Dirk-Oliver Heckmann: Der schwergewichtige Chef der griechischen Sozialisten Evangelos Venizelos, er war der Erste, der gestern bekannt gab, dass die Gespräche zur Bildung einer Regierung endgültig gescheitert seien. Auch zur Unterstützung einer Expertenregierung war das Linksbündnis SYRIZA unter Alexis Tsipras nicht zu bewegen. Folge: Schon in wenigen Wochen werden schon wieder Neuwahlen durchgeführt werden. Alexis Tsipras hat dabei gute Aussichten, mit seiner SYRIZA stärkste Kraft zu werden, der Mann also, der es ablehnt, die Schulden bei EU und Internationalem Währungsfonds zu bedienen. Am Telefon ist Theodoros Paraskevopoulos, er ist Wirtschaftswissenschaftler und Mitglied des Linksbündnisses SYRIZA. Schönen guten Morgen nach Athen!
Theodoros Paraskevopoulos: Guten Morgen!
Heckmann: Herr Paraskevopoulos ...
Paraskevopoulos: ... ich muss Sie in einer Sache korrigieren ...
Heckmann: ... gerne ...
Paraskevopoulos: ... die Expertinnen- und Expertenregierung ist nicht daran gescheitert, dass wir dagegen waren. Wir waren natürlich dagegen, aber die anderen Parteien, die das unterstützt, die haben zusammen die Mehrheit im Parlament. Ich sehe also nicht ein, wieso die Schuld auf uns geschoben wird. Wir sind dagegen, wir haben andere Argumente, wir haben andere Politik. Aber wenn die anderen Parteien wollten, sie hätten es machen können.
Heckmann: Aber feststeht, wenn Sie mitgemacht hätten, wäre es möglicherweise zu dieser Expertenregierung gekommen. Meine erste Frage an Sie allerdings: Ob Herr Tsipras das Land ins Chaos gestürzt hat, nur um an die Macht zu kommen?
Paraskevopoulos: Herr Tsipras hat doch nicht das Land ins Chaos gestürzt, wieso? Wieso denn? Herr Tsipras hat im Auftrag unserer Partei gesagt, wir wollen in der Opposition bleiben. Und das stürzt doch kein Land ins Chaos, wenn eine Partei, die 17 Prozent der Stimmen bekommen hat, Oppositionspartei bleiben will.
Heckmann: Weshalb wollen Sie denn Oppositionspartei werden? Treten Sie nicht an, um Ihr Land in eine bessere Zukunft zu führen?
Paraskevopoulos: Weil wir der Meinung sind, dass diese Politik des Memorandums und des EU-Sparkurses ins Chaos führt und in die wirtschaftliche Katastrophe, wie es sich auch gezeigt hat und wie es sich auch in anderen Ländern, in Portugal, in Irland, in Spanien und in Italien zeigt.
Heckmann: Das heißt also, Sie treten auch bei den ...
Paraskevopoulos: ... es muss eine andere Politik geführt werden.
Heckmann: Das heißt, Sie treten jetzt bei den Wahlen, die jetzt anstehen, gar nicht an, um in die Regierung einzutreten, sondern dort streben Sie auch eine Oppositionsrolle an?
Paraskevopoulos: Nein, wir gehen jetzt in die Wahlen mit dem Ziel, eine linke Regierung zu bilden. Die Aussichten dafür sind allerdings nicht sehr groß, weil die andere, größere linke Partei, die Kommunistische Partei, nicht kooperieren will. Aber das ist unser Ziel.
Heckmann: Das heißt aber, das Ergebnis der Wahlen, die jetzt in wenigen Wochen stattfinden, könnten möglicherweise das gleiche Ergebnis sein wie jetzt, nämlich die Unregierbarkeit Ihres Landes?
Paraskevopoulos: Ja, wieso eigentlich die Unregierbarkeit? Wir haben auch den anderen Parteien gesagt: Wenn ihr wollt, bitte schön! Die Parteien, die eine Koalition bilden wollten, die hatten zusammen 168 der 300 Sitze im Parlament. Die haben aber alle drei gesagt, Voraussetzung ist, dass SYRIZA mitmacht. Wieso?
Heckmann: Wahrscheinlich, weil die Angst besteht, dass Sie die Straßen mobilisieren gegen den Kurs, der da weitergeführt wird.
Paraskevopoulos: Damit es keine Opposition gibt! Aber das ist doch nicht Demokratie, das ist doch kein demokratisches Parlament, wenn es keine Opposition gibt! Und sehen Sie, das mit der Mobilisierung der Straße, das machen wir nicht. Natürlich unterstützen wir das, aber die Menschen, die mobilisieren sich auch ohne uns.
Heckmann: Wahlforscher ...
Paraskevopoulos: ... das ist die Wut der Menschen, die sie auf die Straße bringt, nicht wir.
Heckmann: Die Wahlforscher sagen SYRIZA derzeit 22 bis 26 Prozent voraus. Wird Alexis Tsipras, wenn er denn es schafft, ein solches Linksbündnis zu schmieden, seine Ankündigung wahr machen, die Schulden nicht zurückzuzahlen?
Paraskevopoulos: Wir ... Unser programmatisches Ziel ist, mit unseren europäischen Partnern zu verhandeln, um zwei Sachen zu erreichen. Erstens ein Moratorium, ein Zahlungsmoratorium, das heißt, eine Aussetzung der Zahlungen für eine bestimmte Zeit. Und danach, wenn die Wirtschaft wieder angekurbelt worden ist, Verhandlungen über die Bedingungen der Schulden zu führen.
Heckmann: Eine Aussetzung für wie lange?
Paraskevopoulos: Wir rechnen mit drei Jahren. Aber das kann man nicht sagen. Das war auch eine Sache der Verhandlungen.
Heckmann: Aber Sie haben auch schon die Stimmen aus Brüssel gehört, auch aus Berlin, wir hatten heute den Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im Programm, der sagte, Neuverhandlungen kommen überhaupt nicht infrage.
Paraskevopoulos: Ja, das hat Herr Schäuble gesagt, aber wir haben auch andere Stimmen gehört. Zum Beispiel, wir haben die Stimme des belgischen Ministerpräsidenten gehört, der sagte, natürlich müssen wir verhandeln, wenn die Griechen mit einem neuen Angebot kommen. Das ist ja das Prinzip der Europäischen Union, dass verhandelt wird!
Heckmann: Aber wenn ...
Paraskevopoulos: ... nur so ist die Europäische Union aufgebaut!
Heckmann: Wenn Athen seine Zahlungen einstellen sollte, wäre die Folge, dass dann auch keine weiteren Hilfszahlungen fließen. Und daraus folgt wiederum der Bankrott Ihres Landes. Neue Geldgeber zu finden, neue Investoren zu finden, das wird ein Ding der Unmöglichkeit!
Paraskevopoulos: Es gibt da zwei Punkte. Erstens: Wir haben nicht gesagt, dass wir einseitig die Zahlungen einstellen wollen. Wir haben gesagt, wir wollen verhandeln über ein Moratorium. Zweitens: Es ist ja nicht so, dass das Land von den ausländischen Krediten abhängt! Von den ausländischen Krediten hängt die Bedienung der Schulden ab. Also, die ausländischen Kredite, die aus der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds kommen, die werden ja auf ein Sonderkonto eingezahlt, damit die Kredite bedient werden, die Schulden bedient werden können. Die Einnahmen, die Staatseinnahmen, Steuereinnahmen, die reichen aus!
Heckmann: Dennoch ist es so, dass, wenn man sich in Brüssel umhört, die Bereitschaft sinkt, auf Athen zuzugehen mit Kompromissen. Wären Sie denn auch bereit, aus der Eurozone auszusteigen?
Paraskevopoulos: Das ist nicht unsere Politik. Wir wollen nicht aus der Eurozone aussteigen.
Heckmann: Weshalb nicht?
Paraskevopoulos: Weil wir meinen, dass ein Austritt aus der Eurozone, eine Rückkehr in die Nationalwährung ökonomisch keine gute Lösung ist, sondern eine schlechte Lösung, und weil wir meinen, dass es politisch nicht gut ist, die Europäische Union zu erschüttern. Wir wollen nicht, dass die Europäische Union auseinanderbricht, im Gegenteil.
Heckmann: Denken Sie, dass Griechenland in den nächsten fünf Jahren, in fünf Jahren noch Mitglied der Eurozone und der Europäischen Union sein wird?
Paraskevopoulos: Ja, ja, natürlich! Das ist ja auch Voraussetzung ... Sehen Sie, solche Unionen, die müssen zusammenhalten. Es geht nicht, das ist, die Gefahr für eine Auflösung der Europäischen Union, der Eurozone erstens und der Europäischen Union insgesamt ist sehr groß. Aber diese Gefahr, die geht nicht von unserer Politik aus, das wäre ja auch lächerlich, wenn eine Partei mit 17 Prozent in einem kleinen Land zur Auflösung der Europäischen Union beitragen würde! Nein, die Gefahr, die geht von der Politik, die bisher geführt worden ist, vor allen Dingen von der deutschen Bundesregierung und der französischen Regierung ... Wir hoffen, dass sich das jetzt ändert!
Heckmann: Der Wirtschaftswissenschaftler Theodoros Paraskevopoulos live hier im Deutschlandfunk. Er ist Mitglied des Linksbündnisses SYRIZA, schönen Dank für das Gespräch!
Paraskevopoulos: Bitte schön!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Theodoros Paraskevopoulos: Guten Morgen!
Heckmann: Herr Paraskevopoulos ...
Paraskevopoulos: ... ich muss Sie in einer Sache korrigieren ...
Heckmann: ... gerne ...
Paraskevopoulos: ... die Expertinnen- und Expertenregierung ist nicht daran gescheitert, dass wir dagegen waren. Wir waren natürlich dagegen, aber die anderen Parteien, die das unterstützt, die haben zusammen die Mehrheit im Parlament. Ich sehe also nicht ein, wieso die Schuld auf uns geschoben wird. Wir sind dagegen, wir haben andere Argumente, wir haben andere Politik. Aber wenn die anderen Parteien wollten, sie hätten es machen können.
Heckmann: Aber feststeht, wenn Sie mitgemacht hätten, wäre es möglicherweise zu dieser Expertenregierung gekommen. Meine erste Frage an Sie allerdings: Ob Herr Tsipras das Land ins Chaos gestürzt hat, nur um an die Macht zu kommen?
Paraskevopoulos: Herr Tsipras hat doch nicht das Land ins Chaos gestürzt, wieso? Wieso denn? Herr Tsipras hat im Auftrag unserer Partei gesagt, wir wollen in der Opposition bleiben. Und das stürzt doch kein Land ins Chaos, wenn eine Partei, die 17 Prozent der Stimmen bekommen hat, Oppositionspartei bleiben will.
Heckmann: Weshalb wollen Sie denn Oppositionspartei werden? Treten Sie nicht an, um Ihr Land in eine bessere Zukunft zu führen?
Paraskevopoulos: Weil wir der Meinung sind, dass diese Politik des Memorandums und des EU-Sparkurses ins Chaos führt und in die wirtschaftliche Katastrophe, wie es sich auch gezeigt hat und wie es sich auch in anderen Ländern, in Portugal, in Irland, in Spanien und in Italien zeigt.
Heckmann: Das heißt also, Sie treten auch bei den ...
Paraskevopoulos: ... es muss eine andere Politik geführt werden.
Heckmann: Das heißt, Sie treten jetzt bei den Wahlen, die jetzt anstehen, gar nicht an, um in die Regierung einzutreten, sondern dort streben Sie auch eine Oppositionsrolle an?
Paraskevopoulos: Nein, wir gehen jetzt in die Wahlen mit dem Ziel, eine linke Regierung zu bilden. Die Aussichten dafür sind allerdings nicht sehr groß, weil die andere, größere linke Partei, die Kommunistische Partei, nicht kooperieren will. Aber das ist unser Ziel.
Heckmann: Das heißt aber, das Ergebnis der Wahlen, die jetzt in wenigen Wochen stattfinden, könnten möglicherweise das gleiche Ergebnis sein wie jetzt, nämlich die Unregierbarkeit Ihres Landes?
Paraskevopoulos: Ja, wieso eigentlich die Unregierbarkeit? Wir haben auch den anderen Parteien gesagt: Wenn ihr wollt, bitte schön! Die Parteien, die eine Koalition bilden wollten, die hatten zusammen 168 der 300 Sitze im Parlament. Die haben aber alle drei gesagt, Voraussetzung ist, dass SYRIZA mitmacht. Wieso?
Heckmann: Wahrscheinlich, weil die Angst besteht, dass Sie die Straßen mobilisieren gegen den Kurs, der da weitergeführt wird.
Paraskevopoulos: Damit es keine Opposition gibt! Aber das ist doch nicht Demokratie, das ist doch kein demokratisches Parlament, wenn es keine Opposition gibt! Und sehen Sie, das mit der Mobilisierung der Straße, das machen wir nicht. Natürlich unterstützen wir das, aber die Menschen, die mobilisieren sich auch ohne uns.
Heckmann: Wahlforscher ...
Paraskevopoulos: ... das ist die Wut der Menschen, die sie auf die Straße bringt, nicht wir.
Heckmann: Die Wahlforscher sagen SYRIZA derzeit 22 bis 26 Prozent voraus. Wird Alexis Tsipras, wenn er denn es schafft, ein solches Linksbündnis zu schmieden, seine Ankündigung wahr machen, die Schulden nicht zurückzuzahlen?
Paraskevopoulos: Wir ... Unser programmatisches Ziel ist, mit unseren europäischen Partnern zu verhandeln, um zwei Sachen zu erreichen. Erstens ein Moratorium, ein Zahlungsmoratorium, das heißt, eine Aussetzung der Zahlungen für eine bestimmte Zeit. Und danach, wenn die Wirtschaft wieder angekurbelt worden ist, Verhandlungen über die Bedingungen der Schulden zu führen.
Heckmann: Eine Aussetzung für wie lange?
Paraskevopoulos: Wir rechnen mit drei Jahren. Aber das kann man nicht sagen. Das war auch eine Sache der Verhandlungen.
Heckmann: Aber Sie haben auch schon die Stimmen aus Brüssel gehört, auch aus Berlin, wir hatten heute den Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im Programm, der sagte, Neuverhandlungen kommen überhaupt nicht infrage.
Paraskevopoulos: Ja, das hat Herr Schäuble gesagt, aber wir haben auch andere Stimmen gehört. Zum Beispiel, wir haben die Stimme des belgischen Ministerpräsidenten gehört, der sagte, natürlich müssen wir verhandeln, wenn die Griechen mit einem neuen Angebot kommen. Das ist ja das Prinzip der Europäischen Union, dass verhandelt wird!
Heckmann: Aber wenn ...
Paraskevopoulos: ... nur so ist die Europäische Union aufgebaut!
Heckmann: Wenn Athen seine Zahlungen einstellen sollte, wäre die Folge, dass dann auch keine weiteren Hilfszahlungen fließen. Und daraus folgt wiederum der Bankrott Ihres Landes. Neue Geldgeber zu finden, neue Investoren zu finden, das wird ein Ding der Unmöglichkeit!
Paraskevopoulos: Es gibt da zwei Punkte. Erstens: Wir haben nicht gesagt, dass wir einseitig die Zahlungen einstellen wollen. Wir haben gesagt, wir wollen verhandeln über ein Moratorium. Zweitens: Es ist ja nicht so, dass das Land von den ausländischen Krediten abhängt! Von den ausländischen Krediten hängt die Bedienung der Schulden ab. Also, die ausländischen Kredite, die aus der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds kommen, die werden ja auf ein Sonderkonto eingezahlt, damit die Kredite bedient werden, die Schulden bedient werden können. Die Einnahmen, die Staatseinnahmen, Steuereinnahmen, die reichen aus!
Heckmann: Dennoch ist es so, dass, wenn man sich in Brüssel umhört, die Bereitschaft sinkt, auf Athen zuzugehen mit Kompromissen. Wären Sie denn auch bereit, aus der Eurozone auszusteigen?
Paraskevopoulos: Das ist nicht unsere Politik. Wir wollen nicht aus der Eurozone aussteigen.
Heckmann: Weshalb nicht?
Paraskevopoulos: Weil wir meinen, dass ein Austritt aus der Eurozone, eine Rückkehr in die Nationalwährung ökonomisch keine gute Lösung ist, sondern eine schlechte Lösung, und weil wir meinen, dass es politisch nicht gut ist, die Europäische Union zu erschüttern. Wir wollen nicht, dass die Europäische Union auseinanderbricht, im Gegenteil.
Heckmann: Denken Sie, dass Griechenland in den nächsten fünf Jahren, in fünf Jahren noch Mitglied der Eurozone und der Europäischen Union sein wird?
Paraskevopoulos: Ja, ja, natürlich! Das ist ja auch Voraussetzung ... Sehen Sie, solche Unionen, die müssen zusammenhalten. Es geht nicht, das ist, die Gefahr für eine Auflösung der Europäischen Union, der Eurozone erstens und der Europäischen Union insgesamt ist sehr groß. Aber diese Gefahr, die geht nicht von unserer Politik aus, das wäre ja auch lächerlich, wenn eine Partei mit 17 Prozent in einem kleinen Land zur Auflösung der Europäischen Union beitragen würde! Nein, die Gefahr, die geht von der Politik, die bisher geführt worden ist, vor allen Dingen von der deutschen Bundesregierung und der französischen Regierung ... Wir hoffen, dass sich das jetzt ändert!
Heckmann: Der Wirtschaftswissenschaftler Theodoros Paraskevopoulos live hier im Deutschlandfunk. Er ist Mitglied des Linksbündnisses SYRIZA, schönen Dank für das Gespräch!
Paraskevopoulos: Bitte schön!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.