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Wird Putin den Unionsstaat retten?

Belarus, die ehemalige Sowjetrepublik, in Deutschland auch als Weißrussland bekannt. Im Zentrum der Hauptstadt Minsk haben sich etwa dreihundert Menschen in einem Park versammelt, der den Namen des belarussischen Schriftstellers Janka Kupala trägt. Einige haben brennende Kerzen in den Händen, einige Blumen. Vor dem belarussischen Klassiker - fünf Meter groß, in Stahl gegossen - steht eine Reihe Frauen. Von den fotokopierten Portraits in ihren Händen blicken betrübt belarussische Märtyrer der letzten drei Jahrhunderte, die ihr Leben für die Unabhängigkeit des Landes geopfert haben. Mit Gedenkgebeten für sie und Freiheitsliedern protestieren die Teilnehmer der Kundgebung gegen eine offizielle Feier, die gleich nebenan zum sogenannten "Tag der Vereinigung des belarussichen und russischen Volkes" veranstaltet wird. Versammelt haben sich vor allem Anhänger der nationalistischen Partei "Belarussische Volksfront", die sich besonders für die Souveränität des Landes und für die nationale Kultur und Sprache stark macht. Die meisten hier im Janka Kupala-Park sprechen Belarussisch - keine Normalität auf den Straßen dieses zwischen Polen, Russland, Litauen, Lettland und der Ukraine gelegenen Landes. Denn als Folge der strikten Russifizierung, die in den 70er Jahren von den damaligen Sowjetführern angeordnet wurde, verschwand das Belarussische fast ganz aus dem täglichen Gebrauch. "Sprache ist deine Heimat" steht auf einem Transparent, das der 16-jährige Ryhor den Passanten entgegenhält. Auch er spricht perfektes Belarussisch. Nein, sagt er, er gehe nicht auf eine belarussische Schule. Solche gebe es nur wenige in der Hauptstadt und schon gar nicht dort, wo er wohne.

Elena Jerzdeva | 28.04.2000
    Die ältere Frau , die neben dem Jungen steht, kann ihre Wut nicht unterdrücken und macht sich in drastischen Worten Luft:

    "Spricht man belarussisch, wird man heute dafür schon auf der Straße geschlagen. Neulich wurden ein paar Halbwüchsige nicht weit vom Zentralmarkt von Polizisten geprügelt, nur weil sie belarussisch gesprochen haben. Wir haben lauter Okkupanten im Land, sie wollen unseren Staat vernichten und unser Volk auch. Das haben sie in den letzten 200 Jahren gut gelernt, diese verdammten Moskowiter. Sie haben sich daran gewöhnt, uns als Sklaven zu behandeln und unser Land auszurauben."

    Während die wenigen Oppositionellen - beäugt von Sicherheitspolizisten - ihre Trauerzeremonie fortsetzen, beginnt in der staatlichen Philharmonie das offizielle Fest zum Tag der Vereinigung der Brudervölker - in diesem Jahr allerdings ohne den sonst üblichen Pomp und ohne hohe Gäste aus Russland. Nicht einmal der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko selbst ehrt die Veranstaltung mit seiner Anwesenheit. Offenbar - so scheint es auf den ersten Blick - verliert er das Interesse an diesem Projekt, an dem er bereits seit vier Jahren leidenschaftlich gearbeitet hat. Mit der Wahl von Wladimir Putin zum neuen Präsidenten Russlands werden nämlich die Karten im politischen Unionsspiel neu gemischt. Und dabei, so erläutert der Minsker Politologe Valerij Karbalevitsch vom Analytischen Zentrum "Strategija", müsse der belarussische Präsident wohl einige seiner Ambitionen zurückstecken.

    "Das Hauptstreben von Lukaschenko war, sich mit Hilfe dieser Union einen Platz im Kreml zu sichern und Chef eines vereinigten russisch-belarussischen Staates zu werden. Lukaschenko hat darauf spekuliert, dass der alte, kranke Jelzin seine Popularität mehr und mehr verliert. Deshalb hat er gedacht, dass seine Politik als Alternative zu Jelzins Politik eine gute Chance hat. Lukaschenko hat mit den Stimmen der linken Protestwähler gerechnet. Jetzt ist in Russland ein Mann an der Macht, der großes Vertrauen in der Bevölkerung hat. Und diese starke Figur hat Lukaschenko alle Möglichkeiten genommen, selbst in den Kreml einzuziehen. Zudem wissen wir, dass man in Russland lange an der Macht bleibt. Putin kam für mindestens acht Jahre. Und in acht Jahren werden wir eine ganz andere politische Epoche haben. Das hat auch Lukaschenko verstanden."

    Dass Alexander Lukaschenko die Union mit Russland als Instrument begreift, um die Macht im Kreml zu übernehmen, hat er selbst allerdings nie zugegeben. Offiziell gibt es andere Gründe, die für ein Zusammengehen beider Staaten sprechen. Am 2. April 1996, fünf Jahre nachdem Belarus im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion eine unabhängige Republik wurde, unterschrieben der damalige Kreml-Chef Jelzin und Lukaschenko einen Vertrag über die Bildung der Gemeinschaft Russland und Belarus. Diese politische und wirtschaftliche Kooperation soll demnach...

    "...dem wirtschaftlichen und intellektuellen Potential beider Ländern dienen, um die wirtschaftliche und geistige Entwicklung und das Lebensniveau zu steigern."

    Ein Jahr später wurden die Integrationspläne konkreter: Es kam zu einem Vertrag über die Bildung einer gemeinsamen Union. Vereinbart wurde ein Staatenbund zweier unabhängiger Länder mit einem eigenen Staats- und Ministerrat, einem Parlament, einem eigenen Gerichts- und Rechnungshof. Langfristiges Ziel sind eine einheitliche Währung sowie eine gemeinsame Zentralbank. Seit Dezember 1999 existiert diese Union offiziell.

    Jede russische Partei - von links bis rechts -, die bei den letzten Wahlen ins Parlament wollte, jeder der Präsidentschaftskandidaten spielte im Wahlkampf die Idee des Unionsstaates als Trumpf aus. Lediglich die russische "Jabloko"-Partei warnte vor den wirtschaftlichen Folgen und trat gegen eine zu rasche Integration auf. Die Idee an sich aber unterstützte auch sie. Denn: Knapp 80 Prozent der russischen Wähler sind nämlich laut Umfragen mit einer russisch-weißrussischen Union einverstanden. Der Politologe Karbalevitsch versucht eine Erklärung:

    "Russland erlebt heute ein postimperiales Syndrom. Der Verlust des Großmachtstatus ist sehr schmerzhaft für Russland. Und der Krieg im Kosovo hat es noch deutlicher gemacht: Da haben auch die einfachen Menschen - nicht nur die Politiker - verstanden, dass auf das einst starke und große Land keiner in der Welt mehr Rücksicht nehmen muss. Das war ein Schock im Bewusstsein der russischen Öffentlichkeit. Und nun: Alle Ex-Sowjetrepubliken sind von Russland weggelaufen, und einzig Belarus möchte sich wieder an Russland anbinden. Die politische Elite in Russland und die Öffentlichkeit würde Putin einen Verlust von Belarus nicht verzeihen. Deshalb wird Moskau auch wirtschaftliche Einbußen in Kauf nehmen, um Belarus an sich anzubinden."

    Der finanzielle Preis, den Russland für die Union bezahlen muss, ist hoch. Dies ist sowohl in Moskau als auch in Minsk ein offenes Geheimnis. Etwa 1,5 bis zwei Milliarden Dollar im Jahr pumpt die Kreml-Führung derzeit in den wirtschaftlich angeschlagenen slawischen Bruderstaat. Der belarussischen Regierung kommt dies sehr gelegen, denn wegen der ausbleibenden Wirtschaftsreformen, massiver Menschenrechtsverletzungen und den autoritären Machtmethoden Alexander Lukaschenkos hat der Internationale Währungsfonds seine Kredite für Belarus erst einmal eingefroren. Wirtschaftlich hängt Belarus nahezu vollständig von seinem großen Nachbarn im Osten ab. Fast 60 Prozent des belarussischen Exports gehen nach Russland. Weil die Republik keine eigenen Ölfelder hat, ist sie zudem auf Energielieferungen angewiesen. Und obwohl das Land im Rahmen des Unionsabkommens Öl und Gas zu Dumpingpreisen erhält und diese zum Teil noch mit Waren statt Geld begleicht, wachsen die Schulden. Allein dem Großmonopolisten "Gasprom" schuldete der belarussische Staat im vergangenen Jahr 305 Millionen US-Dollar. Nachdem Jelzin den sich anhäufenden Schuldenberg nicht so genau beachtet hat, wird jetzt in Minsk befürchtet, dass der neue Kreml-Chef hier mit härterer Hand durchgreifen wird.

    Andererseits haben auch Unternehmen wie "Gasprom" und auch die Kreml-Führung Interesse daran, Minsk wegen der Energielieferungen nicht zu stark unter Druck zu setzen. Denn durch Belarus verläuft eine wichtige Pipeline, durch die Gas aus Sibirien nach Westeuropa transportiert wird.

    In der belarussischen Opposition ist die Meinung weit verbreitet, dass sowohl Russland als auch der Westen ein Interesse daran haben, das heutige Regime in Minsk zu stützen. Vinzuk Viatschorka, Vorsitzender der "Belarussischen Volksfront":

    "Russlands Führung - ob Jelzin oder Putin - ist daran interessiert, Weißrussland als einen Satelliten-Staat, als einen Untertan zu sehen. Deshalb ist es für Russland von Vorteil, das Regime zu erhalten und die Beziehungen einzufrieren. Belarus ist eine riesige Holding, die von Lukaschenkos Clique geleitet wird. Hier gab es keine Privatisierung, und das ist vorteilhaft für die russischen Ölmagnaten. Und auch manche ihrer westlichen Kollegen scheint nicht besonders zu rühren, dass hier ein Diktator sitzt: Hauptsache, Öl und Gas kommen an. Das aber ist keine weitsichtige Politik von Seiten des Westens. Irgendwann wird es hier explodieren."

    Der neu gewählte russische Präsident Putin scheint diese Situation nicht zu unterschätzen. Dafür, dass es ihm mit der Union zwischen beiden Staaten ernster zu sein scheint als seinem Vorgänger, spricht auch das Budget für dieses Projekt. Lag es 1998 bei 800 Millionen Rubel, wurde der jährliche Etat in diesem Monat auf weit über zwei Milliarden Rubel aufgestockt. Wie allerdings die von Putin deklarierten vertieften Wirtschaftsbeziehungen konkret aussehen sollen, ist noch ungewiss. Bei seinem Besuch in Minsk vor wenigen Wochen sprach Putin noch von einem - Zitat- "unterschiedlichen Verständnis über die Wirtschaft" in beiden Ländern. Vor allem hinsichtlich der angestrebten gleichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Unternehmen kann es in der eher reform-orientierten russischen Ökonomie einerseits sowie der belarussischen Planwirtschaft andererseits zu Problemen kommen. Dies vor allem steht für die liberalen Wirtschaftspolitiker in Moskau im Mittelpunkt ihrer Kritik.

    Die belarussische Opposition dagegen fürchtet sich vor allem vor einer einheitlichen Währung und einer gemeinsamen Zentralbank, die beide in russischer Kompetenz liegen sollen. Käme es einmal dazu, verlöre Belarus de facto seinen Status als souveräner Staat, sorgt sich nicht nur die nationalistisch orientierte "Volksfront" sondern auch die liberale weißrussische "Jabloko"-Vereinigung. Deutlichen Konfrontationskurs gegenüber dem Westen zeigt im Rahmen des Unionsstaates vor allem das geplante Militärbündnis beider Länder. Weder Wladimir Putin noch Alexander Lukaschenko verhehlen, dass dies für sie eine der wichtigsten Ziele der Union ist. Vor allem die NATO-Bombenflüge während der Kosovo-Krise vor einem Jahr lieferten die aktuelle Rechtfertigung für diese Allianz. In beiden Ländern wurden Parolen wie zu Zeiten des Kalten Krieges laut, nach denen man der NATO eine starke Kraft gegenüber stellen müsse. Bereits heute teilen sich die Luftabwehr-Einheiten beider Staaten gemeinsam Aufgaben bei der Grenzsicherung. Im Brester Gebiet - an der polnischen Grenze - ist seit kurzem ein gemeinsames Flugabwehrzentrum in Betrieb. Als Mitte April Wladimir Putin zu seinem Antrittsbesuch nach Minsk kam, verkündete Lukaschenko, an der Grenze zu Polen solle zudem ein gemeinsames 300.000 Mann starkes Streitkräfte-Kontingent stationiert werden. Die Generäle der belarussischen Armee sehen dies ohnehin als natürliche Weiterentwicklung der Unions-Pläne - oder in den Worten des Oberbefehlshabers der belarussischen Luftwaffe, Generalleutnant Valerij Kostenko:

    "Eigentlich waren alle Integrationsprozesse zwischen Russland und Belarus ursprünglich von den Militärführungen initiiert. Wir werden ein gemeinsames Rüstungsprogramm haben, wir werden die Streitkräfte gemeinsam ausbilden und auch gemeinsam Manöver durchführen. Das Hauptziel unseres Militärbundes ist der Schutz der gemeinsamen Grenzen - vor allem in westlicher Richtung. Diesem Zweck wird auch die gemeinsame militärische Infrastruktur beider Länder dienen. Die Perspektive der Union besagt, dass wir einen einheitlichen Abwehrraum schaffen wollen, in dem unsere Probleme gemeinsam gelöst sein müssen."

    Der russische Präsident gibt sich solchen Vorstellungen gegenüber im Moment noch reserviert. Die Stationierung einer 300.000-Mann-Streitkraft soll Putins Worten zufolge lediglich bei einer akuten Bedrohung beider Länder seitens des Westens stattfinden. Dies sei aber zur Zeit nicht der Fall. Beobachter in Minsk und Moskau sehen diese Aussage jedoch in erster Linie im Zusammenhang mit den bevorstehenden Auslandsreisen Putins und dessen Kontaktsuche mit dem Westen. Auch der Wunsch Russlands nach neuen Krediten aus dem Westen spielt dabei eine große Rolle.

    Die belarussische Opposition aber sieht vor allem in Putin die treibende Figur, die das gemeinsame Militärbündnis voranbringen möchte. Aus der belarussisch-russischen Integration entwickele sich ein antiwestlicher militärpolitischer Block, ist der Vorsitzender der "Belarussischen Volksfront", Vinzuk Viatschorka, überzeugt:

    "Seit gut drei Monaten regiert Putin Russland, und wir haben gesehen, wie kalt und methodisch die russische Militärdoktrin neu konzipiert worden ist. Während dieser Zeit reisten die Chefs der Geheimdienste, Kommandeure bestimmter Militäreinheiten, der Luftabwehr und des militär-industriellen Komplexes nach Belarus. Russland will Belarus stark an das neue Konzept seiner militärischen Stärke anbinden. Deshalb denken wir, dass die heutige Situation sehr gefährlich ist und wir warnen den Westen, dass eine Änderung der postsowjetischen Ausgangslage in unserer Region zu einer Destabilisierung in ganz Europa führen wird. "

    Auf den Militärbund der beiden Länder schauen mittlerweile nicht nur Oppositionspolitiker in Belarus besorgt. Auch in der übrigen Gesellschaft distanzieren sich die Menschen zunehmend davon. Stand fast die Hälfte der Bevölkerung während der Kosovo-Kampagne einer Union mit Russland positiv gegenüber, strebt heute - nach einem Jahr - nur noch ein Viertel der Bevölkerung einen gemeinsamen Staat an. 42%en sind jetzt gegen die Union. Vor allem die Angst, in Moskaus Tschetschenien-Krieg hineingezogen zu werden, spiegelt sich hier wider. Die Befürworter der Union gehen dagegen - in Belarus ebenso wie in Moskau, Jekaterinburg und Sankt Petersburg - mit den alten Sowjetfahnen und nicht mit der heutigen russischen Flagge auf ihren Demonstrationen. Die Unions-Befürworter seien zudem strikt gegen die Marktwirtschaft, gegen Demokratie und die Spielart der Reformen, wie sie heute in Russland abliefen, hat Vinzuk Viatschorka beobachtet:

    "Das sind vor allem ältere Menschen. Für sie ist die Union gleichbedeutend mit der Wiedergeburt der Sowjetunion. In Belarus ist die Mehrheit gegen diese Union, nicht nur die Opposition, sondern auch die sogenannten "Unpolitischen", die 50 bis 60 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Das ist eine Antwort auf den Tschetschenien-Krieg, auf die Korruption und Kriminalität, die in Russland herrschen, und darauf, dass dort die Löhne nicht ausbezahlt werden. Die Menschen sehen täglich im Fernsehen, wie man in Russland lebt. Und das ist eine gute Lehre für sie. Dass Lukaschenko jeden Tag verkündet, das ganze belarussische Volk strebe wie eins dieser Union zu, ist eine Lüge."

    Auf eine gemeinsame außenpolitische Alternative zu Lukaschenkos Unions-Kurs kann sich jedoch auch die zersplitterte und in sich zerstrittene weißrussische Opposition nicht verständigen. Während ein Teil dieser Bewegung eine stärkere Westbindung anstrebt mit dem langfristigen Ziel, Mitglied in der EU und der NATO zu werden, warnen andere - zum Teil auch liberale Kräfte - davor, die über Jahrzehnte gewachsenen Wirtschaftsverbindungen zu Russland zu vernachlässigen.

    Dass die fortschreitende Integration letztlich zur Einverleibung von Belarus führen könnte, befürchtet zwar ein Teil der radikalen Opposition, wird jedoch von unabhängigen Beobachtern als unwahrscheinlich erachtet. Der Beitritt noch eines weiteren Staates - etwa der Ukraine - zu dieser Union gilt als hoch spekulativ. Das Lieblings-Thema Alexander Lukaschenkos, der NATO ein sogenanntes "slawisches Dreieck Moskau-Minsk-Kiew" gegenüberzustellen, fällt in die Kategorie "politische Propaganda".

    Wie die Integration künftig aussehen wird, könnten schon die spätestens im kommenden Jahr geplanten Wahlen zu einem gemeinsamen Unionsparlament zeigen. Valerij Karbalevitsch erwartet jedoch, dass selbst dann keine großen Veränderungen im politischen Alltag beider Länder zu registrieren sei werden.

    "Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern werden sich kaum ändern. Beide werden bei der alten Integrationsrhetorik bleiben, die wirtschaftliche Zusammenarbeit wird weitergehen. Russland wird wie früher Lobbyarbeit für Belarus im Westen betreiben. Der einzige Sektor, auf dem sich die Integrationsprozesse verstärken werden, liegt auf militärischem Gebiet. Es ist aber nicht auszuschließen, dass Putin mit Lukaschenko härter umgehen wird, als es Jelzin getan hat. Dies wird aber hinter geschlossenen Türen passieren, nicht öffentlich. Für Russland ist eine Konfrontation mit dem Westen heute sehr unvorteilhaft. Dies kann sich Moskau wegen seiner politischen, wirtschaftlichen und militärischen Schwäche nicht erlauben. Und deshalb wird Putin Kompromisse mit dem Westen anstreben: Ein betontes Vorantreiben der russisch-belarussischen Union würde jedenfalls signalisieren, auf eine starke Konfrontation mit dem Westen zu setzen. Doch weder Russland noch Belarus haben heute Gründe dafür, die Integration zu beschleunigen."