In den ersten Kapiteln des Buches geht es vor allem um das Do-it-yourself-Lebensgefühl der Punk-Akivisten der ersten Stunde. In einem Interview mit dem Dichter Bert Papenfuß sowie den Musikern Ronald Lippok von "Ornament und Verbrechen" und Aljoscha Rompe von "Feeling B" wird deutlich, wie schwierig es am Anfang war, auf Gleichgesinnte zu treffen, wie begrenzt die künstlerischen Fähigkeiten waren und wie stark das Bedürfnis, sich auszudrücken. Erst nach und nach entwikelte sich ein - wenn auch sehr löchriges - subkulturelles Netzwerk zwischen Dresden und Rostock, in dessen Zentrum sich Berlin, beziehungsweise der Prenzlauer Berg, befand. So erinnerte sich Bert Papenfuß bei der Buchpremiere im Berliner Prater:
"In trauter Runde mit einigen informellen Mitarbeitern wurde ein Gebetskreis zur Rettung des angewandten Altruismus inthronisiert - mit Gedichtevorlesen und allem Pipapo. Das war die Geburtsstunde der im Nachhinein von Adolf Endler sogenannten Prenzlauer-Berg-Connection. In ihren Verstecken die verbotenen Maler bildeten Spalier. Die Interdisziplin wurde aus der Traufe gehoben und fast schon uneigennützig in die Regale der Sammler rübergereicht. Freygang wurde losgelassen, und plötzlich war der "Schwarze Kanal" Punk. Wer sich die Haare abschneiden ließ, wurde als Langhaariger behandelt. Platzverweis war Ehrensache. Repression bekam Kultstatus."
Der Punk-Virus infizierte nicht nur Musiker, sondern auch Literaten und bildende Künstler. Punk war ein wirkungsvolles Mittel, um sich von staatsnaher Kunst abzugrenzen und um Aufsehen zu erregen. So sang der Kunstwissenschaftler Christoph Tannert, der auch einige Artikel zu diesem Buch beisteuerte, in der Underground-Band "teurer denn je". Bildende Künstler veranstalteten Punk-Performances, und Autoren schrieben Texte für Bands, die sie teilweise auch selbst vortrugen. In der Hardcore-Fraktion stießen derartige inderdisziplinäre Aktivitäten allerdings nicht nur auf Sympathie:
Es gab die Punks, die wirklich unabhängig bleiben wollten, das hieß aber auch, nur in Räumen der Kirche spielen, in irgendwelchen Kellern, illegal bleiben. Und es gab Leute, die mehr wollten. Die hatten ihre paar richtigen Konzerte hinter sich und dachten, da draußen ist noch mehr los und haben sich halt mit Filmemachern zusammengetan, mit Dichtern, Papenfuß, Anderson, Döring, die haben dann halt Bands oder Leute aus Bands genommen und haben sich begleiten lassen, damit das Ding noch einen anderen Kick kriegt, mehr Energie. ( 27 sec, 10)
Natürlich rief das muntere Treiben im ostdeutschen Untergrund die Genossen von der Staatssicherheit auf den Plan. Vor allem die offenen politischen Aussagen gegen den sozialistischen Staat veranlaßten Erich Mielke zu dem Befehl, mit äußerster "Härte gegen Punk" vorzugehen. Überwachungen, Haftstrafen und Abschiebungen in den Westen waren die Folge. Außerdem hatten die Herren aus der Normannenstraße gute Informanten an der richtigen Stelle. Sascha Anderson sang damals in der Band "Zwitschermaschine" und war in der nichtoffiziellen Kulturlandschaft eine zentrale Figur. Er organisierte Veranstaltungen und sorgte für Plattenveröffentlichungen im Westen - bei ihm liefen die Fäden zusammen. Galenza und Havemeister haben auch mit Anderson gesprochen. In ihrem Buch fehlt jedoch das Interview.
"Weil - ich sag jetzt mal ironisch - der liebe Sascha wie in so vielen Interviews 'ne Menge Unsinn erzählt hat. Entweder diese kalte Distanz oder die Undistanziertheit zu seinem Wirken und Tun bei den Genossen, daß wir dachten, das können wir nicht unkommentiert in das Buch nehmen. Dann hätten wir aber ein Sascha-Anderson-Buch machen müssen - und da gibt's schon einige. Wir wollten eigentlich die anderen interessanten Facetten dieser Zeit und Szene aufzeigen.
Mit viel Akribie haben die beiden Herausgeber, die selbst als DJ's, Musiker und Autoren im ostdeutschen Underground der 80er aktiv waren, Material zusammengetragen und dokumentiert. Klugerweise vermeiden sie den Eindruck von Endgültigkeit und Objektivität eines analytischen Zugriffs, indem sie die Akteure von damals selbst ins Bild rüken - was angesichts der vielen aussagekräftigen Fotos durchaus wörtlich gemeint ist. Texte von Matthias Baader-Holst, Jan Faktor oder Peter Wawerzinek betonen zudem das Subjektive der Betrachtungsweise. So ist Heinz Havemeister und Ronald Galenza vielleicht keine ausgewogene, über jeden Einwand erhabene Darstellung der nonkonformistischen Künstlerszene in der DDR gelungen - dafür aber eine höchst lebendige.
"Man stellt sich das auch immer so schrecklich und grau und düster vor, das hat einfach auch Spaß gemacht die ganze Zeit. Und wir wollten versuchen, daß das in dem Buch noch mal rüberkommt. Also vielleicht so Splitter aus Erinnerungen von ganz verschiedenen Leuten, die ja in dem Buch ihre Geschichte erzählen, die auch teilweise traurig oder hart war, daß das trotzdem für die Beteiligten auch eine geile Zeit war, 'ne schöne, 'ne interessante und 'ne Zeit, in der aktiv gelebt wurde.