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"Wir würden Geschichte schreiben"

Die Alternative für Deutschland (AfD) hat sich nicht zum Ziel gesetzt, Teil einer Regierungskoalition zu werden, sagt Alexander Gauland, stellvertretender Parteisprecher der AfD. Sie wolle vor allem die Euro-Politik ändern, dafür könne man sich eine Zusammenarbeit mit allen Parteien vorstellen.

Alexander Gauland im Gespräch mit Bettina Klein |
    Bettina Klein: Die Euro-kritische Partei Alternative für Deutschland ist gestern in Bayern nicht angetreten, aber sie wird sich am kommenden Sonntag bundesweit zur Wahl stellen, und das ist ein Faktor, den Meinungsforscher offenbar noch nicht so ganz genau einordnen können. In Frankfurt am Main begrüße ich Alexander Gauland, stellvertretender Sprecher der Partei. Ich grüße Sie, Herr Gauland.

    Alexander Gauland: Guten Morgen, Frau Klein.

    Klein: Es ist ja so, dass die Meinungsforscher Sie im Augenblick bei so zwei, drei Prozent sehen. Das heißt, mit dem Einzug in den Bundestag wird es relativ schwierig. Wenn es so kommen sollte, dann hat die Union schon abgewunken bei Ihrem Vorschlag, doch mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Hand aufs Herz: Verabschieden Sie sich so langsam von diesem Projekt?

    Gauland: Nein. Weshalb sollten wir uns davon verabschieden? Und Ihre Zahlen sind auch nicht die, die ich gehört habe. Die Zahlen, die ich gehört habe, liegen bei vier bis fünf Prozent, und eine Zusammenarbeit mit der Union haben wir in der Form nie gewollt. Wir haben immer gesagt, wir können mit jeder Partei zusammenarbeiten, wenn sie diese Euro-Rettungspolitik aufgibt, wenn sie aufhört, deutsches Steuergeld nach Griechenland und in andere Südländer zu geben beziehungsweise Verpflichtungen einzugehen. Das ist unser Projekt. Eine Irgendwie-Beteiligung an einer Koalition oder Regierung haben wir nie gesagt und wollen wir auch gar nicht.

    Klein: Aber der Vorschlag kam doch schon von Ihrem Spitzenkandidaten Bernd Lucke, der zumindest angedeutet hat, dass er sich das vorstellen könnte?

    Gauland: Also er hat diesen Vorschlag in der Form nie gemacht, und Journalisten wollen natürlich auch immer herausfinden, ob es noch eine Möglichkeit gibt, jemanden in eine Richtung zu drängen. Aber das ist in dem Fall wirklich falsch. Wir haben immer klar gesagt, es geht uns um ein Projekt, nämlich dass die Euro-Rettungspolitik aufhört. Und wer uns das garantiert, wer mit uns darüber redet, mit dem können wir zumindest reden. Da ist von Koalitionen nie die Rede gewesen.

    Klein: Aber Herr Lucke hat auch unlängst wohl angedeutet, wenn Sie in den Bundestag hinein kämen und dort ein weiteres Griechenland-Paket zur Abstimmung stehen würde, dass Sie das durchaus mittragen. Das ist auch nicht richtig?

    Gauland: Nein, das ist auch nicht richtig. Das kann ich mir auch nicht vorstellen. Wir würden kein weiteres Griechenland-Paket mittragen. Wir würden eine Veränderung dieser Politik wollen und wir hoffen natürlich im Bundestag auf die Kräfte in den anderen Parteien, die das eigentlich genauso sehen. Es gibt ja sowohl bei der FDP wie bei der CDU Kräfte, die sagen, diese Politik kann so nicht weitergehen. Die sind in ihren Fraktionen im Moment in der Minderheit und wir hoffen, dass ein psychologischer Gewinn daraus entsteht, dass wir mit solchen Kräften zusammenarbeiten können und sagen, lasst uns gemeinsam eine andere Politik machen.

    Klein: Auch bei der Linkspartei zum Beispiel, da gibt es ja auch deutliche Zweifel an der Euro-Rettungspolitik.

    Gauland: Ja! Ich habe überhaupt kein Problem. Ich weiß, dass Frau Wagenknecht und Herr Lafontaine in diese Richtung denken, und das halte ich für völlig richtig. Ich halte es für falsch in Deutschland, dass man, nur weil es die Linkspartei ist, sagt, nein, darüber können wir mit denen nicht reden. Natürlich können wir mit denen reden, wenn sie was Richtiges sagen.

    Klein: Sie könnten sich, wenn Sie es in den Bundestag schaffen sollten, durchaus punktuelle Zusammenarbeit mit Teilen der FDP, der Linkspartei und der CDU vorstellen, das halten wir fest?

    Gauland: Ja natürlich, und zwar genau in diesem Sinne, dass wir diese Politik des Geldausgebens, des deutschen Steuergeldes ausgeben ändern wollen.

    Klein: Herr Gauland, aber kann es sein, dass innerhalb Ihrer Partei das im Detail auch noch nicht so richtig klar ist, wohin die Reise bei Ihnen gehen würde, wenn man doch relativ widersprüchliche Angaben hört? Sie sagen, das ist die Interpretation der Journalisten, die das irgendwie falsch aufgefasst haben. Aber deutlich ist ja noch nicht genau, was Sie genau unterstützen werden oder würden bei der Euro-Politik und was nicht.

    Gauland: Nein, das ist eigentlich sehr deutlich. Das hat Herr Lucke auch immer ganz deutlich gesagt. Wir wollen eine Veränderung dieses Euro. Da es nun mal kein Ausstiegsrecht gibt - das ist ein Fehler -, müssen wir darüber verhandeln. Wir müssen auch mit Druck verhandeln, indem wir weitere Zahlungen verweigern. Aber wir müssen verhandeln. Wir können uns nicht aus dem Euro herausstürzen, das haben wir immer gesagt, denn wir sind eine Rechtsstaatspartei und wir wollen, dass am Recht festgehalten wird und an den völkerrechtlichen Verträgen. Aber sie müssen mit Druck verändert werden zu unseren Gunsten, also zugunsten der deutschen Steuerzahler.

    Klein: Herr Gauland, Sie sind vor einem halben Jahr mit ziemlich viel Verve angetreten. Gibt es Ihnen nicht zu denken, dass innerhalb der letzten sechs Monate eben doch nicht so viele Bürgerinnen und Bürger von Ihrer Idee überzeugt waren? Sonst würden die Umfragen ja etwas anderes hergeben, und wie man gestern gesehen hat, liegen die Meinungsforscher doch relativ richtig bei ihren Vorhersagen.

    Gauland: Also, Frau Klein, das sehe ich so gar nicht, denn wir sind vor einem halben Jahr angetreten, haben in einem halben Jahr 16 Landesverbände gegründet, haben die Listen zusammengebracht, wir haben die Unterschriften bekommen. Es gibt eine breite Bewegung von Menschen, die das nicht mehr wollen. Dass sich in so kurzer Zeit natürlich auch Schwierigkeiten einstellen, dass es zwischendurch, das kann man durchaus sagen, einen gewissen Abfall gab, der jetzt aber wieder wettgemacht ist, ja, das ist so in der Politik und das ist so, wenn man um Wähler wirbt. Aber welche Partei ist nach einem halben Jahr in der Situation, dass Sie mich heute fragen, na, vielleicht kommen Sie ja doch rein, und die Meinungsforscher geben Ihnen gewisse Chancen. Das habe ich noch nie erlebt. Das wäre eine Situation und ich gebe zu, dann würden wir Geschichte schreiben.

    Klein: Was Sie in der Praxis erreichen können, nach Auffassung der Demoskopen, das ist, der Union und vielleicht auch einigen anderen Parteien einige Wähler abspenstig zu machen, und damit wäre im Ergebnis eine Große Koalition wahrscheinlicher. Das ist letzten Endes auch Ihr Ziel?

    Gauland: Nein. Die Große Koalition ist nicht unser Ziel, sondern unser Ziel ist, so viele Stimmen wie möglich zu bekommen, übrigens nicht nur von CDU und FDP, sondern auch von SPD-Wählern, unzufriedenen, meinetwegen auch von Linken-Wählern. Das ist unser Ziel. An die Große Koalition denken wir überhaupt nicht.

    Klein: Alexander Gauland, der stellvertretende Sprecher der Partei Alternative für Deutschland, heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk. Danke Ihnen, Herr Gauland, für das Gespräch.

    Gauland: Danke, Frau Klein.


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