hat seine Argumente für die Kürzungen schon vor Wochen so benannt:
"Wenn sie bei der bisherigen klassischen Förderung bleiben, also einfach jede Anlage bezahlen, dann ist das so ein bisschen süßes Gift, wie so oft bei Subventionen. Es kommen keine neuen Ideen zum tragen. Deswegen müssen wir Instrumente auf den Weg bringen, die wieder dazu führen, dass neue Ideen, Innovationen auch im Bereich der Fotovoltaik in Deutschland entstehen. Dann werden wir wieder Marktanteile zurückgewinnen."
Engels: Carsten Körnig ist Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Solarwirtschaft. Guten Morgen, Herr Körnig.
Carsten Körnig: Guten Morgen.
Engels: Süßes Gift - haben Sie da zu lange von genascht?
Körnig: Ich kann diesen Vorwurf überhaupt nicht nachempfinden, weil wir haben ja eine sehr starke Kürzung der Solarförderung in den letzten Jahren bereits erlebt. Allein in den letzten drei Jahren wurde sie halbiert, in diesem Jahr sinkt sie doppelt so schnell wie im Vorjahr. Das gibt es für keine andere Technologie und vor diesem Hintergrund sind zusätzliche Einschnitte in der jetzt geplanten Größenordnung überhaupt nicht mehr verkraftbar.
Engels: Auf der anderen Seite war es gerade die Solarbranche, die auch am meisten Geld aus dem Fördertopf bekommen hat. Da ist es doch eigentlich auch normal, dass hier am stärksten gekürzt wird.
Körnig: Es ist so, dass man zunächst einmal investieren muss, um dann auch die Früchte zu ernten. Und Energieexperten haben nachgewiesen, dass der weitere Ausbau, den wir jetzt vor uns haben, eben kein großes Geld mehr kostet. Wir werden hier lediglich den Strompreis noch um zwei Prozent erhöhen in den nächsten fünf Jahren, gleichzeitig aber unverzichtbar für die Energiewende beitragen.
Engels: Auf der anderen Seite sagen Sie, Sie investieren. Aber China macht mittlerweile das große Geschäft mit deutlich billigeren Solarmodulen. Haben Sie da falsch investiert?
Körnig: Das ist eher noch ein erschwerender Faktor, dass die jüngsten Kürzungspläne die Solarbranche besonders stark treffen, da wir in der Tat derzeit vor einem sehr harten Wettbewerb stehen. Es ist so, dass die Asiaten Milliarden in die Solarenergie investieren, und vor diesem Hintergrund jetzt noch so stark die Förderung zu kappen, das gefährdet die Existenz von vielen zehntausend Arbeitsplätzen.
Engels: Aber drei Prozent der Energie, die in Deutschland produziert wird, kommt von der Fotovoltaik. Aber die Umlage für die Stromverbrauche summiert sich auf sechs Milliarden Euro, sagt Philipp Rösler. Sind Sie einfach zu teuer für zu wenig Strom?
Körnig: Die Mehrheit der Bürger sieht das anders. Wir haben erst gestern eine jüngste Repräsentativbefragung veröffentlicht. Danach sind 70 Prozent der Bundesbürger der Meinung, dass die Solarenergie keinesfalls zu schnell hier wächst in Deutschland. 60 Prozent meinen sogar, dass die Politik zu wenig für den Ausbau tut. Und ich kann das nachempfinden, denn nach Fukushima hat ja auch die Bundeskanzlerin gesagt, erst gestern wieder, wir müssen jetzt verstärkt investieren in die Solarenergie, und ausgerechnet heute, einen Tag später, lässt ihr Umweltminister Radikalkürzungen bei der Solarförderung zu. Das können wir nicht nachempfinden, das ist überhaupt nicht mehr nachvollziehbar.
Engels: Sie sprechen von Radikalkürzungen. Gemäß Ihrer Funktion für die Solarwirtschaft müssen Sie also nun den Untergang in Deutschland für die Solarbranche prognostizieren. Richtig?
Körnig: Es ist einfach so, dass viele Investitionen, die in den letzten Jahren getätigt wurden, damit auf dem Spiel stehen und Deutschlands Spitzenposition bei einer der wichtigsten Zukunftstechnologien. Deswegen appellieren wir jetzt an die Bundeskanzlerin und auch an den Deutschen Bundestag, diese Kürzungsvorschläge so nicht zu akzeptieren und fallen zu lassen.
Engels: Ihr Verband hat schon gestern damit gedroht, dass viele tausend Arbeitsplätze in der Solarbranche in Deutschland gefährdet seien. Aber wenn eine solche Förderkürzung direkt eine ganze Branche gefährden kann, zeigt das nicht, dass die Solarbranche weit weg von jeder Wettbewerbsfähigkeit ist?
Körnig: Nein! Es ist so, dass wir auf dem besten Wege hin sind, wir sind gerade im Landeanflug zur Wettbewerbsfähigkeit. Wir haben bereits in diesem Jahr die Haushaltsstromtarife erreicht. Wir werden in Kürze auf dem Förderniveau von Windkraftanlagen auf dem Meer sein und von Biogasanlagen und in drei, vier Jahren in ersten Marktsegmenten förderfrei. Es ist töricht, hier mitten im Landeanflug jetzt die Triebwerke zu stark zu drosseln, das riskiert natürlich den Absturz.
Engels: Auf der anderen Seite kann man auch bei der Förderung den Euro nur einmal ausgeben, und da kommt einfach mehr Energie heraus, wenn man diesen Fördereuro in Wind oder Biomasse steckt.
Körnig: Das ist so nicht richtig. Energieexperten haben vielmehr nachgewiesen, dass es sich volkswirtschaftlich auszahlt, die Investition in Solartechnik, und langfristig ein volkswirtschaftliches Plus von 50 Milliarden Euro mindestens für Deutschland verursachen.
Engels: Nun ist es ja nicht so, dass die Förderung für die Solarenergie komplett wegfällt, sie wird gekürzt, aber nach wie vor gibt es hier Anreize zu investieren. Wird sich die Solarbranche nicht doch darauf einstellen können?
Körnig: Die Kürzungen stellen sich noch viel drastischer dar, als es auf den ersten Blick aussieht. Wir haben hier mehrere Kürzungskomponenten und nach unseren Berechnungen summieren sie sich bis Jahresende sogar auf 30 bis 50 Prozent. Kürzungen dieser Größenordnung in so kurzer Zeit sind für die meisten Unternehmen nicht darstellbar und deswegen appellieren wir, hier mit Augenmaß vorzugehen. Auch wir sind gegen Dauerförderung, gegen Dauersubvention, aber der Ausstieg muss in verträglichen Schritten erfolgen.
Engels: Rechnen Sie damit, dass sich demnächst nicht mehr so viele Bundesbürger Solarzellen aufs Dach legen?
Körnig: Das ist zu befürchten, dass diese Investitionsbereitschaft jetzt natürlich deutlich nachlassen wird. Und das ist auch weltweit ein ganz schlechtes Signal für die Energiewende, denn viele andere Länder schauen darauf, was Deutschland hier macht.
Engels: Carsten Körnig war das, er ist Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Solarwirtschaft. Vielen Dank für das Interview heute Morgen.
Körnig: Ich danke Ihnen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.