Dirk Müller: Am Telefon ist jetzt der hessische Wirtschaftminister Alois Rhiel, CDU, guten Morgen!
Alois Rhiel: Guten Morgen, Herr Müller!
Müller: Herr Rhiel, soll uns Gasprom aus der Patsche helfen?
Rhiel: Nein, ich glaub, das ist eigentlich das zentrale Ziel, aber es ist überhaupt kein Problem, wenn die Russen ein oder zwei Kraftwerke bauen und damit dazu beitragen, dass mehr Anbieter auf dem Markt sind. Denn das Problem muss gelöst werden dadurch, dass wir mehr Anbieter haben, das heißt also, die Zahl der Stromproduzenten muss weiter steigen, damit wirksamer Wettbewerb und eine wettbewerbliche Preisbildung denkbar und möglich ist.
Müller: Also jeder von außen ist willkommen?
Rhiel: Ja, prinzipiell ja. Denn wir haben momentan einen abgeschotteten Markt, und der Bericht hat das ja eben gezeigt, dass wir ein enges Oligopol haben, und dieses enge Oligopol der vier Konzerne RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW muss beseitigt werden. Das ist ja unser Ziel.
Müller: Haben uns die Stromkonzerne belogen in den vergangenen Jahren?
Rhiel: Ja, wichtig ist, dass die Politik nicht moralisiert, sondern Politik muss handeln. Die Politik bestimmt den Rahmen innerhalb dessen die Unternehmen handeln können. Sie entscheidet über die Spielregel auf den Märkten. Und deswegen ist es für mich bedenklich, wenn die Politiker seit Jahren achselzuckend, ja teilweise sogar befürwortend die zunehmende Marktmacht auch bestimmen, aber nicht dazu beitragen, dass dieses enge Oligopol aufgelöst wird und echter Wettbewerb erzeugt wird. Ich finde, genauso schlimm wie der Missbrauch der Markmacht durch die Stromkonzerne ist dieses jahrelange Wegschauen der Politik.
Müller: Herr Rhiel, noch einmal auf die Stromkonzerne zurückzukommen. Haben die Stromkonzerne die Öffentlichkeit getäuscht?
Rhiel: Darum geht es aus meiner Sicht nicht, ob sie die Öffentlichkeit getäuscht haben. Wir müssen ganz nüchtern schauen, dass die Stromkonzerne das nutzen, was in ihren Möglichkeiten steht. Und deswegen schlagen wir als Handeln des Staates, als Hessische Landesregierung schlagen wir vor, das Wettbewerbsrecht zu erweitern und zu verschärfen, damit, wenn alles andere nicht hilft, der Staat in der Stromerzeugung das Oligopol der vier Konzerne beseitigen und echten Wettbewerb in Gang setzen kann.
Müller: Sie hatten sich, Herr Rhiel, ja eben auch auf die Kritik in Richtung Politik kapriziert. Wer hat denn in der Politik alles geschlafen?
Rhiel: Ich muss jetzt hier keine Bilanz aufmachen, wer in der Vergangenheit geschlafen hat. Zum Beispiel war es aber ein klarer Fehler, E.ON Ruhrgas als Fusion zu genehmigen. Aber schauen wir nach vorne. Wir müssen jetzt das wettbewerbliche Instrumentarium beschaffen, damit notfalls das Bundeskartellamt die Stromkonzerne zwingen kann, einen Teil ihrer Kraftwerke an Dritte zu verkaufen. Das Ziel muss sein, und das Ziel ist klar, dass die Zahl der Stromproduzenten in Deutschland so weit steigt, dass wirksamer Wettbewerb und damit eine wettbewerbliche Preisbildung zu erwarten ist. Nur das ist die Voraussetzung für sinkende Großhandelspreise, und damit kann das erreicht werden, was wir alle wollen, nämlich eine Entlastung der privaten und der gewerblichen Stromverbraucher.
Müller: Herr Rhiel, Netz und Produktion voneinander trennen, das ist eine der Forderungen. Macht das wirklich Sinn?
Rhiel: Eine Trennung von Netz und Produktion ist auch ein Eingriff in das Eigentum. Und deswegen muss man immer die Verhältnismäßigkeit der Mittel ansehen. Es wird zweierlei angestrebt, Anreize zur Diskriminierung unabhängiger Kraftwerksbetreiber beim Anschluss an die Übertragungsnetze sollen dadurch vermieden werden. Ich bin der Meinung, dazu brauchen wir nicht dieses scharfe Instrument, wir haben eine neue Netzzugangsverordnung, die gewährleistet, jedem neuen Anbieter einen Zugang zum Markt.
Müller: Ja, das sagen Sie, aber es ist ja kein neuer Anbieter gekommen? Also die großen, neuen Anbieter fehlen ja.
Rhiel: Richtig.
Müller: Weil das Argument ist, dass es keinen Zugang gibt.
Rhiel: Sie haben die richtige Frage gestellt, warum gibt es keinen neuen Anbieter. Das liegt aber nicht daran, dass man Netz und Betrieb nicht getrennt hat. Sondern das liegt daran, dass wir erhebliche Markzutrittsschranken haben. Das erste wichtige Hindernis auf den Markt zu kommen, ist, einen Standort überhaupt zu finden. Sie brauchen einen geeigneten Standort. Sie brauchen zweitens natürlich eine Genehmigung, die sehr, sehr lange dauert. Dann haben wir natürlich die technischen Marktzutrittsschranken gegenüber dem Ausland, also Stichwort Grenzkuppelstellen. Wir haben eine weitere Marktzutrittschranke, weil eine fehlende Nachfrage der Stromvertriebsunternehmen bei anderen Anbietern existiert, weil die Stadtwerke sich verbündet haben durch Beteiligung mit den großen Konzernen. Das sind die entscheidenden Unterschiede.
Müller: Herr Rhiel, wenn ich Sie unterbrechen darf, nun sagen viele auch aus Reihen der SPD, gerade die Stadtwerke müssen wieder gestärkt werden. Das sind kleinere Einheiten, die können dann, wenn sie den entsprechenden Spielraum, wenn sie den entsprechenden Freiraum bekommen, einfach kreativer agieren.
Rhiel: Ja. Die Stadtwerke sind momentan ja abhängig von den Großhändlern und von den Großhandelspreisen und damit auch von den großen Konzernen. Wir haben ja bisher zwei Regelungen getroffen. Das eine ist, wir haben kontrolliert die Preise der Stadtwerke. Dann haben wir die Netzentgelte reguliert, und dadurch ist jetzt der Stromwechsel möglich zwischen den einzelnen Stadtwerken und Lieferanten. Aber die Kunden merken natürlich auch, dass die Preisunterschiede relativ gering sind, und dass der Preis sich nach wie vor auf einem hohen Niveau bewegt. Und deswegen müssen zwei Dinge getan werden. Erstens muss der Staat vor seiner eigenen Haustür kehren, er kann und er muss die Stromsteuer senken durch die Versteigerung der CO2-Zertifikate. Und zweitens geht es darum zu schauen, wer ist dann noch der Preistreiber, und dann sind wir bei den Erzeugern. Und dort sind die Preise deshalb so hoch, weil wir keinen Wettbewerb haben. Deswegen müssen wir mehr Anbieter haben und diese Zahl kann auch dadurch erreicht werden, dass der Staat die Stromkonzerne notfalls zwingt, wenn alles andere nicht hilft, Kraftwerke an Dritte zu verkaufen.
Müller: Nun ist ja viel von Zerschlagung die Rede, wenn es denn nicht anders geht. Würden Sie da mitmachen?
Rhiel: Ja. Wir wollen das Oligopol auflösen oder zerschlagen, wenn Sie so wollen. Das heißt aber, dass wir die Kraftwerksinhaber zwingen, wenn, wie gesagt, alles andere nicht hilft, Teile verkaufen zu müssen an andere Anbieter, die unabhängig von ihnen sind. Denn wir müssen die Zahl der Anbieter steigern, und genau das ist unser Ziel. Deswegen schlage ich heute vor, das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung zu erweitern durch dieses scharfe Instrument, damit der Staat durch das Kartellamt diese Maßnahmen einleiten kann, wenn alles andere nicht hilft.
Müller: Der hessische Wirtschaftsminister Alois Rhiel, CDU, heute Morgen in Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Gespräch!
Alois Rhiel: Guten Morgen, Herr Müller!
Müller: Herr Rhiel, soll uns Gasprom aus der Patsche helfen?
Rhiel: Nein, ich glaub, das ist eigentlich das zentrale Ziel, aber es ist überhaupt kein Problem, wenn die Russen ein oder zwei Kraftwerke bauen und damit dazu beitragen, dass mehr Anbieter auf dem Markt sind. Denn das Problem muss gelöst werden dadurch, dass wir mehr Anbieter haben, das heißt also, die Zahl der Stromproduzenten muss weiter steigen, damit wirksamer Wettbewerb und eine wettbewerbliche Preisbildung denkbar und möglich ist.
Müller: Also jeder von außen ist willkommen?
Rhiel: Ja, prinzipiell ja. Denn wir haben momentan einen abgeschotteten Markt, und der Bericht hat das ja eben gezeigt, dass wir ein enges Oligopol haben, und dieses enge Oligopol der vier Konzerne RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW muss beseitigt werden. Das ist ja unser Ziel.
Müller: Haben uns die Stromkonzerne belogen in den vergangenen Jahren?
Rhiel: Ja, wichtig ist, dass die Politik nicht moralisiert, sondern Politik muss handeln. Die Politik bestimmt den Rahmen innerhalb dessen die Unternehmen handeln können. Sie entscheidet über die Spielregel auf den Märkten. Und deswegen ist es für mich bedenklich, wenn die Politiker seit Jahren achselzuckend, ja teilweise sogar befürwortend die zunehmende Marktmacht auch bestimmen, aber nicht dazu beitragen, dass dieses enge Oligopol aufgelöst wird und echter Wettbewerb erzeugt wird. Ich finde, genauso schlimm wie der Missbrauch der Markmacht durch die Stromkonzerne ist dieses jahrelange Wegschauen der Politik.
Müller: Herr Rhiel, noch einmal auf die Stromkonzerne zurückzukommen. Haben die Stromkonzerne die Öffentlichkeit getäuscht?
Rhiel: Darum geht es aus meiner Sicht nicht, ob sie die Öffentlichkeit getäuscht haben. Wir müssen ganz nüchtern schauen, dass die Stromkonzerne das nutzen, was in ihren Möglichkeiten steht. Und deswegen schlagen wir als Handeln des Staates, als Hessische Landesregierung schlagen wir vor, das Wettbewerbsrecht zu erweitern und zu verschärfen, damit, wenn alles andere nicht hilft, der Staat in der Stromerzeugung das Oligopol der vier Konzerne beseitigen und echten Wettbewerb in Gang setzen kann.
Müller: Sie hatten sich, Herr Rhiel, ja eben auch auf die Kritik in Richtung Politik kapriziert. Wer hat denn in der Politik alles geschlafen?
Rhiel: Ich muss jetzt hier keine Bilanz aufmachen, wer in der Vergangenheit geschlafen hat. Zum Beispiel war es aber ein klarer Fehler, E.ON Ruhrgas als Fusion zu genehmigen. Aber schauen wir nach vorne. Wir müssen jetzt das wettbewerbliche Instrumentarium beschaffen, damit notfalls das Bundeskartellamt die Stromkonzerne zwingen kann, einen Teil ihrer Kraftwerke an Dritte zu verkaufen. Das Ziel muss sein, und das Ziel ist klar, dass die Zahl der Stromproduzenten in Deutschland so weit steigt, dass wirksamer Wettbewerb und damit eine wettbewerbliche Preisbildung zu erwarten ist. Nur das ist die Voraussetzung für sinkende Großhandelspreise, und damit kann das erreicht werden, was wir alle wollen, nämlich eine Entlastung der privaten und der gewerblichen Stromverbraucher.
Müller: Herr Rhiel, Netz und Produktion voneinander trennen, das ist eine der Forderungen. Macht das wirklich Sinn?
Rhiel: Eine Trennung von Netz und Produktion ist auch ein Eingriff in das Eigentum. Und deswegen muss man immer die Verhältnismäßigkeit der Mittel ansehen. Es wird zweierlei angestrebt, Anreize zur Diskriminierung unabhängiger Kraftwerksbetreiber beim Anschluss an die Übertragungsnetze sollen dadurch vermieden werden. Ich bin der Meinung, dazu brauchen wir nicht dieses scharfe Instrument, wir haben eine neue Netzzugangsverordnung, die gewährleistet, jedem neuen Anbieter einen Zugang zum Markt.
Müller: Ja, das sagen Sie, aber es ist ja kein neuer Anbieter gekommen? Also die großen, neuen Anbieter fehlen ja.
Rhiel: Richtig.
Müller: Weil das Argument ist, dass es keinen Zugang gibt.
Rhiel: Sie haben die richtige Frage gestellt, warum gibt es keinen neuen Anbieter. Das liegt aber nicht daran, dass man Netz und Betrieb nicht getrennt hat. Sondern das liegt daran, dass wir erhebliche Markzutrittsschranken haben. Das erste wichtige Hindernis auf den Markt zu kommen, ist, einen Standort überhaupt zu finden. Sie brauchen einen geeigneten Standort. Sie brauchen zweitens natürlich eine Genehmigung, die sehr, sehr lange dauert. Dann haben wir natürlich die technischen Marktzutrittsschranken gegenüber dem Ausland, also Stichwort Grenzkuppelstellen. Wir haben eine weitere Marktzutrittschranke, weil eine fehlende Nachfrage der Stromvertriebsunternehmen bei anderen Anbietern existiert, weil die Stadtwerke sich verbündet haben durch Beteiligung mit den großen Konzernen. Das sind die entscheidenden Unterschiede.
Müller: Herr Rhiel, wenn ich Sie unterbrechen darf, nun sagen viele auch aus Reihen der SPD, gerade die Stadtwerke müssen wieder gestärkt werden. Das sind kleinere Einheiten, die können dann, wenn sie den entsprechenden Spielraum, wenn sie den entsprechenden Freiraum bekommen, einfach kreativer agieren.
Rhiel: Ja. Die Stadtwerke sind momentan ja abhängig von den Großhändlern und von den Großhandelspreisen und damit auch von den großen Konzernen. Wir haben ja bisher zwei Regelungen getroffen. Das eine ist, wir haben kontrolliert die Preise der Stadtwerke. Dann haben wir die Netzentgelte reguliert, und dadurch ist jetzt der Stromwechsel möglich zwischen den einzelnen Stadtwerken und Lieferanten. Aber die Kunden merken natürlich auch, dass die Preisunterschiede relativ gering sind, und dass der Preis sich nach wie vor auf einem hohen Niveau bewegt. Und deswegen müssen zwei Dinge getan werden. Erstens muss der Staat vor seiner eigenen Haustür kehren, er kann und er muss die Stromsteuer senken durch die Versteigerung der CO2-Zertifikate. Und zweitens geht es darum zu schauen, wer ist dann noch der Preistreiber, und dann sind wir bei den Erzeugern. Und dort sind die Preise deshalb so hoch, weil wir keinen Wettbewerb haben. Deswegen müssen wir mehr Anbieter haben und diese Zahl kann auch dadurch erreicht werden, dass der Staat die Stromkonzerne notfalls zwingt, wenn alles andere nicht hilft, Kraftwerke an Dritte zu verkaufen.
Müller: Nun ist ja viel von Zerschlagung die Rede, wenn es denn nicht anders geht. Würden Sie da mitmachen?
Rhiel: Ja. Wir wollen das Oligopol auflösen oder zerschlagen, wenn Sie so wollen. Das heißt aber, dass wir die Kraftwerksinhaber zwingen, wenn, wie gesagt, alles andere nicht hilft, Teile verkaufen zu müssen an andere Anbieter, die unabhängig von ihnen sind. Denn wir müssen die Zahl der Anbieter steigern, und genau das ist unser Ziel. Deswegen schlage ich heute vor, das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung zu erweitern durch dieses scharfe Instrument, damit der Staat durch das Kartellamt diese Maßnahmen einleiten kann, wenn alles andere nicht hilft.
Müller: Der hessische Wirtschaftsminister Alois Rhiel, CDU, heute Morgen in Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Gespräch!