Nur wenige Tage vor der Wahl seines Nachfolgers meldet sich Fritz Keller zu Wort. Im Mai 2021 trat er als DFB-Präsident zurück, nachdem er in einer Präsidiumssitzung Rainer Koch, den 1. Vizepräsidenten mit Nazi-Richter Freisler verglich. Jetzt sagt Keller im ZDF: „Er ist der zentrale Mann und Strippenzieher. Wenn Rainer Koch wieder ins Präsidium gewählt wird und man sich von ihm nicht distanziert, wird es keine Offenheit, keine Transparenz und keine Änderung in diesem gesamten Filz geben.“
Erst vor wenigen Tagen durchsuchte die Staatsanwaltschaft den DFB. Dabei ging es erneut um einen ominösen Vertrag mit Berater Kurt Diekmann, der seit Monaten Gegenstand von Debatten ist. Es besteht der Verdacht der Untreue.
"Für die Imagewirkung verheerend"
„Man könnte ja fast den Eindruck haben, die Staatsanwaltschaft könnte da einen Zweitwohnsitz nehmen in der Otto-Fleck-Schneise, " sagte Holger Stahlknecht am Wochenende im Deutschlandfunk. Stahlknecht, früher Innenminister in Magdeburg, ist seit vergangenem Jahr Präsident des Fußball-Verbands Sachsen-Anhalt. „Ich halte das von der Imagewirkung für verheerend.“
Eine Umfrage des Sport-Informationsdiensts zeigt, fast 80 % der Fußball-Fans sind mit der Führung unzufrieden, 95 % wünschen sich Reformen. Auch in Sachsen-Anhalt: „Wir haben hier einen Haufen Ehrenamtliche, die sich wirklich mit Herzblut engagieren und überhaupt kein Verständnis dafür haben, was beim DFB passiert. Da gilt der Grundsatz: Die machen sich nur die Taschen voll und sind intrigant."
Holger Stahlknecht: Für das Image des DFB verheerend
Die Rufe nach Neuanfang sind unüberhörbar, auch intern. Peter Peters, seit vielen Jahren Vizepräsident, werden bei der Wahl zum neuen DFB-Chef zwar nur Außenseiterchancen eingeräumt. Er distanziert sich aber im ZDF von Rainer Koch, mit dem er zusammen aktuell den Verband übergangsweise leitet: „Ich habe einfach gesagt, dass ich eine Zusammenarbeit mit Rainer Koch für mich persönlich ausschließe. Das ist der berühmte Begriff des Vertrauens“
"Äußerungen ohne Fakten und Substanz"
Die Personalie Rainer Koch ist die Gretchenfrage dieser DFB-Wahl. Koch selbst, Jurist und seit 2004 auch Präsident des mächtigen Bayerischen Fußballverbands, weist bei „Sport inside“ alle Anschuldigungen zurück, auch die der ehemaligen Präsidenten. „Die Aussagen von Reinhard Grindel und Fritz Keller sind absurd. Es handelt sich um pauschale und diffamierende Äußerungen ohne jedwede Fakten und Substanz.“
Am Montagabend folgte dann auch die Solidaritätsadresse der anderen Landesverbandspräsidenten. Über eine DFB-Pressemitteilung teilen sie mit: „Die Erklärung der ehemaligen Präsidenten zielt ausschließlich auf die Beschädigung des Menschen Rainer Koch ab. Sie spaltet und beschädigt die Gemeinschaft aller Vereine, der Landesverbände und des DFB. Die Mitglieder der Konferenz stellen sich vor den Menschen Rainer Koch.“
"Wird nicht zu meinem Team gehören"
Zu dieser Konferenz der Landesfürsten gehört auch Bernd Neuendorf. Der SPD-Politiker ist seit drei Jahren Präsident des Fußballverbands Mittelrhein und der große Favorit bei der Wahl am Freitag. Immer wieder betont er, dass er keine Veranlassung sieht, sich von Koch zu distanzieren. Schon im Januar sagte er im Deutschlandfunk-Sportgespräch: „Das ist ein professionelles Arbeitsverhältnis. Ich habe in keinster Weise bisher mit ihm eine Erfahrung gemacht: das, was ihm ja oft angehangen wird, wie der Umgang mit Leuten ist, wie er sich verhalten hat.“ Er betonte aber auch, „dass er auf keinen Fall mehr zu dem gesetzlichen Vorstand, dem Präsidialausschuss oder der engeren Führung zählen wird, auch nicht zu meinem Team gehören wird.“
Neuendorf will DFB-Neustart - aber ohne Skandal-Aufarbeitung
Auch wenn Rainer Koch das Amt des 1. Vizepräsidenten abgeben wird, zur Wahl als Vize steht er trotzdem. Ob er wieder zum Zug kommt oder mit Silke Sinning aus dem Team Peter Peters eine Gegenkandidatin in den Ring steigt, hängt davon ab, wer zuvor im Präsidentenwahlkampf das Rennen macht. Einen Wahlkampf hat es im DFB in dieser Form noch nicht gegeben. Zwar sind die Landesverbände einmütig für Neuendorf. Holger Stahlknecht aus Sachsen-Anhalt sagt aber auch: „Es gibt hier bei mir keinen Fraktionszwang. Jeder entscheidet von meinen Delegierten hier frei. Freiheit ist ein hohes Gut, insbesondere in Demokratien.“
Der DFB-Bundestag am Freitag dürfte sehr spannend werden.