Silvia Engels: Es hat also nicht gereicht. Gestern, kurz nach 17 Uhr, gab das Internationale Olympische Komitee bekannt, dass das südkoreanische Pyeongchang die Olympischen Spiele 2018 ausrichten wird und eben nicht München. Beobachter hatten schon seit Wochen die asiatische Region als Favoriten gesehen, trotzdem war die bayerische Enttäuschung groß.
In München sind also viele enttäuscht, doch in Garmisch, wo ein Teil der Wettbewerbe hätte stattfinden sollen, fällt manchem ein Stein vom Herzen. Dort hatte eine Bürgerbewegung monatelang gegen die Bewerbung gekämpft. Einige Beobachter sahen in der mangelnden Akzeptanz der Bevölkerung auch einen Grund für die Entscheidung des IOC gegen München. Sprecher der Anti-Olympia-Bewegung in Garmisch ist Axel Doering. Mit ihm sprach gestern Abend meine Kollegin Nadine Lindner und fragte ihn, ob seine sportbegeisterten Nachbarn nun verärgert seien.
Axel Doering: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Wir sitzen also hier zusammen und freuen uns jetzt, dass dieser Kelch an Garmisch-Partenkirchen vorbeigegangen ist. Und dass die Bevölkerung zum Teil so ablehnend ist, das liegt daran, dass die Veranstaltung viel zu groß ist, was wir immer gesagt haben, das liegt daran, dass die Bewerber vor allen Dingen in Garmisch-Partenkirchen hundsmiserabel schlecht mit den Leuten umgegangen sind, dass sie hochnäsig waren, dass sie hoheitlich waren, und was sich halt auch gezeigt hat, das ist, dass diese Bewerbung, was wir immer gesagt haben, von München bei Weitem nicht so gut ist, wie die Bewerber das immer dargestellt haben.
Nadine Lindner: War es denn so ein diffuses zu-viel-Gefühl, aus dem der Widerstand bei Ihnen entsprungen ist?
Doering: Nein, das war kein diffuses Gefühl. Wir haben ja hier Ski-Weltmeisterschaften gehabt und wir haben bei den Ski-Weltmeisterschaften schon gesehen, was passiert, wenn man in der Hand eines Veranstalters ist. Wir haben gesehen, was passiert ist bei dem Bau der Kandahar, der also mit dem ursprünglich abgesprochenen und geplanten Null-komma-Null zu tun hatte, und wir waren da auch in dieser Bewerbung am Anfang dabei und haben bemerkt dann, dass wir, die Umweltverbände, hier nichts anderes als ein grünes Mäntelchen sein sollten, um die Bewerbung erfolgreich zu machen, und nie, um die Bewerbung ökologischer zu machen. Und deswegen haben wir uns sehr früh daraus zurückgezogen und haben dann sehr konsequent und, ich denke, auch sehr klar und sehr gut fundiert Widerstand gegen diese Bewerbung gemacht.
Lindner: Sie haben ja den Ski-Weltcup schon angesprochen mit der anspruchsvollen Kandahar-Piste, die ja vor Ihrer Haustür ist. Sie haben also Erfahrung mit solchen Sport-Events. Man fragt sich dann doch: Warum funktioniert dann so ein Ski-Weltcup und warum soll Olympia dann nicht funktionieren?
Doering: Also erstens ist die Frage, hat der Ski-Weltcup – also reden wir mal von der Ski-Weltmeisterschaft -, hat die wirklich funktioniert. Zum einen sagt man, ja, es war nicht dieses erwartete Verkehrschaos. Man sagt aber nicht dazu, dass nur halb so viele Leute da waren wie zum Beispiel bei der Ski-Weltmeisterschaft 1978 davor. Es haben nur einige ganz, ganz wenige wirklich profitiert, und jetzt sagt man, jaja, die kommen schon noch. Also ich denke, da behauptet man genau wie bei der Olympia-Bewerbung vieles, was einfach nicht überprüft ist und was einfach Geschwätz ist.
Lindner: Haben Sie denn nicht das Gefühl oder man könnte ja den Eindruck gewinnen, dass aus diesem regionalen Widerstand, vielleicht auch aus regionalem Egoismus so ein nationales Projekt wie diese Olympia-Bewerbung vielleicht gescheitert ist?
Doering: Also ich lehne einen regionalen Egoismus absolut ab, wenn man uns das unterstellt. Wir waren die Transparenz dieser Olympia-Bewegung. Wir haben das Bid-Buch untersucht und bewertet und haben gesehen, was nicht wahr ist in diesem Bid-Buch. Es sind da Dinge dringestanden, die als vorhanden drin gestanden sind und nicht als Eingriff bewertet wurden, die dann aber kommen müssen, ohne dass man sie mehr sachlich bewerten kann. Und ich denke, man muss diesen Spieß umdrehen. Wenn eine Frau Merkel sagt, das gesamte deutsche Volk möchte diese Olympischen Spiele, dann fühle ich mich aus dem deutschen Volk ausgeschlossen. Also ich denke, man sollte mit solchen nationalen Anliegen deutsches Volk etwas vorsichtiger sein, als gerade von den Regierenden, gerade auch von der Frau Merkel damit umgegangen wurde.
Lindner: Die Olympia-Dynamik hat ja Garmisch-Partenkirchen in zwei Lager gespalten. Das macht ja auch der knappe Ausgang des Bürgerentscheids im Mai noch mal deutlich. Kann denn Garmisch-Partenkirchen nun versöhnt in die Zukunft gehen?
Doering: Da fragen Sie mich heute zu viel. Ich hoffe, dass es so ist. Wir werden das unsere dazu tun, dass wir versöhnt in die Zukunft gehen, weil es macht keinen Sinn, sich in einem Ort zu zerfleischen und zu zerstreiten. Das tut jedem schlecht, jedem einzelnen Menschen und aber auch jedem Anliegen, das wir in und mit diesem Ort haben. Das heißt, wir sind eigentlich zur Versöhnung gezwungen, alles andere wäre ganz schlecht für den Ort.
Lindner: Europa ist ja bei großen internationalen Sportveranstaltungen in letzter Zeit nicht mehr wirklich tonangebend. Die Winterspiele gehen jetzt wie gesagt nach Südkorea und vorher war es die Fußball-WM 2022, die nach Katar vergeben wurde, das heißt an den Golf. Das hat für viel Diskussion gesorgt. Wie empfinden Sie denn diesen Trend? Finden Sie das gut?
Doering: Ich sehe einen anderen Trend. Ich sehe einen Trend in den ganzen großen Sportorganisationen, der immer mehr kommerzialisiert ist und der sich immer weiter von den Menschen weg entwickelt, und diese Sport-Events, die sind immer weniger ein Glück für die einzelnen Menschen, die dort zu Hause sind, und sind eigentlich immer mehr nur eine völlig kommerzielle Sache, die einfach den kommerziellen Interessensträgern nützt. Man sieht es ja zum Beispiel bei den Olympischen Spielen jetzt bei dieser Bewerbung, der Host City Vertrag mit allen seinen Auswirkungen. Man sieht ja, wenn man wirklich jetzt nachschaut und nachhört, was in der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika war, wer da Profit gemacht hat und wer nicht. Die Leute, die jubeln natürlich gerne und für die ist es im Moment schön, aber ob das langfristig dann ein Glück ist, ist die Frage. Ich denke, die Veranstaltungen werden überhaupt zu groß. Man muss mal überlegen, ob man nicht wieder auf den Boden zurückkommt und diese Veranstaltungen so macht, dass man sie auch als Mensch wieder, als ansässiger Mensch wieder akzeptieren kann. Olympische Spiele, so wie sie heute angeboten werden, sind völlig inakzeptabel.
Engels: Axel Doering, der Sprecher der Anti-Olympia-Bewegung in Garmisch-Partenkirchen, im Gespräch mit meiner Kollegen Nadine Lindner. Sie zogen Bilanz der gestern gescheiterten Bewerbung von München für die Winterspiele 2018.
Die Äußerungen unserer Gesprächspartner geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Deutschlandradio aktuell: Olympische Winterspiele 2018 gehen nach Südkorea
In München sind also viele enttäuscht, doch in Garmisch, wo ein Teil der Wettbewerbe hätte stattfinden sollen, fällt manchem ein Stein vom Herzen. Dort hatte eine Bürgerbewegung monatelang gegen die Bewerbung gekämpft. Einige Beobachter sahen in der mangelnden Akzeptanz der Bevölkerung auch einen Grund für die Entscheidung des IOC gegen München. Sprecher der Anti-Olympia-Bewegung in Garmisch ist Axel Doering. Mit ihm sprach gestern Abend meine Kollegin Nadine Lindner und fragte ihn, ob seine sportbegeisterten Nachbarn nun verärgert seien.
Axel Doering: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Wir sitzen also hier zusammen und freuen uns jetzt, dass dieser Kelch an Garmisch-Partenkirchen vorbeigegangen ist. Und dass die Bevölkerung zum Teil so ablehnend ist, das liegt daran, dass die Veranstaltung viel zu groß ist, was wir immer gesagt haben, das liegt daran, dass die Bewerber vor allen Dingen in Garmisch-Partenkirchen hundsmiserabel schlecht mit den Leuten umgegangen sind, dass sie hochnäsig waren, dass sie hoheitlich waren, und was sich halt auch gezeigt hat, das ist, dass diese Bewerbung, was wir immer gesagt haben, von München bei Weitem nicht so gut ist, wie die Bewerber das immer dargestellt haben.
Nadine Lindner: War es denn so ein diffuses zu-viel-Gefühl, aus dem der Widerstand bei Ihnen entsprungen ist?
Doering: Nein, das war kein diffuses Gefühl. Wir haben ja hier Ski-Weltmeisterschaften gehabt und wir haben bei den Ski-Weltmeisterschaften schon gesehen, was passiert, wenn man in der Hand eines Veranstalters ist. Wir haben gesehen, was passiert ist bei dem Bau der Kandahar, der also mit dem ursprünglich abgesprochenen und geplanten Null-komma-Null zu tun hatte, und wir waren da auch in dieser Bewerbung am Anfang dabei und haben bemerkt dann, dass wir, die Umweltverbände, hier nichts anderes als ein grünes Mäntelchen sein sollten, um die Bewerbung erfolgreich zu machen, und nie, um die Bewerbung ökologischer zu machen. Und deswegen haben wir uns sehr früh daraus zurückgezogen und haben dann sehr konsequent und, ich denke, auch sehr klar und sehr gut fundiert Widerstand gegen diese Bewerbung gemacht.
Lindner: Sie haben ja den Ski-Weltcup schon angesprochen mit der anspruchsvollen Kandahar-Piste, die ja vor Ihrer Haustür ist. Sie haben also Erfahrung mit solchen Sport-Events. Man fragt sich dann doch: Warum funktioniert dann so ein Ski-Weltcup und warum soll Olympia dann nicht funktionieren?
Doering: Also erstens ist die Frage, hat der Ski-Weltcup – also reden wir mal von der Ski-Weltmeisterschaft -, hat die wirklich funktioniert. Zum einen sagt man, ja, es war nicht dieses erwartete Verkehrschaos. Man sagt aber nicht dazu, dass nur halb so viele Leute da waren wie zum Beispiel bei der Ski-Weltmeisterschaft 1978 davor. Es haben nur einige ganz, ganz wenige wirklich profitiert, und jetzt sagt man, jaja, die kommen schon noch. Also ich denke, da behauptet man genau wie bei der Olympia-Bewerbung vieles, was einfach nicht überprüft ist und was einfach Geschwätz ist.
Lindner: Haben Sie denn nicht das Gefühl oder man könnte ja den Eindruck gewinnen, dass aus diesem regionalen Widerstand, vielleicht auch aus regionalem Egoismus so ein nationales Projekt wie diese Olympia-Bewerbung vielleicht gescheitert ist?
Doering: Also ich lehne einen regionalen Egoismus absolut ab, wenn man uns das unterstellt. Wir waren die Transparenz dieser Olympia-Bewegung. Wir haben das Bid-Buch untersucht und bewertet und haben gesehen, was nicht wahr ist in diesem Bid-Buch. Es sind da Dinge dringestanden, die als vorhanden drin gestanden sind und nicht als Eingriff bewertet wurden, die dann aber kommen müssen, ohne dass man sie mehr sachlich bewerten kann. Und ich denke, man muss diesen Spieß umdrehen. Wenn eine Frau Merkel sagt, das gesamte deutsche Volk möchte diese Olympischen Spiele, dann fühle ich mich aus dem deutschen Volk ausgeschlossen. Also ich denke, man sollte mit solchen nationalen Anliegen deutsches Volk etwas vorsichtiger sein, als gerade von den Regierenden, gerade auch von der Frau Merkel damit umgegangen wurde.
Lindner: Die Olympia-Dynamik hat ja Garmisch-Partenkirchen in zwei Lager gespalten. Das macht ja auch der knappe Ausgang des Bürgerentscheids im Mai noch mal deutlich. Kann denn Garmisch-Partenkirchen nun versöhnt in die Zukunft gehen?
Doering: Da fragen Sie mich heute zu viel. Ich hoffe, dass es so ist. Wir werden das unsere dazu tun, dass wir versöhnt in die Zukunft gehen, weil es macht keinen Sinn, sich in einem Ort zu zerfleischen und zu zerstreiten. Das tut jedem schlecht, jedem einzelnen Menschen und aber auch jedem Anliegen, das wir in und mit diesem Ort haben. Das heißt, wir sind eigentlich zur Versöhnung gezwungen, alles andere wäre ganz schlecht für den Ort.
Lindner: Europa ist ja bei großen internationalen Sportveranstaltungen in letzter Zeit nicht mehr wirklich tonangebend. Die Winterspiele gehen jetzt wie gesagt nach Südkorea und vorher war es die Fußball-WM 2022, die nach Katar vergeben wurde, das heißt an den Golf. Das hat für viel Diskussion gesorgt. Wie empfinden Sie denn diesen Trend? Finden Sie das gut?
Doering: Ich sehe einen anderen Trend. Ich sehe einen Trend in den ganzen großen Sportorganisationen, der immer mehr kommerzialisiert ist und der sich immer weiter von den Menschen weg entwickelt, und diese Sport-Events, die sind immer weniger ein Glück für die einzelnen Menschen, die dort zu Hause sind, und sind eigentlich immer mehr nur eine völlig kommerzielle Sache, die einfach den kommerziellen Interessensträgern nützt. Man sieht es ja zum Beispiel bei den Olympischen Spielen jetzt bei dieser Bewerbung, der Host City Vertrag mit allen seinen Auswirkungen. Man sieht ja, wenn man wirklich jetzt nachschaut und nachhört, was in der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika war, wer da Profit gemacht hat und wer nicht. Die Leute, die jubeln natürlich gerne und für die ist es im Moment schön, aber ob das langfristig dann ein Glück ist, ist die Frage. Ich denke, die Veranstaltungen werden überhaupt zu groß. Man muss mal überlegen, ob man nicht wieder auf den Boden zurückkommt und diese Veranstaltungen so macht, dass man sie auch als Mensch wieder, als ansässiger Mensch wieder akzeptieren kann. Olympische Spiele, so wie sie heute angeboten werden, sind völlig inakzeptabel.
Engels: Axel Doering, der Sprecher der Anti-Olympia-Bewegung in Garmisch-Partenkirchen, im Gespräch mit meiner Kollegen Nadine Lindner. Sie zogen Bilanz der gestern gescheiterten Bewerbung von München für die Winterspiele 2018.
Die Äußerungen unserer Gesprächspartner geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Deutschlandradio aktuell: Olympische Winterspiele 2018 gehen nach Südkorea