Thielko Grieß: Es lag doch einiges noch an Hoffnung auf den Treffen der Staats- und Regierungschefs der Länder, die sich für die 20 wichtigsten der Welt halten. Das G20-Treffen in Sankt Petersburg brachte vor allem Barack Obama und Wladimir Putin an einen Tisch, dort konnten sie über Syrien sprechen. Aber es blieb beim Zusammen-Sitzen. Zusammen Politik zu machen, dazu kam es nicht.
Am Telefon ist jetzt Wolfgang Ischinger, ehemaliger Staatssekretär im Auswärtigen Amt und deutscher Botschafter in Washington und London. Seit vielen Jahren ist er Organisator der Münchner Sicherheitskonferenz. Guten Morgen, Herr Ischinger!
Wolfgang Ischinger: Guten Morgen!
Grieß: Können sich Großmächte eigentlich noch weniger zu sagen haben?
Ischinger: Wir stehen in der Tat vor einem Debakel. Die internationale Gemeinschaft ist sich uneinig, ist zerstritten, die Europäische Union ist sich uneinig, ist zerstritten, zwischen Moskau und Washington gibt es noch nicht einmal einen Minimalkonsens, jedenfalls zurzeit ist das nicht erkennbar, und selbst zwischen Deutschland und Frankreich, den klassischen, engsten Führungspartnern in der Europäischen Union, driften die Positionen auseinander. Das ist außerordentlich unerfreulich vor allen Dingen deshalb, weil die langfristigen strategischen Folgen eines Nicht-Handelns, eines Nicht-Handelns der internationalen Gemeinschaft gegenüber dem von der Bundesregierung ja sogenannten Tabubruch, dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen, die langfristigen strategischen Folgen sind noch gar nicht absehbar: Was werden die Diktatoren in anderen Welt denn als Schlussfolgerungen für sich aus diesen Vorgängen ziehen?
Grieß: Das besprechen wir jetzt der Reihe nach. Herr Ischinger, Sie haben gerade gesagt, wir stehen vor einem Debakel. Sind wir nicht schon längst mittendrin?
Ischinger: Es gibt ja durchaus noch Möglichkeiten. Während wir hier diskutieren heute früh, rüsten sich die Außenminister der Europäischen Union zur Fortsetzung ihrer Beratungen und werden das heute früh ja gemeinsam mit Außenminister Kerry fortsetzen. Vielleicht gelingt es ja, die Europäische Union in dieser Frage endlich auf eine klare Linie und auf klare Vorschläge festzulegen. Das ist immerhin noch eine Chance, und auf diese Chance hat ja auch die Bundeskanzlerin gestern in Sankt Petersburg hingewiesen.
Grieß: Sie sprechen die Europäische Union an, ein großes wichtiges Mitgliedsland ist unseres, ist Deutschland. Deutschland hat sich gestern nicht anderen elf Staaten angeschlossen, die ein Dokument unterzeichnet haben, in dem die Rede ist, dass eine starke internationale Antwort auf Syrien, auf die Vorgänge dort nötig sei. Ist das richtig so?
Ischinger: Es sieht zumindest nicht gerade toll aus, um es mal salopp zu formulieren. Aber wenn sich bei den Außenministerberatungen heute eine klare Linie festlegen lassen sollte, dann hat natürlich die Bundeskanzlerin mit ihrer Begründung für diese gestrige Entscheidung hinterher recht behalten, denn sie hat ja ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie diese Nicht-Beteiligung deswegen vornehme, weil sie eine Festlegung der Europäischen Union nicht vorwegnehmen wollte.
Grieß: Dennoch ist diese Schwerpunktsetzung auf eine gemeinsame europäische Haltung ja relativ neu. Das war anfangs so in der Rhetorik der Bundesregierung nicht enthalten. Ist diese Linie nicht relativ schlingernd?
Ischinger: Na ja, schlingernd, Herr Grieß, ist die Haltung fast aller. Ich meine …
Grieß: Außer Russlands.
Ischinger: Ja, in der Tat. Ich finde auch die amerikanische Haltung nicht überzeugend, ich sehe keine wirklich überzeugende Strategie. Bestrafung alleine mag man moralisch, politisch für möglich und gerechtfertigt finden, aber mit einer Bestrafungsaktion alleine werden wir das Morden und Töten in Syrien nicht beenden. Was ist denn mit der klassischen Lehre aus den Balkan-Kriegen, dass man eben unter Umständen Frieden, wenn man den haben will, erzwingen muss? Notfalls, notfalls, in extremen Situationen eben auch durch den Einsatz militärischer Mittel? Das wäre aus meiner Sicht eine nachvollziehbare, auch eine diskussionsfähige Grundlage für einen möglichen Einsatz militärischer Macht, aber doch nicht nur der Bestrafung wegen.
Und wenn ich gleich noch einen anderen Punkt hinzufügen darf: Wie die Amerikaner sagen würden, der Elephant in the Room, der unsichtbare, große Elefant in dieser Debatte ist ja Teheran. Wir wollen ja alle das Ziel erreichen, dass der Iran Pläne, selbst Massenvernichtungswaffen – in diesem Fall Nuklearwaffen – zu entwickeln, aufgibt. Jetzt scheinen sich ja Chancen durch die neuen Erklärungen aus Teheran abzuzeichnen, dass es hier zu tatsächlich substanziellen Gesprächen kommen könnte. Ich sage das alles im Konjunktiv! Die möchte man natürlich und die darf man tatsächlich doch jetzt gerade in dieser wichtigen Phase nicht verschütten! Ein unbedachtes militärisches Vorgehen gegenüber Syrien könnte das aber zumindest massiv erschweren. Also, hier gibt es eine ganze Reihe von wichtigen Imponderabilien, eine klare amerikanische Strategie kann ich nicht erkennen.
Grieß: Herr Ischinger, ich würde gerne kurz noch hinter den Punkt Iran noch einmal kurz zurückgehen. Wenn es heute in Vilnius, beim Treffen der EU-Außenminister, mit John Kerry, dem US-Außenminister, keine klare Haltung gibt, steht Deutschland dann doch wieder isoliert da, ähnlich wie zum Beispiel vor dem Einsatz in Libyen?
Ischinger: Ich will jetzt nicht spekulieren. Ich gehe jetzt mal davon aus, dass die Europäische Union in Vilnius eine Position festlegt. Und ich gehe auch davon aus, dass die deutsche Seite bei der Erarbeitung einer solchen Position eine tragende und wichtige Rolle spielt. Dann wäre sozusagen dieses Problem geheilt oder gelöst. Für den Fall – wie gesagt, ich will nicht spekulieren –, für den eher unwahrscheinlichen Fall, dass man sich dort nicht einigen kann, entsteht in der Tat weiterer Klärungsbedarf, um es diplomatisch auszudrücken, für die deutsche Seite.
Grieß: Sie haben vor einem unüberlegten Militäreinsatz gegen Syrien gewarnt. Aber halten Sie den US-Präsidenten Barack Obama für so entschlossen, Syrien in jedem Fall anzugreifen, unabhängig auch davon, ob er im Kongress eine eigene Mehrheit zustande bekommt oder nicht?
Ischinger: Ich denke, Präsident Obama hat sich in eine Lage manövriert, in der er sozusagen zwischen Skylla und Charybdis: Wenn er trotz nicht vorhandener Kongressentscheidungen – unterstellen wir das mal – dann nichts tut, dann steht er weltweit als Vertreter einer geschwächten Supermacht da. Das können wir uns übrigens auch überhaupt nicht wünschen! Ich habe es ja vorhin schon gesagt: Was sind denn die Schlussfolgerungen, die man auf der Seite anderer schlimmer Diktaturen zieht, wenn gar nichts getan wird, wenn der Tabubruch – um noch einmal den Begriff der Bundesregierung zu benutzen –, wenn der Tabubruch überhaupt nicht geahndet wird, wenn sich überhaupt nichts tut? Ich denke, das hätte Folgen nicht nur für diesen schrecklichen Diktator in Damaskus, sondern es hätte weitreichende potenzielle Folgen für die Stabilität des internationalen Gefüges und der internationalen Ordnung insgesamt.
Hier geht es also im Falle Syrien um viel. Es geht nicht nur um Syrien, es geht um Iran, es geht um die Weltordnung, es geht um Global Governance, es geht um die Rolle des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Können wir eine Lage herbeiführen, in der zumindest einen Minimalkonsens formuliert wird? Beispielsweise die Bekräftigung der Ächtung der Chemiewaffen, beispielsweise die Bekräftigung der Rolle des Internationalen Strafgerichtshofs, auch davon hat ja die Bundeskanzlerin gestern gesprochen. Ich finde das durchaus eine richtige Idee, aber sie hat noch nicht genügend Fahrt bekommen.
Grieß: Und all das braucht Verhandler, Herr Ischinger. Es drängt sich der Eindruck auf, dass in den Hauptstädten diese Verhandler von Format fehlen, die zueinander Kontakt halten, auch wenn die Umstände schwierig sind!
Ischinger: Ich denke, es wird hier viel geredet und es fehlt ja auch nicht an erfahrenen Diplomaten und Ministern. Ich denke, der amerikanische Außenminister Kerry hat ja auch in den letzten Monaten auch in der Nahost-Frage gezeigt, dass er ein beharrlicher und durchaus auch überzeugender Unterhändler sein kann. Ich denke, es fehlt ja nicht an den Führungskräften, aber es fehlt am gegenseitigen Vertrauen, insbesondere zwischen Washington und Moskau. Alle Seiten denken, dass sie vor einem Nullsummenspiel stehen, bei dem der andere gewinnt, wenn man selbst nachgibt. Es gibt kaum Ansätze, hieraus eine Win-win-Situation zu machen, und darum geht es in der internationalen Politik, das Schaffen von Win-win-Situationen. Davon sind wir leider weit entfernt.
Grieß: Der frühere Diplomat und heutige Organisator der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger, heute Morgen live im Deutschlandfunk. Ich bedanke mich für das Gespräch und wünsche einen schönen Tag, auf Wiederhören!
Ischinger: Danke Ihnen, danke, auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Am Telefon ist jetzt Wolfgang Ischinger, ehemaliger Staatssekretär im Auswärtigen Amt und deutscher Botschafter in Washington und London. Seit vielen Jahren ist er Organisator der Münchner Sicherheitskonferenz. Guten Morgen, Herr Ischinger!
Wolfgang Ischinger: Guten Morgen!
Grieß: Können sich Großmächte eigentlich noch weniger zu sagen haben?
Ischinger: Wir stehen in der Tat vor einem Debakel. Die internationale Gemeinschaft ist sich uneinig, ist zerstritten, die Europäische Union ist sich uneinig, ist zerstritten, zwischen Moskau und Washington gibt es noch nicht einmal einen Minimalkonsens, jedenfalls zurzeit ist das nicht erkennbar, und selbst zwischen Deutschland und Frankreich, den klassischen, engsten Führungspartnern in der Europäischen Union, driften die Positionen auseinander. Das ist außerordentlich unerfreulich vor allen Dingen deshalb, weil die langfristigen strategischen Folgen eines Nicht-Handelns, eines Nicht-Handelns der internationalen Gemeinschaft gegenüber dem von der Bundesregierung ja sogenannten Tabubruch, dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen, die langfristigen strategischen Folgen sind noch gar nicht absehbar: Was werden die Diktatoren in anderen Welt denn als Schlussfolgerungen für sich aus diesen Vorgängen ziehen?
Grieß: Das besprechen wir jetzt der Reihe nach. Herr Ischinger, Sie haben gerade gesagt, wir stehen vor einem Debakel. Sind wir nicht schon längst mittendrin?
Ischinger: Es gibt ja durchaus noch Möglichkeiten. Während wir hier diskutieren heute früh, rüsten sich die Außenminister der Europäischen Union zur Fortsetzung ihrer Beratungen und werden das heute früh ja gemeinsam mit Außenminister Kerry fortsetzen. Vielleicht gelingt es ja, die Europäische Union in dieser Frage endlich auf eine klare Linie und auf klare Vorschläge festzulegen. Das ist immerhin noch eine Chance, und auf diese Chance hat ja auch die Bundeskanzlerin gestern in Sankt Petersburg hingewiesen.
Grieß: Sie sprechen die Europäische Union an, ein großes wichtiges Mitgliedsland ist unseres, ist Deutschland. Deutschland hat sich gestern nicht anderen elf Staaten angeschlossen, die ein Dokument unterzeichnet haben, in dem die Rede ist, dass eine starke internationale Antwort auf Syrien, auf die Vorgänge dort nötig sei. Ist das richtig so?
Ischinger: Es sieht zumindest nicht gerade toll aus, um es mal salopp zu formulieren. Aber wenn sich bei den Außenministerberatungen heute eine klare Linie festlegen lassen sollte, dann hat natürlich die Bundeskanzlerin mit ihrer Begründung für diese gestrige Entscheidung hinterher recht behalten, denn sie hat ja ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie diese Nicht-Beteiligung deswegen vornehme, weil sie eine Festlegung der Europäischen Union nicht vorwegnehmen wollte.
Grieß: Dennoch ist diese Schwerpunktsetzung auf eine gemeinsame europäische Haltung ja relativ neu. Das war anfangs so in der Rhetorik der Bundesregierung nicht enthalten. Ist diese Linie nicht relativ schlingernd?
Ischinger: Na ja, schlingernd, Herr Grieß, ist die Haltung fast aller. Ich meine …
Grieß: Außer Russlands.
Ischinger: Ja, in der Tat. Ich finde auch die amerikanische Haltung nicht überzeugend, ich sehe keine wirklich überzeugende Strategie. Bestrafung alleine mag man moralisch, politisch für möglich und gerechtfertigt finden, aber mit einer Bestrafungsaktion alleine werden wir das Morden und Töten in Syrien nicht beenden. Was ist denn mit der klassischen Lehre aus den Balkan-Kriegen, dass man eben unter Umständen Frieden, wenn man den haben will, erzwingen muss? Notfalls, notfalls, in extremen Situationen eben auch durch den Einsatz militärischer Mittel? Das wäre aus meiner Sicht eine nachvollziehbare, auch eine diskussionsfähige Grundlage für einen möglichen Einsatz militärischer Macht, aber doch nicht nur der Bestrafung wegen.
Und wenn ich gleich noch einen anderen Punkt hinzufügen darf: Wie die Amerikaner sagen würden, der Elephant in the Room, der unsichtbare, große Elefant in dieser Debatte ist ja Teheran. Wir wollen ja alle das Ziel erreichen, dass der Iran Pläne, selbst Massenvernichtungswaffen – in diesem Fall Nuklearwaffen – zu entwickeln, aufgibt. Jetzt scheinen sich ja Chancen durch die neuen Erklärungen aus Teheran abzuzeichnen, dass es hier zu tatsächlich substanziellen Gesprächen kommen könnte. Ich sage das alles im Konjunktiv! Die möchte man natürlich und die darf man tatsächlich doch jetzt gerade in dieser wichtigen Phase nicht verschütten! Ein unbedachtes militärisches Vorgehen gegenüber Syrien könnte das aber zumindest massiv erschweren. Also, hier gibt es eine ganze Reihe von wichtigen Imponderabilien, eine klare amerikanische Strategie kann ich nicht erkennen.
Grieß: Herr Ischinger, ich würde gerne kurz noch hinter den Punkt Iran noch einmal kurz zurückgehen. Wenn es heute in Vilnius, beim Treffen der EU-Außenminister, mit John Kerry, dem US-Außenminister, keine klare Haltung gibt, steht Deutschland dann doch wieder isoliert da, ähnlich wie zum Beispiel vor dem Einsatz in Libyen?
Ischinger: Ich will jetzt nicht spekulieren. Ich gehe jetzt mal davon aus, dass die Europäische Union in Vilnius eine Position festlegt. Und ich gehe auch davon aus, dass die deutsche Seite bei der Erarbeitung einer solchen Position eine tragende und wichtige Rolle spielt. Dann wäre sozusagen dieses Problem geheilt oder gelöst. Für den Fall – wie gesagt, ich will nicht spekulieren –, für den eher unwahrscheinlichen Fall, dass man sich dort nicht einigen kann, entsteht in der Tat weiterer Klärungsbedarf, um es diplomatisch auszudrücken, für die deutsche Seite.
Grieß: Sie haben vor einem unüberlegten Militäreinsatz gegen Syrien gewarnt. Aber halten Sie den US-Präsidenten Barack Obama für so entschlossen, Syrien in jedem Fall anzugreifen, unabhängig auch davon, ob er im Kongress eine eigene Mehrheit zustande bekommt oder nicht?
Ischinger: Ich denke, Präsident Obama hat sich in eine Lage manövriert, in der er sozusagen zwischen Skylla und Charybdis: Wenn er trotz nicht vorhandener Kongressentscheidungen – unterstellen wir das mal – dann nichts tut, dann steht er weltweit als Vertreter einer geschwächten Supermacht da. Das können wir uns übrigens auch überhaupt nicht wünschen! Ich habe es ja vorhin schon gesagt: Was sind denn die Schlussfolgerungen, die man auf der Seite anderer schlimmer Diktaturen zieht, wenn gar nichts getan wird, wenn der Tabubruch – um noch einmal den Begriff der Bundesregierung zu benutzen –, wenn der Tabubruch überhaupt nicht geahndet wird, wenn sich überhaupt nichts tut? Ich denke, das hätte Folgen nicht nur für diesen schrecklichen Diktator in Damaskus, sondern es hätte weitreichende potenzielle Folgen für die Stabilität des internationalen Gefüges und der internationalen Ordnung insgesamt.
Hier geht es also im Falle Syrien um viel. Es geht nicht nur um Syrien, es geht um Iran, es geht um die Weltordnung, es geht um Global Governance, es geht um die Rolle des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Können wir eine Lage herbeiführen, in der zumindest einen Minimalkonsens formuliert wird? Beispielsweise die Bekräftigung der Ächtung der Chemiewaffen, beispielsweise die Bekräftigung der Rolle des Internationalen Strafgerichtshofs, auch davon hat ja die Bundeskanzlerin gestern gesprochen. Ich finde das durchaus eine richtige Idee, aber sie hat noch nicht genügend Fahrt bekommen.
Grieß: Und all das braucht Verhandler, Herr Ischinger. Es drängt sich der Eindruck auf, dass in den Hauptstädten diese Verhandler von Format fehlen, die zueinander Kontakt halten, auch wenn die Umstände schwierig sind!
Ischinger: Ich denke, es wird hier viel geredet und es fehlt ja auch nicht an erfahrenen Diplomaten und Ministern. Ich denke, der amerikanische Außenminister Kerry hat ja auch in den letzten Monaten auch in der Nahost-Frage gezeigt, dass er ein beharrlicher und durchaus auch überzeugender Unterhändler sein kann. Ich denke, es fehlt ja nicht an den Führungskräften, aber es fehlt am gegenseitigen Vertrauen, insbesondere zwischen Washington und Moskau. Alle Seiten denken, dass sie vor einem Nullsummenspiel stehen, bei dem der andere gewinnt, wenn man selbst nachgibt. Es gibt kaum Ansätze, hieraus eine Win-win-Situation zu machen, und darum geht es in der internationalen Politik, das Schaffen von Win-win-Situationen. Davon sind wir leider weit entfernt.
Grieß: Der frühere Diplomat und heutige Organisator der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger, heute Morgen live im Deutschlandfunk. Ich bedanke mich für das Gespräch und wünsche einen schönen Tag, auf Wiederhören!
Ischinger: Danke Ihnen, danke, auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.